Römerroute von Xanten nach Detmold

Martial

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Hier mein Bericht zu meiner Radtour auf der Römerroute. Auf meiner Internetseite findet ihr auch Bilder dazu:
http://www.marathonstorch.de/robert storch aktuell.htm#BerichtRoemerroute


Die Radtour auf der Römerroute: Varus, Ruhrpott, Rhabarberkuchen

Die Römerroute von Xanten nach Detmold folgt zum größten Teil dem Lauf der Lippe, jenem Fluss, an dessen Ufer römische Soldaten einst Lager um Lager anlegten, um die Provinz Germanien zu kontrollieren. Der Besatzungsversuch endete vor 2000 Jahren: In der Varusschlacht vernichteten die Germanen unter der Führung des Arminius drei römische Legionen. Aus diesem Anlass wurde eine Ausstellung auf die Beine gestellt mit dem Namen „Imperium Konflikt Mythos“. Jedes dieser drei Worte steht für jeweils eine Ausstellung. Die Ausstellung „Imperium“ wird in Haltern am See gezeigt, „Konflikt“ in Kalkriese und „Mythos“ in Detmold. Ich habe diese drei Ausstellungen besucht und werde im Lauf des Berichts näher auf sie eingehen.

Xanten:
Die Geschichte Xantens – dem Startpunkt unserer Radtour – ist eng mit dem Römischen Reich verknüpft. Vom dortigen Legionslager wurde die Eroberung Germaniens in Angriff genommen, nach dem Scheitern dieser Eroberung entwickelte sich aus dem Legionslager eine Colonia, in deren Mauern bis zu 10.000 Menschen lebten. Das mittelalterliche Xanten entstand durch den römischen Legionär Victor: Der Sage nach wurde er geköpft, weil er sich als Christ weigerte, die römischen Götter anzubeten. Um das Grab des Märtyrers entstand der Dom, um den sich wiederum das mittelalterliche Xanten ausbreitete. Die Baumaterialien für diese Stadt kamen natürlich zum Großteil aus der alten Römerstadt. In unserer Zeit baut man sie nun wieder auf: Tempel, Thermen, Amphitheater, Stadtmauer und weitere Häuser sind im Archäologischen Park Xanten teilweise rekonstruiert. Es muss eine imposante Stadt gewesen sein, gerade wenn man bedenkt, dass nur wenige Meilen weiter östlich die Menschen in Weilern lebten, in großen Häusern zusammen mit dem Vieh schliefen und die Schrift unbekannt war.
Auf dem Gebiet der Colonia findet sich auch das Römermuseum. Im Untergeschoss wird die Geschichte des Marcus Caelius erzählt, dem ersten Centurio einer Legion, die in der Varusschlacht vernichtet wurde (s. Wiki-Artikel zu Marcus Caelius). Sein Grabstein ist der einzige eindeutige archäologische Hinweis auf die Schlacht, denn in ihm steht, dass der Centurio in der Varusschlacht fiel.

Xanten – Haltern (82 km):
Endlich geht’s los: Andy und ich schwingen sich auf die Räder. Die massige Auswahl an Radwegen stiftet Verwirrung, aber schließlich finden wir den Richtigen. Die nächste Pause lässt jedoch nicht lange auf sich warten: Auf einer Weide stakst ein Storch, da ist ein Foto natürlich Pflicht.
Über flache Landstraßen, Wald- und Schotterwege rollt es zügig voran, auch wenn Andy nach seinem Drüsenfieber noch nicht wieder zu alter Form gefunden hat. So ist zwischendurch auch mal eine Pause mit einem Pott Kakao und Rhabarberkuchen angebracht. Ab Dorsten mehren sich die königsblauen Fahnen, die in Vorgärten und auf Balkonen wehen. Glück auf!

Haltern – Werne (80 Km):
Am Morgen machen wir zunächst die Museen in Haltern unsicher: In Haltern war vor der Varusschlacht ein römisches Verwaltungszentrum entstanden. Von hier aus sollte die neue Provinz Germanien regiert werden, Varus hielt sich dort bestimmt einige Zeit auf. Vor diesem geschichtlichen Hintergrund findet hier die Ausstellung „Imperium“ statt. Sie zeigt Roms Aufstieg zur Weltmacht und das Aufblühen von Kunst, Literatur und Architektur unter der Herrschaft des Augustus. Hochkarätige Ausstellungsstücke reihen sich aneinander: Sie kommen u. a. aus Pompeji und den Kapitolinischen Museen in Rom und zeigen beispielsweise Teile von Augustus' Friedensaltar oder einen Caesar-Porträtkopf aus dem Jahr 45 oder 44 v. Chr. Eines der seltenen Porträts, das noch zu Lebzeiten des Dictators gefertigt wurde. Diese Ausstellung ist für mich das Highlight der im Vorspann angesprochenen Ausstellungsreihe „Imperium Konflikt Mythos“.
Kurz vor 13 Uhr startet – endlich – unsere Etappe. Zunächst verfransen wir uns ein paar Mal: Meistens ist die Strecke zwar gut ausgeschildert, aber eben nicht immer. Dann kommt es vor, dass man dort herauskommt, wo man bereits vor einer halben Stunde stand.
Doch dank modernster Navigationsinstrumente nähern wir uns unaufhaltsam unserer Unterkunft zwischen Werne und Hamm.
In Xanten fühlte man sich schon fast in Holland, jetzt siehen wir das Ruhrgebiet an jeder Ecke: Schornsteine und Kanäle, auf denen früher die Kohle aus dem Ruhrpott verschifft wurde.
Irgendwo haben wir eine unsichtbare Grenze passiert: Heute sind fast nur BVB-Fahnen zu sehen.

Hamm – Paderborn (115 Km):
Heute steht kein Museumsbesuch auf dem Programm, also können ordentlich Kilometer geschruppt werden. In Hamm geht es durch Viertel, die das Flair der Fürther Südstadt versprühen. Immerhin finde ich einen Rasenplatz, auf dem ich mein Lauf-ABC absolvieren kann (siehe Foto). Nach Hamm verlassen wir das Ruhrgebiet und tauchen in Heidelandschaft ein. Die Besiedlung des Landes hat sich seit den Zeiten des Arminius nicht viel verändert: Hie und da ein Gehöft, außen grasen die Rinder. Das ist der Unterschied zur fränkischen Pampa: Hier gibt es wenig einzelstehende Gehöfte, sondern es siedeln mehrere kleine Bauernhöfe zusammen in einem Dorf mit Kirche und Wädschaffd.
Herzfeld wird ein unerwartetes Highlight der Etappe: Hier besuchen wir die Wallfahrtskirche der Heiligen Ida, ein beeindruckender gothischer Bau, in der Krypta mit dem Reliquienschrein sind Reste der romanischen Kirche aus dem 10. Jahrhundert zu sehen. Danach gebe ich dem Gequengel von Andy nach und lasse mich zu einem Pott Kakao mit Waffel im nahen Cafe überreden.
In Anreppen stoßen wir auf die letzten Römerspuren der Radtour: Hier stand vor der Varusschlacht das östlichste Römerlager an den Ufern der Lippe. Viel ist davon nicht übrig, denn die Römer brannten es nieder, bevor sie es aufgaben. Jedoch wurden inzwischen die beiden Hauptstraßen des Römerlagers mit Kies markiert und die Gräben, die das Lager schützten, wurden rekonstruiert.
In Paderborn drängt sich unweigerlich die Frage auf: Was haben Nürnberg und Paderborn gemeinsam? Die Fußballvereine beider Städte wurden in ihrer jeweiligen Liga Dritter und stiegen in der Relegation auf.
Nach dem Check-In im Hotel machen wir noch einen Abstecher in die Stadt. In Paderborn ließ Karl der Große eine Kaiserpfalz bauen; der Dom erstrahlt im Gegensatz zur Kaiserpfalz immer noch in imposanter Größe (siehe Foto). Warum das Hasenfenster (siehe Foto) so berühmt ist, kann ich nicht nachvollziehen.

Paderborn – Detmold (45 Km):
Kurz nach Paderborn beginnt der stetige Anstieg in den Teutoburger Wald. Einem Seilzug meines Fahrrads reicht die Kletterei: Er reißt, ich kann nur noch auf dem vorderen Zahnkranz schalten und bin somit nur noch mit drei Gängen unterwegs. Zum Glück liegt die Kette auf dem hinteren Zahnkranz oben, also auf dem leichtesten Gang, denn dieser Gang ist nötig bei einigen Anstiegen im Teutoburger Wald. Bei einem dieser Anstiege steigt Andy vom Rad und fordert mich auf, endlich mein Lauf-ABC zu machen, damit er wieder Atem schöpfen kann: „Gibts da kei Wiese, auf der du aweng rumhoppeln kannst?“ – Nein, weit und breit keine Wiese, nur Bäume, also weiter hinauf bis zum Hermannsdenkmal, anschließend Abfahrt nach Detmold zur Ausstellung „Mythos“. Diese Ausstellung ist zweigeteilt: Im Erdgeschoss werden Ausstellungsstücke präsentiert, die zum einen auf das Leben der Germanen schließen lassen (Grabbeigaben, Landwirtschaft, Eisenherstellung), zum anderen wird die Sicht der Römer auf die Germanen erklärt. Dies geschieht mit Statuen von Germanen (oft Gefangene) und durch Textstellen aus Tacitus' „Germania“. Der zweite Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit dem Mythos um Arminius, der seit der Wiederentdeckung von Tacitus' Schriften über die Varusschlacht im 15. Jahrhundert von verschiedensten Seiten für deren Zwecke instrumentalisiert wurde. Da der erste Teil klein gehalten ist und der zweite Teil uns nicht interessiert, sind wir zügig wieder vor den Türen des Museums und erreichen den Zug um 14:02. Es geht zurück nach Xanten.

Kalkriese:
Der Fahrräder werden auseinandergebaut und im Kofferraum verstaut, mit dem Auto brausen wir nach Kalkriese, dem derzeit heißesten Kandidaten für den Ort der Varusschlacht.
Die Ausstellung dort gliedert sich in drei Teile:

  • Park: An einer Engstelle zwischen einem Hügel und dem Moor überfielen die Germanen den römischen Heereszug. Platten und Schilder erklären das Schlachtgeschehen, der Germanenwall wurde für ein paar Meter rekonstruiert (siehe Foto). Man bekommt einen Eindruck, wie die Schlacht an diesem Ort geschlagen wurde.
  • Die Dauerausstellung zur Varusschlacht im Turm: Es werden Grabungsfunde präsentiert, u. a. der berühmte Reiterhelm. Besonderer Wert wird natürlich auf die Funde gelegt, die dafür sprechen, dass in Kalkriese tatsächlich die Varusschlacht stattfand: Alle gefundenen Münzen wurden vor dem Jahr 9 geprägt. Außerdem entdeckten die Archäologen Gruben, in denen Knochen lagen, die vor ihrem Begräbnis ein paar Jahre an der Oberfläche bleichten. Dies deckt sich mit dem Bericht über den Besuch des römischen Feldherrn Germanicus einige Jahre später auf dem Schlachtfeld: Er ließ die verbliebenen Knochen bestatten. Ergänzt wird die Ausstellung durch Angaben über die beteiligten Seiten (z. B. Bewaffnung) und durch ein paar nette Animationen, z. B. einer Landkarte, auf der die Kriege Rom vs. Germanen vor der Varusschlacht gezeigt werden. Was fehlt, ist eine komplette Rekonstruktion des Schlachtverlaufs. So weiß man z. B. nicht, ob bei den Ausgrabungen im Park Kalkriese am Anfang oder gegen Ende der Schlacht gekämpft wurde. Fest steht nur, dass sich Germanen und Römer in einem weiten Umkreis mehrere Tage lang beharkten.
  • Sonderausstellung „Konflikt“ im Besucherzentrum: Sie beschäftigt sich mit römisch-germanischen Konflikten in den Jahrhunderten nach der Varusschlacht; gezeigt werden Waffenfunde und Grabbeigaben.
Fazit:
Eine lohnenswerte Reise in die Vergangenheit, zu einem Konflikt, der die Geschichte Deutschlands und Europas geprägt hat. Auf der Radtour lernten wir Deutschlands Vielfalt kennen: Wir fuhren durch Kleinstädte mit Häusern aus Backstein, streiften das Ruhrgebiet mit seinen Fabriken und Schornsteinen, ließen uns durch Heidelandschaft rollen und ächzten schließlich durch den Teutoburger Wald hinauf zum Hermannsdenkmal.
 
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