Nostratisch

Nun es gibt immer noch einige Wissenschaftler, die auch die Indogermanenthese für unrichtig halten. Sie propagieren eine Annäherung der Sprachen durch Nähe und Kultur aber nicht durch Abstammung. Es gibt ja zwei Merkmale, wonach Sprachfamilien erkannt werden sollen, einerseits ähnliche Worte mit ähnlichem Sinn in den Grundbegriffen und grammatikalische Übereinstimmungen. Beides aber sind noch kein Beweis, da auch Grundbegriffe nicht feststehen, siehe Kopf im Deutschen. Aber auch die Grammatik kann sich anpassen, siehe die Balkansprachen oder die altaiischen Sprachen, die nicht mehr als Sprachfamilie angesehen werden. Im Indogermanischen nun haben wir den Fall, dass viele Grundbegriffe voneinander abweichen. Das Beispiel mit Nacht hast Du schon gebracht. Aber auch Arm, Bein, Hand, Finger, Nase, Mund sind oft verschieden. Selbst die Familienmitglieder wie Vater, Mutter, Sohn, Tochter, Bruder, Schwester sind im hethitischen nicht zu finden. Begriffe wie Rad oder Joch können allgemeine Lehnwörter sein, wie heutzutage Computer, die Lautgesetze nur der Ausdruck von unterschiedlichen Aussprache von Lauten. Auch Worte wie Wasser, Wolke, Fluss, Nebel können Lehnwörter sein, da Gewässer und Feuchtigkeiten als Götter angesehen wurden und daher stark an eine Religion gebunden waren. Ich werde hierzu nochmal bei der Atlantikduskussion Stellung nehmen.
Was ich damit sagen will, ist, dass diejenigen, die die nostratische These und die auf Wortvergleiche basierenden Thesen ablehnen, müssten eigentlich auch die Indogermanenthese anzweifeln, da die Indogermanenthese zwar mehr Anknüpfungsmerkmale besitzt, deren letztendliche Beweiskraft aber nicht sicher ist, sprich die Indogermanenthese und nostratische These unterscheiden sich nur durch den Grad ihrer Wahrscheinlichkeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun es gibt immer noch einige Wissenschaftler, die auch die Indogermanenthese für unrichtig halten.

1.) Er im einzelnen?
2.) Es handelt sich um eine Theorie (Lehre die solange Bestand hat, bis sie als widerlegt gilt), nicht um eine These.

Im Indogermanischen nun haben wir den Fall, dass viele Grundbegriffe voneinander abweichen. Das Beispiel mit Nacht hast Du schon gebracht.

Naja, bis auf das Persische scheint das Wort für Nacht im Lateinischen, im Griechischen, in den baltischen, slawischen und germanischen Sprachen vorhanden zu sein. Wie das bei ausgestorbenen Sprachfamilien aussieht, weiß ich leider nicht.

Aber auch Arm, Bein, Hand, Finger, Nase, Mund sind oft verschieden. Selbst die Familienmitglieder wie Vater, Mutter, Sohn, Tochter, Bruder, Schwester sind im hethitischen nicht zu finden. Begriffe wie Rad oder Joch können allgemeine Lehnwörter sein, wie heutzutage Computer, die Lautgesetze nur der Ausdruck von unterschiedlichen Aussprache von Lauten. Auch Worte wie Wasser, Wolke, Fluss, Nebel können Lehnwörter sein, da Gewässer und Feuchtigkeiten als Götter angesehen wurden und daher stark an eine Religion gebunden waren.

Es ist gar nicht notwendig, dass ein Wort - auch nicht ein Grundbegriff - in allen Sprachen erhalten ist. Kommen wir mal von der Nacht auf den Tag.
Im Gotischen dag(am), im Englischen day, im Friesischen dei, im Altenglischen dæȝ [dä:g], im skandinavischen Raum dag oder dygn und dann im Isländischen Sólarhringur eine völlig andere Form also, die wir mit einem bisschen Mühe aber auch im deutschen als bildliche Form wiedererkennen: 'Sonnenring' bzw. 'Sonnenkreis'. Das Wort für Tag hat sich dagegen im Isländischen nicht erhalten. Nimmt das Fehlen dieses Wortes jetzt dem Isländischen den Status einer germanischen Sprache?

Was ich damit sagen will, ist, dass diejenigen, die die nostratische These und die auf Wortvergleiche basierenden Thesen ablehnen, müssten eigentlich auch die Indogermanenthese anzweifeln, da die Indogermanenthese zwar mehr Anknüpfungsmerkmale besitzt, deren letztendliche Beweiskraft aber nicht sicher ist, sprich die Indogermanenthese und nostratische These unterscheiden sich nur durch den Grad ihrer Wahrscheinlichkeit.

Das wesentliche ist, dass die Wortvergleiche auf einer Methode basieren und nicht einfach nach Klang herangezogen werden, sondern, dss man Muster nachvollziehen kann, wie an obigen Beispielen (nox, noctis - notte, latte, noche) ausgeführt. Wenn die Ableitungen nicht immer wieder nach dem gleichen Muster funktionieren oder man die Abweichung nicht erklären kann, dann sind Wortvergleiche wissenschaftlich wertlos.
 
aber ein kleines Beispiel:
Wolf heißt im Russischen Wolk, im Lateinischen Lupus.

Meiner Ansicht nach gibt es keine Gesetzmäßigkeit russisches k zu f. Auch weshalb sich in anderen Sprachen andere Wörter durchgesetzt haben, ist nicht klar.
 
aber ein kleines Beispiel:
Wolf heißt im Russischen Wolk, im Lateinischen Lupus.

Meiner Ansicht nach gibt es keine Gesetzmäßigkeit russisches k zu f. Auch weshalb sich in anderen Sprachen andere Wörter durchgesetzt haben, ist nicht klar.

Was veranlasst Dich anzunehmen, dass zwei Worte unbedingt auf dasselbe Etymon zurückgehen müssen?!
Es gibt einige Gründe warum sie das nicht müssen.
1.) In der Ursprungssprache gab es mehrere Begriffe Signifikanten für einen Signifikaten :rechts: Synonyme. Die schon genannten atta und fadar im Gotischen wären zwei solcher Signifikanten.
2.) Es könnte sich um Ersetzungen eines Tabuwortes handeln. So wie Voldemort der von fast allen He Who Must Not Be Named genannt wird. Eine für den Wolf vielleicht griffigere Analogie wäre der Bär, das ursprüngliche germanische Wort für Bär wurde durch "Brauner" ersetzt.
3.) das in einer indoeuropäischen Sprache nicht erhaltene Wort ist ein Substrat/Superstrat aus einer verdrängten Sprache
4.) durch den Sprachwandel wurde ein Wort durch ein semantisch ursprünglich verschiedenes Wort ersetzt: So hat z.B. das lateinische Wort für 'Klepper' caballus in den romanischen Sprachen das equus (lat. 'Pferd') ersetzt und seinen pejorativen Gehalt verloren.


Im Übrigen können sie das sehr wohl, auch ohne, dass man eine gesetzmäßige Verwandtschaft von k und f bzw. p annehmen müsste, auf dasselbe Etymon zurückgehen.

Lupus und Wolf sind auf jeden Fall miteinander verwandt. Indoeuropäisches /p/ entspricht germanischem /f/. Die Vertauschung des (Halb)Vokals /w, u/ mit dem Konsonanten /l/ ist auch ein relativ häufiges Phänomen: Die Metathese. z.B. -dorp und -drop (Wahlweise /t/ statt /d/, /u/ statt /o/ und /f/ statt /p/. Bedeutung: Dorf). Fragt sich jetzt, ob die baltisch-slawischen Form vlk, wilk, wolk etc. mit lupus/Wolf verwandt ist. Sicher nicht, indem das indoeuropäische /p/ zu einem slawischen /k/ geworden wäre, das ist in der Tat abwegig. Aber es gibt denkbare andere Möglichkeiten. Bezeichnenderweise ist das griechische Wort für Wolf Λύκος, womit zwischen dem Griechischen und dem Slawischen und zwischen dem Lateinischen und den germanischen Sprachen dieselbe Metathese stattgefunden hätte: Vertauschung des Konsonanten /l/ mit dem (Halb)Vokal /w, u/
Ein denkbarer Grund, warum das /k/ im Griechischen und in den baltischen und slawischen Sprachen zu dem Wort gehört und in den germanischen Sprachen und dem Lateinischen nicht, könnte z.B. sein, dass es sich um den Rest einer verlorenen Diminutivbildung handelt (Arbeitshypothese), die im Lateinischen aus dem lupus einen lupusculus (/lu'puskulus/) machen würde.
Ein anderer denkbarer Grund wäre die Paragoge, die Epenthese oder andere Phänomene, mit denen man in der Historiolinguistik rechnen muss. Das /k/ könnte z.B. ein archaisches Element sein, welches in anderen indoeuropäischen Sprachen apokopiert ist (eine Apokope ist eine Auslassung am Ende eines Wortes) oder umgekehrt ein Element welches aus welchen Gründen auch immer hinzu gekommen ist, z.B. durch die Bildung von Diminutivformen oder als Epenthese.

Hiermit soll nicht gesagt sein, dass vlk/wilk/wolk zwingend auf ein gemeinsames Etymon mit lupus/Wolf zurückgeht(siehe auch Gründe für unterschiedliche Etyma oben). Aber es sollte eine Bewusstsein dafür da sein, dass, nur weil ein Einzellaut in einem Wort keine Entsprechung in einer verwandten Sprache hat, dies noch kein hinreichender Grund dafür ist a) unterschiedliche Etyma anzunehmen und noch viel weniger b) daran gleich die Zweifel an der grundsätzlichen Sprachverwandtschaft aufzuhängen.
 
Nun es gibt immer noch einige Wissenschaftler, die auch die Indogermanenthese für unrichtig halten.
Schön das du darauf hinweißt, so habe ich mir die Arbeit gespart.
Wir haben ja schon mal sehr intensiv über die "Indogermanen" diskutiert.

Vgl. http://www.geschichtsforum.de/f22/indogermanen-konstrukt-oder-wirklichkeit-21353/

Wie bei allen Sprachwissenschaftlichen Hypothesen zur einer möglichen Ursprache bleiben meiner Meinung nach zu viele Spekulative Behauptungen übrig.
Alleine der Versuch mehrere Jahrtausende ohne schriftl. Überlieferung zu überbrücken ist meiner Meinung nach sehr kritisch zu sehen, denn die Belege die die These stützen sind ja wiederum erst mit der Schrift vorhanden, was vorher war und gesprochen wurde ist nun mal nicht belegbar, man darf und kann aber gerne spekulieren und das geht natürlich umso leichter je weiter man in der Zeit zurückgeht.
Das ganze ist eine nettes Gedankenspiel, aber die Beweiskraft desselbigen ist doch eher gegen 0.
 
@DerGeist,

Eure Postulate sind vollkommen unterschiedlich. Du zweifelst die Indoeuropäerthese rein aus gefühlsmäßigen Gründen an, weil mit dieser These viel nationalistischer Schindluder getrieben wird bzw. unzulässige Parallelen zu archäologischen Befunden gezogen werden und du ein gesundes Misstrauen gegen diesen Nationalismus hast, schüttest dabei aber das Kind mit dem Bade aus. Die Methoden der seriösen Indoeuropäistik blendest du dabei leider aus. Die nostratische Hypothese dem gegenüber, die Haetius hier ins Spiel bringt, geht sehr viel weiter, als die Indoeuropäistik. Sie postuliert sehr viel weitergehende Sprachverwandtschaften, die über die indoeuropäische Sprachfamilie noch hinausgehen.
 
ja denn ich befürworte die Indoeuropäertheorie. Ich sehe nur, dass die Indogermanisten an die nostratische These oft größere Anforderungen stellen, als an ihre eigene. Natürlich kann man die Entwicklung der Wörter Wolk, Wolf, Lupus so erklären. Ich bin mir aber sicher, würde ich das bei einem nostratischen Beispiel bringen, würden die meisten Indogermanisten dies ablehnen.
Letzten Endes beginnt alles mit einem Wortvergleich und der Zusammenstellung von Ähnlichkeiten. Hiernach versucht man Zusammenhänge und Gesetze herzustellen. Wenn ich zum Beispiel behaupte, y im Türkischen wird über ue im Indogermanischen zu w und dafür Beispiele bringe, würde ein Indogermanist sagen, reicht nicht aus. Ab wann aber ist eine These ausreichend, dass man sagt, es genügt, um sie als Theorie anzuerkennen?
 
Natürlich kann man die Entwicklung der Wörter Wolk, Wolf, Lupus so erklären.

Ich habe nicht gesagt, dass die Erklärung so richtig ist. Ich habe Hypothesen aufgestellt, von denen ich mehr (wolf/lupus gemeinsames Etymon) oder weniger (wolf/lupus/wolk/Λύκος gemeinsames Etymon) überzeugt bin. Das Problem ist, dass hier ausreichend Wortmaterial fehlt, um das zu überprüfen. Z.B. andere italische Sprachen neben dem Lateinischen.


Ich bin mir aber sicher, würde ich das bei einem nostratischen Beispiel bringen, würden die meisten Indogermanisten dies ablehnen.
Letzten Endes beginnt alles mit einem Wortvergleich und der Zusammenstellung von Ähnlichkeiten. Hiernach versucht man Zusammenhänge und Gesetze herzustellen. Wenn ich zum Beispiel behaupte, y im Türkischen wird über ue im Indogermanischen zu w und dafür Beispiele bringe, würde ein Indogermanist sagen, reicht nicht aus. Ab wann aber ist eine These ausreichend, dass man sagt, es genügt, um sie als Theorie anzuerkennen?

Wenn sich regelmäßige Gesetzmäßigkeiten belegen ließen. Die reine lautliche Ähnlichkeit von Worten und eine ähnliche Bedeutung ist kein Kriterium für Sprachverwandtschaft. Desweiteren muss berücksichtigt werden, dass auch Lehnwortschatz den Lautgesetzen unterliegt, aber, dass der Lehnwortschatz natürlich nur den Prozess der Lautverschiebung mitmacht, der nach dem Zeitpunkt der Entlehnung noch stattgefindet. So kann z.B. aus tabula im Deutschen Zabel werden (wieder ausgestorben), als auch Tafel, während in dem über das Frz. entlehnten Diminutiv Tablett(e) sowohl /t/ als auch /b/ erhalten sind. Ein weiteres Bsp. wäre Keller und Zelle, beides aus lat. cella und naturgemäß zu unterschiedlichen Zeitpunkten entlehnt.
Anhand der Lautentwicklung kann man also den Entlehnungszeitpunkt eines Wortes in die entlehnende Sprache grob datieren.
 
Das ist ein ganz schwieriges Thema, auch im Indogermanischen. Die Schwierigkeit besteht nämlich darin, erst einmal zu erkennen, wann es sich um ein Lehnwort handelt. Gerade in weiter zurückliegenden Zeiten wird es schwierig.
So besteht teilweise die Ansicht, dass Wörter wie Apfel, Stier, Geiß, Eber, Biene, Herbst und Stern aus dem semitischen stammen.
Runica - Germ. - Mediavalia (heiz./n ... - Google Bücher
 
Du zweifelst die Indoeuropäerthese rein aus gefühlsmäßigen Gründen an, weil mit dieser These viel nationalistischer Schindluder getrieben wird bzw. unzulässige Parallelen zu archäologischen Befunden gezogen werden und du ein gesundes Misstrauen gegen diesen Nationalismus hast, schüttest dabei aber das Kind mit dem Bade aus.

Da muss ich dir ganz klar sagen nein:motz:, ich zweifle die Indoeuropäerthese aus verschiedenen Gründen an.

1. Methodik: Ich halte es nach wie vor für sehr frägwürdig aufgrund von Wortähnlichkeiten u.A., auf eine nicht überlieferte Ursprache zurückzuschließen.
2. Beweisführung: Eine These muss in ihrer Beweisführung stringent sein und zum anderen müssen sich die Behauptung auch anhand anderer Quellen belegen lassen. Was aber aufgrund der Modellbildung nicht fkt. wird, da man ja nur aus sprachwissenschaftlicher Sicht argumentiert.

Eigentlich habe ich in dem Thread zu den Indogermanen schon fast alles gesagt, aber zur Erinnerung :
http://www.geschichtsforum.de/326073-post73.html
http://www.geschichtsforum.de/332862-post136.html
http://www.geschichtsforum.de/418112-post222.html
 
@Der Geist:
1. Methodik: Ich halte es nach wie vor für sehr fragwürdig aufgrund von Wortähnlichkeiten u.A., auf eine nicht überlieferte Ursprache zurückzuschließen.
2. Beweisführung: Eine These muss in ihrer Beweisführung stringent sein und zum anderen müssen sich die Behauptung auch anhand anderer Quellen belegen lassen. Was aber aufgrund der Modellbildung nicht fkt. wird, da man ja nur aus sprachwissenschaftlicher Sicht argumentiert.
1. Dann dürfte es Latein nie gegeben haben, hätten wir nicht Schriftzeugnisse und die heutigen romanischen Sprachen wären in diesem Zusammenhang irrelevant.
2. Welche anderen Quellen meinst du? Das kann ja nur (lautlich und inhaltlich lesbare) schriftliche Überlieferungsein sein. Dafür ein Beispiel. Wir können alte sumerische, ägyptische oder hethitische Dokumente lesen, wie sie wirklich gesprochen wurden, wissen wir nicht wirklich.
Bodenfunde sind als "Belege" untauglich.

Wenn man deiner Argumentation konsequent folgt, müsste man folgerichtig die Linguistik als Wissenschaft komplett in die Tonne treten...:motz:
 
2. Welche anderen Quellen meinst du? Das kann ja nur (lautlich und inhaltlich lesbare) schriftliche Überlieferungsein sein. Dafür ein Beispiel. Wir können alte sumerische, ägyptische oder hethitische Dokumente lesen, wie sie wirklich gesprochen wurden, wissen wir nicht wirklich.

Genau auf diese Quellen wollte ich hinweißen,

Wenn man deiner Argumentation konsequent folgt, müsste man folgerichtig die Linguistik als Wissenschaft komplett in die Tonne treten

Nein, aber nur soweit zurückgehen wie es die schriftl. Überlieferungen erlauben. Denn ohne Quellen, in diesem Fall schriftl. Überlieferung, ist alles was dann zu den vorherigen Sprachen postuliert wird nun mal eine Spekulation, denn wo keine Quelle da auch kein Beweis für die These.
 
Und was machen wir mit der Zeit wo es keine schriftlichen Überlieferungen gibt?

P.S: man bedenke dabei aber auch, daß Originale aus frühen Zeiten kaum oder gar nicht erhalten sind, sondern in der Mehrheit durch Kopien überliefert sind, die dann genau genommen nicht als Beweis gelten dürften.
 
1. Methodik: Ich halte es nach wie vor für sehr frägwürdig aufgrund von Wortähnlichkeiten u.A., auf eine nicht überlieferte Ursprache zurückzuschließen.

Das ist ja eben falsch, dass aufgrund von Wortähnlichkeiten auf die nicht überlieferte Ursprungssprache zurückgeschlossen würde. Der reine Vergleich von Wortähnlichkeiten ist keine auch nur annähernd zielführende Methode. Nein, stattdessen müssen Gesetzmäßigkeiten erkannt und eingehalten werden, wie ich das nun schon mehrfach vorexerziert habe.


2. Beweisführung: Eine These muss in ihrer Beweisführung stringent sein und zum anderen müssen sich die Behauptung auch anhand anderer Quellen belegen lassen. Was aber aufgrund der Modellbildung nicht fkt. wird, da man ja nur aus sprachwissenschaftlicher Sicht argumentiert.

Was heißt "nur aus sprachwissenschaftlicher Sicht"? Die Quellen sind die unterschiedlichen Sprachen in denen immer wieder die gleichen Wortbildungsmuster vorkommen.
 
Du zweifelst die Indoeuropäerthese rein aus gefühlsmäßigen Gründen an, weil mit dieser These viel nationalistischer Schindluder getrieben wird bzw. unzulässige Parallelen zu archäologischen Befunden gezogen werden und du ein gesundes Misstrauen gegen diesen Nationalismus hast, schüttest dabei aber das Kind mit dem Bade aus.
Da muss ich dir ganz klar sagen nein:motz:, ich zweifle die Indoeuropäerthese aus verschiedenen Gründen an.

[...]

Eigentlich habe ich in dem Thread zu den Indogermanen schon fast alles gesagt, aber zur Erinnerung :
http://www.geschichtsforum.de/326073-post73.html
http://www.geschichtsforum.de/332862-post136.html
http://www.geschichtsforum.de/418112-post222.html

Aber genau wegen dieser Beiträge werfe ich dir doch vor, dass Du die Indoeuropäistik aus rein gefühlsmäßigen Gründen ablehnst. =) Du verwirfst sie nicht aufgrund ihrer Methodik (auch wenn du immer die Vokabel Methodik nennst, aber du verwechselst die wissenschaftliche Methodik mit der pseudowissenschaftlichen Methode der Ewiggestrigen). In den zitierten Beiträgen wird kritisiert, dass archäologische Fundgruppen indoeuropäischen Sprachgruppen zugeordnet würden. Genau das ist aber der politische Missbrauch der Indoeuropäistik, nicht die Wissenschaft an sich. Niemand der seriöse Indoeuropäistik als Zweig der allgemeinen Sprachwissenschaft und hier der Historiolinguistik betreibt würde derartige Überlegungen anstellen, wie sie im 19. Jahrhundert angestellt wurden.

Wenn Du aber die Indoeuropäistik verwerfen willst, dann musst Du schon klar darlegen, was an der echten Methode falsch ist.

Deshalb auch der Vorwurf, das Kind mit dem Bade auszuschütten: Du verwirfst die Methode, weil sie missbraucht wird. Das ist so ähnlich, als würde man Apotheken verbieten, weil es Medikamentenmissbrauch gibt.
 
2. Beweisführung: Eine These muss in ihrer Beweisführung stringent sein und zum anderen müssen sich die Behauptung auch anhand anderer Quellen belegen lassen. Was aber aufgrund der Modellbildung nicht fkt. wird, da man ja nur aus sprachwissenschaftlicher Sicht argumentiert.

Aber gerade das Hethitische wurde ja aufgrund der Sprachwissenschaft entschlüsselt.

Wo Du natürlich recht hast, am Ende stehen Ergebnisse, die sich wahrscheinlich der Wirklichkeit annähern, aber ihr wohl nicht einhundertprozentig entsprechen. Na und? :grübel:
 
Aber genau wegen dieser Beiträge werfe ich dir doch vor, dass Du die Indoeuropäistik aus rein gefühlsmäßigen Gründen ablehnst.
Vielleicht solltest du dir erstmal die Mühe machen reinzulesen..., ich zitiere jetzt mal aus den Links selbst.
Wir wir dann alle hoffentlich sehen hat das nichts mit einem Gefühl zu tun, sondern mit berechtigter Kritik.


1. Die erste Schwierigkeit ergibt sich daraus, daß gerade der Wortschatz einer Sprache bekanntlich sehr instabil ist und daß die idg. Einzelsprachen für den gleichen Begriff (mit Ausnahme am ehesten noch des Grundwortschatzes) oft verschiedene Lexeme verwenden.[...]
3. Als bes. problematisch hat sich die Aufgabe herausgestellt, die Bedeutung eines rekonstruierten idg. Wortes zu erschließen, da selbst formal identische Bildungen infolge divergenter einzelsprachlicher Bedeutungsveränderungen durchaus unterschiedliche Bedeutungen haben können und dann u.U. keine Entscheidung darüber zulassen was als die Grundbedeutung des idg. Wortes anzusetzen ist.[...]
Die Sprachwiss. bedürfte fpr eine Aussage über die Beschaffenheit der Dinge also veranschaulichenden Ergänzungen durch außersprachliches Material, etwa durch die mit den Bodenfunden befaßte Arch. bzw. Prähist.; so ist die Versuchung schon seit je her groß, dies als eine Art Hilfswiss. heranzuziehen. Da nun aber umgekehrt keine prähist. definierte Kultur(gruppe) zweifelsfrei als idg. erwiesen werden kann besteht die Gefahr eines Circulus vitiosus.[...]
6.Deutlich ist des weiteren zu betonen, daß prähist. sprachliche Rekonstruktionsformen wie die der idg. Grundsprache im Gegensatz zu hist. und kontextuell für einen bestimmten Ort und Zeitpunkt belegten einzelsprachlichen Wörtern (und auch im Gegensatz zu räumlich und zeitlich genau fixitierten - von einem bestimmten Ort und zumindest aus einer relativen festgelegten Schicht stammenden - archl.-prähist. Bodenfunden) in ihrer Summe keine an einen bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit gesprochene Sprache ergeben. Die Rekonstrukte zielen nämlich, wie schon den Junggrammatikern eingeräumt worden ist, auf räumliche und zeitliche Unterschiedliches, je nachdem, wie viele und welche der Einzelsprachen das betreffende Lexem fortsetzen; sie sind folglich geogr. und absolut-chron. recht unbestimmt.[...]
Die Kategorien der Sprachen sind nur Kategorien, nichts weiter, eine Sortiermethode.
Sprachen sind nur ein Ausdruck einer Kultur. Und nicht gerade der stabilste. Und Kultur ist immer im ändern begriffen.
Wenn Du aber die Indoeuropäistik verwerfen willst, dann musst Du schon klar darlegen, was an der echten Methode falsch ist.
Was ich als fragwürdig erachte ist nach wie vor, die Rückprojezierung ausgehend von den schriftl. überlieferten Sprachen, auf Sprachen aus der schriftlosen Zeit.

Da wir eben aus der schriftlosen Zeit, keine Quellen haben, bleibt trotz der angewandten Methodik, das Ergebnis erstmal eine Spekulation, oder bestenfalls eine Hypothese.

Die ,,indoeuropäische Ursprache" stellt zunächst nichts weiter als ein sprachwissenschaftliches Konstrukt dar, das keinen Anspruch auf die Realität einer tatsächlich gesprochenen Sprache und auf gelebte Realität erhebt und auch nicht erheben kann. Zwar steht die -Verwandtschaft" der Einzelsprachen außer Frage, doch ob und wie man sich ein ursprüngliches sprachliches
Kontinuum vorzustellen hat, muß hypothetisch bleiben.
 
Das Zusammenbringen archäologischer Funde mit einer Bevölkerung einer bestimmten Sprache ist fast unmöglich, zumindest bezüglich vorschriftlicher Zeiten. Ein Hethiter, der ein ägyptisches Amulett kauft und damit begraben wird, ist trotzdem kein Ägypter.
So richtig sehe ich aber Dein Problem nicht. Dass die rekonstruierte indogermanische Sprache mit dem wirklichen Geschehen hundertprozentig übereinstimmt, wird wohl niemand ernsthaft behaupten. Des Weiteren sehe ich auch nicht die Notwendigkeit einer geographischen Verortung. Wichtig sind doch erkannte Verwandtschaftsbeziehungen, die auf einen Ursprung zurückzugehen scheinen. Ich sehe aber hierbei nicht einmal eine genetische Notwendigkeit. Selbst eine Sprache, welche aus der Mischung zweier oder mehrerer Völker entstanden ist, besitzt seinen Ursprung halt im Zeitpunkt der Verschmelzung.
 
Reallexikon der Germ. Altertumskunde Stichwort Idg. Altertumskunde schrieb:
1. Die erste Schwierigkeit ergibt sich daraus, daß gerade der Wortschatz einer Sprache bekanntlich sehr instabil ist und daß die idg. Einzelsprachen für den gleichen Begriff (mit Ausnahme am ehesten noch des Grundwortschatzes) oft verschiedene Lexeme verwenden.[...]
3. Als bes. problematisch hat sich die Aufgabe herausgestellt, die Bedeutung eines rekonstruierten idg. Wortes zu erschließen, da selbst formal identische Bildungen infolge divergenter einzelsprachlicher Bedeutungsveränderungen durchaus unterschiedliche Bedeutungen haben können und dann u.U. keine Entscheidung darüber zulassen was als die Grundbedeutung des idg. Wortes anzusetzen ist.[...]

Diese beiden Punkten verneinen nicht die Indoeuropäistik und ihre Methoden, sondern sie verweisen nur auf die Grenzen der Methode. Natürlich endet die Möglichkeit weiter zurückzugehen an einem Punkt, vor allem dann, wenn ein Lexem entlehnt ist oder es sich um einen Neologismus handelt. Du ziehst aber wieder der Umkehrschluss aus der Feststellung der Begrenztheit der Methode (und jede wissenschaftliche Methode hat ihre Grenzen). Das gleiche gilt für die semantische Verschiebung. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem man nicht mehr entscheiden kann, welche der möglichen semantischen Varianten ein Etymon ursprünglich bedeutete. Vor dem gleichen Problem steht jeder Historiker, nicht nur der Sprachhistoriker: Wenn Du eine archäologische Grabung leitest und feststellen musst, dass leider mitten durch deinen Befund eine Wasserleitung gelegt wurde, kannst Du auch nur anhand dessen was sich links, rechts und unter der Wasserleitung im Befund wiederfindet vermuten, wie der Befund an der Stelle der Wasserleitung ausgesehen hätte, wenn nicht zufälligerweise vor 40 Jahren jemand diese Wasserleitung an dieser Stelle verbuddelt hätte.
Oder, du hast, weil du eine Grabung in einer Innenstadt leitest, aufgrund des Umstands dass gebaut werden soll, leider nur die Möglichkeit dort zu graben, wo gebaut wird. Auch hier rekonstruierst Du – sofern du natürlich das Glück hast, Zeit und Geld für die Auswertung zu haben – aufgrund unterschiedlicher Befunde ein Gesamtbild:
Nimm z.B. die beiden karolingerzeitlichen Gräben parallel zum Ufer der Elbe in Magdeburg. Nachgewiesen sind von ca. 150 m Gesamtlänge der Gräben vielleicht 20 m. Nichtsdestotrotz wird – hypothetisch – die Gesamtlänge der Gräben rekonstruiert: Abbildung03_gr.jpg
http://www.domgrabungen-md.de/images/images_gross/Abbildung03_gr.jpg
Nichts anderes machen Indoeuropäisten. Nur aufgrund eines sehr viel besseren Datenmaterials, welches wiederum vergleichbar mit dem Erfahrungswissen ist, welches du aus anderen archäologischen Grabungen mitbringst.

Reallexikon der Germ. Altertumskunde Stichwort Idg. Altertumskunde schrieb:
Die Sprachwiss. bedürfte für eine Aussage über die Beschaffenheit der Dinge also veranschaulichenden Ergänzungen durch außersprachliches Material, etwa durch die mit den Bodenfunden befaßte Arch. bzw. Prähist.; so ist die Versuchung schon seit je her groß, dies als eine Art Hilfswiss. heranzuziehen. Da nun aber umgekehrt keine prähist. definierte Kultur(gruppe) zweifelsfrei als idg. erwiesen werden kann besteht die Gefahr eines Circulus vitiosus.[...]

Auch hier wieder: Es wird die Grenze der Indoeuropäistik aufgezeigt, nicht, dass ihre Methoden falsch sind. Schmitt verweist dabei nur auf die Gefahr eines Zirkelschlusses, weil man eben anhand von Knochen und Scherben keine Sprache rekonstruieren kann. Er verwehrt sich gegen die Gleichsetzung archäologischer Kulturen mit Sprachgruppen. Das Problem ist nur, dass Schmitt damit offene Türen einrennend Eulen nach Athen trägt. An der Indoeuropäistik rüttelt er damit aber nicht. Gerade die Art des Bezugs Schmitts auf die Junggrammatiker zeigt, dass er weit davon entfernt ist, die Indoeuropäistik abzulehnen.


DerGeist schrieb:
Thomas Trauner schrieb:
Die Kategorien der Sprachen sind nur Kategorien, nichts weiter, eine Sortiermethode.

Ziemlich schwammig der Satz von Thomas, den du hier zitierst. Die Kategorien der Sprache sind nur Kategorien. Aha....
-„Was ist MiIch?“
-„Milch ist eine milchige Substanz.“

Letztendlich verfällt Thomas in seinem Beitrag in denselben Fehler, den Du auch machst, nämlich das Missverständnis oder gar den Missbrauch der Indoeuropäistik für rassistische Phantastereien für die Indoeuropäistik selbst zu halten.
 
Wenn Du eine archäologische Grabung leitest und feststellen musst, dass leider mitten durch deinen Befund eine Wasserleitung gelegt wurde, kannst Du auch nur anhand dessen was sich links, rechts und unter der Wasserleitung im Befund wiederfindet vermuten, wie der Befund an der Stelle der Wasserleitung ausgesehen hätte, wenn nicht zufälligerweise vor 40 Jahren jemand diese Wasserleitung an dieser Stelle verbuddelt hätte.
Oder, du hast, weil du eine Grabung in einer Innenstadt leitest, aufgrund des Umstands dass gebaut werden soll, leider nur die Möglichkeit dort zu graben, wo gebaut wird. Auch hier rekonstruierst Du – sofern du natürlich das Glück hast, Zeit und Geld für die Auswertung zu haben – aufgrund unterschiedlicher Befunde ein Gesamtbild:
Lustig genau so was habe ich auf meiner letzten Stadtkerngrabung erlebt.
Aber ich rekonstruiere die fehlende Teile des Befundes, mit Hilfe zeitgleicher u. strukturgleicher Befunde.
Genau hier sehe ich einen gewaltigen Unterschied zu den beiden Sprachthesen, denn beide rekonstruieren eben auf hypothetischer Basis, denn es gibt ja nun mal im Falle der Indogermanistik keine Schriftbefunde die älter als das heth. sind.
Wenn ich nichts zeit- und strukturgleiches finde, so kann ich auch nicht weiter rekonstruieren, sondern eine Hypothese aufstellen, die so lange gültig sein kann bis ein zeit- und strukturgleicher Befund vollständig ausgegraben und dokumentiert ist, dieser Befund kann dann meine Hypothese widerlegen oder bestätigen.
Das der Analogieschluss den wir Archäologen so gerne benutzen, der Weisheit letzter Schluss nicht ist, versteht sich dabei wohl auch von selbst und bedarf keiner weitere Ausführungen.
 
Zurück
Oben