Nachgeben sowjetischer Forderungen bei Molotow-Besuch 1940

Trojan

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Guten Abend allerseits,

ich habe mich in letzter Zeit des öfteren mit der politisch vll interessantesten und letztlich wohl auch aus deutscher Sicht entscheidendsten Zeit des Zweiten Weltkriegs beschäftigt - also der Zeit vom Sommer 1940 bis zum Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941.

Als Interessierter ist klar, dass man dabei auf diplomatischer Ebene sehr schnell auf den Molotow-Besuch von November 1940 stößt.

Nach diesem Besuch kommt es letztlich von deutscher bzw. Hitlers Seite zu der Erkenntnis, dass "der Russe nach Europa will".
Trotz der Versuche, das sowjetische Interesse auf eine im Falle einer britischen Niederlage entstehende Konkursmasse in Südasien (Indien) bzw. dem nahen Osten (Irak) zu lenken, besteht die SU wohl auf Ihre Forderungen bzgl. Europa.

Ob Barbarossa letztlich daraus resultierte oder ob dies Hitler letztlich egal war, da er so oder so die SU plante anzugreifen, soll hier nicht Gegenstand der Diskussion sein.

Interessant scheinen mir letztlich einige Punkte, die ich so aus diplomatischer und auch militärischer Sicht nicht nachvollziehen kann und wobei mir gerne klar wäre, ob es diesbezüglich auf deutscher Seite Überlegungen gab.

Konkret geht es um die Forderungen bzgl. Finnland, Rumänien, Bulgarien und der Türkei.
S. 15/16:
https://www.degruyter.com/downloadp...e-1/mgzs.1998.57.1.199/mgzs.1998.57.1.199.pdf

Gab es jemals auf deutscher Seite die Überlegung, der sowjetischen Forderung bzgl. Finnlands und der Türkei wenigstens temporär nachzuweben?

Denn ein dürfte klar sein:
Ein erneuter Krieg der SU ggü Finnlands und sogar ggü der Türkei hätte Deutschland scheinbar doch nicht geschwächt.
Wo wären denn die Interessen Deutschlands in Finnland gewesen? Worin hätte eine Schwächung Deutschlands bestanden, wenn die SU Finnland besetzt hätte?
Im Gegenteil, die SU wäre in einem Angriffskrieg verstrickt gewesen, welcher sie international weiter diskreditiert hätte, bei einer Besetzung hätte die SU Mittel aufwenden müssen, die sie nicht zur Verteidigung ihrer Kerngebiete hätte aufbringen können.
Wenn sie den Feldzug ähnlich wie 39/40 wieder mit großen Schwierigkeiten geführt hätte, wäre dies für das Deutsch Reich sogar ein Gewinn gewesen.

Bei Rumänien sind die Bedenken aufgrund der Erdölfelder klar ersichtlich, aber was ist bezogen auf die Türkei?

Wenn man auf Deutscher Seite gesagt hätte: Bitte sehr, vergreift euch ruhig an der Türkei (ohne unser Zutun verständlich), wir werden nicht eingreifen, was hätte dies denn für Deutschland für negative Folgen gehabt?

Die SU hätte horrende Kräfte aufwenden müssen, wäre endlich auch in einem aktiven Krieg verstrickt gewesen und hätte nicht nur zuschauen können, wie das Deutsche Reich gegen GB ausblutet.

Letztlich würden sich selbst bei einer Besetzung der Türkei durch die SU für das Deutsche Reich die Nachteile in Grenzen halten, da die SU:
1. wieder international diskreditiert wäre
2. Kräfte Ihrerseits gebunden wären
3. sich die strategische Verteidigung ggü dem Deutschen Reich nicht verbessert hätte
4. man bei einem Deutsch-Sowjetischen Krieg sogar mit Aufständen in der Türkei rechnen könnte.


Also nochmal kurz und knapp:
Fasste die Deutsche Führung 1940/41 niemals die Option ins Auge, die Sowjetunion durch Kriege in peripheren Randgebieten wie Finnland und der Türkei zu binden, wobei selbst bei einem (wahrscheinlichen irgendwann erfolgenden) Sieg der SU strategische Nachteile marginal gewesen wären und diese zum Teil hätte "ausgeblutet werden können" um selbst 'Zeit zugewinnen?
Die Westmächte wären nebenbei wahrscheinlich in so einem Falle eher gehemmt gewesen, die SU als gleichberechtigten Bündnispartner zu akzeptieren.

Gibt es dazu irgendwelche Überlegungen?

Ich finde es seltsam, dass das Deutsche Reich zu dem Zeitpunkt alleine Krieg gegen das Empire führte, ein Krieg gegen die SU in vielen Bereichen bereits geplant wurde, man aber (aus meiner Kenntnis heraus) zu keinem Zeitpunkt die Strategie verfolgte, die SU selbst auch an irgendwelchen Fronten zu binden, damit diese ebenfalls beschäftigt gewesen wäre.

Wäre sehr dankbar über Infos oder eine angeregte Diskussion

Viele Grüße
Trojan
 
Guten Abend allerseits,

ich habe mich in letzter Zeit des öfteren mit der politisch vll interessantesten und letztlich wohl auch aus deutscher Sicht entscheidendsten Zeit des Zweiten Weltkriegs beschäftigt - also der Zeit vom Sommer 1940 bis zum Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941.

Als Interessierter ist klar, dass man dabei auf diplomatischer Ebene sehr schnell auf den Molotow-Besuch von November 1940 stößt.

Nach diesem Besuch kommt es letztlich von deutscher bzw. Hitlers Seite zu der Erkenntnis, dass "der Russe nach Europa will".
Trotz der Versuche, das sowjetische Interesse auf eine im Falle einer britischen Niederlage entstehende Konkursmasse in Südasien (Indien) bzw. dem nahen Osten (Irak) zu lenken, besteht die SU wohl auf Ihre Forderungen bzgl. Europa.

Da übernimmst du recht einseitig Ansichten der Deutschen Seite, was das betrifft ohne die Kalkulationen der sowjetischen Seite mit einzubeziehen.
Zunächstmal wollte sich Stalin aus einem Krieg gegen die Westmächte heraushalten und der lachende dritte in einem Abnutzungskampf zwischen "kapitalistischen" und "faschistischen" Mächten sein. Ihn britisches Gebiet zu versprechen hätte die Sowjetunion aber über kurz oder lang in den Krieg gezwungen und zum Direktverbündeten Deutschlands gemacht, denn die Briten hätten es ja kaum freiwillig heraus gegeben und im Falle eines deutschen Sieges, bei dem, was man auf nationalsozialistischer Seite bekanntermaßen von der Sowjetunion hielt, wäre auch nicht damit zu rechnen gewesen, dass sich die Deutschen London gegenüber für sowjetische Interessen verwendet hätten.
Den Sowjets britische und andere außereuropäische Territorien zu versprechen, über die man gar nicht verfügte und die man sich ohne andere Großmächte gewaltsam zu tangieren auch nicht holen konnte, war erst einmal nichts anderes als eine Luftnummer, es sei denn die Sowjets traten in den Krieg gegen die Westmächte mit ein.
Teile Osteuropas konnten die Sowjets dagegen sofort und ohne größere Kraftanstrengungen oder Krieg mit den Westmächten unter ihre Fittiche bekommen, während Stalin selbst ein Charakter war, der durchaus nicht in dem Maße wie Hitler zum außenpolitischen Hazardspiel neigte.
Die Sowjets mit britischer "Konkursmasse" (eine schnelle Niederlage der Westmächte musste zum Zeitpunkt der Verhandlungen ja als sehr unwahrscheinlich angesehen werden, eine, die dem Sieger auch die Möglichkeit gab über deren außereuropäischen BEsitz zu verfügen erst recht) bediehnen zu wollen verfolgte von deutscher Seite im wesentlichen zwei Zwecke:

1. Die Sicherung Ostmitteleuropas als spätere Ausgangsbasis gegen die Sowjetunion
2. Die Sowjets nach Möglichkeit in einen Krieg mit den Westmächte zu verwickeln um zu verhindern, dass diese aus der Zusammenarbeit mit Deutschland ausscheren würden.

Den Sowjets europäische Territorien in Aussicht zu stellen war insofern für die Nazis, im Besonderen Hitler problematisch, als dass man damit die Ausgangsbasis für eigene Operationen gegen die Sowjetunion unterminierte und vor allem auch, weil die Sowjets dich diese Territorien sofort holen konnten ohne damit in Kriegszustand mit den Westmächten zu geraten. Vergegenwärtigt man sich, dass mit den Erfahrungen des 1. Weltkriegs bei der Konfrontation Deutschlands mit dem Westen allgemein ein mehrjähriger Abnutzungskrieg erwartet wurde, konnte es nicht gelegen kommen, wenn die Sowjets ihre Beute sofort ohne Probleme einstrichen und die weitere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Sowjetunion, die für die deutsche Kriegsführung im Westen dann essentiell sein würde, daraufhin über Jahre vom goodwill des Kremls abgehangen hätte.

"Der Russe will nach Europa" trifft es nicht. Stalin wollte vor allem einen Gewinn haben, ohne sich weiter in den Krieg verstricken zu lassen und den konnte er außerhalb Osteuropas nicht haben, es sei denn auf Kosten Japans oder Chinas, aber dafür brauchte er die Deutschen nicht.

Konkret geht es um die Forderungen bzgl. Finnland, Rumänien, Bulgarien und der Türkei.
S. 15/16:
https://www.degruyter.com/downloadp...e-1/mgzs.1998.57.1.199/mgzs.1998.57.1.199.pdf

Gab es jemals auf deutscher Seite die Überlegung, der sowjetischen Forderung bzgl. Finnlands und der Türkei wenigstens temporär nachzuweben?

Denn ein dürfte klar sein:
Ein erneuter Krieg der SU ggü Finnlands und sogar ggü der Türkei hätte Deutschland scheinbar doch nicht geschwächt.
Wo wären denn die Interessen Deutschlands in Finnland gewesen? Worin hätte eine Schwächung Deutschlands bestanden, wenn die SU Finnland besetzt hätte?
Im Gegenteil, die SU wäre in einem Angriffskrieg verstrickt gewesen, welcher sie international weiter diskreditiert hätte, bei einer Besetzung hätte die SU Mittel aufwenden müssen, die sie nicht zur Verteidigung ihrer Kerngebiete hätte aufbringen können.
Wenn sie den Feldzug ähnlich wie 39/40 wieder mit großen Schwierigkeiten geführt hätte, wäre dies für das Deutsch Reich sogar ein Gewinn gewesen.

Bei Rumänien sind die Bedenken aufgrund der Erdölfelder klar ersichtlich, aber was ist bezogen auf die Türkei?

Im Bezug auf Finnland und Rumänien gab man ja dezidiert nach, die Sowjetischen Ansprüche hinsichtlich Bessarabien und Finnland als Teil der sowjetischen Einflusszone betrifft. Natürlich war dieses Nachgeben nur als ein temporäres angedacht, schließlich hatte man (was im Besonderen Hitler meint) ja durchaus eigene Ziele im Osten.

Die Interssen Deutschlands in Finnland?
Im Kriegsfall mit der Sowjetunion eine Operationsbasis gegen Leningrad und die karelische Landenge zu haben. In einem Krieg gegen die Sowjetunion, musste es von Interesse sein, die russische Ostseeflotte aus dem Spiel zu nehmen und möglichst die Kontrolle über sämmtliche Küstenabschnitte zu haben, weil das die Möglichkeit eröffnen würde die Ostsee quasi als gigantische Autobahn für Nachschub ungestört zur Verfügung zu haben.
Bedenkt man die verschiedene Spurbreite des sowjetischen Eisenbahnsystems, dass erst auf die deutschen Transportbedürfnisse angepasst werden musste, den Mangel an befestigte Straßen und Kraftfahrzeugen, war die Entlastung von Schiene und Straße in Sachen Nachschubproblematik ein nicht zu unterschätzender Faktor. Die Möglichkeit einen guten Teil der Güter auf dem Seeweg nach Osten zu bringen hätte die Situation des militärischen Verkehrs natürlich sehr vereinfacht.
Zudem kommt Leningrads Bedeutung als Standort von Rüstungsbetrieben hinzu und die Bahnlinie nach Murmansk als einzigem größeren, ganzährig eisfreien Hafen im Nordmeer, was natürlich die sowjetische Möglichkeit tangiert hätte aus dem Ausland Nachschub einzuhandeln (an "lend-lease" war damals ja noch nicht zu denken).
Im Hinblick auf Finnland wäre auch zu bedenken, wie wichtig die schwedischen Erzlagerstätten bei Kiruna für die deutsche Kreigsführung waren und dass dieser Raum dann durch zusätzliche Truppen hätte abgeschirmt werden müssen.





Deutschlands Interessen in der Türkei und Bulgarien:

Im Hinblick auf die Türkei sollte man nicht vergessen, dass die vorderasiatischen quasikolonialen Gebiete der Westmächte mit ihren Ölvorkommen ehemals Teile des osmanischen Reiches gewesen waren, was in der Türkei selbst natürlich zu einer tendenziellen Kooperationsbereitschaft mit Deutschland führen konnte, wenn Aussicht auf Rückgewinnung bestand.
Weiterhin kann, wer Bosporus und Dardanellen kontrolliert, das Schwarze Meer abrigeln, was für eine Auseinandersetzug mit der Sowjetunion als nicht unbedeutend angesehen werden konnte.
Weiterhin hätte die Möglichkeit von einer kooperativen Türkei aus militärische Operationen gegen die Sowjetunion zu starten die Ölfelder von Maikop und Grozny, sowie Batum und Baku und damit das Herz der sowjetischen Ölwirtschaft wesentlich eher in die Reichweite Deutschlands gebracht.
Insofern war die Türkei strategisch jedenfalls aus der sowjetischen Einflusszone heraus zu halten.

Was Bulgarien und den europäischen Teil der Türkei angeht, so ist zu bedenken, dass sich die Ölfelder von Ploiesti im Süden Rumäniens befanden und somit von Bulgarien-Rumelien aus von den Sowjets jederzeit bombardiert hätten werden können.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man auf Deutscher Seite gesagt hätte: Bitte sehr, vergreift euch ruhig an der Türkei (ohne unser Zutun verständlich), wir werden nicht eingreifen, was hätte dies denn für Deutschland für negative Folgen gehabt?

Die SU hätte horrende Kräfte aufwenden müssen, wäre endlich auch in einem aktiven Krieg verstrickt gewesen und hätte nicht nur zuschauen können, wie das Deutsche Reich gegen GB ausblutet.
Dieser Krieg hätte der Erwartung nach deutich weniger lange gedauert, als der Konflikt Deutschlands mit den Westmächten und die strategische Ausgangslage der Sowjetunion deutlich verbessert. Die Kräfte, die das tatsächlich gebunden hätte, wären überschaubar gewesen, weil im Gegensatz zu der Problematik Deutschlands in West- und später Südeuropa, die Sowjets keine alliierte Landung und eine zweite Front befürchten brauchten.
Hitler und Konsorten musste für weitere Expansionspläne nach Osten aber daran gelegen sein, der Sowjetunion keine weiteren strategischen Vorteile zu schaffen und sie möglichst in den Krieg mit den Westmächten mit hinein zu ziehen.



Letztlich würden sich selbst bei einer Besetzung der Türkei durch die SU für das Deutsche Reich die Nachteile in Grenzen halten, da die SU:
1. wieder international diskreditiert wäre
2. Kräfte Ihrerseits gebunden wären
3. sich die strategische Verteidigung ggü dem Deutschen Reich nicht verbessert hätte
4. man bei einem Deutsch-Sowjetischen Krieg sogar mit Aufständen in der Türkei rechnen könnte.
1. Eine Diskreditierung der Sowjetunion ergab sich auch durch Besetzungen in Osteuropa. Das war aber zunächst nicht von Belang, weil sich die Briten und Franzosen in einer Lage befanden in der sie auf derlei Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen konnten und anno 1940 ei Eintritt der USA in den Krieg nicht absehbar war. Im November 1940 war aber sehr wohl beeits absehbar, dass es zu einer Landung deutscher Truppen in GB in absehbarer Zeit nicht kommen würde und sich beide weiter abnutzten. Genutzt hätte nur die Sowjets direkt in einen Krieg mit den Westmächten zu verwickeln um sie als Bündnisoption für Großbritannien auszuschalten.
2. Die Masse an Kräften, die da gebunden gewesen wäre, wäre aber überschaubar gewesen, die Sowjets wären mit der Türkei wahrscheinlich in ähnlichem Tempo fertig geworden wie die Deutschen mit Westeuropa.
Dadurch hätte sich aber eine Abschirmung der sowjetischen Südflanke ergeben, Möglichkeiten direkt im Balkan und gegen die rumänischen Olfelder zu operieren und im Bündnisfall mit den Briten im Mittelmeerraum zu kooperieren, weil die Türkei als Sperriegel entfällt.
Unter solchen Bedingungen hätte man die Front bei einem Krieg gegen Russland von Beginn an noch mehr ausdehnen müssen und die eigene Treibstoffversorgung wär vom ersten Tag an gefährdet gewesen.
3. Die sowjetische strategische Ausgangslage gegenüber Deutschland hätte sich damit ganz gravierend verbessert.
4. Was hätten die genutzt? Zumal der Deutsche Umgang mit Aufständischen gegen das Sowjetregime im späteren VErlauf ja dann auch zeigte, dass die Nazis mit diesem Potential vom militärischen Standpunkt her maximal idiotisch umgingen.


Ich finde es seltsam, dass das Deutsche Reich zu dem Zeitpunkt alleine Krieg gegen das Empire führte, ein Krieg gegen die SU in vielen Bereichen bereits geplant wurde, man aber (aus meiner Kenntnis heraus) zu keinem Zeitpunkt die Strategie verfolgte, die SU selbst auch an irgendwelchen Fronten zu binden, damit diese ebenfalls beschäftigt gewesen wäre.
Natürlich gab es einen Plan die Sowjetunion an einer anderen Front zumindest teilweise zu binden und die hieß "Mandschurei" bzw. "Japan". Das zerschlug sich dann nur, weil die Japaner selbst ihre Energien auf China gerichtet und ihre Kräfte da so weit verzettelt hatten, dass ein Ausgreifen gegen Sibirien kaum noch möglich war und das wiederrum wurde den Sowjets schnell bekannt.

Ansonsten unterschätzte man sowohl die Stärke der Sowjetischen Armee deutlich und auch die industrielle Entwicklung der Zentralregion der Sowjetunion, hier funktionierte die Aufklärung und Kooperation mit der Generalität einfach nicht in dem Maße, wie das angedacht war.
Die ganze Blitzkriegskonzeption gegen die Sowjetunion basierte ja auf der Grundlage die konzentrierte Sowjetarmee im Bereich Osteuropas mehr oder weniger zu überrennen und dann einfach durchzumarschieren. Insofern war die Konzentration möglichst vieler sowjetischer Truppen im grenznahen Bereich für die deutsche Seite, in der Annahme man würde diese dort zügig vernichten können, durchaus von Interesse.
Ein Binden sowjetischer Truppen an der mandschurischen Genze ebenfalls, weil der Transport von dort nach Europa recht aufwändig und zeitraubend war.
Den Sowjets die Möglichkeit zu belassen über Finnland Leningrad zu entlasten und den deutschen Nachschub in der Ostssee abzuschießen oder von der Türkei aus Ploiseti zu bombardieren und deutsche truppen im Balkan zu binden, die dann für einen Vorstoß nicht mehr zur Verfügung stehen konnten, nicht.
 
Es gab durchaus den Versuch durch Hitler, die UdSSR in den Konflikt mit GB hereinzuziehen, indem er versuchte die "Konkursmasse" des britischen Empire anzubieten (vgl. die Darstellung bei Shinigami)

In diesem Sinne formuliert Molotow: "....but Hitler continued to expatiate bombastically on how England was to be liquidated and the UdSSR would be thrust its way across Iran to India. He had little understanding of Soviet policy....he wanted to involve us in risky policy." (Molotov, S.15)

Im Kern war sich Stalin und Molotov wohl bewußt, dass es hier ein Nullsummenspiel gab. Und jedes Territorium, dass durch Hitler besetzt wurde, verschlechterte die Verteidigung der UdSSR in die Tiefe. Diese Sichtweise das Vorfeld zu verbreitern und Zeit zu gewinnen bis - möglichst - Ende 1942 breitet Molotov (im Sinne Stalins) im Kern aus.

Nicht übersehen darf man zudem, dass die Reputation der Großmächte vor allem auf dem Balkan einen Einfluss hatte, welche außenpolitische Strategie verfolgt wurde. Den kleineren Staaten ging es dabei um den lokalen Zugewinn gegenüber Nachbarstaaten und die Zuordnung zum antizipierten Gewinner einer potentiellen Auseinandersetzung.

Molotov, Vjaceslav M. (1993): Molotov remembers. Inside Kremlin politics. Conversations with Felix Chuev. Chicago: Ivan R. Dee.

Zu erwähnen wäre jedoch auch, dass Hitler in der Weisung Nr. 18 vom 12.11.1940 (vgl. Hubatsch, S. 71) den Krieg gegen die UdSSR (vgl. 5) entsprechend der mündlich befohlenen Vorbereitungen weiter zu verfolgen sei, völlig losgelöst von den diplomatischen Kontakten mit der UdSSR. Und es folgte dann ja auch am 18.12.1940 die Weisung 21 Fall Barbarossa.
 
Im Kern war sich Stalin und Molotov wohl bewußt, dass es hier ein Nullsummenspiel gab. Und jedes Territorium, dass durch Hitler besetzt wurde, verschlechterte die Verteidigung der UdSSR in die Tiefe. Diese Sichtweise das Vorfeld zu verbreitern und Zeit zu gewinnen bis - möglichst - Ende 1942 breitet Molotov (im Sinne Stalins) im Kern aus.

Nicht übersehen darf man zudem, dass die Reputation der Großmächte vor allem auf dem Balkan einen Einfluss hatte, welche außenpolitische Strategie verfolgt wurde. Den kleineren Staaten ging es dabei um den lokalen Zugewinn gegenüber Nachbarstaaten und die Zuordnung zum antizipierten Gewinner einer potentiellen Auseinandersetzung.

Ich würde das noch etwas fortsetzen und darauf hinweisen wollen, dass auf dem Balkan ja gerade auch für die deutsche Seite das Problem bestand einen in sich inkohärenten und konfliktbeladenen Raum zusammen zu halten um die eigene Südflanke gedekt zu wissen und möglichst keine Zeit und Besatzungstruppen hier investieren zu müssen, die man für die "Barbarossa-Unternehmung" benötigte.
Bedenkt man den scharfen und gefährlichen Konflikt zwischen Ungarn und Rumänien wegen Siebenbürgen, dem Kreisch-gebiet und dem Banat von Temesvar, so wie die Probleme Jugoslawiens, sowohl mit Italien (dalmatinische Küste), Bulgarien (Mazedonien) und im geringeren Maße Ungarn (Vojvodina), so wie Bulgariens Aspirationen hinsichtlich der rumänischen Dorbudja bis Constanţa und Griechenland wegen eines Zugangs zur Ägäis in West-Thrakien.
Um die wirtschaftlichen Möglichkeiten nicht zu tangieren und und die Ausdehnung des südlichen Kriegsschauplatzes gerin zu halte und damit Truppen zu sparen, war es demnach aus deutscher Sicht geboten den fragilen Status Quo auf dem Balkan unbedingt zu halten.

Kershaw macht diese Notwendigkeit in "Wendepunkte" sehr stark, meiner Ansicht nach auch sehr plausibel.
Hitler hatte ja nicht ohne Grund immer wieder versucht Mussolini von einem Losschlagen gegen Jugoslawien und Griechenland abzuhalten um den Status Quo auf dem Balkan aufrecht zu erhalten.
Das der bereits mit dem sowjetischen Einmarsch in Bessarabien reichlich zu erodieren begann, zeigt sich ja bereits an der erzwungenen vorläufigen Einigung Rumäniens und Ungarns, die dann zur Teilung Siebenbürgens führte.
Inwieweit die "Ausgleichsformel" der Abtretung der südlichen Dorbuja an Bulgarien da eine längerfristige Garantie für Stabilität sein konnte, darf man sicherlich auch hinterfragen.

Der gerade ausgebrochene Krieg zwischen Italien und Griechenland, warf ja von vorn herein auch die Beteiligung Bulgariens an der grieischischen "Konkursmasse" auf und musste Rumäniens Möglichkeiten die gestärkten Nachbarn Ungarn und Bulgarien in Schach halten zu können durch den Wegfall Griechenlands als potentiellen Partners zur Einhegung Bulgariens und Jugoslawien, dass mit den italienischen Aspirationen genug Scherereien hatte, nachdem die Schutzmacht Frankreich ausgefallen war, natürlich deutlich schlechter werden.
Insofern sollte man vielleicht auch die Auswirkungen des Niedergangs Frankreichs auf die Stabilität der Balkanregion nicht unterschätzen.

Jedenfalls war die Schwächung Rumäniens manifest geworden, was das verstärkte Auftreten ungarischer und bulgarischer Begehrlichkeiten herbeiführen und die Gegensätze verschärfen musste, was dann natürlich zur Blockbildung einlud.

Insofern würde ich meinen dass die sowjetischen Interessen in der Region nicht nur den Charakter hatten das eigene Vorfeld militärisch und logistisch zu stärken, sondern auch den Charakter einer Gesamtpräventionsmaßnahme trugen die analog zu den deutschen Versuchen die sowjetischen Kräfte gegen die Briten zu wenden als Versuch gedeutet werden kann die deutschen Kräfte zunächst durch die Notwendigkeit einer Neuordnung des Balkans im eigenen Sinne zu binden.

Ich gehe davon aus, dass du genau darauf hinaus wolltest, aber ich denke es schadet nicht, dass noch einmal etwas ausführlicher darzustellen.
 
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