Muss ein Papst ein zeugungsfähiger Mann sein?

Ändi

Neues Mitglied
Hallo,

ich bin auf der Suche nach Informationen über das Amt des Papstes und die Voraussetzungen hierfür. In mehreren Foren (u.a. auch hier im Geschichtsforum) habe ich einen Hinweis gefunden, der Papst müsse "ein zeugungsfähiger Mann" sein. Das wurde u.a. in Zusammenhang mit der These diskutiert, dass es mal eine Päpstin gegeben haben soll. Dabei interessiert mich nicht die These mit der Päpstin, sondern die Frage, ob es tatsächlich so eine Art Vorschrift gibt, dass der Papst ein zeugungsfähiger Mann sein muss - und z.B. kein Kastrat sein darf. Gibt oder gab es tatsächlich eine Vorschrift dieser Art? Kann man das irgendwo nachlesen? Wenn ja, wo? Oder ist das mit dem "zeugungsfähigem Mann" nur eine Behauptung ohne echten Hintergrund?

Ich bin sehr dankbar für jeden Hinweis, ob es eine Vorschrift dieser Art gibt oder gab und wo man das nachlesen kann.

Andi
 
Heißt "gesund" gleich "zeugungsfähig"?

Hallo,

vielen Dank für die Hinweise. Ich habe mir die auf deutsch zugänglichen Texte durchgesehen. Die einzige Stelle, die sich mit viel Phantasie entsprechend interpretieren ließe, wäre wohl

Can. 241 — § 1. In das Priesterseminar dürfen vom Diözesanbischof nur solche zugelassen werden, die aufgrund ihrer menschlichen, sittlichen, geistlichen und intellektuellen Anlagen, ihrer physischen und psychischen Gesundheit und auch ihrer rechten Absicht fähig erscheinen, sich dauernd geistlichen Ämtern zu widmen.


Aber da reinzuinterpretieren, die Männer müssen "zeugungsfähig" sein, dazu gehört schon viel Phantasie. Für den lateinischen Text habe ich noch keine Übersetzung gefunden, aber soweit mein (zugegebenermaßen mieses) Lateinverständnis das zulässt, kann ich auch da keinen Hinweis darauf finden.

Weiß jemand, ob die Kirche aus Can. 241 - § 1 schlussfolgert, dass z.B. ein kastrierten Mann nicht Priester werden darf? War das früher so?

Ich bin dankbar für jeden Hinweis.

Andi
 
@Andi
Zeugungsunfähigkeit ist mitnichten gleichbedeutend mit Kastration. Wie kommst Du nur darauf? :grübel:
http://www.gesundheitsseiten24.de/kinderlosigkeit/zeugungsunfaehigkeit-beim-mann.html

Kastraten in Europa wurden Knaben, die als Sänger ausgebildet wurden, damit sie nicht nur nicht in den Stimmbruch kamen, sondern sogar höhere Tonlagen erreichten.
Ich glaube kaum, dass so ein "Sängerknabe" in die Gefahr kam zum Papst gewählt zu werden. Das war zu der Zeit, als Männer in den Opern noch Frauenstimmen sangen ...

http://de.wikipedia.org/wiki/Kastrat
http://www.dieterwunderlich.de/kastrat.htm
 
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Nachtrag: Weitaus interessanter wäre hier die Frage, wie man die Zeugungsfähigkeit beweise wollte, wenn doch Zölibat nicht nur verlangt, sondern Voraussetzung war? :pfeif:
Wie man mit den ungewollten Kindern der Kirchenmänner und Nonnen umging, weiss man ja. :motz:

Interessant dazu auch eine neuere Meldung (2005) "Neue Vatikanrichtlinie fürs Priesteramt"
http://www.tagesschau.de/ausland/meldung157828.html
 
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Ausgangspunkt war der Kastrat

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Zeugungsunfähigkeit ist mitnichten gleichbedeutend mit Kastration. Wie kommst Du nur darauf? :grübel:
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Das stimmt natürlich. Ich hatte meine Frage bereits sehr zugespitzt, deshalb wirkt das vermutlich etwas merkwürdig. Ausgangspunkt meiner Recherche war die Frage, ob theoretisch ein kastrierter Mann Papst werden darf. Ich war in einem Text auf diese Behauptung gestoßen, dass es verboten gewesen sei und dass dieses Verbot bis heute existiert. Auf meiner Suche nach einem Beleg, ob das stimmt, bin ich auf wenig Informationen mit Substanz gestoßen. Lediglich in einigen Foren (u.a. hier im Geschichtsforum: http://www.geschichtsforum.de/f49/p-pstin-johanna-10676/index2.html) wurde behauptet, dass ein Papst ein "zeugungsfähiger Mann" sein müsse. Das schien mir zumindest ein möglicher Grund dafür zu sein, dass ein Kastrat kein Papst werden dürfe. Aber auch diese Behauptung habe ich bisher noch nirgendwo wiedergefunden - als Vorschrift oder so. Und ich bin immer noch auf der Suche, ob an der Ursprungsbehauptung (d.h. ein Kastrat darf kein Papst sein) überhaupt was dran ist bzw. ob es vor Urzeiten eine Vorschrift dieser Art gab. Zumindest in der Bibel lassen sich doch einige durchaus widersprüchliche Aussagen zu den dort so genannten "Verschnittenen" finden (siehe auch Uta Ranke-Heinemann "Eunuchen für das Himmelreich", wobei hier schwerpunktmäßig die Keuschheit gemeint ist). Doch die Haltung der Kirche zu den Kastraten war bereits im Mittelalter weitgehend ablehnend. Allerdings waren Kastraten in der ma. Kirche als Sänger doch eher geduldet (phasenweise zumindest).

Andi
 
...und da er ja unter Umständen noch rasch zum Priester, Bischof , Kardinal "befördert" werden muss, muss er auch im Stand der Ehelosigkeit leben, wobei der Zölibat genau eben Ehelosigkeit und nicht zwingend sexuelle Enthaltsamkeit bedeutet, wenngleich diese angestrebt ist.

Wie es um die Zeugungsfähigkeit eines möglicherweise schon recht betagten Papstkandidaten bestellt sein mag, ist wohl von geringerem Interesse.
 
...und da er ja unter Umständen noch rasch zum Priester, Bischof , Kardinal "befördert" werden muss, muss er auch im Stand der Ehelosigkeit leben, wobei der Zölibat genau eben Ehelosigkeit und nicht zwingend sexuelle Enthaltsamkeit bedeutet, wenngleich diese angestrebt ist.

Wie es um die Zeugungsfähigkeit eines möglicherweise schon recht betagten Papstkandidaten bestellt sein mag, ist wohl von geringerem Interesse.

Na, du nun erst.
Es ist doch schön, wenn sich jemand mit so einer Frage beschäftigt.
Wer kommt schon auf die Idee, Lukrezia Borgia ist Papsttochter?
 
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Ich vermute, dass Kastration keine Bedingung für die Papstanwartschaft war. An sich selbst zweifelnde Kirchenleute liessen sich oder kastrierten sich selbst.
Heute entgeht Papst der Kastration durch Vasektomie und hat trotzdem noch Spaß.
 
Wirklich?
Gibt es da einen Beleg für eine dieser Operationen an einem christlichen Würdenträger?
Das fände ich echt mal ziemlich komisch...
 
Ich vermute, dass Kastration keine Bedingung für die Papstanwartschaft war. An sich selbst zweifelnde Kirchenleute liessen sich oder kastrierten sich selbst.
Heute entgeht Papst der Kastration durch Vasektomie und hat trotzdem noch Spaß.

Wirklich?
Gibt es da einen Beleg für eine dieser Operationen an einem christlichen Würdenträger?
Das fände ich echt mal ziemlich komisch...

Ich habe nicht geschrieben, dass Päpste sich kastrieren mussten. Dementsprechend muss ich auch keinen Beleg für päpstliche Vasektomie reichen. Ich habe geschrieben, dass an sich selbst zweifelnde Kirchenleute früher sich kastrierten. Und heute müssen sie sich nicht kastrieren sondern eben vasektomieren, falls sie Angst vor unerwünschter Zeugung haben.
 
Gibt es da einen Beleg für eine dieser Operationen an einem christlichen Würdenträger?
Halte ich für ausgeschlossen. Selbstverstümmelung ist gewöhnlich eine schwere Sünde und nur gestattet zur Rettung des Lebens. "Kastration ist schwer sündhaft, gleich ob sie geschieht zur Verringerung der Versuchungen oder zur Bewahrung der Kinderstimme", steht im Kleinen Jone (S. 170).

Das ist allerdings nicht immer so gewesen - Origines z. B., einer der größten Kirchenlehrer der Frühen Kirche, hat sich selbst entmannt (Morus: Eine Weltgeschichte der Sexualität, S. 92; Ronner: Die Kirche und der Keuschheitswahn, S. 124), und "die ersten Metropoliten von Kiew, die man aus Griechenland holte, Iwan und Jephrem, waren solche Kastraten" (Ronner, ebd.). Luther hielt nichts davon, sondern meinte, "die Kastraten "hätten größer Lust und Brunst denn andere, denn die Lust und Begierde vergehet nicht, sondern das Vermögen" (ebd.) - das können einige unter uns sicher bestätigen.

Smith (Unser Körper - Wunder und Wirklichkeit des menschlichen Lebens, 1971, S. 72) berichtet, man habe später bei Päpsten sogar das Vorhandensein der Genitalien gefordert und sie in Augenschein genommen: auf einem besonderen Sessel (ein Exemplar davon soll noch im Louvre stehen) mit einem hufeisenförmigen Sitz; die Kardinäle defilierten, überzeugten sich und verkündeten: "Testiculos habet et bene pendentes". Ich kann zur Korrektheit dieser Information nichts sagen, jedenfalls wird sie oft zitiert (z. B. Testiculos habet et bene pendentes - Wikipedia, vgl. auch Kastration im Mittelalter: Susan Tuchel: Amazon.de: Bücher).

EDIT: Bei Ernst Barlach taucht die Idee auf, Kahlköpfigkeit sei eine Art Kastrations-Ersatz. Diese Variante wäre im Zweifelsfall zu präferieren, meine ich.
 
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Smith (Unser Körper - Wunder und Wirklichkeit des menschlichen Lebens, 1971, S. 72) berichtet, man habe später bei Päpsten sogar das Vorhandensein der Genitalien gefordert und sie in Augenschein genommen: auf einem besonderen Sessel (ein Exemplar davon soll noch im Louvre stehen) mit einem hufeisenförmigen Sitz; die Kardinäle defilierten, überzeugten sich und verkündeten: "Testiculos habet et bene pendentes". Ich kann zur Korrektheit dieser Information nichts sagen, jedenfalls wird sie oft zitiert (z. B. Testiculos habet et bene pendentes - Wikipedia, vgl. auch Kastration im Mittelalter: Susan Tuchel: Amazon.de: Bücher).

Den Stuhl gibt´s, der steht heute in den Vatikanischen Museen, wir haben schon mal darüber diskutiert - siehe Beitrag in "Päpstin Johanna".
Stuhl ist zwar echt, die "Habet"-Probe hingegen ein Mythos.
 
Ich vermute, dass Kastration keine Bedingung für die Papstanwartschaft war. An sich selbst zweifelnde Kirchenleute liessen sich oder kastrierten sich selbst.
Da denke ich natürlich gleich an Klingsor in Wagners "Parsifal":

"Jenseits im Tale war er eingesiedelt;
darüberhin liegt üpp'ges Heidenland;
unkund blieb mir, was dorten er gesündigt,
doch wollt'er büssen nun, ja heilig werden.
Ohnmächtig, in sich selbst die Sünde zu ertöten,
an sich legt 'er die Frevlerhand,
Die nun, dem Grale zugewandt,
verachtungsvoll des' Hüter von sich stiess.
Darob die Wut nun Klingsorn unterwies,
wie seines schmählichen Opfers Tat
ihm gäbe zu bösem Zauber Rat;
den fand er nun -
Die Wüste schuf er sich zum Wonnegarten,
drin wachsen teflisch holde Frauen;
dort will des Grales Ritter er erwarten
zu böser Lust und Höllengrauen;
wen er verlockt, hat er erworben;
schon viele hat er uns verdorben."
 
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