Österreich 1938 Anschluss oder Annektion?

Seldschuk

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In einer Volksabstimmung am 10. April votierten offiziell jeweils über 99 Prozent der Deutschen und Österreicher für den "Anschluß". Ja, Anchluss oder Annektion Österreichs? Was sagt ihr???
 
Meine Antwort wird mir unter den österreichischen Mitgliedern wohl wenig Sympathie einbringen, aber für mich sprechen die Bilder von 1938 eigentlich eine deutliche Sprache. Ich meine, die Östereicher waren in der weit überwiegenden Zahl zufrieden oder gar glücklich über den "Anschluß" und erst als der Krieg begann wackelten mehr und mehr. Als sich das "Kriegsglück" dann voll gegen das "Großdeutsche Reich" wendete, wurde aus dem Anschluß eine Annektion - oft sicher auch mit dem Hintergedanken sich so aus der Mitverantwortung herauszuwinden...
 
Arne schrieb:
Meine Antwort wird mir unter den österreichischen Mitgliedern wohl wenig Sympathie einbringen, aber für mich sprechen die Bilder von 1938 eigentlich eine deutliche Sprache.
Überhaupt nicht!!!! Jedes Land muss sich seiner Geschichte stellen, und Österreichs dunkelste Jahre begannen mit den Ereignissen des März 38. Durch Jubel und Zustimmung übernahmen die Menschen dieses Landes auch die Verantwortung für die Verbrechen dieses Regimes. Wer sich aus dieser historischen Verantwortung vieler Österreicher herrauswinden möchte ist ein unsäglicher Revisionist.

Arne schrieb:
Ich meine, die Östereicher waren in der weit überwiegenden Zahl zufrieden oder gar glücklich über den "Anschluß" und erst als der Krieg begann wackelten mehr und mehr. Als sich das "Kriegsglück" dann voll gegen das "Großdeutsche Reich" wendete, wurde aus dem Anschluß eine Annektion - oft sicher auch mit dem Hintergedanken sich so aus der Mitverantwortung herauszuwinden...

Dennoch möchte ich auch auf die vielen Menschen hinweisen, die mit den Ereignissen 38 ganz und gar nicht einverstanden waren. Auch aus eigener Familiengeschichte weiss ich, dass es viele österreichische Patrioten gab, die mit dem Anschluss alles andere als einverstanden waren. Die meisten haben geschwiegen, aus Furcht, aus Feigheit - ich wage nicht zu urteilen.

Kollektive Schuld gab es nicht, auch in Deutschland waren sehr, sehr viele mit dem Regime alles andere als einverstanden. Doch ist es müssig, daraus eine Absolution zu konstruieren. Wer sich zu einem Land bekennt - und ich für meinen Teil tue dies sehr gerne für mein Land - kann sich eben nicht nur die Rosinen der Geschichte herauspicken.
 
Rovere schrieb:
Überhaupt nicht!!!! Jedes Land muss sich seiner Geschichte stellen, und Österreichs dunkelste Jahre begannen mit den Ereignissen des März 38. Durch Jubel und Zustimmung übernahmen die Menschen dieses Landes auch die Verantwortung für die Verbrechen dieses Regimes. Wer sich aus dieser historischen Verantwortung vieler Österreicher herrauswinden möchte ist ein unsäglicher Revisionist.

Nun ja, die bewegten Bilder die man zu sehen bekommt, sprechen allerdings eine andere Sprache. :winke: Wenn man diese Bilder als Mass gebend erachtet, dann war die "Vereinigung" Österreichs mit dem DR ein Anschluss. :winke:
 
gibt es denn irgendjemanden, der auf ernst nehmbare weise behauptet, österreich sei ein annektierter opferstaat gewesen?
 
askan schrieb:
Ich habe (meist im Urlaub) häufiger solche Össterreicher getroffen.

Ein Überbleibsel eines bequemen Geschichtsmythos, der sich aus der Moskauer Deklaration ableitet und von dem sich auch das offizielle Österreich, wenn es in Museen, in Geschichtsbüchern (zumindest zu meiner Zeit) oder bei unterschiedlichen Anlässen um Worte ringt, noch nicht vollständig verabschiedet hat.

Ich glaube, es war Alfred Dorfer, der einmal die österreichischen und die deutschen Touristen recht passend verglichen hat: Die österreischischen Touristen sind nicht weniger schlimm als die Deutschen, sie sind nur weniger...
 
Seldschuk schrieb:
In einer Volksabstimmung am 10. April votierten offiziell jeweils über 99 Prozent der Deutschen und Österreicher für den "Anschluß". Ja, Anchluss oder Annektion Österreichs? Was sagt ihr???


Ich les mir bis nächstes Jahr mal die "Meinungen"... :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
heinz schrieb:
Halb zog er sie, halb sank sie hin, da wars um sie geschehn.:grübel:

Ist das die Version aus großdeutschen Lesebüchern? :confused:
Der Hesse Goethe dichtete so:
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn.
 
Mercy schrieb:
Ist das die Version aus großdeutschen Lesebüchern? :confused:
Der Hesse Goethe dichtete so:
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn.

Lieber Mercy,
nicht großdeutsch, sondern von mir umgedichtet. Es war beim Anschluss keine Sie die zog, sondern ein Er. Österrreich existiert heute noch, wird also immer noch gesehen, deswegen auch "um sie geschehn".
Ich weiß nicht, ob wir dasselbe Gedicht meinen, aber da hieß es: " Es war um ihn geschehn", oder mir ist ein anderes Gedicht in Erinnerung.:confused:
 
Seldschuk schrieb:
In einer Volksabstimmung am 10. April votierten offiziell jeweils über 99 Prozent der Deutschen und Österreicher für den "Anschluß".

Ich wage mal zu bezweifeln, dass die Bedingungen den Standards des nordkoreanischen Wahlsystems genügt hätten.

Aber Spaß beiseite:

Sicher war der "Anschluss" in Österreich populär. Schließlich hatte man 1919 schon einmal etwas ähnliches beschlossen. Ob die Nazis so populär gewesen wären, hätte man eine klare Vorstellung davon gehabt, was in Deutschland in den fünf vorangegangenen Jahren tatsächlich passiert war, wage ich zu bezweifeln. Sicher scheint mir hingegen, dass der "Anschluss" ein Meisterstück nationalsozialistischer Propaganda war.

Auffallend ist jedoch, wie das offizielle Österreich bis heute die Auseinandersetzung mit dieser Frage scheut, wie der Teufel das Weihwasser.
 
Albatros schrieb:
Auffallend ist jedoch, wie das offizielle Österreich bis heute die Auseinandersetzung mit dieser Frage scheut, wie der Teufel das Weihwasser.
Tut mir leid, diese Aussage ist Quatsch. Mit dem "Anschluss" wurde sich vor allem in den letzten 15 Jahren derart auseinandergesetzt dass kaum ein Aspekt noch nicht ausgelotet wurde.
Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands beschäftigt sich seit 1963 mit den Ursachen und Folgen des Jahres 38, allein im letzten Jahr, dem "Gedankenjahr" gabs unzählige Dokumentationen, Ausstellungen, Symposien die sich mit diesen Jahren auseinandersetzten.
Ich könnte da nun eine volle Linksammlung reinstellen oder Auszüge der Lehrpläne österreichischer Schulen raussuchen, aber da würde ich ja eine Holschuld erbringen.
 
"Auffallend ist jedoch, wie das offizielle Österreich bis heute die Auseinandersetzung mit dieser Frage scheut, wie der Teufel das Weihwasser."

Warum tut die österreichische Regierung dann so, als seien die Nationalsozialisten 1938 einfach so aus dem Nichts in Österreich aufgetaucht, hätten sieben Jahre gewütet und seien danach ebenso plötzlich wieder verschwunden?
 
Albatros schrieb:
"Auffallend ist jedoch, wie das offizielle Österreich bis heute die Auseinandersetzung mit dieser Frage scheut, wie der Teufel das Weihwasser."

Warum tut die österreichische Regierung dann so, als seien die Nationalsozialisten 1938 einfach so aus dem Nichts in Österreich aufgetaucht, hätten sieben Jahre gewütet und seien danach ebenso plötzlich wieder verschwunden?



Wir können gerne über die Leichen im Keller diskutieren, aber bitte konkret, ohne pauschale Aussagen.
 
Tatsache bleibt doch, dass die österreichische Bevölkerung ihrem Landsmann 1938 nicht nur in Wien zugejubelt hat.Die Versuche die Verantwortung für diese Herrschaft zu leugnen, hat vor der Geschichte keinen bestand. So viel ich weiß zog Eichmanns Familie 1914 von Solingen nach Österreich, wo er auch aufwuchs.:rolleyes:
 
Zuletzt bearbeitet:
heinz schrieb:
Tatsache bleibt doch, dass die österreichische Bevölkerung ihrem Landsmann 1938 nicht nur in Wien zugejubelt hat.Die Versuche die Verantwortung für diese Herrschaft zu leugnen, hat vor der geschichte keinen bestand. So viel ich weiß wurde Eichmann in Österreich geboren.:rolleyes:

Dann bist du falsch informiert: Eichmann wurde in Solingen geboren.

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/EichmannAdolf/

Wer will die Verantwortung leugnen? Noch einmal: Weniger Pauschalität wäre wirklich hilfreich für eine konstruktive Diskussion.
 
Schini schrieb:
Wer will die Verantwortung leugnen? Noch einmal: Weniger Pauschalität wäre wirklich hilfreich für eine konstruktive Diskussion.
Eine konstruktive Diskussion wird hier ja gar nicht angestrebt - es fehlt ja sowohl das Wissen als auch das Wissenwollen über die österreichische Geschichte im allgemeinen und die des 20. Jhdts. im besonderen.
Und wir können noch so oft ein Bekenntnis zur Verantwortung der Vergangenheit gegenüber abgeben, es wird ja ohnehin nicht wahrgenommen.

Schade.
 
Schini schrieb:
Dann bist du falsch informiert: Eichmann wurde in Solingen geboren.
http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/EichmannAdolf/
Wer will die Verantwortung leugnen? Noch einmal: Weniger Pauschalität wäre wirklich hilfreich für eine konstruktive Diskussion.

Liebe Schini,
wenn Du nicht so schnell mit der Antwort gewesen wärest, dann hättest Du mitbekommen, dass ich mich bezüglich von Eichmann berichtigt und festgestellt habe, dass er ab 1914 in Österreich aufgewachsen ist.:winke:
 
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