Resignation+Nischengesellschaft

@ Wieger

Die KPD erhielt im Jahr 1953 nur noch 2,2% der Wählerstimmen und wurde 1956 verboten, weil Ziele und Satzung verfassungswidrig waren. Wer den gewaltsamen Sturz der Staatsordnung propagiert, darf sich über ein Verbot nicht wundern! - Dennoch konnte jeder Kommunist sein, sofern er die Verfassung der Bundesrepublik nicht verletzte.

Dass sich dies so verhielt, zeigt das Beisoiel der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP). Ihre Satzung und ihre Ziele verstießen im Gegensatz zur KPD nicht gegen die Verfassung und so konnten ihre kommunistischen Mitglieder bei jeder Wahl um Stimmen werben. Ich habe anlässlich vieler Wahlen Stände der DKP mit reichlich kommunistischem Prospektmaterial gesehen. Genutzt hat es freilich wenig, denn das Beispel der benachbarten DDR war denn doch zu abschreckend.

Daneben gab es eine Fülle weiterer kommunistischer Splitterparteien (z.B. KPD-ML, eine marxistisch-leninistische Gruppiereung, um nur eine zu nennen) die alle ohne Einschränkung ihr sektiererisches Dasein führen konnten (und können!).

Also: Wer nicht gegen die Verfassung unseres Rechtsstaates verstieß, konnte sich nach belieben entfalten. Flüchten mussten – wie schon gesagt – lediglich Rechtsbrecher und Kriminelle.
 
Zuletzt bearbeitet:
Penseo schrieb:
Ich will Dich bestimmt nicht cholerisch machen, Wieger, aber bei dem von dir zitierten Herrn Schölzel steht im Wikipedia-Artikel, dass er von der Bundeswehr desertierte. Das ist strafbar.
Nachdem er dies tat, musste er wohl "flüchten".

ein Bekannter (Vater Altkommunist) von mir ist 1956 (Wehrdienst) nach Leipzig gegangen und hat dort ein Studium angefangen.
Nach einem Jahr kam er zurück und hat in Eßlingen fertig studiert. Wie er es dann mit der Wehrpflicht geregelt hat, weiß ich jetzt nicht. Beim Barras war er jedenfalls nicht.
Wobei er auch heute noch bestätigt, dass er in Leipzig bei "Nacht und Nebel" verschwinden musste, er nicht damit rechnen konnte, dass sie ihn "im guten" hätten gehen lassen.

Grüße Repo
 
Der Begriff "Flüchtlinge" von West nach Ost kann meiner Meinung nach nur für Menschen zutreffen, die einen Grund hatten aus der BRD zu flüchten. Und das dürften dann in jedem Fall Gründe gewesen sein, die so juristisch fundiert waren, dass ihnen ein Wohnortwechsel in ein westliches Land keinen Schutz vor Strafverfolgung geboten hätte. Ansonsten ist es unlogisch - wer nichts auf dem Kerbholz hatte, hätte auch ebenso gut legal in jedes Land seiner Wahl wechseln können.
Es ist nicht auszuschließen, dass ein ganz geringer Teil wirklich aus Überzeugung in die DDR wechselte, aber diesen wäre das auch legal möglich gewesen. "Flüchtlinge" als solche können also nur vom Gesetz der BRD gesuchte Leute gewesen sein. Wieger, entweder so oder der Begriff Flüchlinge ist falsch.
 
Es gab schon Leute die freiwillig und wohlüberlegt ihren Aufenthaltsort in der DDR nahmen.
Mein o.g. Beispiel, dann fällt mir Ardenne ein, Heym und Brecht.

Aber natürlich flüchten musste da keiner.

Andererseits, ich hatte mal einen Mitarbeiter, vorher Zeitsoldat, dessen Mutter ist in die DDR gegangen (Grund weiß ich natürlich nicht) da hat ihn die Bundeswehr rausgeschmissen. Nichteinmal im Soldatenheim außerhalb des Kasernengeländes durfte er mehr Kellnern. Kam sofort der MAD.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Es gab schon Leute die freiwillig und wohlüberlegt ihren Aufenthaltsort in der DDR nahmen.
Mein o.g. Beispiel, dann fällt mir Ardenne ein, Heym und Brecht.

Aber natürlich flüchten musste da keiner.

Andererseits, ich hatte mal einen Mitarbeiter, vorher Zeitsoldat, dessen Mutter ist in die DDR gegangen (Grund weiß ich natürlich nicht) da hat ihn die Bundeswehr rausgeschmissen. Nichteinmal im Soldatenheim außerhalb des Kasernengeländes durfte er mehr Kellnern. Kam sofort der MAD.

Grüße Repo

Das Manfred von Ardenne und auch Stefan Heym ursprünglich in der BRD gelebt haben, ist mir neu. Wir reden doch jetzt von der Zeit nach Gründung der DDR, oder sehe ich das falsch? von Ardenne ging meines Wissen gleich nach Kriegsende in die SU und mit deren Auftrag später in die DDR.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mein o.g. Beispiel, dann fällt mir Ardenne ein, Heym und Brech
Die drei oben genannten passen aber nicht so ganz. Ardenne und Brecht lebten von Anfang an in der DDR, Heym war zu diesem Zeitpunkt seiner Auswanderung amerikanischer Staatsbürger (glaube ich).
 
Ashigaru schrieb:
Die drei oben genannten passen aber nicht so ganz. Ardenne und Brecht lebten von Anfang an in der DDR, Heym war zu diesem Zeitpunkt seiner Auswanderung amerikanischer Staatsbürger (glaube ich).

Ist nicht Biermann auch erst nach Gründung der DDR dorthin umgesiedelt?
 
Ingeborg schrieb:
Ist nicht Biermann auch erst nach Gründung der DDR dorthin umgesiedelt?

Also von Biermann kenne ich nur den großen Umzug gen Westen, da haben einige seiner Kollegen Flagge gezeigt, in beide Richtungen, sowohl negativ als auch positiv.
 
Waren Heym und Brecht nicht in den USA?
Ardenne war ein hochgeschätzter Wissenschaftler in der DDR. Den konnten sie gar nichts ans Zeug flicken. Der war viel zu wichtig.
 
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florian17160 schrieb:
Haben Heym und Brcht nicht in den USA gelebt?
Ardenne war ein hochgeschätzter Wissenschaftler in der DDR.
Den konnten sie gar nichts ans Zeug flicken. Der war viel zu wichtig.


Ardenne war sogar SU-Kader, er kam aus der SU zurück mit Auftrag, in der DDR zu arbeiten.
 
Irene schrieb:
Also von Biermann kenne ich nur den großen Umzug gen Westen, da haben einige seiner Kollegen Flagge gezeigt, in beide Richtungen, sowohl negativ als auch positiv.

Biermann ist gebürtiger Hamburger und soweit ich weiß erst Anfang der 50er in die DDR gegangen.

Und da ich nicht mehrere verschiedene Postings quoten kann (sorry), hier hintendran:
Stimmt, Heym war meine ich sogar in der US-Armee; Brecht war in den USA im Asyl.
 
Irene schrieb:
Ardenne war sogar SU-Kader, er kam aus der SU zurück mit Auftrag, in der DDR zu arbeiten.

Bei Ardenne lag ich daneben, ist gebürtiger Hamburger, war aber anscheinend mehr oder weniger freiwillig in der SU.

Aber Heym und Brecht haben freiwillig und wohlbedacht die DDR als Aufenthaltsort gewählt.
Wobei Brechts Ergebenheitsadresse zum 17. Juni 1953 eine Schande für jeden aufrechten Schwaben ist.

Grüüße Repo
 
Penseo schrieb:
Heym und Brecht wanderten meines Wissens wegen "unamerikanischer Tätigkeiten" (McCarthy) aus den USA zurück nach Ostdeutschland.
Ich meine aber, sie seien keine amerikanischen Staatsbürger gewesen.

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/BrechtBertolt/
http://www.lib.cam.ac.uk/MSS/Heym.html

Edit: Nur Heym wanderte deshalb aus, Brecht ging schon vor McCarthy.

Laut Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Stefan_Heym war Heym amerikanischer Staatsbürger und entzog sich seiner drohenden Einberufung für den Koreakrieg (zuerst Prag und dannn Übersiedelung in die DDR).




ist
 
Repo schrieb:
Bei Ardenne lag ich daneben, ist gebürtiger Hamburger, war aber anscheinend mehr oder weniger freiwillig in der SU.

Aber Heym und Brecht haben freiwillig und wohlbedacht die DDR als Aufenthaltsort gewählt.
Wobei Brechts Ergebenheitsadresse zum 17. Juni 1953 eine Schande für jeden aufrechten Schwaben ist.

Grüüße Repo

Das dürfte auch für Ardenne zutreffen. Er hatte absolut freie Hand in der DDR und auch alle seine Privelegien behalten. Auch der Barontitel wurde ihm und seiner Familie nicht abgesprochen. Zudem war er von Anfang bis Ende Reisekader und hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, für sich eine andere Wahl zu treffen.
 
Irene schrieb:
Das dürfte auch für Ardenne zutreffen. Er hatte absolut freie Hand in der DDR und auch alle seine Privelegien behalten. Auch der Barontitel wurde ihm und seiner Familie nicht abgesprochen. Zudem war er von Anfang bis Ende Reisekader und hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, für sich eine andere Wahl zu treffen.

Wobei natürlich fraglich ist, was ihm die "Freunde" für diesen Fall versprochen hatten.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Wobei natürlich fraglich ist, was ihm die "Freunde" für diesen Fall versprochen hatten.

Grüße Repo

Das kann ich dir sagen, wobei mir das niemand glauben wird.
Ardenne hatte ein sogenanntes "Staatsfreies Konto".
Ende der 60iger Jahre, hat mir das mal ein Berliner, der hier in den Ferien war und mit Comtesse von Ardenne, also seiner Tochter, in einer Klasse ging gesagt.
 
florian17160 schrieb:
Das kann ich dir sagen, wobei mir das niemand glauben wird.
Ardenne hatte ein sogenanntes "Staatsfreies Konto".
Ende der 60iger Jahre, hat mir das mal ein Berliner, der hier in den Ferien war und mit Comtesse von Ardenne, also seiner Tochter, in einer Klasse ging gesagt.

Moment ich meinte das zynisch, was ihm für "Republikflucht" oder "Seitenwechsel" angedroht war.

Aber Frage "Staatsfreies Konto" was versteht man darunter?

Grüße Repo
 
Penseo schrieb:
Was ist denn ein "Staatsfreies Konto"?
:winke:

Staatsfreies Konto bedeutete unbeschränkte Geldmittel, privat, wie geschäftlich. Wurde alles vom Staat abgedeckt. Er war übrigens der einzige, der in seinem Institut, in Dresden, ein eigenes kleines Atomkraftwerk bauen durfte. Das wiederrum, weiss ich von meinem ehemaligem Physiklehrer.
 
florian17160 schrieb:
Staatsfreies Konto bedeutete unbeschränkte Geldmittel, privat, wie geschäftlich. Wurde alles vom Staat abgedeckt. Er war übrigens der einzige, der in seinem Institut, in Dresden, ein eigenes kleines Atomkraftwerk bauen durfte. Das wiederrum, weiss ich von meinem ehemaligem Physiklehrer.

Brems mich, wenn ich das jetzt falsch verstehe, aber heisst das, dass der Staat auch für seine privaten Ausgaben aufkam?
Oder durfte er unbeschränkt Privatvermögen ansammeln ?
 
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