Politische Gefangene auch in der BRD?

Barbarossa

Aktives Mitglied
Daß es in Diktaturen, z.B. der DDR politische Gefangene gab ist allgemein bekannt.
Ich habe nun vor Kurzem die Meinung geäußert, daß es in einer funktionierenden Demokratie, wie der Bundesrepublik auf Grund der demokratischen Verfassung ( bzw. Grundgesetz ) keine politischen Häftlinge geben kann. Jemand wiedersprach mir und behauptete, daß es auch
in der BRD schon politische Gefangenen gab. Nun möchte ich es genau wissen und frage:
Weiß jemand etwas darüber?
 
Barbarossa schrieb:
Daß es in Diktaturen, z.B. der DDR politische Gefangene gab ist allgemein bekannt.
Ich habe nun vor Kurzem die Meinung geäußert, daß es in einer funktionierenden Demokratie, wie der Bundesrepublik auf Grund der demokratischen Verfassung ( bzw. Grundgesetz ) keine politischen Häftlinge geben kann. Jemand wiedersprach mir und behauptete, daß es auch
in der BRD schon politische Gefangenen gab. Nun möchte ich es genau wissen und frage:
Weiß jemand etwas darüber?


Soll das schon wieder ein politischer BRD-DDR-Vergleich werden?

Ich möchte auf diese Bekanntmachung hinweisen:

http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=185420&postcount=8

Es handelte sich ausnahmslos um Diskussionen zum Thema "DDR". Offenbar kochen bei diesem Thema regelmäßig Emotionen hoch, die eine sachliche Diskussion verunmöglichen. Wir sehen uns gezwungen, von nun an restriktiver vorzugehen. Das heißt:

[...]

- Die Neueröffnung von Themen mit demselben Inhalt wie die gelöschten wird ungern gesehen und ggf. mit Schließung, Verwarnungen oder weiteren Maßnahmen geahndet.

[...]

Sollten diese Maßnahmen Früchte tragen, sehen wir die Chance, in Zukunft wieder problemlos DDR-Themen zuzulassen.
 
Nachtrag

Nein, das hat nichts mit irgend einem Vergleich zu tun. Ich wollte nur wissen, ob es in der Geschichte der Bundesrepublik ( z. B. in der Frühzeit - etwa 50er oder 60er Jahre ) irgendwelche Fälle gab.
Die Rubrik heißt doch "BRD/DDR" - oder?
Also gut, ein Aufruf von meiner Seite: Ich bitte um Sachlichkeit bei dieser Frage.:cool:
 
Eine Definition könnte dabei helfen:

Amnesty International schrieb:
Amnesty International betrachtet alle diejenigen als ”gewaltlose, politische Gefangene”, die wegen ihrer politischen, religiösen oder anderen geistigen Überzeugungen, aufgrund ihrer ethnischen Abstammung, ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe oder ihrer Sprache, ihrer nationalen oder sozialen Herkunft, ihres wirtschaftlichen Status, ihrer Geburt oder eines anderen Statuts inhaftiert oder anderweitig in ihrer Freiheit beschränkt sind, - vorausgesetzt, sie haben Gewalt weder angewendet noch befürwortet. Amnesty International setzt sich für die bedingungslose und sofortige Freilassung gewaltloser, politischer Gefangener ein. Amnesty International benutzt den Ausdruck ”politische/r
Gefangene/r
”, um damit Inhaftierte zu bezeichnen, deren Fälle durch ein starkes politisches Element charakterisiert sind, so etwa, wenn Straftaten aus politischen Motiven oder in einem klaren politischen Kontext begangen wurden. Amnesty International fordert nicht die Freilassung aller politischen Gefangenen nach dieser Definition, noch verlangt es von den Regierungen, diesen Gefangenen einen Sonderstatus einzuräumen. Amnesty International setzt sich allerdings dafür ein, dass alle politischen Gefangenen einen fairen Prozess in Einklang mit internationalen Normen erhalten, und Amnesty International wendet sich gegen die Folter und grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung in allen Fällen – auch in unpolitischen – ohne Einschränkung.
 
Barbarossa schrieb:
Nein, das hat nichts mit irgend einem Vergleich zu tun. Ich wollte nur wissen, ob es in der Geschichte der Bundesrepublik ( z. B. in der Frühzeit - etwa 50er oder 60er Jahre ) irgendwelche Fälle gab.

Das ist eine Frage des politischen Blickwinkels.
Sowohl extreme Linke wie extreme Rechte bezeichneten - und bezeichnen heute noch - ihre inhaftierten Kameraden als "politische Gefangene".
 
Nun es hat einige wenige Fälle von Verurteilungen wegen Spionage
auch in der BRD gegeben.
Und auch Nazi - Verbrechen wurden abgeurteilt.

Soll man das nun unter politischen Straftaten einordnen ?
 
hyokkose schrieb:
Das ist eine Frage des politischen Blickwinkels.
Sowohl extreme Linke wie extreme Rechte bezeichneten - und bezeichnen heute noch - ihre inhaftierten Kameraden als "politische Gefangene".

wird die definition von ai zugrunde gelegt, fallen die ohnehin raus- gewaltlosigkeit wird wohl weder ein sympathisant der RAF noch ein (Neo)Nazi beanspruchen können.

Aber wie wärs mit Mitglieder der KPD nach 1957 (Jahr des Partreiverbots in der BRD), die sich persönlich keinerlei Gewalttaten haben zuschulden kommen lassen?

zum Beispiel: http://www.infopartisan.net/archive/kpd_verbot/kpd6.html

PS: Die Nazis wurden nicht wegen ihrer Ideologie, sondern wegen nachweisbarer Verbrechen verurteilt (oder eben auch nicht).
 
Zuletzt bearbeitet:
hyokkose schrieb:
Das ist eine Frage des politischen Blickwinkels.

Ein herzhaft entschlossenes Jein. Es ist auch eine Frage des Blickwinkels. Als politische Gefangene möchte ich auch zb Augstein und Ahlers seinerzeit (SPIEGEL-Affäre) bezeichnen - da war etwas veröffentlicht worden, was insbesondere einem Politiker arg mißfiel.
 
Saint-Just schrieb:
PS: Die Nazis wurden nicht wegen ihrer Ideologie, sondern wegen nachweisbarer Verbrechen verurteilt (oder eben auch nicht).

Wegen seiner Ideologie wurde niemand verurteilt.

Verurteilt wurde man allenfalls für illegale Aktivitäten.
 
Hier heißt es, daß gegen Josef Angenfort "wohl das erste Zuchthausurteil eines deutschen Gerichts wegen einer politischen Straftat nach 1945" gefällt worden sei.
 
Treibsand schrieb:
Nun es hat einige wenige Fälle von Verurteilungen wegen Spionage auch in der BRD gegeben.
Soll man das nun unter politischen Straftaten einordnen ?

Das liegt daran, dass Spionage in Deutschland (wie auch in so ziemlich jedem anderen Land er Welt auch) als Verbrechen angesehen wird.

Ich zitiere aus dem StGB:

§ 94
Landesverrat

(1) Wer ein Staatsgeheimnis
1.
einer fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner mitteilt oder
2.
sonst an einen Unbefugten gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht, um die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen,
und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1.
eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung von Staatsgeheimnissen besonders verpflichtet, oder
2.
durch die Tat die Gefahr eines besonders schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.


Mit "politischen Straftaten" hat das überhaupt nichts zu tun, selbst wenn einer aus ideologischen Gründen Spionage betreibt. Wenn jemand in Deutschland (oder A, CH) einen anderen aus politischen Gründen ermordet, bleibt das auch ganz klar Mord und kein politisches Delikt.


Jacobum
 
Zuletzt bearbeitet:
Ingeborg schrieb:
Ein herzhaft entschlossenes Jein. Es ist auch eine Frage des Blickwinkels. Als politische Gefangene möchte ich auch zb Augstein und Ahlers seinerzeit (SPIEGEL-Affäre) bezeichnen - da war etwas veröffentlicht worden, was insbesondere einem Politiker arg mißfiel.

Das waren keine politische Gefangene, sie saßen in Untersuchungshaft und mußten auf richterliche Anordnung wieder auf freien Fuß gesetzt werden; nicht zur Freude derer, die das veranlasst hatten.
 
Jacobum schrieb:
Mit "politischen Straftaten" hat das überhaupt nichts zu tun, selbst wenn einer aus ideologischen Gründen Spionage betreibt. Wenn jemand in Deutschland (oder A, CH) einen anderen aus politischen Gründen ermordet, bleibt das auch ganz klar Mord und kein politisches Delikt.
Das ist mir etwas zu pauschal, mein Lieber.
Ich verweise darauf, das in der DDR die politischen Straftaten auch
" ganz normal " in das Strafgesetzbuch integriert waren und damit
die politisch Straffälligen ganz einfach kriminalisiert wurden.

Wenn einer aus polit. Motiven heraus für einen anderen Staat spioniert,
so ist das m.E. dann eine politische Straftat.

Wir haben hier das Phänomen , das die spätere Bewertung zur
Umklassifizierung führt. Nenn es meinetwegen Siegerjustiz.
 
Aber im Gegensatz zu einem Strafrecht, dass Regimekritik unter Strafe stellt bzw. zu deren Unterdrückung dient, ist Mord ein weltweit ziemlich anerkannter Straftatbestand, ebenso wie Spionage (Haager Landkriegsordnung, Völkerrechtl. Verträge, Völkergewohnheitsrecht).

So, und nun wieder zurück zu den gewaltfreien, politischen Gefangenen in der BRD...
 
Ein anderes Beispiel:

An die 30 000 westdeutsche Teilnehmer an den 3. Weltfestspielen in Berlin (DDR) 1951 mußten illegal in die DDR einreisen. Bei ihrer Rückkehr wurden meines Wissens viele festgenommen. Der link http://www.weltfestspiele.at/ beschreibt leider nur die Einreise. Ich erinnere mich aber, über die Festnahmen an mehreren Stellen gelesen zu haben. Vielleicht kennt einer den link? Der Fall würde wohl alle Anforderungen an die Definition von politischen Gefangenen erfüllen.

Die Definition von ai benennt auch schon eine Einschränkung der Freiheit aus politischen Gründen (nicht erst Verurteilung und Gefängnis). Damit könnte man den betroffenen Personenkreis noch sehr viel weiter ziehen.
 
saxo schrieb:
Ein anderes Beispiel:

An die 30 000 westdeutsche Teilnehmer an den 3. Weltfestspielen in Berlin (DDR) 1951 mußten illegal in die DDR einreisen. Bei ihrer Rückkehr wurden meines Wissens viele festgenommen. Der link http://www.weltfestspiele.at/ beschreibt leider nur die Einreise. Ich erinnere mich aber, über die Festnahmen an mehreren Stellen gelesen zu haben. Vielleicht kennt einer den link? Der Fall würde wohl alle Anforderungen an die Definition von politischen Gefangenen erfüllen.

Die Definition von ai benennt auch schon eine Einschränkung der Freiheit aus politischen Gründen (nicht erst Verurteilung und Gefängnis). Damit könnte man den betroffenen Personenkreis noch sehr viel weiter ziehen.

Wäre nett, wenn du das auch belegen könntest, und das vor allem mit einer weniger tendenziösen Website. So lieb die Leute vom Faust auch sein können...

Ich denke nicht, dass "Einschränkung der Freiheit" eine hinreichend genaue Beschreibung der Situation von "politischen Gefangenen" ist. Belassen wir es bei Haft, das ist sinnvoll.
 
Na gut, Du siehst das mit der politischen Freiheit etwas lockerer; man muß also schon in Haft sein... Ich werde sicher dran denken, wenn wir mal wieder ein gewisses anderes Land behandeln... :devil:

Die angezweifelte Objektivität einer Seite ist ein Totschlagargument. Da hab ich mir nun extra eine nicht-deutsche Seite rausgesucht! Auf einer Schweizer stand übrigens ganz ähnliches. Du kannst natürlich auch diese abenteuerliche Geschichte http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion.html?guid=XZB13B glauben...

Aber vielleicht gibt Dir dieser link was? http://de.wapedia.eu/Philipp_M%C3%BCller Hierbei besonders der letzte Satz der ersten Seite. Es handelte sich um Demonstranten; Gewalt durch sie ist nicht bekannt.
 
Dir ist schon klar, dass wir hier über ideologische Differenzen sprechen? Links/rechts? Nicht: ein Land parteiisch, das andere neutral? Auch wenn es beim großen Bruder nicht so auffällt, aber im Schnitzelland sind die Gräben tief, und da nimmt es keine Seite so genau, womit sie ihre Seite vertritt, auch nicht meine Kollegen vom KSV und der Faust.

Ein Gefangener ist inhaftiert, so die Definition. Wir sprechen hier über politische Gefangene und nicht die Einschränkung von persönlichen Freiheiten und Menschenrechten. Das ist ein anderes, viel weiteres Kapitel, das anderswo diskutiert werden kann.

Ja, wem soll man jetzt glauben? Die Bundeszentrale für politische Bildung sei eine abenteuerliche Quelle, aber auch sonst finde ich keine Hinweise darauf, dass Westdeutsche nach der Rückreise festgenommen wurden, nicht einmal von der linken Seite. Mich würde es ehrlich interessieren, finde aber keine Quellen dafür, dass jemand nach den Weltfestspielen aus politischen Gründen in Haft genommen wurde. Ich wäre schon zufrieden, wenn du irgendeine Quelle nennen würdest, die wir uns ansehen können.

Philipp Müller, Benno Ohnesorg, Ernst Kirchweger, Carlo Guliani - all diese Fälle sind zu verurteilen, aber was haben sie mit politischen Gefangenen zu tun?

Also wieder zurück zum Thema...
 
BfpB schrieb:
Die DDR sollte sich der ganzen Welt als vorbildlicher sozialistischer Staat präsentieren. Die 26.000 Gäste aus 104 Ländern kamen unter anderem in Genuss einer achtstündigen Demonstration gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik. Der sozialistische Personenkult erblühte, und der junge Staat schmückte sich mit namhaften Persönlichkeiten wie den Schriftstellern Pablo Neruda oder Martin Andersen Nexö. Die Ehrengäste waren sicher nicht von jenen Versorgungsengpässen betroffen, die den provisorischen West-Berliner Suppenküchen regen Zulauf bescherten. Auf Einladung des regierenden Bürgermeister Ernst Reuter kamen die Jugendlichen in die West-Sektoren, sehr zum Unmut des FDJ-Vorsitzenden Erich Honecker. Er setzte FDJler nach Westen in Bewegung, die sich Straßenschlachten mit der West-Berliner Polizei lieferten.

Interessant Saxo, aber wo steht da etwas zu politischen Gefangenen?
Ich lese das so, daß da jemand ins Schwitzen kam, weil er als Vorbildstaat seine Gäste nicht satt bekam :pfeif:
 
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