Man sagt den Deutschen, durchaus zu Recht nach, sie seien "Vereinsmeier", und die deutsche Vereinskultur wurde und wird oft belächelt. Im Großen und Ganzen aber ist die Arbeit der Vereine durchaus positiv zu bewerten. Im 19. Jahrhundert war eigentlich für jede politische Couleur und jedes Hobby etwas dabei: Es gab Sport- und Arbeiterbildungsvereine, Christliche und Nationalistische Vereine. Tauben- und Kleintierzüchter, Schachspieler, Fußballer und Angler schlossen sich zusammen, fachsimpelten, pflegten Traditionen und manchmal Feindschaften.
Bald auch wurde Bedarf für Freizeitaktivitäten auch zu einem Wirtschaftszweig. Vorbild war in vielem Großbritannien. Ende des 19. Jahrhunderts wurden Sportfischer noch als fragwürdige Zeitgenossen belächelt. Angeln fertigte man sich selbst aus Haselgerten an, Rollen und Angelruten wurden fast ausschließlich in Großbritannien hergestellt, auch die ersten Fachbücher über den Fischfang mit der Angel stammten aus Großbritannien. Um die Jahrhundertwende gab es dann auch eine reiche deutschsprachige Fachliteratur, und manche Firmen spezialisierten sich ausschließlich auf Angelgeräte. Zu erwähnen ist hier der Berliner Fritz Ziegenspeck, der die Anglermanufaktur Ziegenspeck gründete. Daraus ging DAM, die Deutsche Anglermanufaktur hervor, eine Firma, die es immer noch gibt. Zu den "Rennern" unter den Patenten von Fritz Ziegenspeck gehörte ein bestimmter Bootaußenbordmotor, die Wenderolle und der Effzett-Blinker. Die Wenderolle war ein simples aber effektives Patent. Die Rolle war am Rollenhalter drehbar, so dass man die Angel auswerfen konnte, ohne dass man wie bei den alten Grundrollen oder modernen Fliegenrollen erst die Schnur für die gewünschte Wurfweite abpsulen musste. Durch die Erfindung der Stationärrolle um die Mitte des 20. Jahrhunderts setzte sich dieses Modell durch.
In Herman Hesses Erzählung "Unterm Rad" ist der Schüler Hans Giebenrath ein begeisterter Angler, die Angelei wurde ihm allerdings verboten, um am "Landexamen" teilzunehmen. Ein Freund Giebenraths verachtet die Angelgeräte prinzipiell und schwört auf Ruten Marke Eigenbau. Natürlich können gute Angler auch mit primitivem Angelgerät Erfolg haben- damals wie heute. Die rudimentäre Sportangelei mit der selbst geschnittenen Haselrute hatte aber ausgedient.
Es kamen mehrteilige Angelruten auf den Markt, die erschwinglich waren, Rollen, mit Bremsen ausgestattet, bespult mit Angelschnüren aus Seide oder Rosshaar, mit denen ein geübter Angler 20 m weit und weiter werfen konnte. Um die Jahrhundertwende hatte sich auch in Deutschland ein Markt für Bedarf, einzig für die Angelei entwickelt. Klassiker wie der Heintz-Blinker, benannt nach einem renommierten Fachautor oder der Effzett-Blinker sind längst Klassiker und werden noch 100 Jahre nach ihrer Entwicklung erfolgreich benutzt. Hardy, D.A.M., Norris u. a. klangvolle Namen gibt es teilweise heute noch. Ich habe einmal eine alte D. A. M- Rolle geschenkt bekommen. Das Ding ist ein reines Museumsstück, aber von unglaublicher Qualität. Das Ding dürfte inzwischen gut 100 Jahre alt sein.
Ich bin mit Stationärrollen aufgewachsen und musste mich anfangs daran gewöhnen und fragte mich, wie die Kollegen früher das anstellten, mit so einem Ding Würfe von 25-30 m hinzubekommen. Eine Rolle ohne Übersetzung wie eine moderne Stationär- oder Multirolle macht dem Angler im Drill eines Kapitalen mehr Schwierigkeit, ist aber viel intensiver. Es ist vergleichbar dem Reiz, statt mit modernem Gewehr mit Bogen, Armbrust oder Vorderlader zu jagen.