Preußen - einige Nachfragen

ErzengelGabriel

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Hallo zusammen,

ich versuche gerade mal einige Aspekte um Preußen auf die Kette zu kriegen. Ganz besonders zur Zeit Friedrichs des Großen. Ich erläuter mal kurz was ich meine zu wissen. Ich bitte an dieser Stelle nicht schallendes Gelächter auszubrechen, wenn ich jetzt Unsinn verzapfe - nehmt es einfach mit wohlgesonnenem Humor ;)

Friedrich der Große ("der alte Fritz") regiert Preußen als König in Preußen von 1740 bis 1786 (wo er einsam im Schloss Sanssouci stirbt). In dieser Zeit repräsentiert er einen aufgeklärten Absolutismus und führt auf Grund des Deutschen Dualismus insgesamt drei mal Krieg gegen das konservative und glaubensgerichtete Österreich. Der letzte davon ist der siebenjährige Krieg von 1756-1763, den Preußen gewinnt. Im Jahr 1772 annektiert Preußen Teile Polens (Polnisch Preußen) was forthin "Westpreußen" genannt wird. Fortan heißt er König von Preußen.
Als aufgeklärter Absolutist liegt seine monarchische Regierung nicht mehr in der Berufung durch Gott begründet sondern er repräsentiert einen funktionierenden Staat. FdG setzt sich für Religionsfreiheit ein, schafft Folter ab, führt die Schulpflicht ein, baut das Beamtentum weiter aus und geht dazu über die Judikative an Gerichte (bzw. an den Adel - mit Vetorecht) abzutreten. Vor dem Gesetz sind alle Personen gleich einschließlich des Herrschers, was aber auf Grund der absolutistischen Herrschaft seitens FdG im Zuge der Aufklärung kritisiert wird, weil es niemanden gibt, der letztlich das Wort gegen ihn erheben könnte (Stände gibt es keine, wären aber nötig).

Jetzt tun sich allerdings ein paar Fragen auf:

1) Wo ist denn jetzt was gewonnen, wenn man plötzlich nicht mehr König in, sondern von Preußen ist?

2) War der Feudalismus (Leibeigenschaft, Lehensherren, diese Aspekte meine ich jetzt) zu Zeiten Friedrichs des Großen überhaupt noch ein Thema? War das bereits abgehandelt? Oder setzte er sich weiterhin dafür ein?

3) Ich meine mich zu erinnern, dass eine der Quellen behauptete FdG hätte versucht weiterhin für den Adel einzustehen. Das beißt sich doch aber irgendwie mit der "aufgeklärten" Volksausrichtung, gerade auch in Bezug auf die geduldete Meinungsfreiheit, oder nicht.

4) Inwiefern unterscheidet sich der aufgeklärte Absolutismus FdGs von Joseph II? Immerhin muss es ja einen Grund geben warum die beiden Krieg hatten? Oder was werf ich da jetzt durcheinander?

Das soll erstmal reichen. Für den Fall, dass ihr mir weiterhelfen könntet wäre ich euch dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriel
 
1) Der Unterschied ist, dass es nun nicht mehr einen König gibt, der über das Herzogtum Preußen, Mark-Brandenburg... herrscht sondern nur noch einen König von Preußen. Die bisherigen Fürstentümer, die der König in Personalunion beherrschte, wurde zu einem einzigen, dem Königreich Preußen, zusammengefasst.

2) Dem alten Fritz gelang es nicht die Leibeigenschaft abzuschaffen. Die Bauernbefreiung fand in "Deutschland" erst Mitte des 19. Jahrhundert statt, so ab 1830ern.

4) Warum sollte unterschiedliche Ansichten über den Absolutismus einen Krieg zur Folge haben? Es gibt doch so viele prophanere Gründe...
 
Zuletzt bearbeitet:
Jetzt tun sich allerdings ein paar Fragen auf:

1) Wo ist denn jetzt was gewonnen, wenn man plötzlich nicht mehr König in, sondern von Preußen ist?

2) War der Feudalismus (Leibeigenschaft, Lehensherren, diese Aspekte meine ich jetzt) zu Zeiten Friedrichs des Großen überhaupt noch ein Thema? War das bereits abgehandelt? Oder setzte er sich weiterhin dafür ein?

3) Ich meine mich zu erinnern, dass eine der Quellen behauptete FdG hätte versucht weiterhin für den Adel einzustehen. Das beißt sich doch aber irgendwie mit der "aufgeklärten" Volksausrichtung, gerade auch in Bezug auf die geduldete Meinungsfreiheit, oder nicht.

4) Inwiefern unterscheidet sich der aufgeklärte Absolutismus FdGs von Joseph II? Immerhin muss es ja einen Grund geben warum die beiden Krieg hatten? Oder was werf ich da jetzt durcheinander?

Das soll erstmal reichen. Für den Fall, dass ihr mir weiterhelfen könntet wäre ich euch dankbar.
1)
Ich denke da geht es auch letztlich um Prestige. Wie Dir vielleicht bekannt ist, war es für den Großvater Friedrich II., also Friedrich I. schon sehr schwierig gewesen überhaupt die Königskrone und v.a. die Anerkennung derselben zu erlangen. Obwohl mehrfach von den polnischen Königen die Lehensherrschaft über Preußen, dem Herzogtum Preußen, worauf sich das Königtum ja primär beziehen musste, gegenüber den Hohenzollernherrschern aufgegeben wurde, war doch noch die Gefahr, dass sich ein polnischer König dessen vielleicht nicht mehr entsinnen könnte. Im großen Titel eines August II. (des Starken) taucht bezeichnenderweise auch "Großherzog in ... Preußen" noch weiterhin auf. (Westpreußen kam ja auch erst 1772 zu Preußen.)
Ich denke mal, Friedrich II. wurde durch das "von" dann zu einem vollwertigen König und demonstrierte v.a. gegenüber den Habsburgern, dass ihm bis auf die alte Kaiserkrone nichts fehlte, um den Herrschern in Wien ranglich ebenbürtig zu sein.

2)
Friedrich II. rührte bewusst die Vorrechte seines Adels, was die Herrschaft über deren Untergebene anbelangte, also seiner Vasallen nicht an. Wenngleich er zwar öffentlich verlautbaren ließ, dass er für alle die selben Kriterien in der Rechtssprechung anlegen würde, kam es aber durch den Adel in der Verwaltung der Provinzen schon durchaus noch zu gewissen Ungerechtigkeiten, die auch zu lokalen Unruhen führen konnten.

http://www.geschichtsforum.de/289807-post22.html bsw.

3)
Ich glaube in den Augen Friedrich II. biss sich das nicht. Man darf sich nun nicht vorstellen, dass Friedrich II. konkret eine Bauernbefreiuung oder dergleichen mit seinem "Aufgeklärten Absolutismus" im Sinn hatte. Auch bedeutete für ihn sein Aufklärertum keineswegs eine Negierung der Unterschiede der Stände. Die Gleichsetzung sollte grundsätzlich v.a. auf rechtlicher Ebene erfolgen. Mit seiner aufklärerischen Haltung verfolgte er eher Ziele wie die Abschaffung der Folter.

4)
Mit den innenpolitischen Ausrichtungen hatte der Bayerische Erbfolgekrieg ja nichts zu tun. In Tat und Wahrheit hielt Joseph II. viel von Friedrich II., natürlich waren aber auch die Anforderungen der Staaten Joseph II. im Vergleich zu denen Friedrich II. ganz andere. Während Friedrich II. bereits in einem Staat geboren wurde, in welchem recht weitreichende Toleranz schon seit einer ganzen Weile vorherrschte, stand Joseph II. in der Tradition einer Herrscherdynastie, welche z.B. den Protestantismus jedweder Couleur nach Kräften unterdrückte und deswegen schon manchen militärischen Konflikt hatte austragen müssen (in Böhmen und Niederösterreich denke man an die Haltung der Stände in der ersten Phase des 30-jährigen Krieges, in Ungarn gab es auch Erhebungen gerade durch die protestantische Opposition...).
Joseph II. war durchaus sowohl von Montesqieu als auch von anderen Aufklärern geprägt, aber dennoch musste er Friedrich II. Feind aufgrund der außenpolitischen Ausrichtungen ihrer Staaten sein.

Zum Konflikt um das wittelsbachische Erbe hatte ich schon ein wenig geschrieben. Im unteren Abschnitt: http://www.geschichtsforum.de/352068-post4.html

Grundsätzlich wollte Preußen verhindern, dass Österreich im Kernland des Reiches an Boden dazu gewann und somit den Einfluss auch auf die kleineren umliegenden Reichsfürsten erhöhen würde. Der österreichisch-bayerische Ländertausch wurde so 1778/79 durch den Bayerischen Erbfolgekrieg wie 1784/85 durch die Bildung des Fürstenbundes unter Leitung Friedrich II. gegen Österreich verhindert. Es ging also in beiden Konflikten zwischen den beiden Staaten ausschließlich um außenpolitischen Diferenzen.

Genauso muss man auch die Polnischen Teilungen kritisch anschauen. Zwar mag man von einer Übereinkunft zwischen Friedrich II., Joseph II. und Katharina II. sprechen, aber dennoch beäugten sich alle diese drei Herrscher argwöhnisch, dass nicht der eine der Partner den anderen übervorteilte. Diese Stimmung wurde durch die innenpolitischen Querelen in Polen mit den landesweiten Aufständen der 1760er und 1770er noch angeheizt. Über Frankreichs Rolle als "Anheizer" des Polnischen Konfliktes erfährst Du hier was:
http://www.geschichtsforum.de/318994-post5.html
http://www.geschichtsforum.de/342730-post33.html
 
3) Ich meine mich zu erinnern, dass eine der Quellen behauptete FdG hätte versucht weiterhin für den Adel einzustehen. Das beißt sich doch aber irgendwie mit der "aufgeklärten" Volksausrichtung, gerade auch in Bezug auf die geduldete Meinungsfreiheit, oder nicht.

Na ja, immerhin war der Adel die Rekrutierungsbasis für sein Offizierkorps. Und seine Armee war das Instrument für die angedachte und schließlich vollbrachte Machtausdehnung. Friedrich hat auf diese Art sein Adel auch dizipliniert, denn so wurde die latente Bereitschaft zur Opposition, die bei dem einen oder anderen vielleicht vorhanden war, besser unter Kontrolle gehalten.

Wie Friedrich teilweise mit seinem Adel umgesprungen ist, kannst du hier schön nachlesen:

Friedrich der Große und der Adel
 
Na ja, immerhin war der Adel die Rekrutierungsbasis für sein Offizierkorps. Und seine Armee war das Instrument für die angedachte und schließlich vollbrachte Machtausdehnung. Friedrich hat auf diese Art sein Adel auch dizipliniert, denn so wurde die latente Bereitschaft zur Opposition, die bei dem einen oder anderen vielleicht vorhanden war, besser unter Kontrolle gehalten.

Wie Friedrich teilweise mit seinem Adel umgesprungen ist, kannst du hier schön nachlesen:

Friedrich der Große und der Adel
Das ist eine sehr schöne und übersichtliche Zitatsammlung, auch wenn leider die Datierungen der Zitate dazu fehlen.

Man sollte vielleicht noch dazu sagen, dass der Adel schon weit vor Friedrich II., wohl schon unter Kurfürst Friedrich Wilhelm I, entmachtet worden war. Eine weitere "Disziplinierung" oder "Domestizierung" des Adels mag unter König Friedrich Wilhelm I. stattgefunden haben. http://www.geschichtsforum.de/296070-post121.html

Also ich sehe im Verhalten Friedrich II. gegenüber dem Adel im Vergleich zu seinen 4 Vorgängern kaum einen Unterschied, von den Zoten und Anekdoten mal abgesehen.
 
Danke erstmal bis hierhin. Hab noch eine Frage:

Wie sieht das territorial aus? Die Sache ist, ich schreibe (immer noch *seufz*) an dieser blöden Kant/ Mollenhauer Hausarbeit, die ich vor einigen Monaten mal angesprochen hatte (ist nicht wichtig). Jedenfalls möchte einmal die politische Situation in Deutschland zu Zeiten von Kant und einmal von Mollenhauer (so um 1968) darstellen, bevor ich auf die jeweiligen Theorien eingehe. Das blöde ist: Zu Zeiten von Kant (1724-1804) kann man ja schwer von Deutschland sprechen.
Im Internet kursiert öfter mal der Begriff "Heiliges Römisches Reich deutscher Nationen" - die Frage ist: Inwieweit kann man von einer gemeinsamen Situation sprechen? Innerhalb dieses HRRs liegen ja auch Österreich (wenn ich mich nicht irre), Bayern, aber eben auch Teile von Polen und alle haben irgendwie eigene Landsherren, Könige, Herrscher, was auch immer.
Es ist eine Hausarbeit in Pädagogik: Wie würde man also die Situation in Deutschland (welches kein Deutschland war) am besten beschreiben ohne dabei die Geschichte allzusehr in den Hintern zu kneifen? Bin ich mit Friedrich dem Großen und Joseph II schon mal auf dem richtigen Dampfer, wenn ich über Absolutismus, Feudalismus und ähnliches rede? Wer muss auf jeden Fall auch noch Erwähnung finden (Napoleon kam ja beispielsweise erst später). Wir reden hier von einem kurzen EInleitungskapitel von vielleicht knapp 1 1/2 bis 2 Seiten.

Danke :)
 
Im Internet kursiert öfter mal der Begriff "Heiliges Römisches Reich deutscher Nationen" - die Frage ist: Inwieweit kann man von einer gemeinsamen Situation sprechen? Innerhalb dieses HRRs liegen ja auch Österreich (wenn ich mich nicht irre), Bayern, aber eben auch Teile von Polen und alle haben irgendwie eigene Landsherren, Könige, Herrscher, was auch immer.
Es ist eine Hausarbeit in Pädagogik: Wie würde man also die Situation in Deutschland (welches kein Deutschland war) am besten beschreiben ohne dabei die Geschichte allzusehr in den Hintern zu kneifen? Bin ich mit Friedrich dem Großen und Joseph II schon mal auf dem richtigen Dampfer, wenn ich über Absolutismus, Feudalismus und ähnliches rede? Wer muss auf jeden Fall auch noch Erwähnung finden . Wir reden hier von einem kurzen EInleitungskapitel von vielleicht knapp 1 1/2 bis 2 Seiten.
Zum Territorium des Reiches (als Abkürzung für das Heilige Römische Reich):
Kurfürst ? Wikipedia
Reichsfürstenrat ? Wikipedia
Reichsstädtekollegium ? Wikipedia
Hier siehst Du die bedeutensten Staaten des HRR im 18.Jh.. Von dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges bis zum 1. Koalitionskrieg (1792) blieben die Grenzen des Heiligen Römischen Reiches ungefähr gleich, nur innerhalb des Reiches gab es mit den Kriegen Friedrich II. z.B. einige Verschiebungen.

Das HRR hatte die Grenzen wie Du sie hier siehst auch schon ungefähr zur Zeit Friedrich II. in Preußen (1740-86 König): Bild:HRR 1789.png ? Wikipedia

Polen gehörte nicht zum HRR. Trotz einer ersten Teilung von 1772, wobei das Reich kaum eine Rolle spielte, existiert der polnische Staat noch weiter bis in die 1790er, in welchen weitere zwei Teilungen erfolgten.

Der Mainzer Erzbischof war als Kurfürst auch Archicancellarius per Germaniam - also Erzkanzler für den deutschen Teil des HRR. Die anderen 2 geistlichen Kursfüsten waren Erzkanzler anderer Reichsteile (Italien und Burgund). Bezeichnenderweise kam dem Erzkanzler Deutschlands eine führende Rolle auch auf den Reichstagen zu. Das unterstrich die besondere Bedeutung Deutschlands für das Reich.

Die gemeinsame Situation war, dass sowohl Kurfürst Friedrich IV. von Brandenburg als auch Joseph II. als böhmischer König im Kurfürstenkollegium saßen. Beide waren Reichsfürsten und die Teile ihrer Staaten, welche innerhalb des Reiches lagen mussten sich theoretisch der Rechtsprechung des Reiches unterwerfen, über welche z.B. in Wetzlar gewacht wurde. Das Reich kann zwar nicht als Staat in dem Sinne bezeichnet werden, auch wenn es dazu noch heute eine lebhafte Diskussion gibt, aber das Reich hatte durchaus noch seine verbindende Funktion und gerade für die Außenpolitik im Verkehr v.a. zwischen den Reichsfürsten noch ein großes Gewicht.
 
Zur Leibeigenschaft habe ich erst neulich einige einleuchtende Sachen im Buch "Flucht aus dem militärischen Alltag - Ursachen und individuelle Ausprägung der Desertion in der Armee Friedrichs des Großen" von Jörg Muth gelesen. Das Sozialprestige der Leibeigenen wurde dadurch das sie Kantonisten waren erhöht. Sie erhielten als Soldaten jährlich neue Uniformen und das zu einer Zeit in der nur wenige mehr als einen Rock hatten (in Österreich gab es nur alle 2 Jahre eine neue Uniform). Die Ansehenssteigerung war spezifisch für Preußen, da die Uniform dort ein höheres Ansehen hatte, da sie auch vom Adel am Hof und natürlich von Friedrich selbst in Vorbildmanier getragen wurde, anders als zB in Österreich wo berichtet wird das die Generäle sich in zivil am Hof aufhielten. Dazu kam dann noch das die Züchtigung von Kantonisten verboten war und so mancher mit etwas mehr Selbstbewusstsein aus der Armee zurück kam. Folglich trug der Faktor Armee mit Kantonssystem etwas zur Emanzipierung der Leibeigenen bei bzw. verbesserte ihre Situation.
 
1. Die Ansehenssteigerung war spezifisch für Preußen, da die Uniform dort ein höheres Ansehen hatte, da sie auch vom Adel am Hof und natürlich von Friedrich selbst in Vorbildmanier getragen wurde, anders als zB in Österreich wo berichtet wird das die Generäle sich in zivil am Hof aufhielten.

2. Dazu kam dann noch das die Züchtigung von Kantonisten verboten war und so mancher mit etwas mehr Selbstbewusstsein aus der Armee zurück kam. Folglich trug der Faktor Armee mit Kantonssystem etwas zur Emanzipierung der Leibeigenen bei bzw. verbesserte ihre Situation.
1. Gab es da unter Joseph II. eigentlich Änderungen in dem Verhalten? Immerhin trug Joseph anders als sein Vater fast immer Uniform und auch seinen Bruder Leopold erkennt man neben Joseph auf dem berühmten Doppelporträt Batonis von 1769 in weißer Uniform.
Dass Franz I. keine Uniform trug oder zumindest nur selten darin auf den Bildern zu sehen ist, liegt zum einen daran, dass das offizielle Hofporträt des Kaisers in Spanischem Hofkleid noch üblicher war und zum anderen wohl auch daran, dass Maria Theresia als die eigentlich tonangebende als österreichische Herrscherin ihrem Gemahl keine militärische Rolle zubilligen wollte, soweit ich mich entsinnen kann. Das Tragen der Uniform wäre also gewissermaßen das ad absurdum führen, der tatsächlichen Verhältnisse gewesen.

2. Gegenüber dem genauen Beobachter der preußischen Verhältnisse Thièbault wurde ja geäußert, die Prügelstrafe brauche man nur wegen der Ausländer, welche überhaupt die Disziplin in der Armee herrunter rissen.
 
Zu 1:
Nach "War and Society" von Matthew Smith Anderson war das Uniformtragen am Hofe Maria Theresias verpönt und musste für Regiments-Chefs und Generäle angeordnet werden. In Frankreich trugen nur die Gardeoffiziere am Hof Uniform und es gibt einen Bericht eines Besuchers am spanischen Hof demnach dort niemand der zahlreichen anwesenden Offiziere eine Uniform trug. Unter Joseph dem II. kann sich da etwas geändert haben, aber enorm erfolgreich ist er dann wohl nicht gewesen, mir ist nichts davon bekannt das Uniformen unter der österreichen Bevölkerung sehr verbreitet waren.

Zu 2.
Aus dem Reglement für die Preußische Infanterie 1743:
Ein neuer Kerl muß in 6 Wochen nicht auf die Wacht ziehen oder andere Dienste thun, in solcher Zeit selbiger wenigstens exerciren lernen muß, daß er Dienste thun kann, und es muß einem neuen Kerl, damit er nicht gleich am Anfang verdrüßlich und furchtsam gemachet werde, sondern Lust und Liebe zum Dienst bekommen möge, alles durch gütige Vorstellungen, sonder Schelten und Schmähen, gelernet, auch muß der neue Kerl mit Exerciren nicht aufeinmahl so stark angegriffen, vielweniger mit Schlägen und dergleichen übel tractiret werden, absonderlich wenn es ein einfältiger oder unteutscher Kerl ist.
In der Praxis werden das wohl sicher auch einige Offiziere ignoriert haben. Als Gegenbeispiel fällt mir da von Seydlitz ein der die Züchtigung in seinem Kürassier-Regiment, dem 8., abgeschafft hat. Im 7. Dragoner Regiment verhängte ein Oberst von Eberstein für das herunterfallen vom Pferd beim Exerzieren 4mal Spießrutenlaufen. Da gab es wohl schon damals eine Kontroverse drüber, in einer Zeit in der die Prügelstrafe eigentlich als relativ normal und förderlich fürs lernen angesehen wurde. In der britischen Marine gabs da auch einen ähnlichen Prozeß hin zur Abschaffung der Züchtigung.

Das mit den Ausländern halte ich für wacklig, grade in den Elite-Regimentern der Potsdamer Garnison dienten sehr viele Ausländer. In welchem Kontext wurde denn von Thièbault der Begriff gebraucht? Ausländer in der Preußischen Armee ist nicht gleichbedeutend mit unserem Ausländer (Nicht Preußen). Einländer bezeichnete die Kantonisten, Ausländer die "Berufssoldaten", die das ganze Jahr über beim Regiment blieben. Nun gab es in Preußen Kantonsfreie Gebiete wie Potsdam, ergo ist ein Potsdamer in altpreußischen Armeedokumenten als Ausländer zu finden, was also eigentlich nur eine wirtschaftliche Differenzierung ist. Personen die kein deutsch sprachen wurden als "unteutsche" bezeichnet (zB in den Reglements), was allerdings in den Soldlisten nicht hervorgehoben wurde.

Reglements 1743:
Die Kriegs-Articles sollen der gantzen Compagnie alle Monath deutlich vorgelesen, auch den unteutschen Kerls allezeit verdollmetscht werden.
 
Trotz alledem war Immanuel Kant seiner Zeit quasi voraus, indem er Gedanken äußerte, die das Volk in seiner jetzigen Situation kaum hätte umsetzen können, oder?
Ich gehe davon aus, dass zu Zeiten des Reiches, Friedrichs des Großen und Immanuel Kant ein Großteil der Bevölkerung aus Bauern bestand, der zwar nach und nach frei seine Meinung äußern durfte, dazu aber in der Regel nicht kam, weil es Felder gab, die es zu bestellen galt. Oder verkenne ich die Situation an dieser Stelle?
 
Kants wichtigstes Werk Kritik der reinen Vernunft, erschien erst gegen Ende der Aufklärung, 5 Jahre vor dem Tod Friedrichs des Großen. Ich würde ihn nicht als seiner Zeit vorraus bezeichnen, er war schließlich nicht der einzige Aufklärer, aber doch ein herausragender. In Preußen und Österreich unter Joseph dem II. war der aufgeklärte Absolutismus Staatsform. Friedrich der II. war franzosenfreundlich, Voltaire befand sich einige Jahre an seinem Hof, und Friedrich hielt meines Wissens nach nicht viel von der deutschen Literatur. Die Bevölkerung durfte in relativ großzügig bemessenen Ausmaßen (im Vergleich zum Absolutismus) ihre Meinung sagen. Problem nur bei den (Klein-)Bauern ist das die Schulpflicht ihnen notwendige Arbeitskraft wegnahm und bei diesem Teil der Bevölkerung die Schulpflicht folglich auf wiederstand traf. Außerdem war es schlichtweg unmöglich plötzlich ein richtiges Schulsystem aus dem Boden zu stampfen. Oft wurden die Schüler von Armeeveteranen unterrichtet, diese Lehrer hatten keine besonders gute Qualität. Problem war also das der (Klein-)Bauer meistens nicht gebildet war, 1763 wurde die Schulpflicht eingeführt.
 
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Zu 1:
Nach "War and Society" von Matthew Smith Anderson war das Uniformtragen am Hofe Maria Theresias verpönt und musste für Regiments-Chefs und Generäle angeordnet werden. In Frankreich trugen nur die Gardeoffiziere am Hof Uniform und es gibt einen Bericht eines Besuchers am spanischen Hof demnach dort niemand der zahlreichen anwesenden Offiziere eine Uniform trug. Unter Joseph dem II. kann sich da etwas geändert haben, aber enorm erfolgreich ist er dann wohl nicht gewesen, mir ist nichts davon bekannt das Uniformen unter der österreichen Bevölkerung sehr verbreitet waren.

Zu 2.
In welchem Kontext wurde denn von Thièbault der Begriff gebraucht? Ausländer in der Preußischen Armee ist nicht gleichbedeutend mit unserem Ausländer (Nicht Preußen).
1.
Ich spreche nur von dem "Eindruck" den ich von Gemälden her habe. Wie oft sieht man darauf Uniformierte bei Hofe? Sehr anschaulich sind dazu die großen Gemälde der Schule des Martin van Meytens, welche Hoffestlichkeiten präsentieren. Auf den kleinformatigen Bildern (Pastellen) von Liotard, welche er von den Kindern von Maria Theresia 1762 anfertigte wie auch bei den kleinen 4 Gemälden des van Meytens von 1763, auf welchen die kaiserliche Familie dargestellt wurde, erkennt man die Erzherzöge zum Gros in Uniform.
Dennoch hast Du wahrscheinlich Recht und gerade die Erzherzöge sind nicht gerade representativ für das Verhalten am Hof.

2. Thièbault meint scheinbar v.a. die Franzosen und Schweizer, wobei er gerade seinen Landsleute natürlich Bedeutung beimisst und diese wohl besonders betrachtet. Deren Widerstreben gegen den z.T. erzwungen Dienst erläutert er anhand einiger Beispiele von Deserteuren französischer Herkunft.

Kants wichtigstes Werk Kritik der reinen Vernunft, erschien erst gegen Ende der Aufklärung, 5 Jahre vor dem Tod Friedrichs des Großen. Ich würde ihn nicht als seiner Zeit vorraus bezeichnen, er war schließlich nicht der einzige Aufklärer, aber doch ein herausragender. In Preußen und Österreich unter Joseph dem II. war der aufgeklärte Absolutismus Staatsform. Friedrich der II. war franzosenfreundlich, Voltaire befand sich einige Jahre an seinem Hof, und Friedrich hielt meines Wissens nach nicht viel von der deutschen Literatur.
Friedrich II. war fast ausschließlich bezogen auf die Literaten franzosenfreundlich. Da Friedrich II. aber grundsätzlich geistig den Werken der Zeit seiner Jugend verhaftet blieb, so schimpfte er später dann auch über die neuere französische Literatur. Friedrich II. war scheinbar einfach für diese neuen Werke nicht empfänglich, da sein Geschmack durch Voltaire und ähnliche Größen geprägt war, von den großen französischen Klassikern abgesehen, die er auch neben den Klassikern der Antike schätzte.
 
2. Thièbault meint scheinbar v.a. die Franzosen und Schweizer, wobei er gerade seinen Landsleute natürlich Bedeutung beimisst und diese wohl besonders betrachtet. Deren Widerstreben gegen den z.T. erzwungen Dienst erläutert er anhand einiger Beispiele von Deserteuren französischer Herkunft.
Dazu nun aus erster Hand :fs::

"Diese Ausländer sind meistens Deserteure verschiedener Nationalität, vornehmlich Franzosen. … Als zwei Jahre später das Regiment [vom Bayerischen Erbfolgekrieg] wieder einrückte, waren von den sechshundert Franzosen nur noch sechs übrig: neunundneunzig auf hundert waren gefallen oder desertiert. Beinahe alle diese Deserteure waren sehr schlechte Subjekte und zu allem fähig.
Ich fragte einmal einige von diesen Soldaten, wie sie, um ein paar Tagen Arrest zu entgehen, sich in ein Land flüchten konnten, wo sie täglich mit dem Rohrstock verprügelt wurden. Sie antworteten lachend:
„O hier in Preußen ist es keine Schande, Prügel zu bekommen.“ Ich sprach oftmals mit Offizieren über diese unmenschliche Prügelei.
„Sie haben Unrecht, dass Sie sich darüber beklagen,“ antwortete man mir, „wenn wir nicht so streng wären, würde man Sie in Ihrem eigenen Hause ermorden. Ein Drittel unserer Armee besteht aus Taugenichtsen, die man nur mit der Fuchtel im Zaum halten kann. Die geborenen Preußen brauchten wir nicht so scharf anzufassen, weil sie im allgemeinen gutmütig sind; aber das andere Pack muß man entweder verprügeln oder aus dem Lande jagen.“
Leider hatten die Offiziere recht. …"
*

Mit dem Drittel dürften wohl die Ausländer in der Armee gemeint sein.

* In: "Friedrich der Große und sein Hof
Persönliche Erinnerungen an einen 20jährigen Aufenthalt in Berlin von Dieudonné Thiébault" Berlin Story Verlag, Berlin, 2005 S. 338-339
 
Zu 2:
Kann natürlich gut sein das es da zu so unterschiedlichen Aussagen kommt, da Thiébault in Berlin war (zu dem Zeitpunkt auch?) und die Berliner Garnison keinen guten Ruf hatte. Das er das Prügeln als unmenschlich bezeichnet wundert mich, damals war es noch in vielen/allen(?) Armeen üblich. Manchmal lagen Zeitzeugen auch völlig daneben. Ich hatte da mal ein schönes Zitat eines britischen Generals zu den Highland Regimentern, welches besagte das es in ihnen keine Deserteure geben würde und vieles ähnliches übertriebenes beinhaltete.

Zu 1:
Ich habe mal nach Bildern dieser Maler mit vielen Personen des Hofes gesucht und etwas gefunden. Viele Uniformen sehe auf diesem Bild Martin van Meytens aus Wikipedia nicht. Als Vergleichsmittel dient ein Bild der österreichischen Generalsuniform aus dem Uniformlexikon von F. und L. Funken. Inwiefern diese Personen auf dem Bild repräsentativ sind ist natürlich auch wieder schwer festzustellen.

Kaiserliche Familie und Wiener Hofgesellschaft bei der Serenade 1763:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1c/Adel_im_Wandel85.jpg

Ansonsten gab es da noch ein schönes Bild von Erzherzog Joseph in ungarischer Uniform:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/ac/Martin_van_Meytens_003.jpg
 
2.
Das ist das Dumme, Thièbault war ja über eine längere Zeit in Berlin, von den 1760ern bis in die 1780er und man kann nicht immer genau zuordnen, zu welchem Zeitpunkt er nun dieses oder jenes aufgeschnappt hatte. Außerdem wird er auch manche Erkenntnisse welche er nach seiner Rückkehr nach Frankreich aufgesammelt hatte unbemerkt in seine Erinnerungen eingeflochten haben.

1.
Ja stimmt auf dem Bild sieht man kaum welche. Ein paar erkenne ich oben auf der Balustrade und am Rande des Saales. Viele Bilder von Meytens kenne ich auch nicht aus dem Internet und es ist mit dem Künstler immer wieder das Trauerspiel, das die höchst interessanten Werke, welche man in Wien sehen kann, kaum publiziert sind.

Die Sache bei dem von Dir verlinkten Bild von der Serenade von 1763 wahrscheinlich, dass hier im näheren Umfeld des Kaiserpaares v.a. hohe Adelige sein werden und sowas gab es am preußischen Hof z.B. ja kaum, mal abgesehen von den Prinzen fremder Staaten, welche in der preußischen Armee Dienst genommen hatten. Aber von denen wurde ja auch sicherlich ein Erscheinen in Uniform bei Hofe erwartet. Letztlich kommt hinzu, dass Preußen einen richtigen Hof zur Zeit Friedrich II. ja auch garnicht hatte.
 
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