Niederlandes Goldenes Zeitalter?

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Wirtschafthis

Gast
Hallo meine Freunde,

meine Frage lautet: Wie konnte es die Niederlande trotz ihrer relativ geringen Bevölkerungsdichte schaffen, so ein machtvolles überseeisches Handelsreich aufzubauen, wie sie es im Goldenen Zeitalter hatten?

Wieso waren die Niederländer effizienter als die Engländer oder Spanier dieser Tage?
 
Wirtschaftshistorisch kann man den Hering an den Anfang setzen. Wie dem auch sei, aus dem Raum der Niederlande entwickelte sich jedenfalls eine intensiv betriebene Schifffahrt.

Die 80 Jahre von 1568 bis 1648 brachten - anfangs durch Piraterie bzw. Kapertätigkeit - eine straff organisierte niederländische Marine hervor, deren Entwicklung ohne diesen Krieg kaum erklärbar ist. Die unorganisierten niederländischen Piratenaktionen mündeten jedenfalls in eine Marine, die es verstand, die Spanische Schatzflotte 1620 mit ihren Silbertransporten zu kapern (Piet Hein) und 1639 die Seeschlacht in den Downs gewann.

Am Ende der jahrzehntelangen Aufstände/des Krieges stand eine niederländische Seeschifffahrt, die mit der Unabhängigkeit 1648 ihr expansives Potenzial in alle Richtungen lenkte: überseeische Handelsaktivitäten.
 
Wobei mit dem "Goldenen Jahrhundert" dem 17. Jahrhundert, nicht nur der wirtschaftliche Erfolg gemeint ist. Es ist gleichzeitig das Jahrhundert die Blüte der Bildenden Kunst, vorallem der Malerei. Breughel, Rembrandt als Beispiele. Und der Wissenschaft. Hier als Beispiel ist die Kartografie anzuführen.
Die Niederlande waren sogar dicht besiedelt. Nur durch die kleine Fläche bedingt war die Bevölkerung klein. Dafür gingen sehr viele Deutsche als Militär zum Beispiel mit der VOC in die Kolonien.
Zum anderen darf man nicht ausser acht lassen das die Niederlande ein anderes Politisches System hatten als ihre Nachbarn.

Apvar

P.S. In der ersten hälfte des 17. Jahrhunderts war England nicht mächtig. 1588 einer Invasion durch Spanien nur knapp entkommen. Gleichzeitig tobte unter der Oberfläche ein Krieg, bedingt durch die Reformation und Gegenreformation, was nachher im Bürgerkrieg und der Hinrichtung Karl I seinen Höhepunkt fand. Damit war aber noch keine Ruhe. Nach dem Tod von Cromwell brach der Konflikt langsam wieder auf und führte zur Restauration und schließlich zur Glorious Revolution im Jahre 1688.
Spanien hatte durch das ausgedehnte Kolonialreich auch Probleme die Soldaten zu bezahlen, welche nötig waren um das Reich zu halten.
 
Zuletzt bearbeitet:
eine straff organisierte ...
Ich erlaube mir mal, das einfach so herauszureißen.
Für mich liegt der Erfolg der befreiten Niederlande in seiner Konfession. Es waren Kalvinisten, welche die wirtschaftlichen Erfolge brachten.
England begann unter Cromwell, dem Puritaner, die Niederlande zu bezwingen.
Die aus Frankreich fliehenden Hugenotten brachten, überall wohin sie gingen, wirtschaftlichen Aufschwung. Für mich steht fest, hätten sich die Hugenotten in Frankreich durchsetzen können, wäre das britische Empire nie entstanden.
Na ja, vielleicht denke ich das auch nur, weil meine Vorfahren Hugenotten waren.
 
Ich erlaube mir mal, das einfach so herauszureißen.
Für mich liegt der Erfolg der befreiten Niederlande in seiner Konfession. Es waren Kalvinisten, welche die wirtschaftlichen Erfolge brachten.

Stimmt, dass ist eine (ältere) These.

Es gibt allerdings mW einige neuere Literatur, die die Wirkmacht des Calvinismus wirtschaftshistorisch untersucht, und dazu Zweifel anmeldet. Die These scheint nicht mehr unumstritten zu sein.

Die Literatur habe ich leider aus der Hand nicht parat, müsste ich bei Interesse raussuchen.
 
Wie ich weiß war die Niederlande führend in der Produktivität in der Landwirtschaft. Ein Landwirt konnte mehrere Menschen ernähren die sich nun als Soldaten, Händler oder Künstler verdient machen konnten. Die reichen Bauern konnten auch mächtig Steuern zahlen und selbst konsumieren egal ob Tische, Gewürze aus dem Ausland oder Gemälde.

Die meisten großen Sprünge in der Wirtschaft dieser Zeit haben ihren Ausgang in der Landwirtschaft.
 
In dem Zusammenhang fällt mir die Tulpe ein. Mit der Tulpe kam ein echter Wirtschaftsboom in die Niederlande, die Quasi zu einer Blase führte. Die Tulpen wurden an der Börse gehandelt. Und eines Tages platzte die Blase, keiner wollte mehr Tulpen haben.
Tulpenmanie ? Wikipedia
Um die Tulpen zu haben und zu vermehren brauchte man ja die Landwirtschaft.
Zum anderen wurde durch Deichbau und Trockenlegung schon damals viel Land gewonnen welches unter den Pflug kam.

Nun zu Cromwell:

Er hatte ja nach dem Bürgerkrieg ein Problem:
Wohin mit den ehemaligen Soldaten der New Modell Army?
An die Arbeit hat er sich wohl gedacht. Deshalb wird er die Navigations Act erlassen haben, welche besagt das Ware nach England nur auf Schiffen aus England oder dem Herkunftsland der Waren transportiert werden durften.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die meisten Waren auf Niederländischen Schiffen nach England transportiert. Damit hat er die Niederlande geschädigt und gleichzeitig seinen eigenen Leuten Arbeit gegeben. Und er konnte mehr Steuern kassieren.
Was Cromwell wohl auch geärgert hat, dies die Tatsache das sehr viele Adlige in die Niederlande ins Exil gegangen sind, zusammen mit dem Herrscherhaus. Das wird seine Stimmung gegen die Niederlande nicht verbessert haben.

Und zur politischen Entwicklung der Niederlande kann man auch sagen das es 2 Lager im Lande gab., die sich bekämpft haben. Die Partei der Oranier auf der einen Seite und die Partei der Generalstände, welche den Posten des Statthalters abgeschafft haben. Und während der Staathalterlosen Zeit haben sich die verschieden Provinzen nicht unbedingt gut verstanden.
Hier mal ein Link zu dem Thema Goldenes Jahrhundert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Goldenes_Zeitalter_(Niederlande)

Apvar
 
Hallo meine Freunde,

meine Frage lautet: Wie konnte es die Niederlande trotz ihrer relativ geringen Bevölkerungsdichte schaffen, so ein machtvolles überseeisches Handelsreich aufzubauen, wie sie es im Goldenen Zeitalter hatten?

Wieso waren die Niederländer effizienter als die Engländer oder Spanier dieser Tage?

Zu den Erläuterungen des Ersten Englischen Niederländischen Krieg ist unter Vorgeschichte sehr gut dargelegt, wie sich der Weg der ersten Niederländischen Republik zur Seemacht entwickelte.

Wichtigstes Ereignis war die Seemachtverschiebung zwischen Spanien und England von der auch die Niederlande profitierte. Hinzu kommt, daß die erste Niederländische Republik in ihrem Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien auch durch Kämpfe zu See im Maritimen Gebiet gute Erfahungen sammelte.
Im 17.Jahrhundert waren die niederländischen Schiffbauer auf ihren Höhepunkt dieser Handwerkskunst. Viele lernten und übernahmen den niederländischen Schiffbau, so z.B. Peter d. Große, oder auch der Schiffbau für Brandenburg.

Mit der Übernahme und Neuverteilung der Kolonien und dem perfekten Beherrschen der Schiffbaukunst, waren zwei wichtige Grundsteine für die niederländische Handelsmacht gelegt worden.

Mehr dazu kannst den u.g. Links entnehmen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Englisch-Niederländischer_Krieg_(1652–1654)
http://de.wikipedia.org/wiki/Englisch-Niederländischer_Krieg_(1665–1667)
Republik der Sieben Vereinigten Provinzen ? Wikipedia
Achtzigjähriger Krieg ? Wikipedia
 
Im 17.Jahrhundert waren die niederländischen Schiffbauer auf ihren Höhepunkt dieser Handwerkskunst. Viele lernten und übernahmen den niederländischen Schiffbau, so z.B. Peter d. Große, oder auch der Schiffbau für Brandenburg.

Man schätzt Anfang 17. Jdht. etwa 20.000 Fischereifahrzeuge in der Nordsee, davon über die Hälfte holländische Schiffe.

Für 80 Jahre von 1578 bis 1658 gibt es statistische Aufzeichnungen über die Schiffe, die den Sund im Ostverkehr passierten. Das waren 1.- 6.000 pro Jahr. Davon waren in den Jahren fast durchgängig 50 -70% holländische Schiffe. Man kann sagen, dass Holland die Ostschifffahrt beherrschte. Erste Hälfte 17. Jhdt. werden die Mannstärken in der Seefahrt für die Niederlande auf bis zu 240.000 Mann geschätzt, inkl. Werften.

Aus dieser Schifffahrt und dem Handel ergaben sich beachtliche Kapitalströme, die wiederum Anlagen im Ausland fanden, so zB in den Partenredereien, Häfen etc.
 
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