Paris-Geschütz

Stephan2

Gesperrt
wie war das im fraglichen Zeitraum bei der Schiffsartillerie? Wie oft konnte ein Geschütz schießen oder anders gefragt wie lang war seine "Lebensdauer" (bezogen auf die Schießleistung)?

und Danke für die weiteren Infos zu den Problemen bzw. artilleristischen Fragestellungen zu Wasser!

Hallo dekumatland,
ich bin leider unterwegs und muss mich auf mein schwaches Gedächtnis verlassen. Ich meine bei Schmalenbach steht, dass mit einer in Flandern eingesetzten 35 cm SK L/45 (vorgesehen für die Mackensen-Klasse) 576 Schuss abgefeuert wurden.

Im Forum Marinearchiv wurde die Lebensdauer neuerer Geschütze (WK II) diskutiert.

Extrembeispiel für schnellen Verschleiß sind wohl die Dora, wo schon nach 15 Schuss die Trefferlage schlechter geworden sein soll, bei einer geplanten Lebensdauer von 100 Schuss und das Paris-Geschütz, bei dem sich mit jedem Schuß das Kaliber vergrößert haben soll, sodass entsprechend gefertigte Granaten verwendet werden mussten. Bei diesem Geschütz war übrigens die Erdrotation mit einzukalkulieren.

Silesias informativer Bericht zur Feuerleitung hat mich veranlaßt, nach "Entfernungsunterschied" zu suchen, leider sind deutschsprachige Darstellungen eher rar, gefunden habe ich aber diesen, von Schmalenbach kommentierten Artilleriebericht der Scharnhorst vom Gefecht mit Glorious am 8. Juni 1940.
 
... und das Paris-Geschütz, bei dem sich mit jedem Schuß das Kaliber vergrößert haben soll, sodass entsprechend gefertigte Granaten verwendet werden mussten. Bei diesem Geschütz war übrigens die Erdrotation mit einzukalkulieren.[/I]
Nicht das Kaliber verändert sich, sondern ein gewisser Abbrand vergrössert das "Patronenlager" (ich weiss nicht, wie das bei der Schiffsartillerie genannt wird), dadurch entsteht mehr Volumen, resp. beim Abfeuern ein geringerer Druck. Was zu einer geringeren Anfangs-Geschwindigkeit führt - und somit zu einer geringeren Reichweite.

Die Erdrotation spiel dabei eine untergeordnete Rolle, weil sich die Erde mitsamt der Atmosphäre dreht.

Gruss Pelzer
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Nicht das Kaliber verändert sich, sondern ein gewisser Abbrand vergrössert das "Patronenlager" (ich weiss nicht, wie das bei der Schiffsartillerie genannt wird), dadurch entsteht mehr Volumen, resp. beim Abfeuern ein geringerer Druck. Was zu einer geringeren Anfangs-Geschwindigkeit führt - und somit zu einer geringeren Reichweite.

Die Erdrotation spiel dabei eine untergeordnete Rolle, weil sich die Erde mitsamt der Atmosphäre dreht.

Gruss Pelzer
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Mangels Originalquellen kann ich jetzt nicht überprüfen ob es stimmt. Aber in der Literatur wird erwähnt, dass für die Pariskanone Munition mit verschiedenen Kalibern (bzw. unterschiedlichen Führungsringen) mitgeführt wurde um die Rohrabnutzung auszugleichen, und dass bei der Flugbahnberechnung die Erdrotation mitberechnet wurde. Die Granate soll beim Höhepunkt ihres Fluges übrigens die Stratosphäre erreicht haben.
 
... und dass bei der Flugbahnberechnung die Erdrotation mitberechnet wurde. Die Granate soll beim Höhepunkt ihres Fluges übrigens die Stratosphäre erreicht haben.
Wenn das Geschoss tatsächlich bis in die Stratosphäre flog, so hat die Erdrotation durchaus einen Einfluss. Das würde auch die grosse Reichweite der Pariskanone etwas glaubhafter machen. Denn die Erde dreht sich bei der etwa drei Minuten Flugzeit einige Dutzend Kilometer. Nutzt allerdings nur, wenn man nach Westen schiesst ...

Gruss Pelzer
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Etwas derartiges habe ich auch schon gelesen.

ich glaube an der infotafel des Dioramas in der Wehrtechnischen Studiensammlung in Koblenz steht mehr dazu.. ich meine mich sogar an genaue Kaliberzahlen erinnern zu können. (also das die vermerkt waren in cm)
 
Die Erdrotation spielt schon bei Schüssen von wenigen Kilometern eine Rolle. Werden nur Schusstafeln verwendet, dann sind andere Fehler größer und erst bei Entfernungen jenseits von 20 km (Schätzung von mir) wird man auch bei Rechnungen von Hand ohne Erdrotation nicht gut ins Ziel finden. Wobei selbst dann abzuwägen ist, wie weit die Flächenwirkung der Artillerie nicht schon ausreicht bzw. durch Korrekturen einfacher herzustellen ist als durch längere Berechnung.

Die Flughöhe ist insofern wichtig dabei, wie sie zu einer vergrößerten Flugdauer führt. Und je länger der Flug der Granate, desto größer die Drehbewegung der Erde unter der Granate hinweg.
 
... Die Flughöhe ist insofern wichtig dabei, wie sie zu einer vergrößerten Flugdauer führt. Und je länger der Flug der Granate, desto größer die Drehbewegung der Erde unter der Granate hinweg.
jein - solange die Atmosphäre mitdreht, spielt die Erdrotation eigentlich keine Rolle. Erst wenn die Flugbahnen in die Stratosphäre führt, kommt die Rotation ins Spiel, wobei immer noch ein grosser Teil der Flugbahn unterhalb liegt.
Die meisten Geschütze feuern nicht wesentlich höher als 10-15'000 Meter. Bei deinen 20 Kilometern kaum höher als 8'000 Meter (Elevation bereits über 50°!). Grössere Höhen bedeuteten stärkere Ladungen und eine noch steilere Elevation - wozu?

Gruss Pelzer
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Zunächst einmal vielen Dank an die Moderation für die Abtrennung des Themas :winke::winke:.

Vor einigen Jahren habe ich mir das kleine Modell in der Wehrtechnischen Studiensammlung (WTS) in Koblenz angesehen. Bilder des Modells und der Beschreibung werde ich nach Möglichkeit am Wochenende in einem Album in meinem Profil einstellen.

Der Text der Ausstellung bestätigt den Eingangs verlinkten wiki-Artikel. Ich habe bisher als Abweichung nur das Maximal-Gewicht der Treibladungen gefunden, dass bei der WTS mit max. 300 kg angegeben wird.

Nicht ganz so deutlich wird in dem Artikel auch, dass die Flugbahn des Geschosses bewußt in die Stratosphäre verlagert wurde, um überhaupt die geforderte Reichweite von 120 km zu erreichen.

Die Entwicklung begann 1914 zunächst mit der aerodynamischen Optimierung der Geschoßform, mit der aber "nur" eine Schußweite von 49 km erzielt werden konnte.

Als nächstes erhöhte man das Volumen der Treibladung und Länge des Rohres um die Mündungsgeschwindigkeit zu steigern. Bei Schußversuchen in den oberen Winkelgruppen erkannte man, dass der Luftwiderstand mit zunehmender Höhe im stärker abnimmt und in ca. 40 km Höhe nahezu Null ist.

Daraufhin beschloss man sich diesen Effekt zu Nutze zu machen!

Nicht das Kaliber verändert sich, sondern ein gewisser Abbrand vergrössert das "Patronenlager" (ich weiss nicht, wie das bei der Schiffsartillerie genannt wird), dadurch entsteht mehr Volumen, resp. beim Abfeuern ein geringerer Druck. Was zu einer geringeren Anfangs-Geschwindigkeit führt - und somit zu einer geringeren Reichweite.

Dieser Beitrag orientiert sich am wiki-Beitrag Innenballistik, der sich allerdings nicht 1:1 auf Geschütze mit getrennter Munition übertragen läßt. Da Geschoß und Treibladung nicht fest miteinanderverbunden sind, muss das Geschoß den Ladungsraum noch vorne hin (zur Mündung) möglichst gasdicht abschließen. Dazu wird das Geschoß förmlich in das Rohr gerammt.

Beim Parisgeschütz reichte nicht einmal diese Standard-Methode. Man brachte zusätzlich zu den Kupferführungen Stahlführungen am Geschoss an und schraubte es mit Hilfe von Stahlwarzen ins Rohr.

Anschließend beschleunigte man es innerhalb von ca. 30 m auf 5-fache Schallgeschwindigkeit. Das dabei Züge und Felder extrem verschleißen ist wohl leicht einsehbar.

Die Erdrotation spiel dabei eine untergeordnete Rolle, weil sich die Erde mitsamt der Atmosphäre dreht.

jein - solange die Atmosphäre mitdreht, spielt die Erdrotation eigentlich keine Rolle. Erst wenn die Flugbahnen in die Stratosphäre führt, kommt die Rotation ins Spiel, wobei immer noch ein grosser Teil der Flugbahn unterhalb liegt.

Richtig an diesem Gedankengang ist, dass zum Zeitpunkt des Abschusses Geschoss und Abschussort die gleiche Geschwindigkeit Richtung Osten aufweisen, nämlich X km/h pro Stunde.

Da das Geschoß aber mit einem gewissen Abstand zur Erdoberfläche fliegt, wählt es die längere Außenbahn. Um mit der Erdoberfläche mitzuhalten, d. h. die gleiche Winkelgeschwindigkeit (grad / sec) zu haben, müßte es seine Geschwindigkeit erhöhen, der Weg auf der Außenbahn einer Kurve ist nun mal länger. Es verfügt aber nur über die Ausgangsgeschwindigkeit und fällt damit hinter den Abschussort zurück.

Das würde auch die grosse Reichweite der Pariskanone etwas glaubhafter machen.
Die Abschussstellen sind bekannt und die Opfer auch, allein hier fielen 88 Menschen einem Geschoß zum Opfer. Am 29. März 1918, einem Karfreitag!

Wir diskutieren hier nicht über ein Projekt oder eine Fiktion. Das Paris-Geschütz war blutige Realität.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nicht ganz so deutlich wird in dem Artikel auch, dass die Flugbahn des Geschosses bewußt in die Stratosphäre verlagert wurde, um überhaupt die geforderte Reichweite von 120 km zu erreichen.
Ballistische Kurve - die Physik gibt die Flugbahn vor. Um eine solch grosse Reichweite zu erlangen, muss entsprechend „in die Höhe“ geschossen werden. Die maximale Höhe entspricht in der Regel etwa einem Drittel der Schussdistanz, in dem Fall also um die 40 Kilometer. Für eine flachere Flugbahn würde man eine wesentlich stärkere Ladung benötigen.

Die Abschussstellen sind bekannt und die Opfer auch, allein hier fielen 88 Menschen einem Geschoß zum Opfer. Am 29. März 1918, einem Karfreitag!

Wir diskutieren hier nicht über ein Projekt oder eine Fiktion. Das Paris-Geschütz war blutige Realität.
Es soll im Krieg auch schon mal gelogen worden sein! :grübel:
Es war damals in St-Gervais-St-Protais gar nicht so einfach zu bestimmen, woher der Schuss kam. Es gab viele Kanonen in der Gegend, nicht nur das weitentfernte „Paris-Geschütz“. Die Granate war überdies (am Einschlagort) eine ganz gewöhnliche Artilleriegranate, eine eher kleine, wie sie täglich zu tausenden verschossen wurde.
Die Aussagen der deutschen Propaganda sind da nicht unbedingt ein Beweis.

Gruss Pelzer
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Es soll im Krieg auch schon mal gelogen worden sein! :grübel:
Es war damals in St-Gervais-St-Protais gar nicht so einfach zu bestimmen, woher der Schuss kam. Es gab viele Kanonen in der Gegend, nicht nur das weitentfernte „Paris-Geschütz“. Die Granate war überdies (am Einschlagort) eine ganz gewöhnliche Artilleriegranate, eine eher kleine, wie sie täglich zu tausenden verschossen wurde.
Die Aussagen der deutschen Propaganda sind da nicht unbedingt ein Beweis.

Gruss Pelzer
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War Paris den damals in der Reichweite gewöhnlicher Artillerie? Der Zweck dieser Übung war es ka gerade die Stadt beschiessen zu können obwohl man ausser Reichweite war.

Die Granaten der Paris-Kanonen hatten ja einen relativ kleinen Kaliber von "nur" 21 cm und eine absurd kleine Sprengladung von gerade einmal 7 Kg. Im Ziel (wenn sie krepierten) waren die wohl kaum von "gewöhnlichen" Granaten zu unterscheiden. Und wenn es ein anderes Geschütz gewesen wäre, dann vermutlich eines der großen Brummer im Kaliber 30,5 o.Ä die ja ganz ordentliche Reichweiten hatten und als Eisenbahngeschütze im Gebrauch waren.
 
War Paris den damals in der Reichweite gewöhnlicher Artillerie? Der Zweck dieser Übung war es ka gerade die Stadt beschiessen zu können obwohl man ausser Reichweite war.
Stimmt - die Front war zu der Zeit gut 120 km von Paris entfernt.

Die englische Wiki-Seite enthält eine Karte dazu:
Paris Gun - Wikipedia, the free encyclopedia
Hier sieht man auch gut die ballistische Haube auf der stumpfen Gusseisen-Granate. Diese musste ja wegen des hohen Drucks mein Abschuss sehr stabil sein. So stabil, dass kaum mehr Platz für Sprengstoff blieb.

Gruss Pelzer
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jein - solange die Atmosphäre mitdreht, spielt die Erdrotation eigentlich keine Rolle. Erst wenn die Flugbahnen in die Stratosphäre führt, kommt die Rotation ins Spiel, wobei immer noch ein grosser Teil der Flugbahn unterhalb liegt.
Die meisten Geschütze feuern nicht wesentlich höher als 10-15'000 Meter. Bei deinen 20 Kilometern kaum höher als 8'000 Meter (Elevation bereits über 50°!). Grössere Höhen bedeuteten stärkere Ladungen und eine noch steilere Elevation - wozu?

Gruss Pelzer
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Für die FH155-1 berücksichtigt die einfache Schusstafel die Flugdauer nur vereinfacht, d.h. die Erdrotation geht nur linear ein -> Rechnung von Hand ist einfach. Schusstafeln enthalten neben Berechnungen vor allem auch Ergebnisse von Testschüssen.

Schon bei der Berechnung mit dem HP-41 wird mindestens für die volle Treibladung mit der Erdrotation gerechnet, zumindest habe ich das damals aus der unterschiedlichen Größe der beiden Programme geschlossen.

Und bei der Berechnung mit dem Feuerleitrechner Falke (ein Röhrenrechner!) wurde immer mit Erdrotation gerechnet.

Mit der Feldhaubitze wurde damals mit maximal 24 km Schussentfernung gerechnet, die maximale Höhe waren so um die 6 km (u.a. für Gefechtsfeldbeleuchtung).
 
Mit der Feldhaubitze wurde damals mit maximal 24 km Schussentfernung gerechnet, die maximale Höhe waren so um die 6 km (u.a. für Gefechtsfeldbeleuchtung).
Eine Haubitze schiesst ja vor allem in der oberen Winkelgruppe. Dabei geht es nicht um Weitschüsse, sondern eher um verdeckte Ziele. Und da erreicht man natürlich wesentlich grössere Höhen. 10-12'000 Meter sind da ganz normal - jedenfalls bei den Geschützen, die ich kenne.

Mit der Gefechtsfeldbeleuchtung hat das wenig zu tun. Die Leuchtgranaten detonieren ja in bloss etwa 1'000 Meter Höhe. Höher nützt nix, da ja das Gefechtsfeld und nicht der Nachthimmel beleuchtet werden soll.

Gruss Pelzer
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Für die FH155-1 berücksichtigt die einfache Schusstafel die Flugdauer nur vereinfacht, d.h. die Erdrotation geht nur linear ein ...
Die Auswirkung der Erdrotation ist ja direkt Abhängig von der Schussrichtung, dem Azimaut. Und das kann eine Schusstafel doch nicht berücksichtigen. Oder irre ich mich da?

Gruss Pelzer
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Eine Haubitze schiesst ja vor allem in der oberen Winkelgruppe.
Eine Haubitze kann sowohl in der oberen wie auch der unteren Winkelgruppe schießen. Mörser nur oben und Kanonen nur unten.

Mit der Gefechtsfeldbeleuchtung hat das wenig zu tun. Die Leuchtgranaten detonieren ja in bloss etwa 1'000 Meter Höhe. Höher nützt nix, da ja das Gefechtsfeld und nicht der Nachthimmel beleuchtet werden soll..
Steil geschossene Leuchtgranaten haben während ihrer Leuchtzeit aber eine geringere seitliche Bewegung. Meist hängt die Bewegung aber nur noch von Wind und Fallschirm ab.

Die Auswirkung der Erdrotation ist ja direkt Abhängig von der Schussrichtung, dem Azimaut. Und das kann eine Schusstafel doch nicht berücksichtigen. Oder irre ich mich da?
Dafür gibt es die Schusswerteverbesserung in weiteren Tabellen. Vgl. Feuerleitrechner BUM.
 
Stimmt - die Front war zu der Zeit gut 120 km von Paris entfernt.
angesichts dieser Entfernung stellt sich die Frage, von wo aus Paris beschossen (und die Innenstadt getroffen) wurde -- die gewaltige Lagerfestung Paris war ein gigantischer Fortgruppenring weit außerhalb der Stadt selber (z.B. Versailles war innerhalb des Festungsrings), d.h. es mussten Entfernungen von gut 20-30km gewesen sein, wenn weder das Parisgeschütz eingesetzt wurde noch die Beschießer in die Nähe der Festungsanlagen kamen
 
Solwac,



das würde ich so nicht sagen , denk mal an die M 107 !
Ja, mit +65° kann sehr weit nach oben gerichtet werden und trotzdem ist die M107 als Kanone einsortiert. Ich weiß aber nicht genug über den Einsatz, vielleicht ist es nur ein Zufall aufgrund der Verwendung des Fahrgestells der M110.

Trotzdem halte ich die von mir gegebene Definition für sinnvoll. Kanonen und ihre Geschosse sind nicht für Steilfeuer gedacht. Das schließt natürlich nicht die +65° aus.
 
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