Rache 1945

Repo

Aktives Mitglied
Am Pfingstmontag 1945 fuhren befreite KZ-Insassen mit requirierten LKWs durch die Dörfer und Städte einer Ecke Südwestdeutschlands und sammelten Nazi-Größen ein.

Sie verschleppten sie in ein ehemaliges KZ-Außenlager und erteilten ihnen Anschauungs-Unterricht, wie es in einem KZ den "Schutzhäftlingen" ergangen war.
Viele überlebten diesen "Unterricht" nicht, auch einige Frauen und sogar ein Kind soll unter den Toten gewesen sein.

Das Lager wurde von den Franzosen eine ganze Zeit toleriert, erst im August 1945 wurde es "aufgelöst".


Nun würde mich interessieren, kennt Jemand hier ähnliche Vorgänge aus anderen Gegenden?
 
Ich kenne einige Fälle von befreiten überlebenden Juden, die eine gewisse Zeit wieder in ihren Häusern wohnten, aus denen sie 38-42 verjagt worden waren, bis die Möglichkeit der Ausreise, meist in die USA, zT auch nach Israel gegeben war.

Das Zusammenleben mit den deutschen Nachbarn spielte sich nicht unbedingt freundschaftlich ab, aber doch relativ Spannungslos.
 
Ich kann mal forschen.

Kannst du bitte noch deine Quellen angeben. Wäre nett vielen dank.

Um welches Aussenlager handelte es sich?
 
Ich kann mal forschen.


Danke im Voraus.

Kannst du bitte noch deine Quellen angeben. Wäre nett vielen dank.
Michael Grandt, Unternehmen Wüste - Hitlers letzte Hoffnung
ISBN 3-87407-508-7
Seiten 127-131

Es gibt einige weitere Publikationen dazu, ein Ausschnitt aus der damaligen Illustrierten Revue (leider undatiert) liegt im Kreisarchiv Balingen, aber die vermutlich zuverlässigsten Infos findet man bei Grandt.

Um welches Aussenlager handelte es sich?
Dormettingen.
Eines der Wüste-Lager.

Die Vorkommnisse sind so drastisch und anscheinend, der fehlenden Reaktion hier nach, auch so außergewöhnlich, dass ich bei Interesse noch mehr dazu schreiben werde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zuletzt bearbeitet:
Das schreibst Du aber jetzt nicht mir?

Nein es lesen ja auch noch andere im Geschichtsforum, die evt. nicht wissen das es Gedenkstätten etc. gibt.


Dann zum weitersuchen:

Wolfgang Benz

Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager.
Stutthof, Groß-Rosen, Natzweiler
Band 6

Repo schrieb:
Es geht mir nicht um die KZ´s, das ist ein anderes Thema, sondern um das danach.

Du kannst nicht die KZ's ausblenden. Denn ohne diese KZ's wäre es nicht zu diesen Racheaktionen gekommen. Das gehört zur Vorgeschichte und ist ein Teil der Geschichte.

Hast du das Buch von Grandt bei dir? Wenn ja welche Quellen gibt er zu dieser deiner Aussage an:

Viele überlebten diesen "Unterricht" nicht, auch einige Frauen und sogar ein Kind soll unter den Toten gewesen sein
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht noch zur Verdeutlichung:

Es ist überaus verständlich und menschlich nachvollziehbar, wenn sich KZ-Opfer an ihren Peinigern gerächt haben.
Es ist mir aber wenig bekannt.
Und ich habe fast den Eindruck, wie wenn da gar nicht so viel passiert wäre.

In Dormettingen scheint dies ein Sonderfall gewesen zu sein. Vermutlich haben die Franzosen sie gewähren lassen, weil auch sie diese Rachegefühle für nachvollziehbar hielten.

Aber, wie gesagt, es würde mich interessieren, ob weitere Fälle bekannt sind.
 
Du kannst nicht die KZ's ausblenden. Denn ohne diese KZ's wäre es nicht zu diesen Racheaktionen gekommen. Das gehört zur Vorgeschichte und ist ein Teil der Geschichte.

Natürlich. Und ich kenne aus lokaler Sicht diese Geschichte recht gut. Fast zu gut.

Hast du das Buch von Grandt bei dir?
Ja. Ich habe Dir die entsprechenden Seiten gemailt.

Wenn ja welche Quellen gibt er zu dieser deiner Aussage an:
Anmerkung 240: "Vgl. Balinger Volksfreund vom 9. Juli 1957"
"Balinger Volksfreund" ist eine der Lokalzeitungen, heute "Zollernalb Kurier"

Ich habe allerdings aus dem Gedächtnis falsch zitiert, es sollen 3 Frauen unter den Opfern, häufig vergewaltigt, aber nicht tot!
Unter den Toten soll ein unbekanntes Kind gewesen sein, dies bestätigen aber nicht alle Quellen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht noch zur Verdeutlichung:

Es ist überaus verständlich und menschlich nachvollziehbar, wenn sich KZ-Opfer an ihren Peinigern gerächt haben.
Es ist mir aber wenig bekannt.
Und ich habe fast den Eindruck, wie wenn da gar nicht so viel passiert wäre.

In Dormettingen scheint dies ein Sonderfall gewesen zu sein. Vermutlich haben die Franzosen sie gewähren lassen, weil auch sie diese Rachegefühle für nachvollziehbar hielten.

Aber, wie gesagt, es würde mich interessieren, ob weitere Fälle bekannt sind.

Ich war letzte Woche in Sachsenhausen, da stand bei der Ausstellung über die Fälscher, das einer dieser Fälscher nach der Befreiung in Österreich sich an der Ergreifung von Nazis beteiligte. Die Fälscher waren aber auch soweit man das sagen kann in "guter körperlicher Verfassung", was man von den meisten andern Häftlingen in den verschieden KZ's nicht behaupten kann.

So waren bei der Befreiung in Sachsenhausen, nur noch die kranken und sehr schwachen Häftlinge im Lager. Die andern mussten auf die Todesmärsche, die es ja in jedem Lager gab. Man müsste nun bei diesen Todesmärschen schauen, was geschah, nachdem die SS das Weite suchte.
 
Noch zu den Gedenkstätten.
Die Dormettinger ist da die "Unscheinbarste".
Die informativste ist eigentlich die im Eckerwald:


auf den Seiten sind auch die anderen zum Wüste-Komplex verlinkt.


Die Gruppen auf den Todesmärschen hatten unterschiedlichste Schicksale, Dold von Dautmergen kümmerte sich unterwegs um die ihm anvertrauten.
Bei einer anderen Gruppe die durch Ostrach kam, haben die Ostracher Frauen die SS-Wachen verjagt.


Die Wüste-Lager haben aber doch etliches Bemerkenswerte aufzuweisen.
Mit Dold den einzigen freigesprochenen Lagerkommandanten. (war schon mal Thema hier)
Und dann eben das "Rache-KZ" in Dormettingen.
 
ich habe bislang eher Berichte über Racheaktionen der Befreier gelesen.

Textauszug über das Lager Sandbostel, wo die Briten die Befreier waren: (Sandbostel, da kamen die Leute z.B. aus Neuengamme nach den Todesmärschen an)

"Empört über die Zustände im Lager und wütend über die verlustreichen Kämpfe um das Lager Sandbostel wollten die Briten mehrere Dörfer im Umkreis des Lagers abbrennen. Nur mit größter Mühe konnte der Selsinger Pastor Baden die Briten davon abhalten. Um die größte Not der befreiten Häftlinge zu lindern, wurden Männer und Frauen aus den umliegenden Dörfern zur Arbeit im Lager dienstverpflichtet. Sie mussten die Kranken pflegen, Baracken säubern, die Toten begraben usw. Für viele Häftlinge kam aber diese Hilfe zu spät, viele starben auch noch nach der Befreiung."


als fiktive Gedankenspiele über die Rache läßt sich das Werk von Friedrich Torberg "mein ist die Rache" sehen:

Deutschlandradio Kultur - Kritik - Widerstand oder Gottvertrauen

Es geht in der Novelle um ein fiktives KZ, in dem ein neuer Lagerkommandant Einzug hält. Der ist extrem sadistisch und quält jüdische Häftlinge solange, bis diese als letzten Ausweg den Selbstmord wählen. Der Kommandant gibt ihnen dazu die eigene Waffe. Den noch lebenden jüdischen Häftlingen stellt sich die Frage, ob man mit der Waffe statt sich selbst nicht lieber aus Rache den Kommandanten erschießen soll.


zu Friedrich Torberg:
Friedrich Torberg ? Wikipedia


ansonsten habe ich einige Seiten gegoogelt, aber nichts weiter gefunden
@Repo: es scheint wohl tatsächlich eine Art Tabu-Thema zu sein?!
 
ich habe bislang eher Berichte über Racheaktionen der Befreier gelesen.


Da ist ja einiges bekannt. Die Szenen in Dachau zB.

Auch von Zwangsarbeitern die mit ehem. Bewachern kurzen Prozess machten, wüsste ich etliches zu berichten

ansonsten habe ich einige Seiten gegoogelt, aber nichts weiter gefunden
@Repo: es scheint wohl tatsächlich eine Art Tabu-Thema zu sein?!

Es ist natürlich schon, wie das auch Ursi gleich vorbauend beschrieben hat, die braune Soße würde sich ja geifernd darauf stürzen.

Deswegen denke ich auch, dass da durchaus noch das eine oder andere irgendwo passiert ist, auch erforscht ist.
Aber absichtlich lediglich an relativ versteckter Stelle publiziert.
Meine Vermutung: "Regional weiß man schon davon, und kennt auch die Publikationen", deshalb hoffe ich auch, dass hier vielleicht doch noch das eine oder andere kommt.

Aber wie hält man die "Braunen" raus?
Wie wäre eine Verschiebung in den "Smalltalk"? da können doch nur angemeldete mitlesen?
 
@Repo: es scheint wohl tatsächlich eine Art Tabu-Thema zu sein?!

Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Ich glaube, dass Racheaktionen wirklich eher die Ausnahme waren.
Die Menschen, die noch befreit werden konnten, waren doch mehr tot als lebendig. Sie waren physisch und psychisch weit über ihre Grenzen belastet worden.
Um Rache ausüben zu können, muss man aber noch Kraft und Wut haben und die wenigsten hatten noch ausreichend Kraft. Die Wut dürfte bei vielen einfach der Resignation gewichen sein und kam erst Jahre, vielleicht Jahrzehnte später wieder hoch.
 
Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Ich glaube, dass Racheaktionen wirklich eher die Ausnahme waren.
Die Menschen, die noch befreit werden konnten, waren doch mehr tot als lebendig. Sie waren physisch und psychisch weit über ihre Grenzen belastet worden.
Um Rache ausüben zu können, muss man aber noch Kraft und Wut haben und die wenigsten hatten noch ausreichend Kraft. Die Wut dürfte bei vielen einfach der Resignation gewichen sein und kam erst Jahre, vielleicht Jahrzehnte später wieder hoch.



Vielleicht hast Du recht.
Der körperliche Zustand war ja meist fürchterlich.

aber vielleicht auch nicht.
Die Menschen sind verschieden, und hin und wieder liest man, (in völlig anderem Kontext) dass den einen oder anderen lediglich der Gedanke an Rache am leben erhielt.

Den genannten Fall Dormettingen kenne ich, er ist zweifelsfrei belegt. Und um evt. etwas über ähnliche Fälle zu erfahren, habe ich diesen Thread eröffnet.
 
Vielleicht hast Du recht.
Der körperliche Zustand war ja meist fürchterlich.

Soweit es das Reichsgebiet betraf, wären noch die so genannten "Todesmärsche" 1945 zu erwähnen, beispielsweise bei der Auflösung der Lager im Harz, aber auch sonstwo. Hierbei blieben häufig die nicht mehr gehfähigen Gefangenen in den Lagern zurück, die übrigen wurden mit hohen Todesraten in die Märsche geschickt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Todesmarsch#Todesm.C3.A4rsche_von_KZ-H.C3.A4ftlingen_.281944.2F45.29
 
Vielleicht hast Du recht.
Der körperliche Zustand war ja meist fürchterlich.

aber vielleicht auch nicht.
Die Menschen sind verschieden, und hin und wieder liest man, (in völlig anderem Kontext) dass den einen oder anderen lediglich der Gedanke an Rache am leben erhielt.

Den genannten Fall Dormettingen kenne ich, er ist zweifelsfrei belegt. Und um evt. etwas über ähnliche Fälle zu erfahren, habe ich diesen Thread eröffnet.

Ich wollte den Fall Dormettingen auch nicht in Zweifel ziehen, und bestimmt gibt es noch andere Beispiele.
Ich finde den Thread schon sehr interessant und ich wüsste auch gerne, ob noch weitere Besipiele bekannt sind. Nur glaube ich nicht, dass es 'häufig' vorkam, zumindest nicht so häufig, dass man es tabuisieren würde. Darauf bezog sich auch eigentlich mein Post :winke:

Grüße
KeineAhnung
 
Zurück
Oben