Postkarte Kaiser Wilhelm II. Unser Steuermann

G

Golden_Caddy

Gast
Hallo zusammen,
ich interessiere mich für folgende Postkarte

[mod]Kommerzieller Link entfernt[/mod]

Ich frage mich

1. Ob Wilhelm hier eine bestimmte Uniform trägt bzw. wie dieser Mantel und die Kopfbedeckung genannt werden? Gerne tritt er ja in Uniform auf, könnte das hier zivile Kleidung sein?
2. Als Steuermann ist man der höchste Offizier nach dem Kaptain, wäre es hier übertrieben, eine Anspielung auf eine göttliche Legitimation zu sehen, da der Kaiser als Staatslenker auch nur im Sinne der göttlichen Nummer eins handelt?

Auf Antworten freue ich mich!
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Kleidung ist funktional, sogenanntes Ölzeug, die Kopfbedeckung ein Südwester. Den Link wird die Moderation morgen löschen, da es sich um einen kommerziellen Link handelt.
 
Wie EQ schon schrieb trägt der letzte deutsche Kaiser hier Ölzeug und Südwesten. Das war normale Schwerwetterkleidung bis weit ins 20 Jahrhundert hinein.
Aber zu 2. liegt hier ein Fehler in der Interpretation vor. Wilhelm ist hier nicht der Steuermann, sondern der Rudergänger. Der Rudergänger führt die Befehle des Navigationsoffiziers aus. Und der ist mit Nichten der Stellvertreter des Kapitäns. Das ist der 1. Offizier.
Das Deutsche Wiki sagt zwar etwas anderes zum Navigationsoffizier, deshalb auch die Verlinkung zur Englischen Seite:

Steuermann – Wikipedia
Second_mate

Rudergänger

Aber Du hast mit Deiner Interpretation das das Bild symbolisieren soll das der Kaiser alles fest im Griff hat, auch in schwierigen Zeiten, recht. Bildsprache war immer schon etwas abstrahierend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber zu 2. liegt hier ein Fehler in der Interpretation vor. Wilhelm ist hier nicht der Steuermann, sondern der Rudergänger.
Es mag natürlich sein, dass der Postkartenmaler sich hier vertan hat, aber bereits dieser bezeichnte Willi hier als Steuermann, das ist nicht erst Golden Caddy.
 
Es mag natürlich sein, dass der Postkartenmaler sich hier vertan hat, aber bereits dieser bezeichnte Willi hier als Steuermann, das ist nicht erst Golden Caddy.

Unbenommen, nur wird es durch immer gleiche Wiederholung des falschen, nicht wahrer. Im deutschen Sprachraum ist den meisten der Unterschied nicht bekannt. Zum anderen ist hier eigentlich die Bildsprache das entscheidende.
 
Vielleicht schwingt auf dieser Postkarte auch ein gewisser Spott über die „Großkotzigkeit“ von Kaiser Wilhelm II. mit. Er gab sich selten mit einer Nummer kleiner zufrieden. Die Schrift "S.M.S. Hohenzollern“ auf dem Steuerrad ist sicher ein Hinweis auf seine Staatsyacht, eher ein Schlachtschiff.
Eduard von Knorr bezeichnete das Schiff als „einen in das Wasser gefallenen Omnibus.“ Die Besatzung der Yacht bestand aus zwölf Offizieren und anfangs 301, nach dem Umbau 342 Mannschaften.

Über vier Jahre insgesamt verbrachte der Kaiser auf seinem Schiff mit dem er auch die königliche Verwandtschaft bei seinem jährlichen Aufenthalt in Griechenland zu beeindrucken versuchte. Der Kammerherr und Schweizer Robert Stuker, Vertrauter vieler Herrscherhäuser Europas, schildert die Besuche des wegen seiner „Angeberei“ bei seiner weitläufigen Verwandtschaft nicht sonderlich beliebten Monarchen:
… „Warum fährst du denn jedes Jahr nach Korfu, wenn du den Kaiser schon nicht ausstehen kannst?“ fragte eines Tages die Königin Olga ihren Gemahl. „Würde ich dies nicht tun“, antwortete Georg I., „könnte Wilhelm in kurzer Zeit das Volk glauben machen, er selbst sei der König von Griechenland.“
So sah man sich alljährlich, und die kaiserliche Yacht „Hohenzollern“ spielte eine gewichtige Rolle bei den Empfängen des deutschen Herrschers. Die königliche Familie amüsierte sich köstlich, wenn Wilhelm II. von seinem „herrlich einfachen Leben“ auf Korfu erzählte. Dieses einfache Leben bestand im Mitführen einer ganzen Armee ordensbedeckter Generäle und Adjutanten, in täglichen Hoftafeln mit unendlichen Gängen, die zu lauter Musik der Schiffskapelle eingenommen wurden, ...(Jörg Stuker / Die große Parade)
 
Das Bild knüpft an gängige kulturelle Interpretationsmuster an. Man mag sogar die Irrfahrten des Odysseus und das Navigieren zwischen Skylla und Charybdis als einen antiken Vorläufer für dieses Muster ansehen.

In diesem Sinne ist diese Karte als Versuch zu verstehen, den Kaiser als "Staatenlenker" durch ein international unruhiges Wassen zu "branden".

Der "Staatenlenker" - in der Position des Kaisers - wird dabei gleichgesetzt mit einem erfahrenen Steuermann, der die "Untiefen" und Gefahren der internationalen Politik ruhig und kompetent "umschifft".

Diese Methaper knüpft dabei zusätzlich an dem "Der Lotse geht von Bord"-Bild von Bismarck an. Und benutzt dabei eine ähnliche Methaporik und baut gegen Bismarck einen "Gegen-Mythos" auf.

Dabei verweist der Untertitel zusätzlich auf zwei weitere Aspekte: "Lieb Vaterland magst ruhig sein."

Zum einen wird suggeriert, dass es keine Angst haben müsse und zum anderen transportiert es die Ideologie eines autokratischen "Obrigkeitsstaates", dass in der Person des Kaisers die Kompetenz vereinigt ist, alle Gefahren zu meistern.

Insgesamt ist das Bild ein "schönes" Beispiel, wie durch derartige Abbildungen subtil eine Ideologie transportiert werden kann. Und man wird wohl nicht lange suchen müssen, ähnliche Abbildungen auch für andere "Staatenlenker" zu finden.

seine Staatsyacht, eher ein Schlachtschiff.

Wohl kaum. Nur weil sie groß und repräsentativ war, hatte sie nichts mit einem Schlachtschiff / Linienschiff/ Schlachtkreuzer / Großen Kreuzer etc. gemeinsam, wie beispielsweise schnell bei SMS König deutlich wird.

https://de.wikipedia.org/wiki/SMS_König_(1913)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier werden die Begrifflichkeiten von zwei unterschiedlichen Welten durcheinander gewürfelt.

Bei den Kriegsmarinen gab/gibt es einen Kommandanten auf einem Schiff.
Je nach Schiffsgröße und -art gab/gibt es einen 1. Offizier als Stellvertreter. Dies ist aber nicht zwingend. Bei Schiffen mit überschaubarer Besatzung kann auch ein Fachoffizier der Stellvertreter sein. Bei einem Trossschiff ist dies der Schiffsversorgungsoffizier als Zuständiger für den wichtigsten Fachbereich.
Bei einem Torpedoboot konnte dies der Torpedo-Offizier sein. Die Möglichkeiten sind da zahlreich.
Alle Offiziere haben ein militärisches Offizierspatent.

Bei der Handelsmarine kannte man Offiziere nur bei größeren Schiffen. Auf Passagierschiffe war dies gegeben. Es gab dann einen Kapitän und 1. Offizier, 2. Offizier, 3. Off....
Im Gegensatz zu den Kriegsmarinen hat ein Offizier ein Handelsschiffpatent.
Auf Schiffen mit eher geringer Besatzungsstärke wurde der Kapitän durch einen Steuermann vertreten. Zu Zeiten des 2. Kaiserreiches gab es eigene Steuermannsschulen.

Laien lieben gerne martialisch oder dramatisch klingende Begriffe. Daher begegnet man in der Literatur oder in der Presse bis in die 30er Jahre häufig dem Begriff Panzerkreuzer. Häufig wurden über Schiffe berichtet, welche von der Kampfkraft über dem Panzerkreuzer angesiedelt waren. Aber es klang einfach so toll. Da wurde aus dem Linienschiff Potemkin einfach mal der Panzerkreuzer Potemkin. In der Weimarer Republik machte man Wahlkampf gegen Panzerkreuzer ohne das es noch welche gegeben hätte.

Mit Steuermann ist es ähnlich. Wer sich mit der Marineliteratur der Kaiserzeit beschäftigt, stolpert dann auch über diese Funktion, obwohl diese bei der Kriegsmarine keine wirkliche Bedeutung hatte.
 
Die Hohenzollern II wurde vom Reichstag als Aviso für Kriegszeiten bewilligt. Ein Aviso ist ein schneller Aufklärer, der vor oder seitlich eines Flottenverbandes fahren sollte. Für Kampfhandlungen war ein Aviso nicht gedacht. Bei Beginn des 2. Weltkrieges war die Hohenzollern II technisch veraltet, dass man es nicht im Kriegsdienst verwendete. Das Nachfolgeschiff Hohenzollern III war bei Kriegsbeginn kurz vor seinem Stapellauf.
 
Dieses Bild des KWII ist in der Rückschau eine bizarre Karikatur.
Finsteren und weiten Blickes, unter schweren Wolken, in der Kleidung eines wackeren einfachen Seemanns, hält er das Steuerrad fest, selbst mit seinem gelähmten linken Arm, während dunkle Wolken über der See dräuen, und das Gewitter mit einem Blitz sein treffliches Haupt fast schon umspielt.

2. Als Steuermann ist man der höchste Offizier nach dem Kaptain, wäre es hier übertrieben, eine Anspielung auf eine göttliche Legitimation zu sehen, da der Kaiser als Staatslenker auch nur im Sinne der göttlichen Nummer eins handelt?

Das würde zum Willi passen.
Jedenfalls ist er auf seiner Jacht Hohenzollern auch gerne mal ausgeflippt.
Sein ihm stark, ja geradezu zärtlich, zugeneigter Freund Eulenburg schildert das Benehmen des Herrschers von Gottes Gnaden auf der Jacht zwei Jahre vor dem angegeben Erscheinungsdatum so:
"Eulenburg schilderte jetzt, wie der Kaiser auf der Jacht "wie in einer Traumwelt" einherwandelte und "sein Ich zu einem immer größeren Phantom" entwickelte. Er fühlte die Tränen in sich aufsteigen, als er seinen Freund "in maßlosen Ausfällen gegen allerhand Windmühlen hörte und sein in Heftigkeit ganz entstelltes Gesicht" sah. "Von einer Selbstbeherrschung ist nicht mehr die Rede", schrieb er an den Reichskanzler. "Bisweilen scheint er ganz die Disziplin über sich verloren zu haben." Stundenlang wanderte der Kaiser allein "mit verstörtem Ausdruck" umher. Eulenburg schrieb: "Er machte mir, blaß, heftig perorierend, unruhig um sich blickend und Lüge auf Lüge häufend - einen so schrecklichen Eindruck, daß ich es heute noch nicht überwinden kann ... Nicht gesund - ist wohl die gelindeste Form eines Urteils.""
http://www.historischeskolleg.de/fileadmin/pdf/vortraege_pdf/Vortraege19_roehl.pdf

"Lieb Vaterland magst ruhig sein." :D
Welch (un)passender Untertitel eines närrischen Bildes, das man sich noch mal anschauen darf.
 
"Lieb Vaterland magst ruhig sein." :D
Welch (un)passender Untertitel eines närrischen Bildes, das man sich noch mal anschauen darf.

Das Motiv sprach wohl vielen Zeitgenossen aus patriotischem Herzen:

35437868iz.jpg

Ansichtskarten-Center
 
Das Motiv sprach wohl vielen Zeitgenossen aus patriotischem Herzen:Ansichtskarten-Center

Da verwechselst Du wohl auch Ursache und Wirkung. Die Form der politischen Indoktrination im Rahmen der politischen Sozialisation hat bei Teilen der Bevölkerung sicherlich ein monarchistisches Weltbild erzeugt.

Obwohl sicherlich ein nationalistischer Patriot, weil es unterschiedliche Formen des Patriotismus gib!!!, hätte ein Bismarck den ideologischen Gehalt des Bildes abgelehnt. Nicht zuletzt weil die Person von KW II. betroffen war. War es deswegen ein geringerer nationalistischer Patriot?

Aus deswegen sollte man zwischen Monarchismus und Monarchen, zwischen einem "Alt-Preußischem" Konservatismus, vgl. z.B. v. Einem, und einem "nassforschen" "neudeutschen" - pseudokonservativem - Autokratismus, vgl. z.B. Ludendorff, unterscheiden. Mit einem Monarchen, der durch sein - teils impulsives, teils inkompetentes - Verhalten auch dazu beigetragen hat, die Bedeutung einer semi-autokratischen Monarchie zu untergraben.

Und es spielt sicherlich auch eine "Liebe zum Vaterland" eine diffuse Rolle, die vor allem auch auf der "Linken" bei der SPD ausgeprägt war, Verbunden mit einer Ablehnung der autokratischen Monarchie, bei durchaus gleichzeitiger Bewunderung für die parlamentarische Monarchie in GB.
 
Das hier sind Postkarten. Der Hersteller druckte sie, weil er einen größeren Markt sah.
Und was waren die Motive der Käufer? Wie groß war noch eine echte Bewunderung für diesen Kaiser?:

Jedes Jahr geht er für mehrere Wochen auf „Nordlandreise“ und ins Mittelmeer. Während sein Volk seinen Großvater "greisen Kaiser" und seinen Vater den "weisen Kaiser " nannte, spricht es schon bald bei Wilhelm II. vom Reisekaiser.
Ob auf Städtereisen oder unterwegs mit seiner Jacht “Hohenzollern“: Wilhelm II. liebt es zu reisen – bis zu 200 Tage im Jahr ist er unterwegs, vier Jahre seines Lebens soll Kaiser Wilhelm allein auf seiner Dampfjacht "Hohenzollern" verbracht haben.


Aber an Patriotismus ließ man sich nicht übertreffen. Begeisterung für Kaiser und Land. Der Kaiser konnte sicher sein mit seinen Reden den richtigen Nerv zu treffen:

Oft hält der Kaiser bei solchen Anlässen spontane Reden. Von Stimmungen geleitet, macht er immer wieder Äußerungen, die undiplomatisch sind, wie zum Beispiel in der "Hunnenrede".
Bei der Verabschiedung des deutschen Expeditionskorps zur Niederschlagung des Boxeraufstandes in China lässt er sich unter anderem zu folgenden Äußerungen hinreißen:
"Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht! ... Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, so möge der Name Deutschland in China in einer solchen Weise bekannt werden…."


Persönlichkeiten: Kaiser Wilhelm II. - Persönlichkeiten - Geschichte - Planet Wissen
 
Ich sage mal so, Willy war was Politik an ging leider keine Leuchte. Er brauchte Applaus. Und hat sich mit Ja-Sagern als Berater umgeben. Heute würde man sagen es war ein Populist.
 
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