Muß ich mich denn immer so aufregen?

salvus

Aktives Mitglied
Tatzeit:
Gestern Mittag.
Ich kaufe für für 7,80 € "Der Spiegel - Geschichte" Ausgabe Nr. 2/2013. Titel: Die Germanen.

Aus Interesse lese ich zunächst im Kapitel II den Artikel "Rebell gegen Rom". Es geht um die Varusschlacht. Und wieder rege ich mich sehr auf. Das Adrenalin steigt in ungeahnte Höhen. Können Redakteure einer solchen Zeitschrift nicht simple Dinge recherchieren?

So ist lt. dieses Artikel sicher, daß Arminius unter römischen Einfluss aufwuchs und mehr als ein Jahrzehnt im Römischen Reich lebte. Naja, das kann man evt. gelten lassen, da Germanien unter römischer Herrschaft stand.
Aber dann kommen wie immer die Zahlen:
Das Varusheer wird mit 30.000 Mann angegeben. Woher man eine solche Zahl nimmt, ist mir nach wie vor schleierhaft.

Aber was den Vogel abschießt:
Zitat:
"Mit etwa 18.000 Mann griffen die Kämpfer des Arminius an."

Endlich wissen wir es.
Was kein Quellentext auch nur annähernd aussagt, weiß dieser Redakteur. 18.000 Mann waren es! Woher kommt eine solche Zahl? Endlich wissen wir jetzt wieviel Germanen es waren.

Das Schlachtfeld wurde dann natürlich ein heiliger Hain. Eine "Pilgerstätte" der Germanen.

Und dann:
Im Jahr 14 n.Chr. schritten 12.000 Römer über eine Behelfsbrücke über den Rhein und verwüsteten das Land zwischen Ems und Lippe.

Wieder so eine Zahl: 12.000. Wieso 12.000?
Und das Land zwischen Ems und Lippe wurde nicht 14, sondern 15 n.Chr. verwüstet.
Da muß man nur den Tacitus lesen oder bei Wikipedia nachsehen.

Nein, ich rege mich jetzt nicht mehr weiter auf....
Ich trinke jetzt einen Kaffee.:fs:

Oder auch etwas anderes...:D
 
@salvus

Warum aufregen? Früher hieß das "Populärwissenschaftliche Literatur", ich würde heute den Begriff "Geschichts-Comic" wählen, ähnlich wie die ganzen Dokumentationen im TV.

Das wird geschrieben, um eine möglichst große Auflagenzahl zu erreichen. Der Leser möchte nicht hinter jedem Satz einen Quellenverweis finden, mit eventuell beigefügter Quellenkritik; sondern er möchte unterhalten werden. Die Verfasser stehen unter Zeit- und Erfolgsdruck. Da wird kolportiert ohne Ende, manchmal vllt. auch geschludert. Allerdings hat der "Spiegel-Geschichte" auch keinerlei wissenschaftlichen Anspruch.

Also, nicht aufregen, nicht zuviel Kaffee trinken -schlägt auf den Magen- und andere Getränke aus besserem Anlaß wählen.

M.
 
Da musst Du Dich doch nicht aufregen. Atme tief durch und freu Dich dass Du es besser weißt als die Zeitungsfritzen:banana:
 
Kann ich jetzt eigentlich diese 18.000 Mann germanischer Kämpfer als real ansehen?

Ich denke schon.

Also: In der Varusschlacht haben 18.000 Germanen gegen drei römische Legionen gekämpft!
Ich berufe mich jetzt auf diesen Redakteur oder Journalisten oder wie auch immer. Ich berufe mich auf Spiegel-Geschichte.

Und: Ich rege mich schon wieder auf.

Und ja:
Ich konsumiere mittlerweile andere Getränke als Kaffee....
 
Cool bleiben, Calvus.

Nicht alles, was der "Spiegel" schreibt, ist richtig. Auch wenn das Blatt dies gern behauptet.

Das ist auch der Grund, warum ich mir solche pseudo-historischen Blättchen nicht kaufe.
 
Das ist natürlich Quatsch, wo doch in allen Quellen von 28.751 Mann die Rede ist! :autsch:
Was aber eben so falsch ist. In Kalkriese hat man die Krankschreibung des Valerius Pedunculus gefunden, der wegen einer Blase am Fuß in Xanten geblieben ist. Es waren deshalb nur 28.750.
 
alles Mumpitz!
der nächste, wie gewohnt historisch investigative Spiegel wird die verdrängte, 2000 Jahre lang geheim gehaltene Wahrheit dank Zugang zu geheimen vatikanischen Verließen enthüllen: Varus war ein Weibchen, welches Arminius heiratete, Germanien war natürlich eine römische Provinz bis an die Elbe, weshalb bis heute solche Wörter wie Fenster und Kohabitation zwischen Rhein und Elbe verwendet werden! Ergo gab es bei kalkriese keine Schlacht, sondern ein großes Hochzeitsbesäufnis, die gefundenen Knochen dort stmmen von den Schnapsleichen, die das feiern übertrieben hatten.
:):):)
 
Es scheint, dass mich niemand hier ernst nimmt...:weinen::weinen:

Das einzige was mich jetzt noch rettet ist ein Leserbrief an diesen Redakteur.
Diese 18.000 Germanen gehen mir nicht mehr aus dem Kopf! Irgenwoher muß diese Zahl ja kommen.

Aber erst gehe ich in mein Archiv und lese nochmal den "Stern" Ausgabe 3/1983. Vieleicht gibt es ja einen Hinweis auf diese 18.000 Germanen in den Hitler Tagebüchern!

Ich melde mich dann wieder.
 
Der Spiegel recherchiert auch oft nicht gut genug oder schöpft nicht entscheidene Quellen aus. Da gibt es viele Beispiele.
In der Wagner-Doku "Ein deutsches Drama" wird eine Szene aus einem Wagnerschinken mit Richard Burton gezeigt, wie Wagner bei den Maiaufständen 1849 in Dresden in einer Barrikade steht, der Kommentator sagt, es sei unklar was Wagner tatsächlich wärend des Aufstands machte.
Dabei schreibt Wagner in seiner Autobiografie "Mein Leben", dass er mit Bakunin auf einem Dresdner Kirchturm nach preußischen Truppen Ausschau hielt ;)



Saludos!
 
Was mich so aufregt, sind diese absolut simplen Dinge.
Das das Gebiet zwischen Ems und Lippe 15 und nicht 14. n.Chr. verwüstet wurde ist doch nun wirklich leicht zu recherchieren.

Und warum immer solche Zahlen?
Und dann Zahlen, die jeglicher Grundlage entbehren?
 
Eine Anmerkung zum römischen Heer: diese Zahlen sind nicht völlig aus der Luft gegriffen, allerdings vielleicht etwas hoch. Laut Velleius Paterculus waren bei der Schlacht drei römische Legionen, fünf Alen (Reitereinheiten) und sechs weitere Kohorten vernichtet worden.
Nimmt man folgende Zahl an: Legion = 5000 Soldaten, Ala = 1000 Reiter, eine Kohorte: 500 Soldaten, wären es 23 000 Soldaten gewesen. Dies ist nur eine Annäherung an die tatsächlichen Zahlen, da die Alen auch kleiner und die Kohorten auch größer gewesen sein könnten, Über die tatsächlichen Mannstärken ist auch nichts bekannt.

Die Zahlen zum Heer des Arminius/der Germanen sind natürlich völlig hypothetisch und es gibt weder historisch noch archäologisch auch nur einen einzigen Anhaltspunkt dafür, wie groß es gewesen sein könnte.
 
Schreibt Paterculus nicht von drei Alen?
Solche Reitereinheiten mit 1000 Mann waren eher selten. Man sollte daher von max. ca. 500 Mann pro Ala ausgehen.

Das die Legionen mit Sicherheit nicht in Sollstärke unterwegs waren gilt als gesichert. Aber verlässliche Gesamtzahlen gibt es nicht. Die moderne Wissenschaft geht von 10.000 bis 15.000 Mann aus. Wobei 15.000 schon die absolute Obergrenze darstellt.

Aber eigentlich geht es darum ja auch nicht. Die 30.000 Mann werden einfach so als gesichert dargestellt.

Von den 18.000 Germanen ganz zu schweigen. Eine solche Zahl anzugeben ist schon fast dreist.:motz::motz:
 
Tatzeit:
Wieder so eine Zahl: 12.000. Wieso 12.000?

Nunja, rein mathematisch betrachtet ergäbe diese Zahl folgende Formel:

30000 - 18000 = 12000.

Wenn insgesamt 30000 Mann unter Waffen gestanden haben sollen und 18000 davon Germanen waren, liegt nah, dass die Differenz von 12000 Mann von den Römern gestellt wurde.

Wer den "Spiegel" als fachwissenschaftliche Zeitschrift von und für Historiker ansieht, der wird ganz klar von der populärwissenschaftlichen Machart enttäuscht sein (so wie du). Der Spiegel will keine gehaltvollen Abhandlungen über die historischen Ereignisse der letzten 3000 Jahre darbieten, sondern lediglich den Laienleser unterhalten, sodass dieser nachher das Gefühl hat: "Mensch, wieder mal was gelernt".

Wenn du wirklich gesicherte Quellen und relevante Werke zu diesem Thema wünschst, empfehle ich dir auch richtige Fachliteratur anerkannter und seriöser Historiker.
 
Nunja, rein mathematisch betrachtet ergäbe diese Zahl folgende Formel:

30000 - 18000 = 12000.

Wenn insgesamt 30000 Mann unter Waffen gestanden haben sollen und 18000 davon Germanen waren, liegt nah, dass die Differenz von 12000 Mann von den Römern gestellt wurde.

Wer den "Spiegel" als fachwissenschaftliche Zeitschrift von und für Historiker ansieht, der wird ganz klar von der populärwissenschaftlichen Machart enttäuscht sein (so wie du). Der Spiegel will keine gehaltvollen Abhandlungen über die historischen Ereignisse der letzten 3000 Jahre darbieten, sondern lediglich den Laienleser unterhalten, sodass dieser nachher das Gefühl hat: "Mensch, wieder mal was gelernt".

Wenn du wirklich gesicherte Quellen und relevante Werke zu diesem Thema wünschst, empfehle ich dir auch richtige Fachliteratur anerkannter und seriöser Historiker.

Nein nein nein:motz::motz::motz:

30.000 Römer (viel zu viel) 9 n.Chr.
18.000 Germanen 9 n.Chr. (diese Zahl ist ...)

12.000 - 14 oder 15 n.Chr.

also 6 oder 7 Jahre später!!

Niemand weiß, wie dieser Herr auf diese Zahlen kommt.

Und ja, ich besitze durchaus diese spezielle Literatur. deshalb dieses Thema!

Besser ich lasse die Finger von dieser populärwissenschaftlicher Literatur.
Aber diese 18.000 Germanen...
 
Wer den "Spiegel" als fachwissenschaftliche Zeitschrift von und für Historiker ansieht, der wird ganz klar von der populärwissenschaftlichen Machart enttäuscht sein (so wie du). Der Spiegel will keine gehaltvollen Abhandlungen über die historischen Ereignisse der letzten 3000 Jahre darbieten, sondern lediglich den Laienleser unterhalten, sodass dieser nachher das Gefühl hat: "Mensch, wieder mal was gelernt".

Auch populärwissenschaftliche Literatur kann sich (und sollte!) sich an die Fakten halten. Es ist ein deutlicher Unterschied, ob man die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit laiengerecht aufbereitet oder Inhalte völlig aus der Luft greift.
 
Zurück
Oben