Röhmputsch: war Hitlers Position wirklich gefährdet?

Welcher Aspekt ist dir denn neu? Das in der Eingangsfrage oder mit dem von mir verlinkten Beitrag? :confused:

Die Eingangsfrage. Dass überhaupt jemand sie stellt. Alle Berichterstattungen (nach 1945), die ich kenne, legen den "Putsch" als Intrige zur Beseitigung der Macht der SA-Organisation dar; wenn die von summerchica gestellten Fragen auch nur halbwegs aus dem Geschichtsunterricht stammen, hat die fragende Instanz entweder keinen Unterricht gehalten diesbez. oder geht davon aus, dass alles schlief.

Seltsame Fragen aus der Nazizeit machen mich aber auch prinzipiell argwöhnisch.
 
Das kannst du unter USA/Kanada einordnen, da brauchst du keine Schreibrechte.

Die restlichen Fragen stehen gut unter Fragen und Antworten. Du kannst aber für jedes Thema einen eigenen Beitrag eröffnen, damit es für dich übersichtlicher wird.

Zum Röhm-Putsch:

http://www.geschichtsforum.de/380739-post3.html


Ich denke, dass das Naziregime in der "Nacht der langen Messer" erstmals sein wahres Gesicht zeigte. Die SA war völlig ahnungslos. Ein SA- Führer befand sich auf der Hochzeitsreise und glaubte an einen derben Scherz, als ihn die SS abführte und an die Wand stellte. Ein Musiker Willy Schmidt wurde ermordet, weil man ihn mit einem SA- Führer gleichen Namens, vulgo "Schweinebacke" verwechselte. Kurt von Schleicher und seine Frau wurden kaltblütig ermordet, und die Reichswehr ließ sich das bieten.

Dass diese Mordaktion eine Zäsur darstellte, dafür spricht auch Himmlers Kommentar in seiner Posener Rede vom Oktober 1943, in der er die SS für ihre Grausamkeit lobt und die "Nacht der langen Messer" in Verbindung setzt mit der Vernichtung der Juden.

So wie die SS am 31. Juni nicht gezögert habe, Kameraden an die Wand zu stellen, die sich verfehlt haben- es habe jeden geschaudert, dennoch werde man es jederzeit wieder tun, so werde sie es auch bei der Vernichtung der Juden halten.
 
Ich denke, dass das Naziregime in der "Nacht der langen Messer" erstmals sein wahres Gesicht zeigte.

Sehe ich auch so.


Die SA war völlig ahnungslos. Ein SA- Führer befand sich auf der Hochzeitsreise und glaubte an einen derben Scherz, als ihn die SS abführte und an die Wand stellte. Ein Musiker Willy Schmidt wurde ermordet, weil man ihn mit einem SA- Führer gleichen Namens, vulgo "Schweinebacke" verwechselte. Kurt von Schleicher und seine Frau wurden kaltblütig ermordet, und die Reichswehr ließ sich das bieten.

Die Reichswehr war ja auch froh darüber, dass die SA "entmachtet wurde"

Dass diese Mordaktion eine Zäsur darstellte, dafür spricht auch Himmlers Kommentar in seiner Posener Rede vom Oktober 1943, in der er die SS für ihre Grausamkeit lobt und die "Nacht der langen Messer" in Verbindung setzt mit der Vernichtung der Juden.

So wie die SS am 31. Juni nicht gezögert habe, Kameraden an die Wand zu stellen, die sich verfehlt haben- es habe jeden geschaudert, dennoch werde man es jederzeit wieder tun, so werde sie es auch bei der Vernichtung der Juden halten.

Himmler sprach aber nicht vom 31. Juni sondern vom 30. Juni 1934.

Im Anhang findet ihr den Auszug der Posener-Rede.
 

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Dann der Röhmputsch: war Hitlers Position wirklich gefährdet?

Die Eingangsfrage. Dass überhaupt jemand sie stellt. Alle Berichterstattungen (nach 1945), die ich kenne, legen den "Putsch" als Intrige zur Beseitigung der Macht der SA-Organisation dar; wenn die von summerchica gestellten Fragen auch nur halbwegs aus dem Geschichtsunterricht stammen, hat die fragende Instanz entweder keinen Unterricht gehalten diesbez. oder geht davon aus, dass alles schlief.

Seltsame Fragen aus der Nazizeit machen mich aber auch prinzipiell argwöhnisch.
Htilers Position war nicht gefährdet. Aber es gibt starke Hinweise, dass Bestandteil der Intrige war, dass (u.a. von Goebbels) Hitler suggeriert wurde, seine Position sei gefährdet und Röhm plane tatsächlich einen Putsch.
 
Htilers Position war nicht gefährdet. Aber es gibt starke Hinweise, dass Bestandteil der Intrige war, dass (u.a. von Goebbels) Hitler suggeriert wurde, seine Position sei gefährdet und Röhm plane tatsächlich einen Putsch.

Die Unterscheidung gibt doch auch der Fragestellung einen Sinn. Im Ablauf der Ereignisse sind Machtkämpfe (zB der aufstrebende Himmler mit seiner SS), alte "Rechnungen" und die Wahrnehmung der Machtverhältnisse wichtig, weniger die objektiv feststellbaren Verhältnisse.


Der SA-Terror, 1933 in den ersten Säuberungen und als losgelassene Straßenrevolution in der Machtübernahme von der NS-Spitze höchst erwünscht, erwies sich eben zunehmend schlecht kontrollierbar.

Aktionen wurden nun sogar unerwünscht, weil sie - als Beispiel - den außenpolitischen Auftritt des Dritten Reiches störten.
So explizit die Aktionen gegen SU-Einrichtungen und Sowjetbürger 1933, Plünderungen während man gleichzeitig die Importe aus der SU sichern mußte und die Industrieaufträge für die Beschäftigung brauchte. Die sowjetische Botschaft war 1933/34 zu einer regelrechte Beschwerdeabteilung verkommen, Hunderte von Vorfällen waren aufgelaufen und die deutsche Botschaft kam mit den Entschuldigungen kaum nach.

Gleiches gilt gegenüber den Westmächten, hier war Kreidefressen angesagt. Innenpolitische Randale und Terrorisierungen durch SA-Horden, über die international berichtet wurde, kamen da der NS-Spitze ungelegen. Der Terror hatte inzwischen subtilere Wege, lautlose Wege (aus Sicht des Auslandes) gefunden, und gefürchtete innenpolitische Gegner gab es nach Zerschlagung (auch auf der "Straße") der größeren Organisationen nicht mehr.
 
Ja, silesia.
Und nicht zu vergessen, dass das Wohlwollen der Reichswehr für die Nazi-Regierung gewonnen werden musste. Die Militärs argwöhnten (nicht ganz zu Unrecht), dass die SA zu einer Konkurrenz für die Reichswehr hätte werden können. Wäre dieser Argwohn nicht ausgeräumt worden, hätte die Reichswehr zu einem ernsten Hindernis für die Etablierung der Naziherrschaft werden können.
 
J...Die Militärs argwöhnten (nicht ganz zu Unrecht), dass die SA zu einer Konkurrenz für die Reichswehr hätte werden können. Wäre dieser Argwohn nicht ausgeräumt worden, hätte die Reichswehr zu einem ernsten Hindernis für die Etablierung der Naziherrschaft werden können.

Ein ganz wichtiger Hinweis, der in der Reihe der Gründe nicht fehlen sollte!

Wenn ich das richtig weiss, wird darüber spekuliert, dass die Beseitigung der SA-Spitze der Reichswehr auf einer Norwegen-Kreuzfahrt Hitlers auf der DEUTSCHLAND im Frühjahr 1934 angekündigt worden ist. Auf dem Schiff sollen sich Blomberg und Raeder befunden haben. Die Befürchtungen der Reichswehr über die "Volksarmee" SA und ihrer weiteren Entwicklung waren offenkundig, es wird da sicher entsprechende Wünsche gegeben haben.

Die Beseitigung der SA-Spitze kann man so auch als Teil der Reichswehr-Gleichschaltung bzw. Einvernahme ansehen.
 
Nachtrag: Domarus I, S. 375 (11.-15.4.1934) und S. 368 (28.2.1934).


Das Gespräch vom 28.2. ist durch v.Weichs im Röhmprozeß 1957 wiedergegeben worden. Demnach ging es Hitler um die Gestaltung der zukünftigen "Volksarmee", wobei der besorgten Reichswehr sogleich versichert worden ist, dass die SA höchstens innenpolitische Sicherungs- und Polizeiaufgaben übernehmen könne.

An Hitlers Kreuzfahrt vor Norwegen nahmen Blomberg, Raeder und andere hohe Reichswehroffiziere teil. Das es hierbei lange, ungestörte Unterhaltungen gegeben haben muss, ist wohl offensichtlich. Der Hinweis auf die Röhm-Absprachen auf dem Panzerschiff stammt von Bullock.

Dass es eine Absprache gegeben haben muss, will Domarus auch dem Reichenau-Interview mit einem frz. Reporter vom August 1934 entnehmen: "Der Reichskanzler hat sein Wort gehalten, als er den Versuch Röhms, die SA in die Reichswehr einzugliedern, im Keim erstickte. Wie lieben ihn, weil er sich als wahrer Soldat gezeigt hat. Die Wehrmacht bewundert ihn wegen des persönlichen Mutes, und ich unterstreiche die Worte, die er kürzlich gesprochen hat: "Die Reichswehr kann sich auf mich verlassen, wie ich mich auf sie verlasse."" Reichenau sprach damit - entgegen der offiziellen Verlautbarung - ausdrücklich nicht von einem Putsch, sondern von dem Eingliederungsversuch SA/Reichswehr, also einen Machtkampf der Organisationen an.

Nach der Rückkehr von der Schiffsreise besuchte Hitler am 17.4.1934 mit Röhm und Blomberg das Frühjahrskonzert der SS im Berliner Sportpalast. Göring ernannte dann Himmler am 20.4.1934 zum Chef der Preußischen Geheimen Staatspolizei, ebenfalls eine vorbereitende Maßnahme. Anfang Juni (vermutlich 4.6.34) soll dann eine 5-stündige Aussprache zwischen Röhm und Hitler stattgefunden haben. Dabei soll es auch um Hitlers Angebot an Eden/Großbritannien vom 21.2.1934 gegangen sein, die SA um 2/3 zu reduzieren. Röhm trat sofort nach dem Gespräch einen mehrwöchigen Krankheitsaufenthalt an, großen Teile der SA wurde für Juli "Urlaub" mit Uniformverbot angeordnet und nur geringe Teile sollten den Dienstbetrieb aufrecht erhalten. Bei den von Röhm in seinem Urlaubsaufruf angesprochenen "Feinden der SA" handelt es sich zweifelsfrei um die Reichswehr.
 
Die Hitler/Ribbentrop-Gespräche mit Eden im Februar 1934 brachten tatsächlich weitgehende Angebote an Großbritannien, um zu einer Revision des Versailler Vertrages mit offener Aufrüstung zu kommen. Hitler verlangte eine Erweiterung der Reichswehr auf 300.000 Mann.

Im Gegenzug wurden britische und frz. Bedenken geäußert, die Mitgliederbestände SA und SS auf die Reichswehr "anzurechnen". Damit waren Hitler/Ribbentrop nicht einverstanden, in beiden Gesprächen wurde bzgl. der SA angeboten:

1. kein Waffenbesitz
2. keine Ausbildung mit der Waffe
3. keine Felddienstübungen
4. keine Zusammenziehung in Lagern
5. keine Verwendung von Ausbildungspersonal der Reichswehr.
Quelle: ADAP C II, zum 20. und 21.2.1934, Gesprächsprotokolle.

Sofern Röhm von den Angeboten gehört hat, war er sicher von der "Entwaffnung" nicht begeistert. Die Beseitigung kann man daher auch unter dem Aspekt betrachten, bei den Westmächten die Aufrüstung/Vergrößerung der Reichswehr durch zu bekommen.
 
Röhm hat ja nicht geringeres gefordert, als das die Reichswehr in die SA eingegliedert werden sollte. Der graue Fels sollte in der braunen Flut untergehen. Das war für die Reichswehr eine Gefährdung ersten Grades und entsprechend gestalteten sich die Beziehungen zur SA. Es kam zu Spannungen zwischen Blomberg und Hitler. Blomberg äußerte sich gegenüber Hitler wie folgt:“Ich warnte den Führer, dass wir deutsche Soldaten unsere Position mit unserem Leben verteidigen würden und dass er alsbald mit einem Bürgerkrieg rechnen müsse.“ (1).

Röhm hat Blomberg Anfang 34 sogar eine Denkschrift zukommen lassen, das der SA die Aufgabe der nationalen Verteidigung zu übertragen sei und die Reichswehr künftig das Personal für die SA ausbilden dürfe. (2) Blomberg hat umgehend die Wehrkreisbefehlshaber über die Ansprüche Röhms informiert. Blomberg verlangte von Hitler nunmehr, das dieser handeln müsse. (3)

(1) Blomberg in Seventh Army Interrogation Center Report ; APO (Army Interrogation Repot), Vernehmung Blombergs am 24.09.1945

(2 )Erinnerungen von Maximilan von Weichs (den späteren Feldmarschall), BA/MA nachlaß Weichs N19/5, S11.

(3) Höhne, Mordsache Röhm, S. 200f, Reinbek 1984

(4) Alles nach Kirsten Schäfer, Werner von Blomberg, ,S.135f, Paderborn 2006
 
Röhm vs. Hitler

hallo zusammen,
ich hoffe ihr könnt mir helfen! :winke:
kann mir mal einer sagen warum Röhms Ziele eine Bedrohung für Hitlers politische, wirtschaftliches und militärischses Konzept waren?

Röhm wollte ja dass die SA sich mit der Reichswehr verschmeltzt - nur warum hat Hitler damit ein Problem?
Ist eine mögliche Antwort dass die SA schon ca. 4 Millionen Mitglieder hatte und als eine potentielle innerparteiische Gefahr für die NSDAP galt und Röhm den Oberbefehl haben wollte über die Volksmiliz.
Ist denke ich mal so richtig oder?

ich kann da aber keine politische und wirtschaftliche Ziele finden, die gegen Hitler gerichtet waren?
Kann mir da einer weiterhelfen?

Danke vorraus!

Gruß, andy8989
 
Aus einem Beitrag von mir zum Röhm-Putsch:

Röhm machte sich durch seine Forderung von einer zweiten Revolution die eine radikale soziale Umgestaltung herbeiführen sollte keine Freunde. Er sah in seiner SA den Kern einer neu zu gründenden Volksmiliz, der er auch die Reichswehr einverleiben wollte. Von der traditionsbewussten Reichswehr wurde diese Idee entschieden verworfen. Diesen schwelenden Konflikt zwischen SA und der Reichswehr musste Adolf Hitler entscheiden. Gegen Röhm sprachen sein sozialrevolutionären Vorstellungen und sein unverhüllter Machtanspruch. Auch innerparteilich hatte Röhm Rivalen, vor allem Heinrich Himmler und Hermann Göring bestärkten Hitler etwas gegen Röhm zu unternehmen. Sie wollten nicht die SA als eine starke Armee aufbauen, sondern die Reichswehr zu einer kriegsfähigen Armee auszubauen.

Weiterlesen kannst du auch hier: http://www.geschichtsforum.de/380739-post3.html
 
Hitler erklärte einige Zeit nach der Machtergreifung die "Nationale Revolution" für beendet.
Der SA-Führung (unter Röhm) war das aber zuwieder - sie sahen wichtige, alte Programmpunkte, wie zb. die Enteignung von Banken noch nicht verwirklicht, und forderte deshalb eine Art "2. Revolution".

Hitler aber liebäugelte bereits seit einiger Zeit mit der Großindustrie - und finanz.
Diese standen jeglicher Form von "Revolution" kritisch gegenüber, sahen sie dadurch doch ihre eigene Macht bedroht.
Außerdem war die SA sehr groß geworden, und forderte eine Verschmelzung mit der Reichswehr.
Die RW wiederum war natürlich gegen diesen Schritt, da sie ja traditionell auf der Seite der "Alten Eliten" stand.

Durch die Beseitigung der SA-Führung am 30. Juni 1934 sicherte sich Hitler also die Unterstützung zweier wichtiger Gesellschaftsgruppen: Des Großbürgerturms und der Reichswehr.
 
oh..danke für die schnelle Antworten!

Den Aspekt "Aneignung der Reichswehr" und "Röhm-Putsch" allgemein verstehe ich.
Ich habe nur paar Lücken wenn es geht um die "soziale Revolution".

zb. die Enteignung von Banken noch nicht verwirklicht
Wem gehörten vorher denn die Banken?

Und wo lagen die politischen Bedrohungen für Hitler?
- Hitler wollte eine Dikatutur, Röhm nicht?
Was wollte man noch durch die Revolution erreichen bzw. verändern?
 
Wem gehörten vorher denn die Banken?
Wie andere Unternehmen auch: irgendwelchen Unternehmern oder Aktionären
Und wo lagen die politischen Bedrohungen für Hitler?
- Hitler wollte eine Dikatutur, Röhm nicht?
Röhm auch. Aber das war sozusagen das Problem. Ein Diktator kann keinen Konkurrenten neben sich dulden, nur Leute, die sich unterordnen. Bei Röhm konnte sich Hitler da nicht so sicher sein.
Was wollte man noch durch die Revolution erreichen bzw. verändern?
Die NSDAP hatte auch das Wort "Sozialismus" im Namen. Gerade in der SA gab es eine ganze Reihe Leute, die das ernst nahmen. Denen reichte es nicht, dass die Parteihäuptlinge an der Macht waren und auf einflussreichen und einträglichen Posten saßen. Die wollten jetzt auch die sozialen Veränderungen und Verbesserungen haben, die man üblicherweise mit dem Wort Sozialismus verbindet.
 
Zu den Banken:

Wie andere Unternehmen auch: irgendwelchen Unternehmern oder Aktionären

Das ist ein interessanter Aspekt. 1931/32 gab es zahlreiche Verstaatlichungen im Zuge der Bankenkrise. Ab 1933 sollen "Privatisierungen" stattgefunden haben.

Fraglich wäre, welche Umfang diese Privatisierungen 1934 erreicht haben?
Bspw. war die Dresdner Bank bis 1937 weiter faktisch verstaatlicht (über die Aktionärsstruktur).
 
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