Ritterorden

Welchem bzw. welchen Ritterorden gilt Euer besonderes Interesse?

  • Templer

    Stimmen: 72 46,2%
  • Johanniter/Rhodesier/Malteser

    Stimmen: 38 24,4%
  • Deutscher Orden

    Stimmen: 73 46,8%
  • Lazarusorden (Heiliges Land)

    Stimmen: 14 9,0%
  • Orden von Montjoie (Heiliges Land)

    Stimmen: 1 0,6%
  • Ritter von Aviz (Portugal)

    Stimmen: 1 0,6%
  • Orden von Alcantara (Spanien)

    Stimmen: 1 0,6%
  • Orden von Calatrava (Spanien)

    Stimmen: 1 0,6%
  • Orden von Santiago (Spanien)

    Stimmen: 3 1,9%
  • Schwertbrüder (Livland)

    Stimmen: 17 10,9%
  • Dobriner (Kujawien/Polen)

    Stimmen: 2 1,3%
  • Mich interessieren sie alle ;)

    Stimmen: 21 13,5%

  • Umfrageteilnehmer
    156
Lieber Timo,

zunächst nur etwas Grundsätzliches: jeder seriöse Historiker, der sein Handwerk gelernt hat, betrachtet den Gegenstand seiner Forschung von allen Seiten, und bemüht sich um ein unvoreingenommenes, kritisches Urteil. Jeder Gegenstand hat lichte Seiten und Schattenseiten und so ist das auch bei den Ritterorden. Im Verlauf einer Forschungsarbeit entdeckst du sowohl Positives als auch Negatives, das man natürlich auch mit Namen nennen muss. Das hat nichts mit Polemik zu tun, denn meine moderat vorgetragenen Beiträge wirst du doch wohl nicht als solche bezeichnen?

Es würde dir gut anstehen, beide Seiten der Medaille einmal aus deiner Sicht hier darzustellen, denn du wirst nicht behaupten wollen, dass es beim Wirken der Riitterorden - speziell dem Deutschen Orden - nicht auch Negatives gegeben hätte. Eine solche multiperspektivische Blickweise schärft den Blick ungemein!
 
Lieber Dieter,

einmal abgesehen davon, daß dies mit dem eigentlichen Thema - Ritterorden als Sonderform des Rittertums bzw. als spezielle Facette des Rittertums - nicht mehr viel zu tun hat und zudem die Verschiedenheit der Meinungen hier nun einmal ein Fakt ist (was auch gut ist, wie ich finde), möchte ich natürlich auf Deine Einwände eingehen.

Die von mir angesprochene Polemik bzw. Anzeichen dafür bezieht sich darauf, daß hier wiederholt unterstellt wird, die Forumsteilnehmer wollten um jeden Preis die Ritterorden oder bestimmte Ritterorden idealisieren (falls ich das falsch verstanden haben sollte, dann sieh mir das bitte nach).

Zur Sichtweise der Historiker: das mit dem unvoreingenommenen Urteil ist ja so eine Sache, aber ich gebe Dir an der Stelle natürlich recht. Allerdings haben die von Dir angesprochenen seriösen Historiker in den letzten Jahren, auch stets Wert darauf gelegt, daß die angesprochenen Licht- und Schattenseiten immer im Kontext gesehen werden müssen. Daß dies beim Namen zu nennen ist, stimmt vollkommen, aber dann sollte dies auch exakt geschehen und nicht verschiedene Dinge vermischt oder unkommentiert in den Raum gestellt werden.

Ich bin nun mehrfach hier auch auf das Negative eingegangen und habe dies entsprechend erläutert. Keinesfalls lasse ich mir dabei unterstellen, daß ich behauptet habe, es hätte nichts Negatives in der Geschichte der verschiedenen Ritterorden gegeben. Wogegen ich mich aber wehre ist: im Kontext gesehen zeittypische Erscheinung als typisch für die Ritterorden darzustellen und Termini zu verwenden, die nicht korrekt sind!

Wir können gern noch weiter darüber diskutieren, um immer wieder festzustellen, daß wir verschiedene Grundstandpunkte haben, aber dafür sollten wir dann doch ein eigenes Thema eröffnen. Hier würde ich es nämlich begrüßen, wenn wir beim eigentlichen Thema endlich wieder ansetzen können - was ja dankenswerterweise von Jürgen auch schon versucht wurde.

Dank & Gruß

Timo
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Idee des Mönchsrittertums stammt von Hughues de Payens - richtig.

Was ist mit Bernhard von Clairvoux ?? Ich würde eher diesen als den Begründer des tatsächlichen Mönchsrittertums sehen. Er schrieg die Ordensregel der Templer und forumlierte als erster die Idee.

Denn es ist mittlerweile unter Historikern größtenteils anerkannt, daß es bspw. ohne die Ritterorden im Hl. Land keinen so starken kulturellen Austausch zwischen Orient und Okzident gegeben hätte

Gerade zum Beispiel die Templer, ausgerechnet diese also, freundeten sich erstaunlich weit mit den Muslimen an. Vor allem aber auch im militärischen Bereich waren die Ritterorden imanent wichtig. Die ganze Burgen und Festungsarchitektur und die Kampfweise veränderte sich durch die Innovationen die die Ordensritter einführten.

Der Deutsche Ritterorden war einer der ersten die dann im großen Stil Feldartillerie einsetzten. Im Jahr 1410 verfügte der deutsche Orden über soviele Geschütze wie die übrigen Staaten Europas zusammen.

Vor allem Technologie wurde von den Ritterorden nach Europa gebracht, das geht vom Papier über die Katzen auf den Gütern der Templer hin zu den fortschrittlichen Bewässerungs- und Ackerbaumethoden die der Deutsche Orden nach Osten mitnahm.

Die Ritterorden behielten sehr wohl ihre religiös-militärischen Ziele bei, ansonsten wären bspw. die Türken im 16.Jh. über Südeuropa eingefallen und nicht von den Johannitern empfindlich dabei gestört worden (1565 erfolglose Belagerung Maltas durch die Osmanen).

Selbst der Deutsche Orden kämpfte noch 1669 auf Kreta gegen die Osmanen.

Erstens: es handelt sich um die Klage der Samogiten. Die Samogiten sind KEINE SLAWEN (wie Polen, Tschechen, Slowaken oder Russen), SONDERN BALTEN (wie Litauer und Letten)!

Auch wenn das die Polen heute nicht mehr wahrhaben wollen, sie haben die Deutschordensritter selber zur Hilfe herbei gerufen, gegen die damals noch heidnischen Balten. Und die Prussen (Preußen) waren ebenso Balten wie die andere Völker gegen die der deutsche Orden primär kämpfte. Erst nach der Bekehrung der Litauer (auch Balten) zum Christentum und nach der Vereinigung Litauens und Polens durch Jagiello änderte sich das und Polen wurde der wichtigste Feind. Aber das ganze Gebiet Ostpreußens war im Anbeginn eben Baltisch und nicht Polnisch.

Die Vernichtung der Existenzgrundlage der heidnischen Bevölkerung und der Aufbau eines unerträglichen Druckes durch Terror lag nicht an den außergewöhnlich grausamen Neigungen der Ritter des Deutschen Ordens, sondern sie war Programm. Die Wirksamkeit dieses Programmes zeigt das obige Zitat.

Im übrigen ist anzumerken, daß ein Gros der prussischen Balten oder überhaupt der dann Bekehren recht schnell und erfolgreich assimiliert wurde und das viele der Stämme auf der Seite der Deutschen Ritter gegen ihre eigenen Landsleute mitkämpften. Auch waren die Balten damals sehr kriegerisch und brutal, brachten noch Menschenopfer dar usw. Der Gros der Prussen wurde entgegen mancher Darstellung eben nicht ausgerottet sondern assimiliert. Und diese durch massivsten Druck, wie hier richtig bemerkt wurde, andererseits wurde in der Anfangszeit jeder nach der Taufe wenn er sich weiter loyal erwies als gleichrangig und Glaubensbruder mit in den Kreuzzug gegen die Heiden eingebunden, bei gleichen Rechten und Pflichten. Etliche prussische und sonstige baltische Adlige traten früh und rasch zum Christentum über und dann auch in den Orden ein.

Die Ritter kannten entgegen anderer Darstellungen keine Nationalistischen oder Völkischen Ideen und differenzierten Nicht zwischen Deutschen und Balten, sondern sie differenzierten nur zwischen gläubigen Christen (alle die für den Kreuzzug waren) und eben Heiden.

Diese Völkische Sicht kam erst durch den Nationalismus auf, hängt da heute aber immer noch nach. Die Idee aber selbst des Reiches war die eines Christlichen Staates, nicht die einer Nation oder eines Volkes.

Schlicht und einfach: der Begriff der Nation oder eines Volkes war damals im heutigen Sinne nicht bekannt. Es gab da noch keine wirklichen Deutchen die sich selbst Staatenübergreifend als solche gesehen hätten. Und bei den Balten fehlte ebenfalls der Volksbegriff, man verstand sich primär und ausschließlich als Stamm.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Quintus Fabius schrieb:
Gerade zum Beispiel die Templer, ausgerechnet diese also, freundeten sich erstaunlich weit mit den Muslimen an.

Ganz genau. ZB spricht Usama-ibn Munqidh in seinen Memoiren (Ein Leben im Kampf gegen Kreuzritterheere) bei einer Begebenheit ausdrücklich von "meine Freunde, die Tempelritter".
 
Auch eine Verbindung mit den syrischen Assassinen spricht doch mehr als dafür, dass gerade die Templer den Austausch über religiöse Grenzen hinweg pflegten.
 
Quintus Fabius schrieb:
Was ist mit Bernhard von Clairvoux ?? Ich würde eher diesen als den Begründer des tatsächlichen Mönchsrittertums sehen. Er schrieg die Ordensregel der Templer und forumlierte als erster die Idee.

Eher sekundär, schließlich trat er 1113 erst mal den Zisterziensern bei, welche, glaub ich, nich unbedingt für Rittertum bekannt waren, sondern ein geistlicher Orden (oder sollte ich mich irren?).
Die Johanniter gab es da schon (bei deren Gründung war Bernhard von Clairvaux gerade 9 Jahre alt. Nichtsdestotrotz war er später natürlich einer der Aufrufer zum 2. Kreuzzug und hat auch Ordensregeln nieder geschrieben.

siehe dazu auch http://de.wikipedia.org/wiki/bernhard_vo_clairvaux
 
Gegründet hat den Templerorden nicht Bernhard von Clairvaux, sondern Hugues de Payens. Aber Bernhard, der ein Verwandter war, hat ihn unterstützt.
Soweit ich weiß wurden die Templerregeln beim Konzil von Troyes 1128 festgelegt, wohl unter Mitarbeit von Bernhard, und von Papst Honorius II bestätigt.
Weisheit aufgefrischt hier:
Templer-Netzwerk
unter "Fakten" (gefährliches Wort in dem Zusammenhang ...) und Zeittafel. Direkter Link geht leider nicht.
Die Seite finde ich überhaupt sehr gut.

Bernhard hat "Das Lob der neuen Ritterschaft" verfaßt, wohl auch eine Art Werbemaßnahme für den Orden.
Ich habe aber auch schon gehört, daß Bernhard enttäuscht war, daß Hugo I, Graf der Champagne, den Templern beigetreten ist, statt Zisterzienser zu werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gegründet hat den Templerorden nicht Bernhard von Clairvaux, sondern Hugues de Payens.

Das ist mir durchaus bekannt. Es geht mir um die Frage, ob man sagen kann, daß Hugues de Payens schon selbst den Gedanken des Mönchischen Rittertums vor Bernhard formuliert hat. Die Ordensregel der Templer wurde meines Wissens nach primär von Bernhard geschrieben.

Zwar gelobten die ersten Ritter vom Tempel ja auch schon Askese usw, aber das taten damals schon viele Ritter und sonstige Kämpfer. Die Idee einer Gruppe die sich zusammenschließt und asketisch einem höheren Ideal dient indem sie kämpft war nicht neu und wurde nach dem Vorbild der entsprechenden muslimischen Gemeinschaften, der Ribat zu dieser Zeit schon von einigen praktiziert, nicht nur von der Gruppe um de Payens.

Aber das waren 1 Laien 2 Gruppen die auf Zeit gebildet wurden, deren Mitglieder also nach einiger Zeit wieder gingen und 3 bei aller Askese war die Idee des Mönchsritters nicht gegeben.

Daher stelle ich die Frage: ob schon Hugues selbst die Idee eines Ritterordens (Betonung auf Orden) hatte und die Idee der Verbindung von Mönchtum und Kreuzrittertum. Das ist mir nämlich nicht bekannt.

Diese Idee war nämlich neu, die Ribat wie auch ihre christlichen Äquivalente waren zwar asketische, abgeschlosssene Gruppen aber eben keine Mönche. Die Idee der Ribat war zudem älter, es stellt sich daher mir auch die Frage, in wie weit da der Islam die Christen beeinflußt hat auf dem Weg zum Ritterorden.
 
Laut H. Sippel (Die Templer, und bei der Stelle beruft er sich auf M.L. Bulst-Thiele, die ich leider nicht greifbar habe) waren sie zunächst tatsächlich nicht "monastisch-geistlich" ausgerichtet.
Geändert soll sich das ab 1119 haben - vermutlich nach einem verlustreichen Überfall.

Sippel S. 44
Im gleichen Jahr, anläßlich des Konzils von Nablus, legten jene Ritter vor Garimond, dem Patriarchen von Jerusalem, die drei mönchischen Ordensgelübde der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams ab und fügten außerdem - so der Chronist Wilhelm von Tyrus - als vierten Schwur hinzu, "alles zu tun, was in ihrer Macht stand, um die Straßen zu schützen und die Pilger ... zu verteidigen" ...

Also bevor sie die offizielle Regel erhalten haben. Gut, bleibt die Frage, wer die Idee dazu hatte. Sippel meint, daß es zwar nicht erwiesen, aber nicht auszuschließen ist, daß Bernhard damit was zu tun hatte, da er früh mit den ersten Templern in Kontakt stand.
 
Triere schrieb:
Gut, bleibt die Frage, wer die Idee dazu hatte.

Hallo zusammen,

da ich wieder zurück bin, kann ich Euch versichern: Ihr habt irgendwo wahrscheinlich alle recht ;)

Dazu schreibt M. Bauer in "Die Tempelritter. Mythos und Wahrheit" (S. 30) unter Bezug auf A. Demurger "Die Templer":

Hugo von Payens dagegen wollte mit seinen Templern nicht irgendwelchen Haudegen moralischen halt geben oder sie in die Erfüllung einer gesellschaftlich sinnvollen Aufgabe einbinden. Seine Idee sah vielmehr vor, daß nur die moralische Elite des Rittertums in den Orden eintritt, also jene Vertreter ihres Standes, die sich ohnehin vorbildlich verhielten. Wenn der Ritter von den christlichen Idealen geleitet würde, dann verschwände der scheinbare Gegensatz zwischen Mönch und Ritter ohnehin: Mit diesem Argument versuchte Hugo, auf dem Konzil von Troyes den kirchlichen Segen für seine Erfindung, die Kombination aus Mönch und Ritter, zu erhalten.

Bernard de Clairvaux ließ sich auf ebenjenem Konzil für die Idee gewinnen, wurde mit seinem Lob der neuen Ritterschaft zum eifrigsten Fürsprecher und hat dann - nach genannten Historikern - höchstwahrscheinlich aus der Idee des Hughues de Payens die Ordensregel des Templerordens verfaßt.
Bernard als Verfasser der Regel anzuerkennen erscheint auch äußerst plausibel, denn die Regelung des Mönchischen entspricht den Vorschriften der Zisterzienser - ein solcher war Bernard de Clairvaux.

In diesem Sinne

Timo

PS: Es ist noch einmal wichtig anzumerken, daß die Johanniter - obgleich der älteste der hier relevanten Orden - erst später (nämlich quasi nach dem "Vorbild" der Templer) das Mönchsrittertum ausbildeten.
Wie schon anfangs von mir aufgezeigt, "bewaffneten" sich die Johanniter erst in den 1130ern.
Außerdem belegen die eher von augustinischen und benediktinischen Elementen geprägten Regularien den zu Beginn vollkommen eigenständig und in anderem Sinn aufgebauten Orden.
 
Das spannendste an diesem Thema ist für mich die Rezeption der Templer als "Hüter geheimen Wissens".
Die Zerschlagung des Ordens in Frankreich hat ja eigentlich wenig Auswirkung auf andere europäischen Staaten - wie England, Schottland, Spanien, Portugal. (Im HRR und Italien waren die Templer ohnehin nie sonderlich aktiv.)
Und heute? Der templerische Mythos ist ja faktisch omnipräsent - sei es der Hl. Gral, die Mannamaschine oder die Gründung der Freimaurerei, die Templer haben überall ihre Finger im Spiel. Umberto Eco, Dan Brown oder historisch-esoterische "Fachbuch"-Literatur.......Templerordensuperstar könnte man fast sagen.
  • Gibt es - abgesehen von der Zerschlagung und der in diesem Umfeld verbreiteten Gerüchten - Gründe für die Entstehung des Mythos?
  • Ab wann gibt´s den Mythos? Taucht der vor dem 19. Jhdt auf?
 
Hallo Rovere,

ich habe jetzt das Buch von M. Bauer nicht zur Hand, denn er geht sehr detailliert auf die Entstehung und Persistenz des Templermythos ein. Grundsätzlich geht er dabei zu jeder Aussage der Esoteriker auf Distanz, was ich persönlich auch tue. Dennoch versuche ich mal, auf Deine Punkte einzugehen.

Rovere schrieb:
Die Zerschlagung des Ordens in Frankreich hat ja eigentlich wenig Auswirkung auf andere europäischen Staaten - wie England, Schottland, Spanien, Portugal. (Im HRR und Italien waren die Templer ohnehin nie sonderlich aktiv.)

Ähem, nein. Der Orden wurde europaweit aufgelöst und seine Güter neu verteilt; lediglich in Portugal begründeten überlebende Templer (u.a. auch solche aus Spanien) den Christusorden - womit der Templerorden dort faktisch "in neuem Gewand" weiterlebte.
Außerdem hatten die Templer auch im HRR und in Italien durchaus große Güter etc. - dementsprechend waren sie schon in den Ländern der damaligen westlichen Welt sämtlich aktiv. Was allerdings stimmt, ist die Tatsache, daß die europäische "Zentrale" des Ordens von Anbeginn in Frankreich lag und dies auch während der ganzen Zeit so blieb.

Rovere schrieb:
  • Gibt es - abgesehen von der Zerschlagung und der in diesem Umfeld verbreiteten Gerüchten - Gründe für die Entstehung des Mythos?
  • Ab wann gibt´s den Mythos? Taucht der vor dem 19. Jhdt auf?


Zu Punkt 1:
Meines Wissens nach nein. Die Gerüchte, welche im Umfeld der Auflösung etc. aufkamen, bilden den Grundstein für sämtliche bekannten "Theorien".


Zu Punkt 2:
Ja, der Mythos taucht schon viel früher auf - allerdings kann ich für das erste Aufkommen gerade keine Zeitangabe liefern. Fakt ist, daß während der Frz. Revolution nach der Hinrichtung des Königs (im Jahre 1792) ein "Revolutionär" aus Schaffot sprang, den abgeschlagenen Kopf emporhielt und ausrief: "Jaques de Molay - jetzt bist Du gerächt!" Zu jener Zeit (bekanntlich 18. Jh.) muß der Mythos also bereits existiert haben.
Meine persönliche Vermutung diesbezüglich ist, daß bereits im Jahre 1314 - und zwar nach dem (von Jaques deMolay angeblich vorausgesagten) Tod von Philipp IV und Clemens V - dieser Mythos entstand. Meiner Meinung nach ist die Wechselwirkung der angeblich letzten Worte des Großmeisters "Noch binnen Jahresfrist werdet Ihr mir folgen!" und den dann tatsächlich eingetretenen Todesfällen sehr offensichtlich.


An der Stelle weise ich aber darauf hin, daß für mich dort die weitere Diskussion endet, denn alles andere danach ist und bleibt Spekulation. Mit dem historischen Templerorden haben Vereinigungen wie die Freimaurer oder sehr ominöse Sekten wie die Sonnentempler nichts zu tun.


In diesem Sinne


Timo
 
Danke für die Infos, ich bin grundsätzlich sehr skeptisch bezüglich allem was mit den Templern zu tun hat, halte die Rolle des Ordens auch für wahnsinnig überschätzt.
Auch die Geschichte mit dem Racheruf zugunsten Jacques de Molays nach der Enthauptung Louis XVI 1793 kann ich nicht glauben - so leicht hüpft man nicht auf die Guillotine und schnappt sich ein Königshaupt.....

Ich werde mir mal den Bauer zu Gemüte führen - nehme mal an dass du ihn empfehlen kannst, wird schliesslich mehrmals zitiert in diesem Thread.
 
Hallo Rovere,

Rovere schrieb:
... ich bin grundsätzlich sehr skeptisch bezüglich allem was mit den Templern zu tun hat, halte die Rolle des Ordens auch für wahnsinnig überschätzt.

naja - es gibt eben immer verschiedene Meinungen; allerdings stellt sich bei der Rolle immer auch die Frage nach dem Bezug: z.B. militärischer Wert im Hl. Land, politischer Faktor ebendort, Einfluß auf Entwicklung des Finanzwesens zwischen Orient und Okzident - in diesen Dingen sehe ich den Templerorden schon in einer bedeutenden Rolle.

Rovere schrieb:
Auch die Geschichte mit dem Racheruf zugunsten Jacques de Molays nach der Enthauptung Louis XVI 1793 kann ich nicht glauben - so leicht hüpft man nicht auf die Guillotine und schnappt sich ein Königshaupt.....

Ach, war das doch 1793 - dann habe ich mich da vertan, danke für die Korrektur ;)
Das mit dem Sprung auf die Guillotine kann ich ehrlich gesagt nicht beurteilen, und da dies meiner Meinung nach in die esoterisch-spekulative Ecke geht (und damit weg vom wirklich Historischen), bin ich dem auch nicht weiter nachgegangen. Vorstellen könnte ich es mir in dem Chaos jener Zeit aber schon...

Rovere schrieb:
Ich werde mir mal den Bauer zu Gemüte führen - nehme mal an dass du ihn empfehlen kannst, wird schliesslich mehrmals zitiert in diesem Thread.

Ja, den kann ich empfehlen, zumal er sich sehr stark am Demurger orientiert und dazu in fast jedem Buchladen erhältlich ist (Taschenbuchformat ;) ). Ich gebe allerdings zu, daß meine Literaturliste zum Templerorden bei weitem nicht so umfangreich ist wie zum Johanniterorden.

In diesem Sinne

Timo
 
timotheus schrieb:
Hallo Rovere,
naja - es gibt eben immer verschiedene Meinungen; allerdings stellt sich bei der Rolle immer auch die Frage nach dem Bezug: z.B. militärischer Wert im Hl. Land, politischer Faktor ebendort, Einfluß auf Entwicklung des Finanzwesens zwischen Orient und Okzident - in diesen Dingen sehe ich den Templerorden schon in einer bedeutenden Rolle.
In diesen Punkten gebe ich dir Recht, keine Frage.

timotheus schrieb:
Das mit dem Sprung auf die Guillotine kann ich ehrlich gesagt nicht beurteilen, und da dies meiner Meinung nach in die esoterisch-spekulative Ecke geht (und damit weg vom wirklich Historischen), bin ich dem auch nicht weiter nachgegangen. Vorstellen könnte ich es mir in dem Chaos jener Zeit aber schon...
92/93 uguale.....
Das Chaos setzt erst etwas später ein - wäre dieser dramatische Sprung 1794 gewesen würde ich ihm eine gewisse Glaubwürdigkeit beimessen. Im Januar 1793 aber gewiss nicht, da ist das Chaos noch weit....

Ich danke dir jedenfalls für deine Hinweise im allgemeinen und deinen Literaturtip im speziellen.
lg
Rovere
 
Noch ein Buchtipp zur Templergeschichte: Marie-Louise Bulst-Thiele "Sacrae domus militiae templi hierosolymitani magistri". Ordensgeschichte anhand der jeweiligen Großmeister erzählt. Für mich ein absolut unverzichtbares Werk, aus dem die meisten anderen, inkl. Demurger schöpfen.
Natürlich out of print, aber in Universitätsbibliotheken sollte es zu finden sein.

Apropos. Timo, kannst Du ein gutes, leicht zu bekommendes Buch über die Johanniter mit Schwerpunkt auf der Kreuzzugszeit empfehlen? Ich habe da bislang nur Staehle gelesen, und einiges nachzuholen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Triere,

Triere schrieb:
Apropos. Timo, kannst Du ein gutes, leicht zu bekommendes Buch über die Johanniter mit Schwerpunkt auf der Kreuzzugszeit empfehlen? Ich habe da bislang nur Staehle gelesen, und einiges nachzuholen.

natürlich kann ich das :cool:

Es sind sogar zwei:

J. Riley-Smith "Hospitallers. The History Of The Order Of St. John" (englisch)
J. Delaville Le Roulx "Les Hospitaliers. En Terre Sancte Et A Chypre (1100 - 1310)" (französisch oder sehr seltene holländische Übersetzung)

Der Delaville Le Roulx ist dabei äußerst detailliert, und er ist - abgesehen von den Originalquellen im Vatikanischen Archiv etc. - sicher das ultimative Werk zur Geschichte des Johanniterordens im Hochmittelalter. Ich persönlich habe dieses Buch zu meinem wertvollsten Schrifteigentum erkoren und verteidige es ernstfalls "mit Zähnen und Klauen" :rofl:

Leider gibt es die Bücher nicht in deutscher Sprache :grübel:

Viele Grüße

Timo
 
Hi Timo!

Das zweite klingt zwar gut, aber da halte ich mich wegen der Sprache vorerst doch lieber an Riley-Smith.
Vielen Dank! :hoch:
 
(glückliche zufällige Umstände ermöglichen einen Ausnahmepost, leider nur einen, schon viel zu spät)

Fakt ist, daß während der Frz. Revolution nach der Hinrichtung des Königs (im Jahre 1792) ein "Revolutionär" aus Schaffot sprang, den abgeschlagenen Kopf emporhielt und ausrief: "Jaques de Molay - jetzt bist Du gerächt!"

Das kenne ich nur aus Eco Pendel – sonst habe ich das noch nirgends anderswo gelesen.

Zur Ordensrittern und dem Mittelalter im allgemeinen und besonderen findet hier reichlich Stoff und fachkundige Leute: http://www.tempus-vivit.net/
Das Forum kann ich wirklich sehr empfehlen !

Zu den Johannitern im speziellen:

http://civis.tempus-vivit.net/hospitalis/

http://www.angelus.de/johanniter/

Der Macher folgender Seite hat eine lange Vergangenheit als Johanniter Ritter und wirklich sehr profunde Sachkenntnis darüber:

http://www.brandenburg1260.de/sachthemen.html

Der Ospreyband http://www.ospreypublishing.com/title_detail.php/title=S2148~ser=WAR~per=41
Soll ganz gut sein.

halte die Rolle des Ordens auch für wahnsinnig überschätzt.

Das ist nicht meine Meinung. Die Rolle der Temper ist wegen der Idee des Rittermönches überhaupt und ihrem Anfang mit Bernhard von besonderer Wichtigkeit. Und die Rolle der Templer im weiteren Kreuzzugsgeschehen war an vielen Stellen von großer Bedeutung. Sie waren definitv ein Faktor um den man nicht herumkam.

Ich persönlich habe dieses Buch zu meinem wertvollsten Schrifteigentum erkoren und verteidige es ernstfalls "mit Zähnen und Klauen"

Du hast es ? Selbst ?

Ein interessanter Punkt wäre es, die Gründe für die Zerschlagung der Templer zu diskutieren, das ist nämlich nicht so leicht wie man immer denkt (Geldgier des Königs oder Machthunger usw) da gibt es inzwischen noch andere Ideen.
 
Quintus Fabius schrieb:
Ein interessanter Punkt wäre es, die Gründe für die Zerschlagung der Templer zu diskutieren, das ist nämlich nicht so leicht wie man immer denkt (Geldgier des Königs oder Machthunger usw) da gibt es inzwischen noch andere Ideen.

Welche? Gemein, geht einfach, ohne uns vorerst mehr zu verraten. :)

Mir fällt ansonsten nur ein, daß der Templerorden ohne eigenes Gebiet (wie die Deutschordensritter bereits und die Johanniter bald) und ohne Mission mangels Kreuzzugsinteresse in Europa einfach zu mächtig und somit zu gefährlich geworden ist. Reich, mächtig, kampfstark und nur dem Papst unterstellt. Welcher Monarch wäre bei so einer Organisation in seinem Reich früher oder später nicht nervös geworden?
Die sonstigen Gerüchte, die Legende daß Philip IV beleidigt war, weil man ihn abgewiesen hat, oder daß die Templer planten, einen Ordensstaat im Languedoc (!) zu errichten, halte ich für genau das, Gerüchte und Legenden.
Jetzt bin ich gespannt, was Du zu bieten hast, oder jemand anderer.
 
Zurück
Oben