Robert Wagner - das Schicksal seiner Tochter?

flavius-sterius

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Robert Wagner war Teilnehmer des "Hitlerputsches 1923" und die wichtigste NS-Figur in Baden. Nach 1940 wurde er parallel oberster NSDAP-Chef für das Elsass. Dies mündete später in einem Gau Oberrhein, in welchem man das Elsass und Baden zusammenfasste.

https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Wagner_(Gauleiter)

Vor ein paar Monaten las ich das Buch "Heimat" von Nora Krug. Die Autorin stammt aus Karlsruhe, hat einen US-Amerikaner geheiratet und lebt in New York. Ihr Ehemann ist jüdischen Glaubens. Da sie in New York lebt, hat sie räumlich bedingt weit mehr Kontakt zu der Familie ihres Mannes als zu ihrer eigenen deutschen Familie. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte sie als 1977 geborene Deutsche Schuldgefühle im Hinblick auf den Holocaust gegenüber der jüdischen Familie ihres Ehegatten. Sie machte sich auf die Spurensuche ihrer Vorfahren um deren Leben in der Zeit der NS-Herrschaft zu erforschen. Auf das Buch selbst will ich jetzt nicht weiter eingehen. Ist interessant geschrieben. Bei mir war halt ausschlaggebend, dass sie nicht weit von mir aufgewachsen ist - nur einige Jahre später. Kann man lesen. Für die meisten im Geschichtsforum wird es nicht genug "Futter" bieten. Geht halt auch sehr in Richtung Ahnen- und Familienforschung.

Nora Krug wurde für das Buch ausgezeichnet. Zum Beispiel bekam sie am 05.11.2019 den Ludwig-Marum-Preis der Karlsruher SPD.

Das Buch ist in einem renommierten Verlag in den USA und danach in Deutsch in unserem Land veröffentlicht worden. Leider habe ich das Buch derzeit nicht bei mir. Jedoch ist mir eine bestimmte Passage in Erinnerung. Diese handelt um die Ehefrau sowie die Tochter des oben erwähnten Robert Wagner. Nora Krug schreibt darüber in ihrem Buch - bleibt aber im Ungefähren. Es gäbe Gerüchte, dass die Franzosen nach Kriegsende die Frau von Robert Wagner sowie deren 12 Jahre alte Tochter in ein Bordell in Nordafrika verschleppt hätten. Dieses Bordell wäre nur für arabische Männer zugänglich gewesen. Dort wären beide vergewaltigt bzw. zur Prostitution gezwungen worden. Mutter und Tochter hätten dann in dem Bordell Selbstmord begangen.

WIKI berichtet ähnlich über die Ehefrau von Robert Wagner und gibt als Quelle "Ferdinand 1992" an. Hat jemand Informationen zu der Tochter von Robert Wagner? Da Nora Krug von "Gerüchten" schreibt, scheint diese Bordell-Geschichte so nicht bewiesen zu sein.
 
Der Aufsatz von Ferdinand ist dort als 120-Seiten-Beitrag im Eberbacher Geschichtsblatt 1992 zitiert.
Das müsste man sich in der Region beschaffen können.

Der Wiki-Beitrag beschreibt offenbar ein Gerücht im Heimatdorf Wagners, dass von der Verschleppung in ein Pariser Bordell handelt.
Dort soll sie Selbstmord begangen haben.

Allerdings fragt man sich, wie eine solche Detail-Information aus Paris im Juli 1945 in irgendein badisches Winzdorf gelangen sollte.
Wird man wohl bei Ferdinand nachlesen können. Nachdem er von dem Gerücht hörte, soll er sich 3 Tage später in Stuttgart US-Truppen gestellt haben.
 
Ist nicht ganz einfach an gesicherte Informationen zu kommen. Der neuste Text zu Robert Wagner denn ich gefunden habe stammt aus dem Jahr 2016. Syré Ludger: Der Führer vom Oberrhein: Robert Wagner, Gauleiter, Reichstatthalter in Baden und Chef der Zivilverwaltung im Elsass. In Kissner, Michael und Scholtvesk (Hrsg.): Die Führer der Provinz : NS-Biographien aus Baden und Württemberg

Robert Wagner heiratete am 11. Oktober 1930 Anna Luise Theresia geb. Mayer. Eine Tochter die Sigrid hies. Auch Syré kann keine gesicherten angaben machen. Er beruft sich auf folgende Quellen: Ernst, Robert, Rechenschaftsbericht eines Elsässers, 2. Auflage, Berlin 1955. Seite 380. Bankwitz, Philip Ch.F. Alsatian Autonomist Leaders 1919 - 1947. Lawrence 1978. Seite 102. Und auf den Aufsatz von Ferdinand.

Robert Ernst schreibt in seinen Erinnerungen, dass die Frau von Robert Wagner, er nennt sie Anneliese zunächst als Krankenschwester in einem Konstanzer Krankenhaus untergetaucht sei, dort entdeckt wurde und nach Frankreich gebracht wurde. Sie sich dann aus dem 4 Stock des Pariser Gefängnisses stürzte. Bankwitz schreibt dazu, dass es sich um das Gefängnis La Santé gehandelt habe.
Andere Quellen, und hier zitiert er Ferdinand, sagen dass sie in ein algerisches Bordell verschleppt wurde und sich dann vom 5. Stock des Bordells in den Tod stürzte.
Zu Wagners Tochter Sigrid. "Sie soll zusammen mit ihrer Mutter barfuss durch die Strassen Strassburgs getrieben und dann in der Haft von ihr getrennt worden sein. Nach anderen Zeugenaussagen war sie zunächst verschollen und wurde per Zufall von Markgraf Berthold von Baden entdeckt, der sie zu ihren Grosseltern, der Familie Mayer in Lautenbach (Murgal) brachte. Sie war damals zehn Jahre alt"
Der Schwiegervater von Robert Wagner, war der Vormund von Sigrid Wagner, konnte 1950/51 glaubhaft machen, dass keinerlei Besitz mehr von Robert Wagner vorhanden sei. Die Wohnungsreinrichtung gehörte Anneliese Wagner die es ihrer Tochter vermacht hatte. Das reichte der Karlsruher Nebenstelle des Württembergischen-Badischen Justitzministeriums das kein Besitz mehr vorhanden sei.


Quelle: Syré, Ludger. Seite 773 -774

Wenn man da weiter forschen möchte, dann evt. unter dem Namen Mayer oder Backfisch. Übrigens Ferdinand bezieht sich bei seinen Ausführungen wohl auf eine Mitteilung von Alfred Backfisch aus Eberbach Lindach vom 16. April 1985.
 
Zuletzt bearbeitet:
Allerdings fragt man sich, wie eine solche Detail-Information aus Paris im Juli 1945 in irgendein badisches Winzdorf gelangen sollte.
Wird man wohl bei Ferdinand nachlesen können. Nachdem er von dem Gerücht hörte, soll er sich 3 Tage später in Stuttgart US-Truppen gestellt haben.

Syré schreibt dazu folgendes: Robert Wagner hielt sich auf einem Bauernhof bei Tuttlingen unter falschem Namen als Knecht versteckt. Da hörte er durch Zufall vom Tod seiner Frau. Er soll dort auf einer Bank gesessen haben, und dabei ein Gespräch von zwei Spaziergängern gehört haben, die berichteten das im Radio mitgeteilt wurde, die Frau des ehemaligen Gauleiters Tod sei. Darauf hin fuhr er am 25. Juli 1945 zu seinem Bruder nach Lindach und stellte sich dann vier Tage später den Amerikanern. Hier bezieht sich Syré auf folgende Quellen (Zitat der Fussnote dazu): "Die Datumsangaben stammen von Bankwitz, der sich auf französische Quellen stützte. Auf der andern Seite meldete Le Nouveau Journal des Strasbourg am 8. Juni 1945 auf Seite 1: "Robert Wagner gefasst" und berichtete zugleich vom Selbstmord seiner Frau. Diese starb nach der französischen Sterbeurkunde am 31. Mail 1945 in Paris. GLA 465a/54/69/817.
 
Zur Quellenlage schreibt Seyré folgendes:
Aus: Syré Ludger: Der Führer vom Oberrhein: Robert Wagner, Gauleiter, Reichstatthalter in Baden und Chef der Zivilverwaltung im Elsass. In Kissner, Michael und Scholtvesk (Hrsg.): Die Führer der Provinz : NS-Biographien aus Baden und Württemberg. Seite 779
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Der Schwiegervater von Robert Wagner, war der Vormund von Sigrid Wagner, konnte 1950/51 glaubhaft machen, dass keinerlei Besitz mehr von Robert Wagner vorhanden sei. Die Wohnungsreinrichtung gehörte Anneliese Wagner die es ihrer Tochter vermacht hatte. Das reichte der Karlsruher Nebenstelle des Württembergischen-Badischen Justitzministeriums das kein Besitz mehr vorhanden sei.
Wenn 1950/51 Sigrid Wagner unter der Vormundschaft ihres Großvaters stand, dann kann sie nicht in Algerien Selbstmord begangen haben.
Fall gelöst.
Danke allen.
 
Nochmal: wenn das Wiki-Zitat korrekt ist, steht bei Ferdinand für die Mutter nichts von Verschleppung nach Algerien. Sondern das Gerücht lautete:
"Wagners Frau wurde später in ein algerisches Bordell nach Paris verschleppt, wo sie sich nach mehreren Vergewaltigungen in den Tod stürzte.[11]"

Zum Verbleib der Tochter (nach Straßburg) ist dort nichts ausgeführt.
 
Wenn 1950/51 Sigrid Wagner unter der Vormundschaft ihres Großvaters stand, dann kann sie nicht in Algerien Selbstmord begangen haben.
Fall gelöst.
Danke allen.

Da hast du mich missverstanden. Die Ehefrau von Robert Wagner hiss Anneliese oder (Anna Luise) und die Tochter Sigrid. Anneliese Wagner starb am 31. Mai 1945 in Paris. Dies belegt die französische Sterbeurkunde. Dazu gibt es zwei Quellen, die eine sagt uns, dass sie sich aus dem 4. Stock eines Gefängnisses in Paris stürzte, die andere, dass sie sich aus dem 5. Stock eines Bordells der algerischen Truppen in Paris stürzte.

Zur Tochter gibt es das was ich aus dem Artikel von Ludger Syré zitiert habe.
 
Habe ich mich wohl nicht richtig ausgedrückt. Nora Krug bezieht sich auf ein Gerücht, wonach Mutter und Tochter in ein Bordell in Nordafrika verschleppt worden sei. Beide (Mutter und Tochter) hätten sich dann dort selbst getötet.

Wenn die Tochter 1950/1951 unter der Vormundschaft ihres Großvaters ( = der Vater ihrer Mutter stand), dann ist sie zumindest bis zu diesem Zeitpunkt nicht in Nordafrika gestorben. Nordafrika wäre fraglos nur direkt nach Kriegsende vorstellbar. Nach 1950/51 ist das vollkommen unrealistisch. Da gab es schon die Bundesrepublik und in Frankreich wird sich die Zivilgesellschaft wieder etabliert haben.
 
Da hat wohl Nora Krug einfach mal was angenommen und nichts überprüft.
Das die Mutter in Paris starb, ist ja anhand der Sterbeurkunde belegt. Und im Staatsarchiv Freiburg gibt es eine Akte zu einer Sigrid Wagner. Ob es sich um die Tochter handelt müsste man jetzt natürlich im Archiv nachprüfen. Meiner Einschätzung nach ist es die Akte zur Tochter.

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