Rezeption/Bewertung der DDR

Und ides war nicht die Problematik von falscher Wirtschaftsführung oder Ausverkauf des Ostens, sondern die Hinterlassenschaft der DDR Misswirtschaft. Und das wird wird heute noch gern bei der Bevölkerung von eine bestimmten politischen Seite gern verklärt.
Hier gibst Du ziemlich unkritisch die offiziellen Erklärungen für die fast vollkommene Vernichtung der Industrie im Osten wieder. Ein großer Prozentsatz der DDR-Betriebe war in einem schlechten Zustand und nicht mehr sinnvoll sanierbar aber es gab auch vielfach ein vollkommen sinnloses Plattmachen von durchaus erhaltbarer industrie und Landwirtschaft durch die Treuhandanstalt. Hier ein interessanter Artikel dazu.
DDR: Treuhand-Anstalt - Ausverkauf der Republik - Politik - Sddeutsche.de
 
Hier gibst Du ziemlich unkritisch die offiziellen Erklärungen für die fast vollkommene Vernichtung der Industrie im Osten wieder. Ein großer Prozentsatz der DDR-Betriebe war in einem schlechten Zustand und nicht mehr sinnvoll sanierbar aber es gab auch vielfach ein vollkommen sinnloses Plattmachen von durchaus erhaltbarer industrie und Landwirtschaft durch die Treuhandanstalt. Hier ein interessanter Artikel dazu.
DDR: Treuhand-Anstalt - Ausverkauf der Republik - Politik - Sddeutsche.de

Ich verweise lediglich auf die Problematik, daß die DDR die Misswirtschaft zu verantworten hat und den Scherbenhaufen, denn die SED Regierung 1990 hinterließ.
Ob es hier den ein oder anderen Betrieb gab, der zu retten war, will ich nicht abstreiten, aber darum geht es auch nicht, denn diese Betriebe, vor allem die, die es geschafft haben und Arbeitsplätze halten konnten, stehen nicht im Fokus derer, die die hohe Arbeitslosigkeit in ihre verklärte Agitation einbinden und der Bevölkerung suggeriert haben, das daran der kapitalistische Westen schuld trägt.
Das kann nicht von der Hand gewiesen werden.

Und was soll die Bezeichnung "offizielle Erklärung" bedeuten? :S
 
Hier gibst Du ziemlich unkritisch die offiziellen Erklärungen für die fast vollkommene Vernichtung der Industrie im Osten wieder.

Es gab keine "offizielle" Erklärung sondern die wirtschaftliche Notwendigkeit, marode DDR-Betriebe zu schließen. Die Treuhand bot solche Betriebe händeringend an, aber wenn sich nach Begutachtung heruntergekommener Anlagen durch interessierte Kunden kein Unternehmer fand, der eine kommerzielle Chance zum wettbewerbsfähigen Weiterbetrieb sah, dann musste die Bude dicht machen.

Eine Möglichkeit wäre es gewesen, bestimmte Betriebe in die Hand des Staats zu geben und sie aus staatlichen Mitteln wettbewerbsfähig zu machen. Das ist vielfach in Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei geschehen. Allerdings weiß ich nicht, ob diese Vorgehensweise in finanzieller und unternehmerischer Hinsicht tragfähig gewesen ist. In Deutschland hat man ein solches Konzept jedenfalls nicht favorisiert, obwohl es - möglicherweise - die totale Deindustrialisierung der alten DDR hätte verhindern können.
 
Und welcher Historiker hält die DDR für einen totalitären Staat.

Eckhard Jesse unteruchte das DDR-System anhand einiger Kriterien und kam zu dem Schluss, dass die DDR unter Ulbricht totalitär, unter Honecker autoritär war.

Ebenso nennt Klaus Schroeder die DDR einen "totalitären Überwachungs- und Versorgungsstaat".

Im Bezug auf die innenpolitische Organisation und Umsetzung der innenpolitischen Interessen, mal unabhängig von der unterschiedlichen Ideologie, kann ich auf den ersten Blick keine Unterschiede finden.
Auch der Militarisierung der Gesellschaft, die Gleichschaltung, die Jugendorganisation...

Die Aufarbeitung der DDR ist schwierig, vor allem, wenn man selbst betroffen ist und sich einem das Leben ohne Repressalien durch die DDR führte.

Da muss ich dir völlig zustimmen; so sehe ich das auch. Der Vergleich Drittes Reich/DDR liegt gar nicht so abwegig, wie man vielleicht denken mag. Es gibt zahlreiche Parallelen in vielen Aspekten der Systeme. Die Unterschiede kann man natürlich nicht leugnen, aber das hat hier auch keiner vor.

Die Totalitarismus-Kriterien passen sowohl auf die DDR als auch auf das Dritte Reich, um ein Beispiel zu nennen (neben den von dir genannten).

Ich tue mich mit so eindimensionalen Begrifflichkeiten wie "Rechts/Links" ein wenig schwer. Sicherlich gab es keine rassistische Verfolgung in der DDR. Dafür wurden bestimmte Klassen verfolgt, aber nicht ermordet im Gegensatz zur frühen SU.

Im Dritten Reich gab es allerdings ein mit Einschränkungen marktwirtschaftliches System mit Privateigentum, während in der DDR das Volkseigentum bestand.

Neutral und faktisch gesehen, wird die politische Gesinnung von Parteien, Organisationen und Privatpersonen mit links, rechts etc. dargestellt. Das Dritte Reich ist ganz klar rechts, die DDR ganz klar links.

Welche Klassen wurden denn in der DDR verfolgt? Es gab in der DDR genauso Unternehmer wie im Westen, genauso Reiche wie im Westen und genauso Arme wie im Westen. Der Unterschied allein war, dass man dieses Faktum schlichtweg ignoriert hat und im Westen den "Imperialismus" sah.

Wenn du von Volkseigentum sprichst, ist das ganz klar ideologisch eingefärbt. In der DDR gab es nach der Ideologie, Propaganda und Dialektik "Volkseigentum". Aber ich frage dich: War wirklich das Volk Eigentümer einer Produktionsstätte oder waren es vielmehr vom System eingesetzte Unternehmer/Gesellschaften?

Nach der Wiedervereinigung stellten aber viele fest, dass es durchaus einiges in der DDR gab, was besser oder viel einfacher geregelt war als in der Bundesrepublik und durchaus erhaltenswert gewesen wäre.

Dazu fällt mir der "Aufruf für unser Land" vom 26. November 1989 ein. Viele Systemkritiker kritisierten das System, aber ohne es abschaffen zu wollen; vielmehr wollten sie es umgestalten, die DDR aber beibehalten. Auch Oskar Lafontaine sprach von "nationaler Besoffenheit" und kritisiert damit die hundertprozentige Übernahme des kapitalistisch-sozialmarktwirtschaftlichen Systems der BRD für die Ostbundesländer.

Viele DDR-Bürger, die vielleicht kritisch, aber nicht oppositionell eingestellt waren, verfolgten und unterstützten das Ziel, dass die DDR bestehen bleibt, nur in gewissen Punkten reformiert.

In diesem Sinne wäre es verfehlt, nur die kommunistische Herrschaft in der Sowjetunion und das NS-Regime in Deutschland als totalitär zu klassifizieren, wenngleich sich die totalitären Elemente bei diesen besonders krass ausprägten. Schließlich wurden und werden in anderen Staaten ebenfalls totalitäre Herrschaftssysteme errichtet. Auch die DDR-Diktatur lässt sich im oben genannten Sinn als totalitäres Regime interpretieren, wenngleich in der zweiten Hälfte der 80er Jahre aufgrund einer Reihe unterschiedlicher Faktoren der repressive Charakter zurückgegangen war.

Eine sehr interessante Argumentation. Kann ich eigentlich auch nur unterstützen.

Ich würde in diesem Zusammenhang die Ideologie der DDR angreifen, da der "real existierende Sozialismus" nichts weiter war als ein Deckmantel für die Unterdrückung. Der Sozialismus in seiner reinen Urform war gänzlich anders konzipiert als die SU-/DDR-Interpretation.

Um es trivial an einem Beispiel festzumachen: Ich nehme "Utopia" von Thomas Morus und errichte eine Diktatur. Ich unterdrücke das Volk, verfolge und ermorde die Opposition und mach alles so wie im NS-Staat respektive in der DDR. Ich berufe mich dabei aber auf "Utopia" und legitimiere meine Herrschaft somit, als dass sie auch nur das Allerwenigste mit der Schrift zu tun hätte.

Eine weitere Parallele könnte man auch zum Gottesgnadentum ziehen. Gott wurde instrumentalisiert, um die monarchische Herrschaft zu legitimieren, ohne wirklich handfeste Beweise für die Rechtmäßigkeit zu haben.

Und genau diese Haltung wirft bei mir Unverständnis auf. Also nicht gegen Dich Galetto, sondern die Haltung, die du da beschreibst, denn niemand will bei alle dem einsehen, daß an der gesamten Situation der Bevölkerung der DDR, auch nach dem Mauerfall das SED Regime die Schuld trägt.
Diese Behauptungen, in der DDR gab es auch gute Dinge, ist reinste Augenwischerei, denn der Staat hat nie etwas für seine Bürger getan, Menschlichkeit diente nur als Mittel zum Zweck und der sah sich darin, seine Machterhaltung durchzuboxen, egal wie und egal zu welchen lasten.
Sich später hinzustellen und zu sagen: "Seht liebe DDR Bürger, wie Gold der Westen ist, wenn alle Arbeitslos sind ..." und diese Lebensangst der Arbeitslosigkeit zu schüren, auf Lasten des anderen Systems bzw. der Bundesrepublik, ist immer noch ein Lügengerüst ala Schnitzler, denn in die Situation hat sie nicht der Westen gebracht, sondern die SED Bonzen!

Auch wenn du hier stark polemisierst, muss ich dir doch abermals zustimmen. Genauso gut können "Arier" sagen: Im Nationalsozialismus war nicht alles schlecht.

Ja, es gibt immer mehrere Gruppen. Die eine Gruppe genießt durch das System Vorzüge, die andere Gruppe muss den Gürtel etwas enger schnallen und die wieder andere Gruppe wird unterdrückt.

In der DDR wurde erst sehr spät das Leistungsprinzip eingeführt: Wer viel arbeitete, verdiente zuvor genauso viel wie der, der wenig arbeitete. Eine Fehlinterpretation des Sozialismus. Einen finanziellen Bonus gab es nur in Form von Prämien und selbst dies war zum größten Teil nur Propaganda.
 
@Decurion,
die großen , Demos 89, wie in Leipzig hatten überhaupt nicht das Ziel der Wiedervereinigung. Im Prinzip wollte da noch der allergrößte Teil der Bewegung einen anderen Sozialismus, mit mehr Rechten, Meinungs- und Reisefreiheit etc. Ich könnte mir vorstellen, dass damals auch im Westen kaum jemand an eine Wiedervereinigung dachte. Nachdem aber der SED nichts besseres zu bieten hatte als ausgerechnet Honeckers Zögling Krenz, der total unbeliebt war an die Spitze zu setzen wurde allmählich klar dass das nix wird.

Mit dem Leistungsprinzip liegst Du völlig daneben. Ich war in der DDR-Zeit Handwerker. Wir hatten einen Grundlohn von 1,80 Mark pro Stunde und der Rest war Leistung. Wer wenig machte ,verdiente auch nichts. Das änderte sich erst nach der Wiedervereinigung. Da gab es einen festen Stundenlohn.

Das war auch nicht erst in der späten DDR der Fall denn bereits meine Eltern arbeiteten für Leistungslohn.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Decurion,
die großen , Demos 89, wie in Leipzig hatten überhaupt nicht das Ziel der Wiedervereinigung. Im Prinzip wollte da noch der allergrößte Teil der Bewegung einen anderen Sozialismus, mit mehr Rechten, Meinungs- und Reisefreiheit etc. Ich könnte mir vorstellen, dass damals auch im Westen kaum jemand an eine Wiedervereinigung dachte. Nachdem aber der SED nichts besseres zu bieten hatte als ausgerechnet Honeckers Zögling Krenz, der total unbeliebt war an die Spitze zu setzen wurde allmählich klar dass das nix wird.

Mit dem Leistungsprinzip liegst Du völlig daneben. Ich war in der DDR-Zeit Handwerker. Wir hatten einen Grundlohn von 1,80 Mark pro Stunde und der Rest war Leistung. Wer wenig machte ,verdiente auch nichts. Das änderte sich erst nach der Wiedervereinigung. Da gab es einen festen Stundenlohn.

Das war auch nicht erst in der späten DDR der Fall denn bereits meine Eltern arbeiteten für Leistungslohn.


Da muß ich Galeotto Recht geben ... die Demos waren im Grunde das massenhafte Aufbegehren gegen das SED Regime, nachdem die Wahlen im Mai(?) mit so einem lächerlichen Ergebnis regelrecht nach Wahlfälschung rochen.

Und ja, in der Produktion, gab es einen Leistungslohn. Ich habe hier auch noch dieses Norm halten miterlebt, ansonsten hattest am Monatsende noch weniger in der Tasche ...
Siehe dazu auch:
AGB DDR - Einzelnorm
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe nie etwas anderes behauptet. Natürlich richteten sich die Demonstrationen gegen das Regime und die Menschen forderten Reformen, nicht unbedingt die Abschaffung der DDR.

Der Zusammenbruch kam aber nicht durch die Entscheidung, Krenz zum neuen Generalsekretär der SED zu machen, sondern durch die Forderung nach Reformen. Das System der DDR war allein durch diese Forderung zum Scheitern verurteilt, da es sich hierbei um ein starres und stagnatives System handelt.

Und zu dem Lohn habe ich tatsächlich andere Sachen gelesen. Eine grundlegende Forderung der systemkritischen Bevölkerung war eine Verbesserung der Lohnsituation und des Prämiensystems.
 
Der Zusammenbruch kam aber nicht durch die Entscheidung, Krenz zum neuen Generalsekretär der SED zu machen, sondern durch die Forderung nach Reformen. Das System der DDR war allein durch diese Forderung zum Scheitern verurteilt, da es sich hierbei um ein starres und stagnatives System handelt.
Ich sprach nicht vom Zusammenbruch sondern der allmählichen Einsicht der Bevölkerung dass eine Erneuerung des Sozialismus mit diesen immer gleichen Leuten nicht möglich war.
Und zu dem Lohn habe ich tatsächlich andere Sachen gelesen. Eine grundlegende Forderung der systemkritischen Bevölkerung war eine Verbesserung der Lohnsituation und des Prämiensystems.
Es ging zunächst weniger um Löhne sondern die schlechte Versorgungslage. Mehr Geld benötigt man wenn man auch etwas dafür im Laden kaufen kann.
 
Natürlich richteten sich die Demonstrationen gegen das Regime und die Menschen forderten Reformen, nicht unbedingt die Abschaffung der DDR.
Ich glaube, das alles war zur Zeit der Demonstrationen eher abstrakt. Ich selbst habe, als ich an den Demonstrationen teilnahm, weder an Reformen, noch an ein Ende der DDR gedacht. Man wusste nicht einmal, ob geschossen wird. Vor allem, ein Ende der DDR hätte auch ein Einverständnis der Sowjetunion bedeutet. Zu der Zeit nicht wirklich vorstellbar. Reformen... Mein Gedanke war eher... Ich weiß noch, wie wir vor dem Stasitrakt in Rostock standen und ich dachte, das geht doch gar nicht. Aber, es ging. Da begannen sich so langsam die Zahnräder zu drehen. Es entwickelte sich.
 
Ein Ruf bei den Demos war "Stasi in die Produktion",was eigentlich ziemlich absurd war. Wer wollte diese Leute schon als Kollegen haben. Auch "neues Forum" zulassen war eine Parole.
Eine richtig interessante Zeit war die vom Beginn der Demonstrationen bis zum Mauerfall. Mit dem Auftauchen der Westpolitiker war den Leuten schon das Heft der Handlung aus der Hand genommen worden.
Als dann Kohl ständig erschien und alle wie besoffen "Helmut, Helmut" riefen wurde mir das Ganze dann langsam peinlich. Da wurde der reiche Westonkel bejubelt und von irgendwelchen Idealen war keine Rede mehr. Leute wie die des neuen Forum wurden völlig verdrängt und zum Teil ausgebuht. Die Stunde der Opportunisten war, wie bei jeder Revolution gekommen.
 
Natürlich richteten sich die Demonstrationen gegen das Regime und die Menschen forderten Reformen, nicht unbedingt die Abschaffung der DDR..

Die Menschen forderten zunehmend die Abschaffung der DDR, besonders als das ganze Ausmaß der Bespitzelung durch die Stasi aufgedeckt wurde. Triebfeder waren nicht nur ideelle Motive, sondern - wer kann das den Menschen verdenken - ganz profane materielle Überlegungen.
Ich habe noch heute die diesbezüglichen Sprechchöre im Ohr: "Kommt die D-Mark bleiben wir, kommt sie nicht geh'n wir zu ihr!"
 
Ein Ruf bei den Demos war "Stasi in die Produktion",was eigentlich ziemlich absurd war. Wer wollte diese Leute schon als Kollegen haben. Auch "neues Forum" zulassen war eine Parole.
Eine richtig interessante Zeit war die vom Beginn der Demonstrationen bis zum Mauerfall. Mit dem Auftauchen der Westpolitiker war den Leuten schon das Heft der Handlung aus der Hand genommen worden.
Als dann Kohl ständig erschien und alle wie besoffen "Helmut, Helmut" riefen wurde mir das Ganze dann langsam peinlich. Da wurde der reiche Westonkel bejubelt und von irgendwelchen Idealen war keine Rede mehr. Leute wie die des neuen Forum wurden völlig verdrängt und zum Teil ausgebuht. Die Stunde der Opportunisten war, wie bei jeder Revolution gekommen.

Als die Mauer fiel, war ich in Irland auf Angeltour und auf einer urigen Farm ziemlich abgeschnitten von Nachrichten. Alle zwei- drei Tage ging ich ins nächste Dorf, um einzukaufen und im einzigen Pub des Ortes mit den Einheimischen Anglerlatein auszutauschen und Seemannsgarn zu spinnen. Als ich auf BBC Leute auf der Mauer herumturnen sah, glaubte ich zuerst es handele sich um einen Gag von Monty Python. Anfang 1990 fuhr ich nach Berlin, da wurde die Mauer schon als Souvenier gehandelt, und ich lernte damals erst die DDR aus eigener Erfahrung kennen. An der Grenze gab es keine Wartereien und Schikanen mehr, der Grenzverkehr ging geordnet und gut organisiert von statten. Die Deutschen schienen sehr neugierig aufeinander, Leute tauschten Erfahrungen aus redeten miteinander. Wildfremde Leute lagen sich in den Armen und ich habe manchen gestandenen Kerl weinen sehen. Es war schon irgendwie eine tolle Zeit, man war geradezu besoffen vom Einheitsfieber.

Wer aber Augen zu sehen und Ohren zu hören hatte, dem musste damals schon aufgehen, dass die Einheit teuer werden würde, dass das Zusammenwachsen von dem was laut westdeutschen Politikern zusammengehört nicht ohne Komplikationen gehen würde, und vor allem dass es Enttäuschungen geben musste, denn dem Volk wurde allzuviel versprochen. Viele Städte machten einen heruntergekommenen Eindruck und selbst renommierten Kultureinrichtungen wie dem Pergamonmuseum oder Schloss Sanssoucci sah man es an, dass dort jahrelang mehr improvisiert als restauriert worden war.
 
Wer aber Augen zu sehen und Ohren zu hören hatte, dem musste damals schon aufgehen, dass die Einheit teuer werden würde, dass das Zusammenwachsen von dem was laut westdeutschen Politikern zusammengehört nicht ohne Komplikationen gehen würde, und vor allem dass es Enttäuschungen geben musste, denn dem Volk wurde allzuviel versprochen.

Letztlich sind die Kosten für die immens reiche Bundesrepublik dann doch erträglich gewesen, besonders wenn man bedenkt, welchen ideellen und immateriellen Zugewinn die Vereinigung Gesamtdeutschland bedeutete. Heute, nur 25 Jahre nach der Wiedervereinigung, ist Deutschland der mit Abstand wohlhabendste Staat in Europa und hat die Kosten des Zusammenschlusses - Wirtschafts- und Wärungsunion, Aufbau der maroden Infrastruktur, Kosten des Projekts "Aufbau Ost" mit dem Ziel eines selbsttragenden Wirtschaftswachstums, Beseitigung der immensen Umweltschäden - prächtig verdaut.

Mit den "blühenden Landschaften" unseres Altbundeskanzlers Kohl ist es flächendeckend noch nichts geworden, aber es sind doch hoffnungsvolle Wirtschafts- und Industriekerne entstanden.

Dass es Enttäuschungen gab, viele Biografien zerbrachen, da die Menschen durch die komplette Deindustrialisierung der DDR ihren Arbeitsplatz verloren hatten, bleibt eine historische Tatsache. Aber ich wüsste nicht, wie man den Neuaufbau eines diktatorisch regierten Landes und seiner sozialistischen Plan- und Mangelwirtschaft anders hätte bewältigen können, als es geschehen ist.
 
Mit den "blühenden Landschaften" unseres Altbundeskanzlers Kohl ist es flächendeckend noch nichts geworden
Damit hat er eigentlich nicht übertrieben. Die Landschaften sind wieder schön geworden. Für die Umwelt und damit auch für die Menschen, war die deutsche Einheit auf alle Fälle ein absoluter Gewinn und schon dafür hat sie sich gelohnt.
 
Ein Ruf bei den Demos war "Stasi in die Produktion",was eigentlich ziemlich absurd war. Wer wollte diese Leute schon als Kollegen haben. Auch "neues Forum" zulassen war eine Parole.
Eine richtig interessante Zeit war die vom Beginn der Demonstrationen bis zum Mauerfall. Mit dem Auftauchen der Westpolitiker war den Leuten schon das Heft der Handlung aus der Hand genommen worden.
Als dann Kohl ständig erschien und alle wie besoffen "Helmut, Helmut" riefen wurde mir das Ganze dann langsam peinlich. Da wurde der reiche Westonkel bejubelt und von irgendwelchen Idealen war keine Rede mehr. Leute wie die des neuen Forum wurden völlig verdrängt und zum Teil ausgebuht. Die Stunde der Opportunisten war, wie bei jeder Revolution gekommen.
Sehe ich genauso, und so richtig peinlich war auch so manch Auftritt von DDR-Bürgern im bundesdeutschen Fernsehen... in meinen Augen würdelos. (Kein Wunder, dass der Begriff "Dunkeldeutschland" geprägt wurde)
Das hat wohl auch denen die Luft verdünnt, die auf ostdeutscher Seite den Einigungsvertrag aushandelten.
Dass sich verkaufen können/müssen muss eben auch gelernt sein.
Wer aber Augen zu sehen und Ohren zu hören hatte, dem musste damals schon aufgehen, dass die Einheit teuer werden würde, dass das Zusammenwachsen von dem was laut westdeutschen Politikern zusammengehört nicht ohne Komplikationen gehen würde, und vor allem dass es Enttäuschungen geben musste, denn dem Volk wurde allzuviel versprochen.
Die Wendezeit und die ersten Jahre in der Bundesrepublik waren für mich sehr intensiv, keine Frage. Jeder der sie erlebt hat, war von der Aufbaustimmung gefangen, sofern er denn gebraucht wurde.
Zum Aufbau Ost wurden viele Helfer gen Osten entsandt.
Mir wurde (auch) gesagt: "Ihr müsst doch erst einmal arbeiten lernen!" oder "Ihr habt 40 Jahre falsch gelebt!"
Andere Kollegen, aus dem Westen, haben sich dafür bei mir entschuldigt. In der Summe also die ganze Palette von Menschen, die sich treffen lässt.
Nie vergessen werde ich ein Gespräch, und ich habe diese Meinung mehrfach bestätigt bekommen.
"Ich freue mich natürlich, dass es euch jetzt auch besser geht, aber aus rein materiellen Gründen muss ich mir die Mauer zurückwünschen."
Ich fragte konsterniert warum das denn?
"Na glaubst du denn wirklich, dass der Westen es jetzt noch nötig hat, sich so gülden zu zeigen?"

Wie recht er und andere hatten, wurde mir schnell klar, u.a. damit, dass die Bundesreplublik begann Tafelsilber (also Staatseigentum), noch dazu in meinen Augen Lebensadern des Volkes in private Hände zu geben.
Wenn du von Volkseigentum sprichst, ist das ganz klar ideologisch eingefärbt. In der DDR gab es nach der Ideologie, Propaganda und Dialektik "Volkseigentum". Aber ich frage dich: War wirklich das Volk Eigentümer einer Produktionsstätte oder waren es vielmehr vom System eingesetzte Unternehmer/Gesellschaften?
Volkseigentum ? Wikipedia
Ob man es ideologisch betrachtet oder nicht, es bleibt, dass die Erträge in die Staatskasse kamen und Volkseigentum nicht veräußerbar war, in meinen Augen sehr wesentlich.

Grüße
excideuil
 
Da muß ich Galeotto Recht geben ... die Demos waren im Grunde das massenhafte Aufbegehren gegen das SED Regime, nachdem die Wahlen im Mai(?) mit so einem lächerlichen Ergebnis regelrecht nach Wahlfälschung rochen.



Am 07.Mai haben 99,7% die Einheitsliste der Nationalen Front gewählt. Die SED verbuchte gemäß Egon Krenz ihr schlechtestes Ergebnis seit Gründung der DDR. Es waren knapp 98%.
 
Am 07.Mai haben 99,7% die Einheitsliste der Nationalen Front gewählt. Die SED verbuchte gemäß Egon Krenz ihr schlechtestes Ergebnis seit Gründung der DDR. Es waren knapp 98%.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Wahlergebnisse das Volk derart empört hätte. Es wusste jeder, dass die Volkskammerwahlen in der DDR eine Farce waren und die Ergebnisse immer eine" überwältigende Zustimmung" zeigten. Das war bei den vorhergegangenen "Wahlen" nie anders.
Schaut man sich so einen Stimmzettel an, sieht man, dass da keine Parteien zur Wahl standen. Strich man diese insgesamt durch waren sie ungültig. Man musste jeden Namen einzeln durchstreichen. In der Regel falteten die Leute das Ding zusammen und steckten es in die Urne. Im Volksmund hieß die Wahl nur "Zettelfalten".
http://www.bundesarchiv.de/imperia/...1976__stimmzettel_des_wahlkreises_1_und_4.jpg
http://www.bundesarchiv.de/imperia/...n_und_gemeindevertretungen_am_7._mai_1989.jpg
 
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Wahlergebnisse das Volk derart empört hätte. Es wusste jeder, dass die Volkskammerwahlen in der DDR eine Farce waren und die Ergebnisse immer eine" überwältigende Zustimmung" zeigten. Das war bei den vorhergegangenen "Wahlen" nie anders.
Schaut man sich so einen Stimmzettel an, sieht man, dass da keine Parteien zur Wahl standen. Strich man diese insgesamt durch waren sie ungültig. Man musste jeden Namen einzeln durchstreichen. In der Regel falteten die Leute das Ding zusammen und steckten es in die Urne. Im Volksmund hieß die Wahl nur "Zettelfalten".
http://www.bundesarchiv.de/imperia/...1976__stimmzettel_des_wahlkreises_1_und_4.jpg
http://www.bundesarchiv.de/imperia/...n_und_gemeindevertretungen_am_7._mai_1989.jpg


Einige Staaten haben wie Australien eine Wahlpflicht. Wenn ich recht informiert bin, gab es in der DDR keine offizielle Wahlpflicht, aber wurde nicht starker Druck ausgeübt, damit die Leute wählen gingen, selbst wenn die Wahl eine Farce war?
 
Einige Staaten haben wie Australien eine Wahlpflicht. Wenn ich recht informiert bin, gab es in der DDR keine offizielle Wahlpflicht, aber wurde nicht starker Druck ausgeübt, damit die Leute wählen gingen, selbst wenn die Wahl eine Farce war?
Sehr sogar und die Jungs an unserer Tür waren bestimmt keine Wahlhelfer ...
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Wahlergebnisse das Volk derart empört hätte.
Das Volk war von gar nichts vom Hocker zu reißen, die Opposition hat sich immer lautstärker beim Volk Gehör verschafft und den Mut aufgebracht öffentlich über die falschen Wahlergebnisse zu informieren. Die hat dann auch einige weitere mutige aus dem Volk angestachelt und so wurden es immer mehr ...
 
Sehr sogar und die Jungs an unserer Tür waren bestimmt keine Wahlhelfer ...

Das Volk war von gar nichts vom Hocker zu reißen, die Opposition hat sich immer lautstärker beim Volk Gehör verschafft und den Mut aufgebracht öffentlich über die falschen Wahlergebnisse zu informieren. Die hat dann auch einige weitere mutige aus dem Volk angestachelt und so wurden es immer mehr ...


Tja, da lernt man zu schätzen, dass bei uns alles demokratisch zuging. Die Gegend, wo ich herkomme war schon vor 1933 eine Nazihochburg, nach dem Krieg eine sichere Bank für die SPD. Bei einer der ersten demokratischen Wahlen nach dem Krieg galt es Überzeugungsarbeit zu leisten. in einem Dorf lebte eine etwas störrische alte Dame, die aber die Witwe des reichsten Bauern war und nach ihrem Wahlverhalten richtete sich das halbe Dorf. Am Wahlsonntag machten der Bürgermeister und ein Stadtverordneter einen Anstandsbesuch, damit die alte Dame ihr Kreuzchen an der richtigen Stelle machte. Sie wurde mit einem Fiaker zum Wahllokal chauffiert, und sie machte ihr Kreuzchen. Dann fragte sie der Bürgermeister, ob sie auch alles richtig gemacht habe.

"Ja, ich hab extra meinen Namen draufgeschrieben",
 
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