Perücke(nlosigkeit) & Mentalität

toyasch

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Guten Tag

Ich schreib für mein Kulturwissenschafts-Studium eine Arbeit über den Wandel der Perückenmode im Vergleich zu einer epochenspezifischen Mentalität und komme nun beim Mittelalter nicht weiter.
Insgesamt war diese Epoche ja einer Zeit der Perückenlosigkeit, es gibt ein Verbot von 672 n.Chr.
Aber kann mir irgendjemand bitte helfen, wie dieser "Wunsch zur Natürlichkeit" mit der damaligen Mentalität des Volkes in Verbindung gebracht werden kann? Hängt das mit der starken Religiosität zusammen? Oder woher kommt das Verbot und wieso kommt es?

Ich hab schon einige Bücher über die mittelalterliche Mentalität gelesen, aber dafür kann ich irgendwie echt keine sinnvolle Erklärung finden :cry:

Ich wäre total dankbar für ein paar Antworten oder Überlegungen von euch...

Grüss euch
 
Vielleicht ist der Grund für die perückenlosigkeit des Mittelalters ja viel banaler?

Die Frisurenmode des Mittelalters war ja nun nicht so phantasievoll - wozu hätte man denn Perücken gebraucht?

Frauen waren ja meist "vollverpackt" mit Haube, Schleier, Gebende und sonstwas und bei den Männern scheint volles Haar nun auch nicht sooo notwendig gewesen zu sein (wenn man mal von den wallenden Löckchen der schmachtenden Jünglinge in Manesse und Co. absieht)

Mode ist etwas das sich nicht immer rational und wissenschaftlich erklären lässt - es ist eben Mode...
 
Korinther 11,6 kennst Du?

Wenn eine Frau kein Kopftuch trägt, soll sie sich doch gleich die Haare abschneiden lassen. Ist es aber für eine Frau eine Schande, sich die Haare abschneiden oder sich kahl scheren zu lassen, dann soll sie sich auch verhüllen.
 
Zumindest manche Frisuren, ohne Hauben, gab es ja auch, wenn ich mich recht entsinne.

Ich würde es wenn dann für ein bisschen von dreiem halten - also Wohlanständigkeit, praktische Aspekte (nicht verstaubte Haare), Mode (schöne Hauben - aus damaliger Sicht).


Ja, exklusiv wurde das nie durchgesetzt. Ich wüsste (auf die Schnelle) keine Zeit und keinen Ort in der christlichen Geschichte wo das auf die gesamte weibliche Bevölkerung übertragen wurde. Die Umsetzung fand lediglich bei denen statt, die "den Schleier" nahmen.

Wobei es aber natürlich durchaus als etwas zu sehen ist das für das gesamte Mittelalter prägend war: Die gelehrte Minderschätzung des Körperlichen.
 
Das klingt mir wieder weit her geholt, zumindest wenn ich mir die spätmittelalterliche Mode und die Hervorhebung von Geschlechtsmerkmalen anschaue.:still:

Deshalb schrieb ich ja "gelehrte Minderschätzung". Ist durchaus alles durchdacht, auch wenn es aus einem blondem nicht-beperücktem und unverschleiertem Köpfchen kommt. ;)
Natürlich ist das wie bei fast allen theoretischen Dingen dass die Umsetzung in der Lebenswirklichkeit etliche Kompromisse erfordert da der Mensch nun mal andere Akzente in seinem Leben setzen möchte.
 
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Ist durchaus alles durchdacht, auch wenn es aus einem blondem nicht-beperücktem und unverschleiertem Köpfchen kommt. ;)

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Natürlich ist das wie bei fast allen theoretischen Dingen dass die Umsetzung in der Lebenswirklichkeit etliche Kompromisse erfordert da der Mensch nun mal andere Akzente in seinem Leben setzen möchte.
1. Ohne Perücke, ohne Haube? :nono: :rofl:

2. Deswegen regt man sich doch so gern auf, weil man damit Akzente setzen kann. :winke:

Was sagten denn die gelehrt, minderschätzenden Herren zu den Kirchenbildern mit den Marienabbildungen, wo doch eindeutig auf die Gebärfreudigkeit (Schwangerschaftsbauch dank gotischem Modeideal) gezeigt wird und die Herren auch in ihrer Nacktmode, Typ: hauteng, des 15.Jh. rumsprangen?
 
Was sagten denn die gelehrt, minderschätzenden Herren zu den Kirchenbildern mit den Marienabbildungen, wo doch eindeutig auf die Gebärfreudigkeit (Schwangerschaftsbauch dank gotischem Modeideal) gezeigt wird und die Herren auch in ihrer Nacktmode, Typ: hauteng, des 15.Jh. rumsprangen?

Ich mache mir gerne mal in nächster Zeit die Mühe, allerdings bekomme ich jetzt so eine Sammlung von Lehrmeinungen nicht aus dem Effeff hin. Die Grundtendenz ist ja bereits vorgezeichnet, für konkrete Zitate müsste ich tiefer einsteigen.

Aber vielleicht macht sich jemand anderes die Mühe.
 
Ich habe ja auch manchmal meine Theorien. Mode hängt ja schon mit dem Lebensgefühl zusammen. Man denke an die Directoiremode. Die Überlebenden freuten sich, dass sie dem Unbestechlichen und seiner Tugendauffassung entkommen waren und dann wurde das, was man an Vergnügungen in der dunklen Zeit des Terreur nicht genießen konnte, in den angesagten Szeneschuppen nachgeholt. Es wurde viel getanzt, die Sitten lockerer und die Kleider der Damen durchsichtig und frivol, während aber auch die Herrenkleidung z.T. extrem figurbetont, v.a. bei den Hosen wurde.
Ich hatte auch schonmal gedacht, ob nicht die etwas schamlose Kleidung des späten Mittelalters auch ein wenig daher rührt, dass man nun, da man froh war den Schrecken (der Pest z.B.) entronnen zu sein, ähnlich gewisse Schranken fallen ließ. Jedenfalls scheint mir im Spätmittelalter ein ziemlicher modischer Sprung. Bei der Herrenkleidung gab es m.E. abgesehen vom Übergang von Wams zu Justaucorps und Weste, kaum so ein Wandel wie der zwischen dem weiten, fließenden Surcot und den engen Wämsern.
 
Irgendwo habe ich mal vor längerer Zeit gelesen dass es in Venedig ein Gesetz gegen Perücken gab. als Hauptbegründung diente der übermäßige Läusebefall eines solch haarigen Kopfputzes.
 
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