Nationalistischer Kultus im deutschen Kaiserreich

H

hilfesuchende

Gast
ich muss ein referat machen und komme irgendwie nicht weiter. unser lehrer ist so nett uns keine weiteren informationen zu geben. ich weiß nicht so richtig was in dieses thema hineingehört. bis jetzt bin ich bei kriegervereinen, sedantag/sedanfeiern/schlacht bei sedan und bei bismarcktürmen. hat vielleicht jemand informationen zu sedanfeiern/sedantag? oder kann mir vllt jemand helfen dieses referat aufzubauen. also was ich noch mit reinnehmen kann. usw usw usw...
 
hilfesuchende schrieb:
ich muss ein referat machen und komme irgendwie nicht weiter. unser lehrer ist so nett uns keine weiteren informationen zu geben. ich weiß nicht so richtig was in dieses thema hineingehört. bis jetzt bin ich bei kriegervereinen, sedantag/sedanfeiern/schlacht bei sedan und bei bismarcktürmen. hat vielleicht jemand informationen zu sedanfeiern/sedantag? oder kann mir vllt jemand helfen dieses referat aufzubauen. also was ich noch mit reinnehmen kann. usw usw usw...

Ich würde unbedingt alles rund ums 1875 bei Detmold eingeweihte Herrmannsdenkmal

z.B. diese Postkarte aus dem Jahr 1909 -
(aus: http://www.deutsche-schutzgebiete.de/hermannsdenkmal.htm)
in das Referat, weil exemplarisch für den deutschen Nationalismus, mit einbauen. Weitere Links findest du unter den Stichworten "Hermannsdenkmal+Kaiserreich".
Eine sehr anschauliche literarische Verarbeitung des Themas findest du bei Heinrich Mann: Der Untertan.
 
Klaus P. schrieb:
Ich würde unbedingt alles rund ums 1875 bei Detmold eingeweihte Herrmannsdenkmal

z.B. diese Postkarte aus dem Jahr 1909 -
(aus: http://www.deutsche-schutzgebiete.de/hermannsdenkmal.htm)
in das Referat, weil exemplarisch für den deutschen Nationalismus, mit einbauen. Weitere Links findest du unter den Stichworten "Hermannsdenkmal+Kaiserreich".
Eine sehr anschauliche literarische Verarbeitung des Themas findest du bei Heinrich Mann: Der Untertan.

Zum Hermannsdenkmal noch einige Anmerkungen , die die Zeit etwas beleuchten sollen


---- Sinnumdeutung ehemals religiöser Begriffe und Worte . Frommer Wortschatz in Rede, Lied und Inschrift von Denkmälern, sowie heroisierende Terminologie ,die Einzug in Schulbücher und populärer Literatur (z.B Gartenlaube ) hält.
Beispiele ; „ heiliges Vaterland, „starker Gotteskrieger „-so besungen das Hermannsdenkmal 1909.
---- Das Denkmal gehört allgemein zu den Werkgattungen, die das „Religiöse „ als den zentralen Inhalt der Kunst zurückdrängt

---- Vaterländischer Gehalt von Wort, Schrft und Bild wird zum polit. Anspruch an Denkmäler, Architektur und an die Ästhetik im Allgemeinen wie Besonderen.
Ergebnis ist oft ein Stilpluralismus der von Kitsch bis Können reicht, sehr häufig aber national oder auch chauvinistisch überhöht .
--- Neubau von Museen in imperialer architekt. Geste, als national -sinnstiftende Tempel mit ethno,-Kult,- Kunstpreziosen, wertvollen Gegenstände der Antike ( nicht nur in Deutschland )
----( Museen als Schaufenster nicht gewonnener, ausgeplünderter Kolonien , geeignet als Kolonialwarenläden für Spießers Nationalbewußtseins Prothese.) pers. Stellungnahme ! :D
 
Ich würde es so machen:

I. Allgemeiner Problemaufriß
1. Was ist Kultus/Kult?
2. Was ist Nationalismus? Überhöhung der eigenen Nation über fremde Nationen; Abgrenzung zu Nationalbewußtsein und Patriotismus; Definition des deutschen Wesens; Abgrenzung von den anderen
3. Was ist nationalistischer Kultus? Machtprojektionen; "germanischer Baustil"

II. Beziehung zwischen Kaiserreich und nationalistischen Kultus
Warum förderte das Kaiserreich gerade nationalistischen Kultus? Warum nicht Goethe und Schiller? Gab es eine besondere Beziehung zwischen dem Kaiserreich und dem nat. Kultus?
1. Wie ging es mit dem Erbe unumstritten verdienter Künstler und Denker wie Goethe, Schiller, Lessing, Kant um?
leider gar nicht gut; deren humanistische Gesinnung stand dem Nationalismus entgegen
Goethe: http://www.info.sophia.ac.jp/g-areas/DE-GoetheSymEhrlich.htm
der freiheitsliebende Schiller wäre natürlich im Schillerjahr besonders interessant (1905)
=> hinter der Förderung des nat. Kultus steckte nicht die Liebe zur Kultur, sondern eine besondere Vorstellung wie diese Kultur im Kaiserreich auszusehen hat
2. Besonderheiten des Kaiserreiches/Legitimationsprobleme
- einerseits Nationalstaat und somit modernere Form des Zusammenlebens der Deutschen
- andererseits knüpfen Begriffe "Deutsches Reich" (statt "Kaiserreich Deutschland") und "Deutscher Kaiser" (statt "Kaiser von Deutschland") an das alte Heilige Römische Reich Deutscher Nation an
- wie kam es zu diesen Begriffen?
- Gefahr, dass diese Begriffe benutzt werden, um zur Legitimation des neuen Staates an die alte Reichsidee anzuküpfen und hierdurch die alte Reichsidee wiederbelebt wird
- Alte Reichsidee: Reich > Nation > Staat; Reich umfasste mehrere Nationen (neben Deutschland auch die Niederlande, Frankreich (Karl dem Großen) und Norditalien (Barbarossa), die sich im Laufe der Zeit aus dem Reich herauskämpfen mussten
- Reichsidee steht im Gegensatz zum Konzept des Nationalstaates; wer sich zum Nationalstaatsprinzip bekennt, bekennt sich somit auch zum Nationalstaat der anderen; wer jedoch mitten in Europa das alte (übernationale) Reich wiederbegründen möchte, der missachtet das Selbstbestimmungsrecht der anderen Nationen
- Nationalistische Aufladung der alten Reichsidee: das alte Reich war übernational und behandelte die verschiedenen Nationen gleich; die Wiederbelebung der Reichsidee im Zeitalter des Nationalismus trug die Gefahr in sich, das deutsche Wesen über die anderen Nationen zu erheben und diese in einem Deutschen Reich zu knechten
- in der Außenpolitik setzte das Gleichgewicht der Kräfte der nationalistisch aufgeladenen Reichsidee Grenzen
=> Kunst bietet sich als Ausdrucksform der nationalistisch aufgeladenen Reichsidee an
3. Besondere Problematik der Person Wilhelm II.
- Prestigestreben, Geltungsbedürfnis, künftige Größe
- Romantischer Träumer, der vom Absolutismus träumte
=> Förderung des nationalistischen Kultus

III. Beispiele für nationalistischen Kultus
da würde ich die einzelnen Beispiele chronologisch ordnen und versuchen darzustellen, welche Philosophie hinter diesen steckte; unter Wilhelm II. dürften diese einen stark nationalistischen Charakter bekommen haben
Beispiele: Kaiser Wilhelm Nationaldenkmal, Siegessäule, Niederwalddenkmal, Hermannsdenkmal, Hohensyburg, Kyffhäuserdenkmal, Deutsches Eck, Völkerschlachtdenkmal, Porta Westfalica, Bismarck-Denkmal in Hamburg, Walhalla, Befreiungshalle, Winterbergdenkmal
Links: http://www.editionhutter.de/vsd.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
Mercy schrieb:
Damit habe ich mich letzte Woche beschäftigt, ich werde mal meine Unterlagen heraussuchen.
Don Carlos "Sire, gewähren Sie Gedankenfreiheit" kam bei Wilhelm II. bestimmt gut an.:rolleyes: Immerhin trug sich dieser in München in das Gästebuch der Stadt mit den Worten ein: "Suprema lex regis voluntas" (des Königs wille ist oberstes Gesetz).:S
 
Gandolf schrieb:
Don Carlos "Sire, gewähren Sie Gedankenfreiheit" kam bei Wilhelm II. bestimmt gut an.:rolleyes: Immerhin trug sich dieser in München in das Gästebuch der Stadt mit den Worten ein: "Suprema lex regis voluntas" (des Königs wille ist oberstes Gesetz).:S


... ja , ja Hohenzollernkult versus Wittelsbacherkult. Stoff für eine unendliche Soap :p

" Na warte Wittelsbach ! Du sollst das Reich noch achten und kennenlernen! "( Wilhelm )

" Seine königl. Hoheit der Prinz Wilhelm mag dereinst mit Sarastro sprechen :
zur Liebe kann ich Dich nicht zwingen, doch geb ich Dir die Freiheit nicht ! "

( Graf Werthen, preuß. Gesandter in München )
 
Schiller-Rezeption

Im Weimarer Hofkalender von 1803 ließ Schiller neben das neu verliehene Adelsprädikat auch "Bürger von Frankreich" drucken und bekannte sich so zu einer doppelten Staatsbürgerschaft. Die Schiller-Rezeption in Frankreich und England war wesentlich beeinflusst von Germaine de Staels Buch "De l`Allemagne", das von allen Gebildeten Europas gelesen wurde.
Der Reigen von Schillerfesten aus dem deutschen Bürgertum begann 1825 mit einem (jährlich zu wiederholenden) Fest in Stuttgart, veranstaltet vom Männergesangverein "Liederkranz". 1839 schätzte man 30.000 Teilnehmer beim Stuttgarter Fest anlässlich der Einweihung des von Thorwaldsen geschaffenen Denkmals. Es war nach dem Hambacher Fest von 1832 das erste Massenfest mit national-politischen Hintergrund.

Der hundertste Geburtstag Schillers 1859 gab dem deutschen Bürgertum Gelegenheit, sich nach 1848/49 wieder zu Wort zu melden, mit einem Bekenntnis zu Schiller. Der Tag wurde in etwa 500 Orten Deutschlands, Europas und Amerikas begangen und war vermutlich das größte Massenfest des 19. Jahrhunderts.

Nach 1870 wurde dann das Erbe und das Erinnern Schillers zur nationalen Aufgabe. Schiller wurde im Deutschunterricht Pflicht und stieg zum "Großen Deutschen" auf. Damit unterschied sich die Schiller-Rezeption von der anderer Nationen. 1905 schließlich war er "Nationaldichter".

1934 organisierte die NSDAP eine "Schiller-Verehrung der deutschen Jugend", zu der 25 000 Hitlerjungen in fünf Staffelläufen von weither zu einem Sonnenwendfeuer nach Marbach kamen. Am 10. November kamen Hitler und Goebbels nach Weimar, doch auf der Partei-Großkundgebung in Marbach blieb der Geist Schillers lebendig. Ans Mikrophon drängte sich ein SA-Mann: "An den Genius Schillers: Dein Geist tut Not! Dein Geist ist tot! Hilf, dass der Wahnsinn, der Nazi-Wahnsinn aus den Hirnen schwindet (...). Fürs heil'ge deutsche Vaterland, der Freiheit hohes Unterpfand, zünd ich die Todesfackel an." Hans Burrer wurde sofort verhaftet.

Ausführlich:
unser Schiller
 
Mercy schrieb:
Nach 1870 wurde dann das Erbe und das Erinnern Schillers zur nationalen Aufgabe. Schiller wurde im Deutschunterricht Pflicht und stieg zum "Großen Deutschen" auf. Damit unterschied sich die Schiller-Rezeption von der anderer Nationen. 1905 schließlich war er "Nationaldichter".


Der "Wallenstein " mußte da auch herhalten, einer der Lieblingsdramen Bismarcks ,nicht
nur wegen dieser Passage, die sich für ihn auf den preuß. Expansionismus verwenden läßt :

" Wo Eines Platz will, muß das Andere rücken.
Wer nicht vertrieben sein will, muß vertreiben.
Hier herrscht der Kampf, und nur die Stärke siegt. "


Unter allen dt. Dichtern erschien Schiller als geistiger Herold der Nation, indem man ihn einseitig national verstand und diese Sicht pflegte. Man entnahm sich den Stolz auf die angebliche Nationaltugend "Treue " und auf die moralisch-kulturelle und kriegerische Überlegenheit des Deutschen über " welsche Tücke".

Dieser Geist zum Kult aufgerückt fand später Eingang in die Schulbücher nicht zuletzt durch
den hohen Mitgliederstand an Lehrern im "Alldeutschen Verband " gegründet 1894.

.... ob der damalige Zeitgeist des überhöhten Nationalismus mit seinen methaphysisch-religiösen Aspekten erstmals ein Phänomen des Kaiserreiches war oder dieser schon früher wurzelt wäre eine reizvolle Untersuchung wert.
Der Frühliberalismus mit seinen national expansiven Tendenzen stellt m. Ansicht nach diese Frage durchaus. Hier wären der Einfluß des dt. Idealismus z.B. mit Fichte (Rede an die dt. Nation ) im Hinblick auf die Ausbildung des Nationalismus- Begriffs lohnend.
 
Hallo,

welche Inhalte und welche Funktion kennzeichnete den Nationalismus des Kaiserreichs?
Was muss ich zu diesem Thema wissen? (19. Jahrhundert bis 1945)

Danke im Vorraus!
 
Zunächst einmal: Das Kaiserreich endet 1918.
Wenn Nationalismus eine Funktion hat, dann dürfte es wohl die Trennung zwischen denen und uns sein, also das Postulat einer Andersarigkeit oder gar Feindseligkeit der Umwelt.
Nun ist es so, dass der Nationalismus den 19. Jhdts. gar nicht immer chauvinistisch war. Der Nationalismus 1848 (Achtung, das Kaiserreich wurde erst 1871 gegründet) war gar nicht chauvinistisch, sondern richtete sich gegen die Zersplitterung Deutschlands in viele Kleinstaaten. Dieser Einigungsnationalismus mit nationalen Symbolen (wie etwa dem Kölner Dom, dem Kyffhäuser-Denkmal, dem Deutschen Eck etc.) wurde im Kaiserreich durchaus genutzt, um die Vereinigung das Staates gegen alle Zentrifugalkräfte (etwa eines bayrisch-preußischen Gegensatzes) zu forcieren. In den Reichseinigungskriegen allerdings war der Nationalismus das Instrument, das zu Kriegsbegeisterung führen sollte und genau die oben beschriebene Unterscheidung zwischen einem feindlichen denen und dem uns ermöglichte. Um gegen Österreicher, Dänen und Franzosen zu kämpfen, bedurfte es eines nationalen Bewusstseins. Der Nationalismus schloss aber auch andere aus: "Wer nicht für uns [den Kaiser] ist, ist gegen uns", alljährliche Sedansfeiern erinnerten an den Sieg über die Franzosen, Antisemitismus und Antikatholizismus (Katholiken wurden als ultramontan verunglimpft) sollten die Eingung nach innen stärken und den katholischen Bevölkerungsteil von Rom lösen.
 
Weil oft vor Prüfiungen gefragt wird, hier übersichtlich:

Ÿ Nationalismus beschreibt ein Zusammengehörigkeitsgefühl. (1)
Ÿ Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl resultiert aus dem Leben in einem gemeinsamen Land, das Sprechen einer gemeinsamen Sprache und einer gemeinsame Kultur (Sitten und Bräuche, Lieder usw.). (3)
Ÿ Nationalismus dient einer Abgrenzung zwischen der eigenen Gruppe „Wir“ und anderen Menschen „Die“. (1)
Ÿ Dabei werden „die anderen“ oft als feindlich oder minderwertig dargestellt. (1)
 
Die Frage ist ob der Nationalismus des Kaiserreichs sich mit den 1848er Nationalbewegungen vergleichen lässt
Der Nationalismus des Kaiserreichs war aus meiner Sicht in erster Linie preussischer Nationalismus
1866 hatte Preußen durch den Einmarsch in Holstein und den Angriffspakt mit Italien Bundesrecht gebrochen, worauf eine Bundesexekution nach einem Bundesbeschluss gegen Preußen erfolgte und Preussen Krieg gegen den deutschen Bund führte.
Bezeichnend ist dass man hier Symbolfiguren wie den bösen alten Fritz , der ja ebenfalls Krieg gegen das HRR geführt hatte, zu Nationalfiguren hochstilisierte. und den preussisch-französischen Gegensatz propagandistisch nationalisierte.-auch die "Nationaldenkmäler" Niederwald,Kyffhäuser,Deutsches Eck weisen eindeutig in Richtung preussischer Nationalismus.
 
natürlich, aber in Rheinhessen setzt man nicht gleich sondern man lässt vergleichen ,auch wenn es nur um das Aufzeigen der Gegensätze geht. Da gebraucht man den Ausdruck " gleichsetzen" nur im Sinne von "gleich setzen" :D
Preussen als hegemoniale Grossmacht musste natürlich sein im Grunde illegitimes Vorgehen gegen den Deutschen Bund und den Bruch des Bundesrechtes irgendeinen Anstrich von Legitimation verschaffen und die starken antipreussischen Ressentiments ,die in den anderen Bundesstaaten vorhanden waren versuchen zu neutralisieren. Dazu bediente man sich des Nationalismus und indem man Frankreich zum "Erbfeind" hochstilisierte..
 
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