Nazilieder

El Quijote schrieb:
Mal abseits von den hier geäußerten Bedenken, die ich teile, ist mir eine Beobachtung von Victor Klemperer eingefallen (in LTI): Wir alle kennen die Textzeile "Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt". V. Klemperer behauptet, dass nach der Invasion in der Normandie neue Versionen in den Umlauf gevbracht wurden, und zwar sowohl als Druckwerk, als auch als Aufnahme: "Heute hört uns Deutschland und morgen die ganze Welt".

Ich kenn das so:

Das Original von "Es zittern die morschen Knochen" entstammt ursprünglich der katholischen Jugendbünde und der Text lautet eigentlich "hört uns..."
 
Repo schrieb:
Etliche der Nazilieder sind vorher schon als Lieder der Arbeiterbewegung entstanden, wurden dann umgedichtet: "Brüder zur Sonne zur Freiheit" wurde zu "Brüder in Zechen und Gruben" usw. usf. Da könnte man sich schon etwas vorstellen.

U.a. das Horst-Wessel-Lied selbst, der kleine Trompeter oder Auf, Auf zum Kampf.....

Und heutige Neonazimusiker dichten Ton Steine Scherben um....(oder covern ganz einfach den kompletten Text. Unverändert!)
 
"Vorwärts, Vorwärts schmettern die hellen Fanfaren, Vorwärts, Vorwärts, Jugend kennt keine Gefahren. Deutschland, du mußt leuchtend stehen, werden wir auch untergehen. Unsere Fahne flattert uns voran, unsere Fahne ist die neue Zeit. unsere Fahne führt uns in die Ewigkeit, ja die Fahne ist mehr als der Tod"!
(Lied der HJ
 
Ich hab im Hause ein richtig in braunes Ganzleinen gebundenes Exemplar von "Uns geht die Sonne nicht unter" - Lieder Hitler-Jugend Köln 1943. Daraus mal etwas zu den hier angesprochenen Liedern.

1. Es zittern die morschen Knochen ----- "heute gehört uns Deutschland"
Ich weiß aber, dass auch die andere Version parallel gängig war. Klemperer liegt sicher falsch mit seiner Deutung. Hans Baumann hat ja viele Lieder für die HJ gedichtet, aber als er dies Lied 1932 schrieb, war er im katholischen Bund "Neu Deutschland". Übrigens stammt von ihm auch "Hohe Nacht der klaren Sterne", das von den Nazis als alternatives Julfest-Lied (anstelle von Weihnachtsliedern) propagiert wurde.

2. Flamme empor - ist kein Nazi-Lied, sondern stammt aus der Zeit der Befreiungskriege.

3. Brüder zur Sonne, zur Freiheit -- ist im Original enthalten, bezeichnet als Kampflied der SA. Brüder in Zechen und Gruben ist als weiteres Lied enthalten, klarer Nazi-Text, bezeichnet als Nach der Weise: Brüder zur Sonne

4. Das Buch enthält zahlreiche Lieder, die in der bündischen Jugend gesungen wurde, wie "Wir wollen zu Land ausfahren", "Aus grauer Städte Mauern", "Froh lasst unsere Wimpel flattern", "Wir lieben die Stürme" usw.
Auf 190 Seiten nur etwa 20 Nazi-Lieder, meist als Kampflied der SA bezeichnet. Auf der anderen Seite auch Lieder wie "Wir treten zum Beten".


Man muss , glaube ich berücksichtigen, dass 1932/33 durchaus ein personeller Austausch zwischen der SA und Rotfront stattfand und dass dabei auch, durchaus mit Billigung der Führung, Lieder der Arbeiterbewegung übernommen wurden. Das gleiche gilt in bezug auf die Jugendbewegung der 20er-30er-Jahre. Insbesondere sehr populäre Lieder versuchten die Nazis in ihr Repertoire zu übernehmen.
 
"Bomben, Bomben,Bomben auf Engelland"

Soweit ich weiß, heißt das Lied nur Engelland-Lied, und zwar aus dem Jahr 1939.
Das ginge dann: " ...denn wir fahren, denn wir fahren, denn wir fahren gegen Engelland, Engelland..."

Das Grausame an all diesen Liedern ist ihre Melodie. Mit diesem Kriegslied könnte man auf dem Jahrmarkt Kinder zum Dosenwerfen locken.
Die restlichen Lieder sind auch entweder "völkisch nah" oder "marschierend".
 
Soweit ich weiß, heißt das Lied nur Engelland-Lied, und zwar aus dem Jahr 1939.
Das ginge dann: " ...denn wir fahren, denn wir fahren, denn wir fahren gegen Engelland, Engelland..."

Das Grausame an all diesen Liedern ist ihre Melodie. Mit diesem Kriegslied könnte man auf dem Jahrmarkt Kinder zum Dosenwerfen locken.
Die restlichen Lieder sind auch entweder "völkisch nah" oder "marschierend".

Stimmt nicht ganz.

Das Engeland-Lied (mit eine "l") ist ein vertontes Gedicht von Hermann Löns.

Wer den Text ganz lesen will:

http://www.nationalsozialismus.de/dokumente/tondokumente/lied-engeland-lied-1939-mp3

Gruß

Jacobum
 
Wollen wir mal sehen, was Klemperer selbst schrieb, LTI, Kapitel XXXIV, Die eine Silbe:

Nun aber stelle man hiergegen eines der charakteristischten Lieder des Dritten Reiches, das aus einer Sondersammlung schon 1934 in den "Singkamerad, Schulliederbuch der deutschen Jugend, herausgegeben von der Reichsamtsleitung des nationalsozialistischen Lehrerbundes" überging und damit also offizielle und allgemeine Bedeutung erhielt. "Es zittern die morschne Knochen / der Welt vor dem roten Krieg. / Wir haben dien Schrecken gebrochen / für uns war`s ei großer Sieg. / Wir werden weitermarschieren, / wenn ales in Scherben fällt, / denn heute gehört uns Deutschland / und morgen die ganze Welt." Das ist unmittelbar nach dem innerpolitischen Sieg im Schwang, nach dem Regierungsantritt des Führers also, der in jeder seiner Reden seinen Friedenswillen betont. Und doch ist gleich vom In-Scherben-Schlagen bis zur Eroberung der Welt die Rede.[...]Als ich im Herbst 1945 zu ersten Mal öffentlich von der LTI sprach, wies ich auf den "Singkameraden" hin, der mir nun zugänglich geworden war, und zitierte das Lied von den zitternden morschen Knochen. Da trat nach dem Vortrag ein gekränkter Hörer an das Podium und sagte: "Warum zitieren Sie so Entscheidendes falsch, warum wollen sie den Deutschen eine Weltgier nachsagen, die sie auch im Dritten Reich nicht besessen haben? Es ist in diesem Lied nicht die Rede davon, dass uns die Welt gehören solle." - "Kommen Sie morgen zu mir", erwiderte ich, "da können Sie das Schulliederbuch einsehen." - "Sie irren sich bestimmt, Herr Professor, ich bringe ihnen den richtigen Text mit." Anderntags kam er, der "Singkamerad" - 6. Auflage 1936, bei Fritz Eher, München, "vom Bayrischen Kultusministerium für den Schulgebrauch genehmigt und angelegentlich empfohlen"; aber das Vorwort ist datiert : Bayreuth im Lenzing 1934" - Das Liederbuch also lag, an der richtigen Stelle aufgeschlagen, bereit. "Heute gehört uns Deutschland, und morgen die ganze Welt" - es ließ sich nicht daran deuteln...
Doch, es ließ sich. Der Mann zeigte mir ein hübsches Miniaturleiderheftchen,mit einem Faden am Knopfloch zu tragen. "Das deutsche Lied. Lieder der Bewegung, herausgegeben vom Winterhilfswerk des deutschen Volk, 1942/43." Sämtliche Embleme des Nazismus: Hakenkreuz, SS-Rune usw., zierten den Umschlag, und unter den Liedern befanden sich auch die morschen Knochen, roh genug, aber doch retuschiert an der entscheidenden Stelle. Der Refrain lautete jetzt: "... und heute, da hört uns Deutschland und morgen die ganze Welt."
[...] eine vierte Strophe wurde angefügt, in der sich die Eroberer und Unterdrücker als Friedensfreunde und Freiheitskämpfer zu maskieren suchten und über böswillige Auslegung ihres ursprünglichen Liedes klagten. Die neue Strophe hieß: "Sie wollen das Lied nicht begreifen, sie denken an Knechtschaft und Krieg. / Derweil unsere Äcker reifen, du Fahne der Freiheit flieg! / Wir werden weitermarschieren, wenn alles in Scherben fällt. / Die Freiheit stand auf in Deutschland und morgen gehört ihr die Welt!"
[...] Man muss sich das merken. Genau zwischen "gehören" und "hören" läuft der Grenzstrich im nazistischen Selbstbewusstsein. Der Ausfall dieser Silbe bedeutet, in Projektion auf die Ebene des nazistischen Liedes, Stalingrad.

Kursiva und fett durch mich.
 
Rechtschreibfehler.

Anscheinend doch kein Rechtschreibfehler. Auch auf der Seite, die Jacobum als Quelle angibt wird Engelland einmal mit doppel-l geschrieben. Dazu aus "Und morgen gibt es Hitlerwetter" (S.59):

"Denn wir fahren gegen Engelland"

Wurde zeitgenössisch zum geflügelten Begriff für den Kampf gegen England.
Ursprung: Gedicht von Hermann Löns; zum ersten Mal erschienen 1911 in "Der kleine Rosengarten". Erfuhr unterschiedlichste Vertonungen. Populärste Vertonung 1939 von Herms Niel in dem Matrosenlied: "Heute wollen wir ein Liedlein singen".
 
Es ist widersprüchlich angegeben, mal mit einem l, mal mit zweien. Ich würde aber behaupten wollen, dass ein l sinnhafter ist (v.a. dann, wenn man sich Strophe 3 anschaut)
 
Soweit ich weiß, heißt das Lied nur Engelland-Lied, und zwar aus dem Jahr 1939.
Das ginge dann: " ...denn wir fahren, denn wir fahren, denn wir fahren gegen Engelland, Engelland..."

Das Grausame an all diesen Liedern ist ihre Melodie. Mit diesem Kriegslied könnte man auf dem Jahrmarkt Kinder zum Dosenwerfen locken.
Die restlichen Lieder sind auch entweder "völkisch nah" oder "marschierend".

"Bomben auf Engelland" und das "Engelland-Lied" sind zwei verschiedene Stücke.

Das erste ist wie schon gesagt, von Herrman Löhns, das zweite von Norbert Schultze:

http://www.gema.de/presse/news/n166/schultze.shtml
 
Es ist widersprüchlich angegeben, mal mit einem l, mal mit zweien. Ich würde aber behaupten wollen, dass ein l sinnhafter ist (v.a. dann, wenn man sich Strophe 3 anschaut)
"Denn wir fahren gegen Engelland"

Ich glaube da gibt es auch 2 Fassungen die 1. von Löns als "Marinefassung" schon aus WK1
während die 2. als Luftwaffenfassung mit ratternden Motoren und Bomben erst im WK2 aufkam

Grüße Repo
 
Zuletzt bearbeitet:
Kleine Korrektur: Schultze hat es nur vertönt. Von wem der Text ist, habe ich nicht gefunden, er wurde jedoch für den Polenfeldzug geschrieben und dann für England leicht umgeändert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube da gubt es auch 2 Fassungen die 1. von Löns als "Marinefassung" schon aus WK1
während die 2. als Luftwaffenfassung mit ratternden Motoren und Bomben erst im WK2 aufkam

Grüße Repo


Ich meine, es sind zwei vollkommen verschiedene Lieder:

Kamerad! Kamerad!
Alle Mädels müssen warten!
Kamerad! Kamerad!
Der Befehl ist da, wir starten!
Kamerad! Kamerad!
Die Losung ist bekannt:
Ran an den Feind!
Ran an den Feind!
Bomben auf Engelland!

Hört ihr die Motoren singen:
Ran an den Feind!
Hört ihr's in den Ohren klingen:
Ran an den Feind!
Bomben! Bomben!
Bomben auf Engelland!

Ist das eine, und das andere:

Heute wollen wir ein Liedlein singen,
Trinken wollen wir den kühlen Wein
Und die Gläser sollen dazu klingen,
Denn es muß, es muß geschieden sein.

Gib’ mir deine Hand, deine weiße Hand,
Leb’ wohl, mein Schatz, leb’ wohl mein Schatz,
Leb’ wohl, lebe wohl
Denn wir fahren, denn wir fahren,
Denn wir fahren gegen Engeland, Engeland.

 
Ich meine, es sind zwei vollkommen verschiedene Lieder

Ganz recht.

Das erste
Text Wilhelm Stoppler,
Melodie Norbert Schultze,

das zweite
Text Hermann Löns 1910, bezeichnet "Matrosenlied",
Melodie P. Jäkel 1914 (Laut Lieder der HJ 1943; die hier enthaltene Melodie ist die im 2. Weltkrieg verwendete. Wie die häufige Zuschreibung an Herms Niel enstanden ist, verstehe ich nicht.)

Zur zeitlichen Entstehung des Textes Hermann-Löns-Blätter 3/2003.
http://www.walsrode-net.de/kultur/loenskreis.html
Über das, was sich Löns bei diesem Gedicht gedacht hat, wird immer noch gestritten, wie man sieht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist widersprüchlich angegeben, mal mit einem l, mal mit zweien. Ich würde aber behaupten wollen, dass ein l sinnhafter ist (v.a. dann, wenn man sich Strophe 3 anschaut)

Als Googologe habe ich rumgegoogelt und habe dort das gefunden:
http://www.psywar.org/sibs.php

Abgebildet sind Originaldokumente, auf ihnen wird Engelland mit doppel-l geschrieben.

Wieso sollte das in der 3. Strophe deutlich werden?
 
Hallo,

Ich meine, es sind zwei vollkommen verschiedene Lieder:

Da habt Ihr wohl recht.
Kann das sein, dass die Lieder iin wochenschauen oder ähnlichem hintereinander abgespielt wurden?
Wüsste nicht, wie ich sonst auf die Idee käme.

Grüße Repo
 
Als Googologe habe ich rumgegoogelt und habe dort das gefunden:
http://www.psywar.org/sibs.php

Abgebildet sind Originaldokumente, auf ihnen wird Engelland mit doppel-l geschrieben.

Wieso sollte das in der 3. Strophe deutlich werden?



Hallo Martas,

kann sein, dass wir bzgl. der beiden Lieder aneinander vorbeigesprochen haben....ich meinte, das von Bdaian in Beitrag 36 als zweites aufgeführte.

Das geht in Strophe 3 (zumindest als Marinelied im 2. WK) so weiter:

Unsre Flagge und die wehet auf dem Maste.
Sie verkündet unseres Reiches Macht.
Denn wir wollen es nicht länger leiden,
daß der Englischmann darüber lacht.
 
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