Normanen/Wikinger 890 in Osnabrück

Was nun den Bischof von Suenonen anbelangt...
Die Suenonen waren ein von dem römischen Historiker und Ethnographen C. Tacitus im 1. Jahrhundert erwähntes nordgermanisches bzw. nordeurasisches Volk. Ein Seevolk.
Du musst davon ausgehen, dass die Suenonen in einem Brief des 9. Jhdts. (wenn es sich bei diesem um keine noch spätere Fälschung handelt) sicher nicht die Suinonen des Tacitus sind. Vielleicht hat der Verfasser Tacitus gekannt, weil er dessen Text mal als Novize als Schreibübung vor sich liegen hatte und hat quasi das Ethnonym bei Tacitus hergenommen, um es für die Schonen zu vewenden (wenn diese denn gemeint sind).
 
Gegen meine Identifikationen der Suenonen mit den Schonen spricht allerdings, dass ein niederdeutscher Schreiber sie vermutlich gar nicht verwechselt hätte, da auf das /s/ ein /k/ gefolgt wäre: Sconen
 
Wie könnten die Wikinger den Ort erreicht haben, über die Hase geht das nicht.
Laut diesem Eintrag, entlang Ems und Hunte:
Darin wird das Werdener Urbar als Quelle bezeichnet.

Wiki meint zu Westerburg (Wardenburg) – Wikipedia an der Hunte:
Bereits um 800 wurde in dem Ort, der damals Westonstede genannt wurde, von Abt Gerbert Castus aus Visbek eine Missionskirche erbaut, die um 890 von Normannen zerstört wurde.
In der angegebenen Quelle tönt es so:
Besonders waren im neunten Jahrhundert in der Zeit der Schwäche des Reiches die Normannen zu fürchten welche die Ströme hinauffuhren. Sie waren es vielleicht, die jene alte Kirche zu Westonstede im heutigen Westerburg der Gemeinde Wardenburg mit fünf Hausstellen vor 890 von Grund aus zerstörten.
 
Das Oldenburgische ist was ganz anderes, klar komme ich über Ems und Hunte in die Nähe des Osnabrücker Nordkreises, mir ist das alles bekannt, bin ja schließlich von dort, nur, die Gegend war damals sehr unwegsam, meistens Moor und nasse Niederungen, unterbrochen von etwas höheren (1-3m) Stellen. Die damalige Haseniederung im Bereich des Binnendeltas konnte nur an 1-2 Stellen durchquert werden, oder mußte Richtung Fürstenau Berge nach Hesepe/Bramsche umgangen werden. Im Osten kann man noch nach durchqueren der Wrauniederung entlang der Dammer Berge Richtung Bramsche vorbei.
 
Wenn Du vom Dümmer (Huntesystem) ins Nordland möchtest, sind die Dammer Berge der beste und trockenste Weg, da wird man dann tatsächlich die Bramscher Gegend erreichen und von dort nach OS, das geht schon. Aber sind die Informationen aus der damaligen Zeit annähernd zuverläßig!?
 
Laut diesem Eintrag, entlang Ems und Hunte:
Darin wird das Werdener Urbar als Quelle bezeichnet.

Das Werdener Urbar erwähnt die Normannen an einer einzigen Stelle, und diese bezieht sich auf Weener in Ostfriesland, nahe der Emsmündung, Du hattest den Aufsatz doch erst verlinkt:

"Ein Mann namens Reginhard trat als Mönch in das Kloster Werden ein und übertrug der Gemeinschaft seinen Besitz um Weener an der Ems. Aus der Schenkungsnotiz geht hervor, dass Reginhard zuvor von Normannen (de manu Nortmannorum) als Geisel genommen und durch seinen Schwiegervater aus der Gefangenschaft freigekauft worden war (Bl. 24r). Wann genau diese Geiselnahme allerdings stattgefunden hat, wird nicht erwähnt."​

Von der Hunte ist in keiner Quelle die Rede. Ich verstehe nicht recht, wieso über mögliche Normanneneinfälle entlang der Hunte diskutiert wird, wenn es dazu überhaupt keine Quelle gibt.

In den Fuldaer Annalen, in denen die Auseinandersetzungen mit den Normannen relativ ausführlich zur Sprache kommen, ist, soweit ich sehe, weder von der Ems noch von Hunte die Rede. Der einzige Ortsname, der (unter dem Jahr 884) geboten wird, ist Norditi, er bezieht sich wahrscheinlich auf die Gegend um Norden; damit wären wir auch hier in Ostfriesland:

"Nordmanni cum Frisionibus in loco, qui vocatur Norditi, dimicantes superantur et plurimi ex eis occiduntur. Super quo proelio extat epistola Rinberti episcopi eiusdem loci ad Liutbertum Mogontiensem archiepiscopum destinata hunc modum continens..."​
=​
"Die Normannen kämpften mit den Friesen in einem Ort namens Norditi, sie wurden besiegt und sehr viele von ihnen wurden getötet. Über diese Schlacht gibt es einen Brief des für diesen Ort [zuständigen] Bischofs Rimbert, adressiert an Erzbischof Liutbert von Mainz, folgenden Inhalts [der Inhalt ist leider nicht überliefert]"​
 
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Von der Hunte ist in keiner Quelle die Rede.
Richtig, aber von einem Westonstede, welches, wie auch immer, als das heutige Westerburg der Gemeinde Wardenburg an der Hunte identifiziert wurde.

Der Eintrag dazu im Werdener Urbar:
In uuestonstedi desolatum est. Ibi fuit aecclesia et V familie.

Daraus lässt sich nur lesen, dass ein Westonstede zum Zeitpunkt des Eintrags verlassen war und einmal eine Kirche und 5 Familien hatte.
Mehr nicht - keine Normannen.

Mein Beitrag sollte nur ein weiteres Beispiel sein, um zu zeigen, wie aus einem verlassenen Dorf im Urbar ein durch Normannen zerstörtes Dorf wurde und auch gleich noch der Weg der Normannen Richtung Osnabrück damit erklärt wurde.
Der Beitrag ist mir wohl misslungen.
 
Peter Schwenk, Brun von Köln (925-965) und seine Bedeutung im westfälisch-niedersächsischen Bereich, in : Niedersächsisches Jahrbuch 67 (1995). Schwenk stützt sich auf Angelika Spicker-Wendt: Die Querimonia Egilmari episcopi und die Responsio Stephani papae, Köln 1980

Mir scheint fast, die Geschichte von der Zerstörung von Dom und Domburg in Osnabrück ist Sondergut von Peter Schwenk. Möglicherweise hat er sich auch bei Spicker-Wendt bedient.
 
Mir scheint fast, die Geschichte von der Zerstörung von Dom und Domburg in Osnabrück ist Sondergut von Peter Schwenk. Möglicherweise hat er sich auch bei Spicker-Wendt bedient.

Gerade habe ich das Buch zur Hand. Bei Spicker-Wendt ist es so, wie ich vermutet hatte:

Einige Kirchen der Diözese seien durch Mordtaten befleckt (aliquantas [ecclesias] etiam homicidiis perpetratis infectas), das könnte man auf einen gewalttätigen Plünderungszug beziehen. Aber diesen müsste man voraussetzen, aus dem Text ergibt er sich nicht.
Bei Spicker-Wendt liest sich das so (S. 64):

"Die Mord- und Freveltaten, die die Kirchen besudelten, hatten sich wahrscheinlich während dieser verheerenden Normannenüberfälle ereignet, als etwa die Bewohner einer Ortschaft sich in die Kirche geflüchtet hatten und hier grausam niedergemacht worden waren."

Hierzu gibt es einige Literaturangaben, die einzige Quelle, die genannt wird, ist wieder mal das Einkünfteverzeichnis des Klosters Werden. Zum zitierten Satz lautet die Fußnote: "So auch Rothert, Westfälische Geschichte S. 147." (erschienen Gütersloh 1949), die angegebene Stelle lautet: "... zu Ausgang des neunten Jahrhunderts klagte der Osnabrücker Bischof Egilmar, daß viele Kirchen durch Freveltaten entweiht, viele Priester unwissend seien. Die Nöte der Normannenzeit mochten das verschulden."

Egilmar beklagt sich, dass er sein Bauprojekt mangels Finanzen nicht fortführen könne (nec claustra monasterii [...] emendare, quae nuperrime coepimus construere). Das ist alles.

Und dazu heißt es bei Spicker-Wendt (S. 117):

"In Wirklichkeit aber ist hier - wie bei 'Münster' - monasterium mit Dom- oder Stiftskirche zu übersetzen; claustra monasterii ist also die Umfriedung der (Osnabrücker) Domkirche, die offenbar auszubessern war (emendare). Was liegt näher, als an die Zerstörung durch die Normannen zu denken?"

Auch das steht bereits bei Rothert S. 91: "Immerhin, das Münsterkloster in Osnabrück war vernichtet und die Armut so groß, daß der Bischof Egilmar ..."

Also kein "Sondergut von Peter Schwenk", auch kein "Fake", sondern ein Faktoid: Eine Vermutung, die unkritisch über viele Jahrzehnte immer wieder abgeschrieben wird und dabei zum vermeintlichen Fakt gerinnt. Wenn alle das schreiben, muss es ja stimmen...

Und so kann man hundertfach auf vermeintlich seriösen Seiten lesen:

hier steht - ohne Quellennachweis:

Der Siedlungskern um den Bischofssitz herum wurde mit Wällen und Wassergräben als Domburg ausgebaut, innerhalb derer auch die heutigen Plätze Domhof und Große Domsfreiheit lagen. Trotz der Befestigung wurde Osnabrück um 880, durch Normannen überfallen und die Domburg samt Kirche zerstört. Um 900 wurde der Missionsstützpunkt wieder aufgebaut. Ungefähr zur gleichen Zeit erhielt das Bistum das Marktrecht.​


und hier:

In der Zeit von 880 bis 884 n. Chr. wird die Osnabrücker Domburg durch Überfälle der Normannen zerstört.​



und hier:

Um das Jahr 800 erfolgte dann die Gründung des Bistums Osnabrück. Im 9. Jahrhundert zerstörten Normannen den ersten Dom, dieser wurde aber wieder aufgebaut.​


und hier:

Karl der Große um 780 das Bistum Osnabrück, dessen erster Leiter Bischof Wiho wurde. 785 entstand die erste Kirche. Normannen zerstörten sie 100 Jahre später.


Aber nirgends ein Hinweis auf eine zeitgenössische Quelle.
 
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Hab mal bei der Stadt angefragt, mal sehen was die nächste Woche dann als Quelle angeben.

Davon würde ich mir nicht viel versprechen. "Quellen", in denen die Zerstörung der Domburg behauptet, aber nicht belegt wird, gibt es ja reichlich. Und die wenigen Quellen, die in wissenschaftlicher Literatur immer wieder angegeben werden, haben wir durch. Dass das Stadtarchiv auf Deine Anfrage hin einen bislang unveröffentlichten Augenzeugenbericht über den Normanneneinfall herausrücken wird, ist wohl kaum zu erwarten.

Bestenfalls wäre denkbar, dass sich bei archäologischen Untersuchungen neuerdings ein Zerstörungshorizont zur fraglichen Zeit nachweisen lässt. Da würde ich eher bei der Uni anfragen, da läuft seit vielen Jahren ein Projekt, allerdings recht schleppend, und möglicherweise ist es wieder eingeschlafen ("Abschluss 2021 geplant"...)
 
Ich erwarte da auch nichts, aber immerhin ist das die offizielle Seite der Stadt, da kann/darf und sollte man ruhig Zweifel an der Aussage säen/haben!

PS: Ich habe nach belegbaren Quellen gefragt:
 
Zwar ein wenig off-topic, aber hier noch etwas zu den gesicherten Wikingerüberfällen auf Hamburg:


und Duisburg:

 
Der, der dafür verantwortlich ist, ein Hr. M. hat sich noch nicht gemeldet, falls da nix passiert, schreibe ich an die NOZ.
Anscheinend hat der Hr. auch Urlaub, zumindest in der Woche der Anfrage.
 
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Interessant, nun, bei der dritten Anfrage kam ein automatisches Mail, das der Hr. zur Zeit nicht zu erreichen ist.
Na, da werden wir Ostern (da bin ich in OS) mal vorbeischauen, sofern sich bis Dato noch nichts von seiner Seite aus ergeben hat!
 
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