Nordendorfer Fibel

Skald

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Diese Fibel enthält, meinem Wissenstand nach, die erste erhaltene, südgermanische Nennung des Gottes Wodan:

logaPore, wodan, wigiPonar

Weiterhin haben wir den Männernamen Leubwini und den Frauenamen Awa.

Wie sieht es nun mit der Interpretation der Inschrift aus? Wie uns erklärt wurde, ist die Meinung von Klaus Düwel, der "logaPore" als Ränkeschmiede mit negativer Konnotation deutet, weit verbreitet. Düwel sieht deshalb in der Fibel eine Abwendung vom Heidentum mit Hinwendung vom Christentum.

Ich habe mich länger mit der Fibel beschäftigt und bin zu einer gegenteiligen Meinung gekommen. Folgende Hinweise möchte ich erwähnen:

Auf einer Fibel, die die germ. Götter dämonisieren soll, halte ich es für unwahrscheinlich, dass einem der Götter, nämlich in diesem Fall Donar, eine weihende, also segenspendende Funktion zugesprochen wird. Dieser postive Aspekt des Gottes passt nicht zu einer negativen Bedeutung der Inschrift. Das Donar hier mit dem Zusatz "Wigi-" erwähnt wird, muss einen bestimmten Grund haben. Da wir hier auch den Namen eines "Paares" haben, sehe ich die Erwähnung von WigiPhonar als Anrufung bzw. Bittstellung an Donar in seiner Funktion als Weiher der Ehe und Spender von Fruchtbarkeit.

Im alamanischen Raum werden Runen meist aus scheinbar "profanen" Gründen benutzt (auch hier wiederspreche ich teilweise, zu dieser Zeit waren Runen nie profan benutzt, sonst wären sie auch für Texte verwendet worden. Auch Namensbezeichnunen wohnen meiner Meinung nach "magische", bzw. glücksbringende Bedeutungen inne). Mit der Nennung der Götternamen und in Verbindung mit Runen haben wir hier aber eine ziemlich wahrscheinliche Verquickung von Runen und Bedeutung in magischer Form...z.B. als Anrufung.

Auch wenn logaPore tatsächlich "Ränkeschmiede" heißt (was nicht eindeutig bewiesen ist), muss das nicht negativ sein, wenn man bedenkt, dass in der germanischen Mythologie Begriff wie gut und böse, falsch und richtig nicht so eindeutig und dualistisch definiert sind, wie später im christlichen Dogmatismus. Odin und andere Götter erscheinen in der Edda mehrfach als Ränkeschmiede oder Meister der Intrigen, die auch mit List und Tücke an ihr Ziel kommen. Von einer Verdammung durch diese Bezeichnung kann also keine Rede sein.

Letzen Endes gehe ich aber hier von einem Göttertrias aus, wie es uns mehrfach in der germ. Überlieferung begegnet. Das alamannische Pendant zum sächsichen Göttertrias?
 
Im Grunde wissen wir zu wenig über die Sprache, so ist der Spekulation natürlich Tür und Tor geöffnet.
Die Inschrift der Nordendorfer Fibel kann auf unterschiedlichste Weise übersetzt und gedeutet werden.
Eines der Hauptprobleme der Runeninschriften ist, dass sich Eigennamen kaum von gewöhnlichen Worten unterscheiden lassen. So wurde "logathore" auch als alamannische Form von Loki oder Logi angesehen. Genauso gut kann das "wigi" in "wigithonar" auch von "wig" kommen und Kampf bedeuten.

Mit dem sächsischen Göttertrias sind wohl Uuodan, Saxnot und Thunaer aus dem altsächsischen Taufgelöbnis gemeint.
 
Im Grunde wissen wir zu wenig über die Sprache, so ist der Spekulation natürlich Tür und Tor geöffnet.
Die Inschrift der Nordendorfer Fibel kann auf unterschiedlichste Weise übersetzt und gedeutet werden.
Eines der Hauptprobleme der Runeninschriften ist, dass sich Eigennamen kaum von gewöhnlichen Worten unterscheiden lassen. So wurde "logathore" auch als alamannische Form von Loki oder Logi angesehen. Genauso gut kann das "wigi" in "wigithonar" auch von "wig" kommen und Kampf bedeuten.

Mit dem sächsischen Göttertrias sind wohl Uuodan, Saxnot und Thunaer aus dem altsächsischen Taufgelöbnis gemeint.

Einen allamannischen Loki halte ich zwar für unwahrscheinlich (vor Allem bei so einer Nennung, die die wohl die wichtigsten Alamannen-Götter aufzählt).

Max Martin geht i.Ü. ebenfalls davon aus, dass die Inschrift der Fibel nicht in den Kontext einer bekehrungsgeschichtlichen Situation zu stellen ist, da die Einbindung der Runenritzung in Süddeutschland zu eng an die Tradition des noch nicht mit dem Christentum in Verbindung gekommenen Nordens gekoppelt ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke, dass ein Vergleich mit dem sächsischen Taufgelöbnis nicht zulässig ist, da hier ein Zeugnis von Christen über Heiden vorhanden ist, keine heidnische Selbstsicht.
Daraus eine Trias zu entwickeln dürfte schon sehr holpern.
Zu der Entstehung dieses Gelöbnisses und den entsprechenden Gesetzen KdG gibt es einiges an Literatur, welche eine Rekonstruktion der heidnischen Religiosität, aus eben diesen Gelöbnis und Gesetzen doch als sehr schwierig aufzeigt.
 
Es scheint mir allerdings doch recht plausibel, auch in Anbetracht der vorhandenen Literatur, dass in einem Taufgelöbnis, welches dem Abschwören des alten Glaubens gilt, die wichtigsten Götter des zu bekehrenden Stammes genannt werden. Wenn schon der seltenen Fall auftritt, dass überhaupt Götter erwähnt werden, und nicht einfach nur "Teufel". Für die Sachsen können wir außerdem eine starke Wodans-Verehrung annehmen, auch Donar wird eine größere Rolle gespielt haben. Bei Saxnot deutet schon der Name auf eine wichtige Position im "Götter-Ranking" der Sachsen hin. Göttertrias mag zwar nicht zu beweisen sein, die wichtige Position dieser 3 Götter steht für mich allerdings außer Frage.

Diese Diskussion führt allerdings zu weit vom eigentlichen Thema weg, nämlich die Bedeutung und Auslegung der Fibel.
 
Ich denke halt das Uuodan, Saxnot und Thunaer, nicht vom einem Verständnis des zu Taufenden auszugehen ist.
Einem Franken dürfte Uuodan und Thunaer aus eigenem kulturellen Hintergrund bekannt gewesen sein, somit auch recht bedeutend, für aus seiner Sicht (siehe z.B. Nordendorfer Fibel), auch wenn diese im sächsischen Umfeld eher nebensächlich wären?!
Saxnot ist das eigentlich interessante dabei, da er wirklich speziell zuordenbar ist als Stammeseigenheit.
Eine Trias darauf zu machen ist somit recht gewagt.
Eine Trias ist mehr oder minder christliches Verständnis der Dreifaltigkeit, zumeist werden die heid. Götter in Zweierkombinationen aufgestellt (als Ehepaar, oder enge Weggefährten) oder aber auch oft recht allgemein angesprochen, als Götter, ohne das Namen eindeutig zugeordnet werden.
Eine Ausnahme dabei wären sicherlich die Bildnisse der der Matronen, aber ob diese göttlich zu bezeichnen sind wäre die Frage, außerdem ist hier ein enormer Einfluss westlich des Rheines zu erkennen.
 
Ich denke halt das Uuodan, Saxnot und Thunaer, nicht vom einem Verständnis des zu Taufenden auszugehen ist.
Einem Franken dürfte Uuodan und Thunaer aus eigenem kulturellen Hintergrund bekannt gewesen sein, somit auch recht bedeutend, für aus seiner Sicht (siehe z.B. Nordendorfer Fibel), auch wenn diese im sächsischen Umfeld eher nebensächlich wären?!


Wie kommst du darauf, dass Uuodan und Thunaer im sächsischen Umfeld nebensächlich wären? Erscheint mir unwahrscheinlich.


Saxnot ist das eigentlich interessante dabei, da er wirklich speziell zuordenbar ist als Stammeseigenheit.
Eine Trias darauf zu machen ist somit recht gewagt.

Sehe ich ein, ich wollte damit auch nicht wirklich auf ein fixes Göttertrias hinaus, sondern auf die Stellung dieser Götter als wichtigste Vertreter des sächsichen Pantheons.

Eine Trias ist mehr oder minder christliches Verständnis der Dreifaltigkeit, zumeist werden die heid. Götter in Zweierkombinationen aufgestellt (als Ehepaar, oder enge Weggefährten) oder aber auch oft recht allgemein angesprochen, als Götter, ohne das Namen eindeutig zugeordnet werden.

Da kann ich eigentlich nur unterschreiben.

Eine Ausnahme dabei wären sicherlich die Bildnisse der der Matronen, aber ob diese göttlich zu bezeichnen sind wäre die Frage, außerdem ist hier ein enormer Einfluss westlich des Rheines zu erkennen.

Wobei wir ja hier wieder eine Verbindung zwischen Matronenkult und Sachsen hätten, die ein Fest namens Modrenacht hatten, dass vielleicht in dieser Tradition steht. Das ist allerdings wirklich seeeeehr spekulativ und nicht zu beweisen. Vergessen wir das!

Lg

Skald
 
Wie kommst du darauf, dass Uuodan und Thunaer im sächsischen Umfeld nebensächlich wären?
Erscheint mir unwahrscheinlich.


Ich habe es bewusst als Frage formuliert, da es anhand des Taufgelöbnisses und seinem Hintergrund nicht zu beantworten ist.
Mir scheint es aber so, als ob es eine große Vielfalt an Glaubensrichtungen gegeben hat.
Was das auftauchen des Saxnot stützt, wie auch eine gewisse Uneinheitlichkeit und Abfolge von Grabriten aus dem Bereich Sachsens, falls man wie überhaupt der Religion einen maßgebliche Rolle dabei zugestehen kann und nicht auf die einfache Übernahme von Sitten.
 
:winke: Hallo Sascha,

Mir scheint es aber so, dass es gewisse religiöse Überschneidungen und Übereinstimmungen der Götter- und Sagenwelt zwischen den germanischen Stämmen im 6 - 7. Jhd. gegeben hat, jedenfalls was die wichtigsten Götter des Pantheons und zentrale Mythen und Sagen anbelangt. Von den Angelsachsen können wir meiner Meinung nach sehr gut auf die Sachsen schließen. Und von ebenjenen wissen wir z.B. von einer Wodanverehrung, als auch von Thunaer. Thunaer ist übrigens die sächsiche Form von Donar-Thor, was doch schon aufzeigt, dass er eine Rolle gespielt hat. Korriegiere mich. wenn ich falsch liege. Ich studiere Archäoogie, nicht Etymologie.;)

Niemand bestreitet, dass es verschiedenen lokale und ortsgebundene Ausprägungen des heidnischen Kultes gegeben hat. Die Annahme, für jeden germanischen Stamm eine eigene Mythologie festzustellen, halte ich aber um Welten gewagter, als meine Behauptung, die Sachsen würden Wodan und Donar verehren.
 
Ein gewisses Grundpantheon ist sicherlich vorhanden.
Aber die Lokale Ausprägung durfte doch stark variieren.
Die Interpretationen sind anhand der Quellen unterschiedlich.
Wenn man z.B. die Forschung zu Flur und Siedlungsnamen betrachtet, kommen diese zu einen ganz anderen Ergebnis mit dem Schwerpunkt auf Fruchtbarkeitskulten z.B., wie die Literatur oder Sagenforschung, wo Kriegs- und Männerbundkulte hervorstechen. (Ganz klar wer möchte schon von einem Bauer berichten der sein Feld beackert…)
Eine Quellenkritik, wie ich Sie bei dem Taufgelöbnis recht kurz aus dem steh greif angebracht, habe ist natürlich bei der Interpretation nötig (natürlich auf einer fundierbarer Basis, wie meiner).

Gerade das 6.-7. Jahrhundert dürfte ein ziemliches Spannungsfeld geherrscht haben.
Eine Bekanntheit des Grundpantheons dürfte man als gegeben annehmen, allerdings schon in der synkretischen Phase hin zum Christentum, zumindest im „fränkischen Großreich“.
Die archäologischen Funde deuten dies an, .Z.B der Stein von Niederdollendorf.
Die Frage dazu wäre, inwieweit das Pantheon noch göttlich ist und nicht Legende, wie es eine Saxo Grammitcus schildert. Sicherlich variiert die Beantwortung der Frage von Stamm zu Stamm, auch in der Zeitstellung. Die Entwicklung im 8. Jahrhundert ist die Frage sicherlich ganz anders zu beantworten, da sich hier die Franken und Sachsen doch sicherlich nicht nur religiös auseinanderdriften, um dann unsanft zusammengeführt zu werden.

Aber zurück zu Deiner Fibel…
 
Kaum Einwände, aber auch kein Grund, genervt zu sein. Auf Kleinigkeiten rumzureiten bringt uns nicht voran, als stelle ich fest, dass hier der Konsens überwiegt und gut. Ex Cathedra und zugenäht!
 
Und von ebenjenen wissen wir z.B. von einer Wodanverehrung, als auch von Thunaer. Thunaer ist übrigens die sächsische Form von Donar-Thor, was doch schon aufzeigt, dass er eine Rolle gespielt hat. Korrigiere mich. wenn ich falsch liege. Ich studiere Archäologie, nicht Etymologie.;)

Das passt schon mit Thuna(e)r und Donar. Wenn Du Dir den diachronen Abgleich sparen willst, mach Dir eine Liste mit englischen Worten in denen das -th- vorkommt und übersetze diese ins Deutsche und Du wirst ganz sychron herausfinden, dass -th- regelmäßig ein -d- sein wird. Regelbestätigende Ausnahmen: month - Monat und weather - Wetter.
 
Ich glaube, da missverstehst Du Verci, @Ingeborg. Allerdings muss ich ihm trotzdem widersprechen. With und mit basieren nicht auf einem gemeinsamen Etymon*, cathedral und Kathedrale haben kein germanisches Etymon, sondern ein griechisches. Es müssen schon Etyma der gemeinsamen Ursprache sein oder zumindest Worte, die frühzeitig entlehnt wurden.
Hier ein paar Beispiele:

thou - Du
thorn – Dorn
thorrow – Dauer, ein altes deutsches Wort, das nicht die Zeitdauer meint, sondern das noch in be-dauer-n erhalten ist.
thunder – Donner
thursday – Donnerstag
thinn – dünn
thing – Ding (Altdeutsch auch Gericht)
that – das vgl. mit Niederdeutsch/Niederländisch datt (what – watt)
this – dies
the – der/die/das
thumb – Daumen
there – da/dort
therefore – dafür
thirsty – durstig
through – durch
thanks – Danke
thick ~ dick
feather - Feder

*Gesetzt dem Fall with und mit würden auf ein gemeinsames Etymon zurückgehen, wäre das Graphem <t> natürlich trotzdem kein Problem, da wir es hier mit der Auslautverhärtung zu tun haben. Das heißt, man hört zwischen p/t/k und b/d/g in Endstellung phonetisch keinen Unterschied. Und, Rind etc. enden phonetisch auch mit /-t/: /'unt/, /'rint/. Bei und ist es schlicht Konvention, dass wir am Ende ein <d> schreiben, vielleicht auch ein wenig Tradition, denn in älteren Texten findet man häufig unde; bei Rind erfordert es der Plural Rinder. Und hier liegt bei Monat das Problem: der Plural hat die Auslautverhärtung übernommen, was ungewöhnlich ist. Wobei es ja auch die Monade (Sg.), die Monaden (Pl.) gibt, was allerdings ein philosophischer Neologismus ist.
 
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