Politischer Niedergang des Rittertums

celtic

Neues Mitglied
Hallo,

im Zuge des Niedergangs des Rittertums hat es ja auch einen speziell politischen Niedergang gegeben, also eine politische Bedeutungslosigkeit, die womöglich durch das Erstarken der Städte und die Konkurrenz zum Bürgertum entstanden ist.
Mir fehlen aber in diesem Zusammenhang genauere Informationen und Quellen, und würde mich daher freuen wenn jemand ein paar Informationen oder den ein oder anderen Literaturtipp zu diesem Thema hat. Der generelle politische Einfluss des Rittertums vor dem Niedergang ist mir auch nicht ganz klar, die Ministerialien und belehnten Ritter als Landesherren hatten sicherlich einen gewissen Einfluss, oder? Wie genau dieser Einfluss abgenommen und verschwunden ist würde mich interessieren.

mfg
 
Hallo Celtic,

celtic schrieb:
... im Zuge des Niedergangs des Rittertums hat es ja auch einen speziell politischen Niedergang gegeben, also eine politische Bedeutungslosigkeit, die womöglich durch das Erstarken der Städte und die Konkurrenz zum Bürgertum entstanden ist.
Mir fehlen aber in diesem Zusammenhang genauere Informationen und Quellen, und würde mich daher freuen wenn jemand ein paar Informationen oder den ein oder anderen Literaturtipp zu diesem Thema hat. Der generelle politische Einfluss des Rittertums vor dem Niedergang ist mir auch nicht ganz klar, die Ministerialien und belehnten Ritter als Landesherren hatten sicherlich einen gewissen Einfluss, oder? Wie genau dieser Einfluss abgenommen und verschwunden ist würde mich interessieren.

einiges wurde bereits in parallelen Themen hier im Forum angesprochen, genannt und diskutiert; da findest Du schon einmal wichtige Punkte dazu.
Wir müssen uns dabei auch vor Augen halten, daß etliche Faktoren ineinander griffen bzw. einander wechselseitig bedingten.
Literatur: In Andreas Schlunk/Robert Giersch "Die Ritter", dem Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz in Speyer vom 30.03. - 16.10. 2003, wird in kurzen, aber sehr prägnanten Abschnitten, recht gut darauf eingegangen.

Viele Grüße

Timo
 
Hallo timotheus :)

Mir liegt von dem genannten Buch leider nur der Abschnitt von Ernst Englisch und Karl Vocelka, "Das europäische Rittertum des Hoch- und Spätmittelalters. Lebensform, Aufstieg und Krise einer Elite" vor, in diesem wird zwar tatsächlich recht prägnant auf einige Aspekte des Niedergangs des Rittertums eingegangen, der politische Niedergang ist allerdings mit dem kurzen Verweis auf den "Funktionsverlust des Adels" nach der Pest meiner Meinung nach etwas stiefmütterlich behandelt :).
Ich habe mich etwas weitergebildet und bin auf Schlagworte wie das Erstarken des Bürgertums und der Monarchie (König Sigismund 1410) sowie die Umwandlung vom Lehnsstaat in einen Beamtenstaat gestoßen, aber genauere und vor allem konkrete Ausführungen fehlen mir leider :( Vor allem sehe ich teilweise Widersprüche, da das Rittertum (zumindest Anfangs) ja durchaus in die Stadtverwaltung eingebunden war und sozusagen neben dem Bürgertum seine politische Macht ausübte....
 
celtic schrieb:
... der politische Niedergang ist allerdings mit dem kurzen Verweis auf den "Funktionsverlust des Adels" nach der Pest meiner Meinung nach etwas stiefmütterlich behandelt...

Ich habe jetzt mehrmals versucht, die ökonomische Krise des Rittertums als Ausgangspunkt für den politischen Abstieg in einen Text zu fassen, aber Marbods Beitrag in einem Parallelthema bringt es mE am besten auf den Punkt.
Siehe also http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=94825&postcount=49

celtic schrieb:
Ich habe mich etwas weitergebildet und bin auf Schlagworte wie das Erstarken des Bürgertums und der Monarchie (König Sigismund 1410) sowie die Umwandlung vom Lehnsstaat in einen Beamtenstaat gestoßen, aber genauere und vor allem konkrete Ausführungen fehlen mir leider...
Vor allem sehe ich teilweise Widersprüche, da das Rittertum (zumindest Anfangs) ja durchaus in die Stadtverwaltung eingebunden war und sozusagen neben dem Bürgertum seine politische Macht ausübte....

Es war bereits Karl IV., der das althergebrachte Standessystem umzuwandeln begann; er erhob reiche Bürger zu Adligen, und diese erwarben aus verschuldeter Hand Güter und Herrschaften.
Daneben wandelte sich die Hofhaltung der Dienstherren: war diese im Hochmittelalter noch so ausgelegt, daß möglichst viele Ritter samt Nachkommen daran beteiligt waren, so wurde sie im Spätmittelalter deutlich straffer organisiert.

Die Ritter reagierten auf die eigene Verarmung und den immer stärker wachsenden Einfluß der Städte auf zwei verschiedene Arten:
1. Raubrittertum - was zur Folge hatte, daß sie von Seiten der Städte als Räuber behandelt wurden, was nach und nach zur Aushebung vieler ritterlicher Burgen führte, womit diese Landadligen als Grundherren entmachtet wurden.
2. Aufgabe der Burgen und Lehen hin zum städtischen Leben in Bereichen wie Verwaltung, Handel u.ä., wo sie eben neben Bürgern standen, aber nicht mehr als alleinige Herren - wie noch in früheren Zeiten. Selbst wenn sie in einer Stadt gewissen Einfluß hatten, so war dieser im Vergleich zur früheren Macht als Grundherr und Vasall begrenzt.

Fazit: Das Bürgertum drang in gesellschaftlich-politische Bereiche vor, die bis dahin alleinig Sache des Adels gewesen waren; dies ging v.a. zu Lasten des niederen Adels (eben der Ritter), der immer stärker zurückgedrängt wurde. Vor diesem Hintergrund ist übrigens "Niedergang" auch nicht ein ganz exakter Begriff, sondern wir sollten eher von "Selektion der Adelsgeschlechter" sprechen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ergänzend zu Timo möchte ich noch anfügen, dass der Niedergang des Rittertums in den verschiedenen Ländern in unterschiedlicher Weise und zu verschiedenen Zeiten erfolgte. So haben das Scheitern der Kreuzzüge ebenso wie das Aufkommen der Feuerwaffen und die mächtig um sich greifende Verwendung der Söldnerheere ihren Anteil daran, dass das Rittertum immer mehr an Boden verlor.

Die Bezeichnung Kaiser Maximilians I († 1519) als der "letzte Ritter" gibt zumindest für das deutsche Reichsgebiet zuftreffend an, dass hier mit ihm die Zeit des Rittertums und der ritterlichen Kultur abgelaufen war, auf wenn das in anderen Ländern, vor allem Spanien, noch etwas andauerte.

Folgenreich im positiven Sinne war, dass sich mit der Auflösung der ritterlichen Kultur die ritterliche Idee von der alten Trägerschaft löste, um sich in ein allgemeines Ideal zu verwandeln, das sich nicht nur im Adel behauptete, sondern auch auf immer breiter werdende Schichten - besonders des Bürgertums - ausstrahlte. Damit verwandelten sich die vormals elitären Begriffe "ritterlich", "höflich" oder auch "herrlich" in allgemeine Wertvorstellungen.
 
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