Notre Dame

Der Wetterhahn, auch als Blitzableiter benutzt, auf dem eingestürzten Dachreiter, ist verbeult in den Trümmern gefunden worden: http://www.leparisien.fr/faits-dive...uve-dans-les-decombres-16-04-2019-8054835.php

Im Hahn wurden drei Reliquien eingelegt: eine Dorne der Dornenkrone sowie jeweils eine Reliquie von Saint Denis und Sainte Geneviève. Ob sich diese Reliquien noch im Inneren befinden, ist derzeit noch nicht klar.
 
Bedenken bleiben. Der Kölner Dombaumeister sieht durch das Löschwasser das steinerne Gewölbe oberhalb des Kirchenschiffes noch für Tage einsturzgefährdet. Der nasse Sandstein des Gewölbes hat wohl ein deutlich höheres Gewicht als zuvor. Und auch am Mittwoch konnte man in den Nachrichten sehen, dass die Feuerwehr immer noch weiter Wasser auf die Kirche sprüht.

Die Dombaumeisterin von Speyer gab im ZDF Heute Journal zu bedenken, dass ein durch Brand rissig gewordener Sandstein einen Teil seiner Tragfähigkeit und Stabilität eingebüßt habe. Daher ist erstmal zu prüfen, ob auf die erhaltenen Mauern so einfach wieder ein Dach mit entsprechendem Eigengewicht gesetzt werden kann.
Falls nein, Zeltplane oder Kunststoff. Oder aber Abbau von Wänden und Austausch beschädigter Steine und danach wieder Dachaufbau aus Holz.

Dazu ist das Kircheninnere stark durch geschmolzenes Blei kontaminiert. Und da die EU schon beim Bleigießen zu Silvester den Zeigefinger hebt ...

Alles nicht so schön.
 
Alle die das Drama von Notre-Dame verfolgt haben, erinnern sich an das Bild des golden strahlenden Kreuzes in dem dunklen verwüsteten Kirchenraum. Davor erahnt man die mächtige steinerne Pietà. Sie ist Teil einer Zeit der „Restauration“, die mehr Schaden als Nutzen anrichtete, wenn man an das dabei Zerstörte aus früheren Zeiten denkt.
Die Franzosen kennen die Geschichte vom „Voeu du Louis XIII.“ Dem Gelübde Ludwig des Dreizehnten. Mit 14 Jahren wurde er mit der gleichaltrigen Anna von Österreich verheiratet. Nach drei Fehlgeburten dauerte es 22 Jahre bis endlich der ersehnte Stammhalter geboren wurde. Ein Jahr davor legte Ludwig das Gelübde vor der Heiligen Mutter Maria ab und versprach sein Königreich ihr zu weihen, wenn sie ihm den ersehnten Nachfolger schenkte. Ludwig XIII. starb und sein Sohn Ludwig XIV. versuchte dem Willen des Vaters eine große Form zu geben.

Von 1699 bis 1753 spielte sich nun mehr oder weniger ein Umbau ab. Ludwig XIV. ließ die Pietà erschaffen und ließ rechts und links sich und seinen Vater Ludwig XIII. huldigend plazieren:

https://www.google.de/search?q=le+v...UIECgD&biw=1462&bih=716#imgrc=wyjfJnAP8IKdgM:

Vieles aus früheren Jahren verschwand und wurde der Erfüllung des Gelübdes geopfert. Um das Pietàensemble ins rechte Licht zu rücken wurden die Fenster durch weißes Glas ersetzt, von Blumendekorationen umrankt.

Weitere Restaurierungsarbeiten von Eugène Emmanuel Viollet-le-Duc dauerten von 1845-1864 und haben Notre-Dame wieder in einen auf den ersten Blick mittelalterlich gotischen Zustand versetzt.

Die Pariser hatten nicht immer eine so tief empfundene Zuneigung zu ihrer Kathedrale Notre-Dame. Als mit der Restaurierung begonnen wurde, war die Kathedrale etwas heruntergekommen. Wie Sainte-Chapelle, wurde sie als Lagerraum genutzt.
 
Ein Beitrag zur historischen - mittelalterlichen - Finanzierung von Notre Dame durch die katholische Kirche. Zumal man auch bedenken muss, dass bis zur Französischen Revolution ein beträchtlicher Teil von Paris direkt im Besitz der katholischen Kirche war (vgl. z.B. Garrioch)

https://www.welt.de/wirtschaft/arti...olischen-Kirche.html?utm_source=pocket-newtab

Garrioch, David (2004): The making of revolutionary Paris. . Berkeley: Univ. of California Press.
 
...Auch im Mittelalter war man auf die Spenden und Opfer der Mitbürger angewiesen. Aber genau wie heute mit den Spenden von Pinault, Arnault und Co. zögerte man manchmal, alle Beiträge anzunehmen.

Von Paris zum Beispiel wissen wir, dass Maurice de Sully, der Bischof, der den Bau von Notre-Dame in den 1160er Jahren ins Leben rief, darauf angewiesen war, große Geldbeträge von einem bestimmten Thibaut, bekannt als „der Reiche", entgegenzunehmen. Aber dieses Geschenk war in der Kirche umstritten, denn Thibaut war ein Wucherer, ein Kredithai, das heißt, er lieh Geld für Zinsen: eine Praxis, die einige Ordensleute verurteilten. Da der Bischof bereit war, das Geld anzunehmen, musste der Plan etwas abgeändert werden. Man forderte, dass Thibaut in den Straßen von Paris laut schreiend verkündet, dass er seine Praktiken bereue und Privatpersonen das Geld zurückgibt, das er nicht verdient hat, und dass er dann nur den Rest für den Bau von Notre-Dame gibt. Auf diese Weise, kein Skandal: Die Kathedrale wird nicht mit schmutzigem Geld gebaut!

Der Bischof besaß Häuser auf der Île de la Cité, die gesamte zukünftige Île Saint-Louis, Mühlen an der Seine, viele Grundstücke am rechten Ufer, etwas weniger am linken Ufer, dann kolonisiert von den Klerikern der Universität, deren Prestige allmählich das der Notre-Dame-Schule ersetzte. In Paris erlangt der Bischof das Einkommen vieler Kirchen...

Le juste prix des cathédrales – Actuel Moyen Âge
 
Die Finanzierung des Baus von Notre-Dame ist kaum zu rekonstruieren, wie es für die meisten Baustellen jener Zeit der Fall ist.

Zum einen wurde sie wahrscheinlich durch königliche Zahlungen ergänzt, zugunsten der geplant-monumentalsten Kirche der Hauptstadt..

Der Kirchenbau war jedoch, wie in der Regel üblich, auf kirchliche Ressourcen angewiesen, die der Bischof und die Pariser Kirchenführung aus weitläufigen Gebieten und mehreren Herrschaftsrechten bezogen.

Die Baumaterialien (Holz und Kalkstein) wurden aus ihren Besitztümern wie Wäldern und Steinbrüchen bereitgestellt. Der Rest schwimmt wie üblich im Trüben und fordert/fördert die Phantasie. Im Jahr 1196 vermachte Maurice de Sully weitere 100 Livres in seinem Testament, um das Dach des Kirchenschiffes zu bauen. Das Geld wurde hauptsächlich für Maschinen und für die Gehälter von Architekten, Maurern und Arbeitern benötigt. Auch die Kontroversen in den Pariser Kirchenschulen, zur Zeit der beiden folgenden Bischöfen, bieten wieder einige willkommene Blicke, diesmal auf die Almosen, die vom Rand der christlichen Gesellschaft, Wucherer und Prostituierte, gegeben werden.

Daraus stammt vermutlich die Geschichte von Thibaut. Gemixt mit Sully.
Beriou, Maurice et Eudes de Sully et la cathédrale de Paris, S. 22/23
 
2.Dez. 1804 war dort die Kaiserkrönung Napoleons.
Damit verpasst man also ein rundes Jubiläum um rund 1 Woche.
Absicht?

Trotz seiner geschichtlichen Bedeutung gibt es in Frankreich meiner Erfahrung nach keine große Napoleonverehrung. Große Plätze oder Straßen, die nach ihm benannt wurden, findet man nicht. Da ist Charles de Gaulle wesentlich präsenter.

Ich vermute, dass das Datum mit dem 8. Dezember mehr oder weniger zufällig gewählt wurde. 220 Jahre sind zwar auch ein rundes Jubiläum, aber nicht so prominent im Vordergrund wie 200 oder 250 Jahre.
 
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