Probleme beim Bau von U-Booten

Turgot

Aktives Mitglied
Ich habe eine Frage an unsere Marineexperten. Wie war es möglich, dass es im letzten Kriegsjahr immer noch zu Verzögerungen bei der Fertigstellung von U-Booten kam, wenn doch schon seit Beginn des Jahres 1916 der Bau der Boote absolute Priorität hatte.

Mir ist bekannt, dass die Werften, trotz des Befehls, immer noch zu einen nicht zu verachtenden Teil ihrer Kapazitäten für die großen Pötte gebunden hatten. Wer war dafür verantwortlich? Gab es darüber hinaus Mangel von Facharbeitskräften? Gab es Probleme mit den Rohstoffen?
 
Ich habe folgendes gefunden.
Die UI (Inspektion des Ubootwesens) schrieb am 28.05.1917 an Oberstleutnant Bauer vom OHL:
Auf kleinen Werften können bis Ende 1917/Anfang 1918 etwa 20 kleinere U-Boote bei Einweisung von 2000-15000 Facharbeitern hergestellt werden. Besteht Aussicht?
Große Werften haben noch nicht alle im Januar 1917 geforderten Arbeiter bekommen.
RMA hat keine Lust zu bestellen: nahes Endes des Krieges, Friedensetatssorgen, Gefährdung des Flottengesetzes, Schwierigkeiten der Materialbeschaffung usw.
Deshalb sind im nächsten Jahr die gleichen Lücken zu erwarten, wie jetzt: 6-8 statt 12-18
(Uboote/Monat) wie im Winter. Erst im Juli besser: 130 Frontboote bei 3% Verluste, nie über 220. Zu fürchten, daß die Verluste größer werden.

Aus der Denkschrift des Reichstagsabgeordneten Dr. Struwe vom 4. Juli 1918: ...die Vorteile des großen U-Bootes sind bei der augenblicklichen Lage unbedeutender Natur, so sind dafür die Nachteile, welche unsere gesamte Ubooterzeugung durch den Bau dieser wenigen großen Boote erwachsen, unverhältnismäßig groß. Die Inbaugabe auf unseren vier leistungsfähigsten Werften hat eine geradezu katastrophale Verzögerung der viel wichtigeren kleineren Bootsgattungen im Gefolge gehabt. Durch die Anweisung, die großen Boote teils ebenso dringlich zu behandeln wie die übrigen Bauten, teils diesen sogar noch voranzustellen, sind märchenhafte Verzögerungen entstanden, deren Ende unter Beibehaltung dieses Systems noch gar nicht abzusehen ist.

Am 25. September 1918 sandte der Staatssekretär des RMA an die SKL im Großen Hauptquartier folgendes Schreiben:... Die Werften haben erklärt, daß dieses Bauprogramm gehalten werden kann durch die Überweisung von 48000 vollwertigen Arbeitern für die Bauwerften; außerdem ist nötig:
1. Überweisung von 16000 vollwertigen Arbeitern für Reperaturarbeiten.
2. Überweisung von 5000 vollwertigen Arbeitern (für Unterlieferanten) für Inlandindustrie.
Von den Geforderten müssen 17000 bis 1. November gestellt werden, die übrigen bis Anfang April 1919 und im Laufe des Jahres 1919.
 
Mir ist bekannt, dass die Werften, trotz des Befehls, immer noch zu einen nicht zu verachtenden Teil ihrer Kapazitäten für die großen Pötte gebunden hatten. Wer war dafür verantwortlich? Gab es darüber hinaus Mangel von Facharbeitskräften? Gab es Probleme mit den Rohstoffen?

Nicht Rohstoffprobleme und Arbeitskräftemangel lies die geforderten Uboot zahlen nie erreichen.
Ein großes Problem war auch immernoch die richtige Konstruktion zu finden, vor allem welches Boot mit welcher Größe kann für einen Handelskrieg mit Ubooten erfolgreich eingesetzt werden. Mit dieser Frage kämpften die verantwortlichen in den Konstruktionsabteilungen des RMA schwer. Damit wurden verschiedenste Projekt und Ubootvarianten gebaut, die auch die Massenproduktion einem bestimmten Serientyp behinderten.
Mit einer Aufstellung der UI (Uboot Inspektion) Frühjahr 1915 wurde das erstmal mit dem Blick auf den Handelskrieg der Bestand berechnet, vor allem im Bereich der Ms-Boote (Mobilmachungs-) ich denke die Größe lag ca. um die 650t (?).
Dazu kamen nun die kleineren UB Boote sowie die Minenprojekte UC Boote.
Insgesamt werden die Uboote, egal welchen Typs, immer größer und die Obergrenze sind die U- Kreuzer Projekte.

Interessant ist die Ubootplanung ab 1916, denn in einer Denkschrift der Abteilung B III des Admiralsstabes wurde schon der Handelskrieg als erfolgversprechend dargestellt und auch gefordert.

Allerdings änderten sich im laufe des Jahres 1916 die Bestellungen für 1917 fast monatlich. Mit dem uneingeschränkten Ubootkrieges begann vor allem das Tauziehen zwischen dem Admiralstab und der Regierung über weitere verstärkte Bauprogramme.
Ab Ende 1917 spielt Scheer die Hauptrolle im Ubootbau und er forciert die Ubootproduktion. Mit der Gründung der Seekriegsleitung nachdem Scheer im August 1918 der neue Chef des Admiralstab wurde, wird auch das sogenannte Scheer Programm für den Ubootbau 1918 - 1920 erstellt.

Turgot, wenn es dich genauer interessiert, dann lies mal Rössler - Geschichte des deutschen Ubootbaus, Band 1.
 
Hier habe ich schon ein paar Zahlen veröffentlicht:

[...]

Um einen Überblick zu gewinnen, fange ich mit Daten an, die mit einer Denkschrift der Abteilung B III des Admiralstabes betreffend: Mittel für den wirtschaftlichen Vernichtungskrieg gegen England, am 06. Januar 1916 erstmals einen großes Ubootprogramm aufgestellt wurden.[1]

Diese Planung umfasste aber neben dem Handelskrieg gegen England auch noch die Problematik des momentanen kontinentalen Krieges.

Der Gesamtbedarf der Planung für den westlichen Kriegsschauplatz sah folgendes vor:

Hochsee- Uboote 209
Kleine Uboote 60
Hochsee- Minen – Uboote 54
Kleine Minen – Uboote 17

In der Gesamtplanung für alle Kriegsschauplätze wurden insgesamt 483 Uboote gefordert, von denen zu diesen Zeitpunkt schon fertiggestellte bzw. im Bau befindliche Boote in Anrechnung zu bringen waren, ergab das nun für die Neubauplanung 350 Uboote.

Mitte April 1916 stand folgendes Programm für 1917 fest:
10 - vergrößerte Minen-Uboote (Proj. 45) bei AG Vulvan (evtl. auch bei B & V)
12 – 1200t-Uboote (Proj. 42) bei sämtlichen Werften außer Vulcan
10 - Ms-Uboote des Typs U96 bei der GW [2]
24 – UBIII-Boote (Proj.44) im 1.Quartal 1917

Dies sollte Quartalsweise so weitergeführt werden.

Nach der Erklärung der uneingeschränkten Ubootkrieges wurden neue Forderungen aufgestellt, so sah die Bauvergabe Juni 1917 wie folgt aus:

39 – UC III Boote / Fertigstellung Frühjahr 1918 - Frühjahr 1919
37 – UB III Boote / Fertigstellung Sommer 1918 - Frühjahr 1919
9 – Ms-Uboote / Fertigstellung Sommer 1918 - Januar 1919
10 – U-Kreuzer (Proj. 46a) / Fertigstellung Sommer 1918 - Frühjahr 1919

Dezember 1917 wurde dann das Ubootprogramm für 1919 beschlossen und entsprechend erweitert um:

34 – UC III Boote
36 – UB III Boote
20 – UF Boote
12 – Ms-Uboote
18 – U-Kreuzer (Proj. 46a)

Juni 1918 wurden weitere Bestellungen herausgegeben:

40 – UC III Boote
44 – UB III Boote
44 – UF Boote
48– Ms-Uboote
16 – große Ms-Uboote

Ab August 1918 sollte die Ubootwaffe noch weiter verstärkt werden, durch das Scheer-Programm, doch dies kam Kriegsbedingt nicht mehr zum tragen.
[...]
Quelle:
Die Geschichte des deutschen U-Bootbaus von E.Rössler
 
Mit den Waffenstillstandsbedingungen vom 16. Januar 1919 waren alle Uboote abzuliefern oder im Bau befindlich abzubrechen. Im VV wurde zusätzlich ein vollständiges und unbefristetes Produktionsverbot in den Artikeln 181, 188, 189 und 191 festgelegt.

Die Konstruktionsunterlagen dagegen brauchten nicht abgeliefert zu werden. Ist das so richtig?
Warum tat sich dann die Kriegsmarine 15 Jahre später so schwer, entsprechende Konstruktionen umzusetzen. Gewissen Parallelen sind zum Ubootbaus des 1.WK zu erkennen.
 
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