Resignation+Nischengesellschaft

Zitat: "Freitag ab eins, macht jeder seins."
Häufig anzutreffende Einstellung, die den Rückzug ins Private darstellt.
Das wurde auch überall dort, wo es möglich war, so praktiziert.
 
Nische (sozialistische)...

Hieß für mich:
Sich zurückziehen, sich eine eigene Welt schaffen und in dieser so oft es möglich ist zu leben.

So gesehen, kann man unter diesem Begriff, bei dieser Themenstellung, auch eine Art „Subkultur“ verstehen.
Subkultur (Nische – Subkultur), hier würde ich mich, zwar etwas modifiziert, an die Definition anlehnen die man dazu bei wiki findet.

Nun wurde ja schon eine Vielzahl solcher Nischen genannt.

Es war nicht zu übersehen.
Nischen erfreuten sich, je älter der real existierende Sozialismus wurde, einer wachsenden Beliebtheit.

Viele hatten sich ihre Nische gemeinsam mit dem Ehepartner und auch den Kindern, sowie mit Freunden geschaffen.
Wobei es aber nicht immer so ganz einfach war, sich seine Nische zu schaffen. Hier musste man sich auch oft in Geduld üben.


Beispiele:
  • Wartezeit der Städter auf einen Garten bzw. Freizeitgrundstück,
  • Wartezeit auf einen PKW,
  • Wartezeit bei Wohnungseinrichtungen, wenn man vom Standard abweichende Vorstellung hatte und anderes.
Mit dieser Entwicklung waren die Offiziellen der Partei nicht immer so richtig glücklich, denn es ging hier letztendlich um Förderung des Individualismus.

Der Individualismus hatte im real existierenden Sozialismus eine eigene Definition. Die bürgerliche Definition wurde kategorisch ablehnte.
Offiziell hieß es: „... denn eine freie, allseitige Entwicklung der Individuen ist nur in der sozialistischen Gesellschaft, durch deren Weiterentwicklung, durch das bewusste, disziplinierte, sozialistische Zusammenwirken der Individuen möglich.“
Da passte natürlich z.B. die private Datscha nicht so richtig ins Konzept.

Warum erlaubte man dann Nischen?

Weil, „individualistische Denk- und Verhaltensweisen verschwinden nicht sofort in der Mentalität der Menschen, .... Ihre Überwindung kann nur in einem langwierigen praktischen Entwicklungsprozess erfolgen, ...“.

Das war die offizielle Denkweise.

Diametral dazu die Denkweise vieler, vieler Bürger.
Nämlich, wenigstens mal raus aus den sozialistischen Alltag, mit all seinen Widrigkeiten.

Abschließend noch ein konkretes Beispiel:
W. Ulbricht wehrte sich mit Händen und Füßen gegen die PKW Produktion, die zu privatem Besitz von PKW führte. Unter E. Honecker wurde diese dann doch vorangetrieben, aber mit großen Einschränkungen. Hat er auch nur deshalb gemacht, weil es die Bundesrepublik gab.
Siehe hierzu den privaten PKW Bestand in einigen anderen sozialistischen Ländern, der bekannter Maßen deutlich kleiner war.

Zitat aus: „Philosophisches Wörterbuch“.
Herausgeber: „VEB Bibliographisches Institut Leipzig“.
 
Die SED propagierte eine "sozialistische Gesellschaft" mit "gesellschaftlichen Aktivitäten" und "gesellschaftlichem Engagement", was aber lediglich Synonyme für die Einordnung in die Partei- und Staatsorganisation der DDR waren. Eine offene Gesellschaft, in der die Bürger ihre unterschiedlichen Interessen nach Regeln und mit Hilfe des Rechts ausgleichen und sich frei und unabhängig selbst organsieren können, war damit offiziell beseitigt.

Eine Folge davon war die Trennung zwischen offizieller und inoffizieller Gesellschaft. Die Menschen konnten nur in privaten Bereichen und informellen Gruppen den Ansprüchen der SED entgehen. In den sprichwörtlichen "privaten Nischen" entzogen sich die Bürger der unentwegten Disziplinierung und Erziehung. Hier fand für sie das eigentliche Leben statt. Die Nischen waren ein gsellschaftlicher Fluchtort, der unter dem Motto "Privat geht vor Katastrophe" zum Ausgangspunkt einer zweiten Öffentlichkeit mit Westmedien, verbotenen Büchern, politischen Witzen und einer "Datsche" wurde.

Damit bildeten sich in der DDR trotz Ächtung seitens der Partei verschiedene künstlerische, jugendliche, intellektuelle und bürgerliche Subkulturen aus, deren informeller Charakter dazu führte, dass in ihnen auch kritische Potenziale entstanden. Die SED fand sich schließlich mit dem privaten Sonderleben ihrer Bürgerinnen und Bürger ab, doch verhinderte sie nach Möglichkeit gesellschaftliche Aktivitäten einzelner, die nicht im Interesse der SED oder schwer kontrollierbar waren.
 
Leider habe ich keine digitalisierten Fotos aus der Nischen – Ära :).
Dieses Foto ist aus der neueren Zeit.
Die zu sehende Überdachung der Terrasse mit Terrassengeländer wäre in der DDR überhaupt nicht möglich gewesen. Man hätte dafür weder eine Baugenehmigung noch das Material bekommen.

Blick von Terrasse.jpg
 
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