Römische Verfassung

Geschichte_Igel

Neues Mitglied
Hallo, ich habe zwei Frage bezüglich der römischen Verfassung.
Man kann die römische Verfassung ja in drei Elemente einteilen.
  1. der Senat (Aristokratie)
  2. die Volksversammlung (Demokratie)
  3. die Konsuln (Monarchie)
Viele Historiker wie Polybios sind der Meinung, dass diese Mischverfassung den römischen Staat ermöglichte, alles zu erreichen, was dieser sich vorgenommen habe.
Meine erste Frage ist jetzt aber, wieso das so war und warum eine Mischverfassung so gut ist?

Weiterhin habe ich noch eine andere Frage.

Was versteht man unter der Desintegration der Nobilität und wie kam diese zustande.

Ich bedanke mich schon im Voraus für Antworten...
 
1. Die Einteilung kann man so nicht stehen lassen.

Das Amt des Konsuls hatte mit etwaigen monarchischen Traditionen absolut nichts zu tun. Ein Konsul allein hatte durchaus keine unumschränkten diktatorischen Vollmachten, sondern konnte durch das Veto des co-Amtsinhabers in seinen Handlungen eingeschränkt werden, auch konnte er nicht, mindestens nicht in republikanischer Zeit, beliebig lange im Amt bleiben, von einer Erbfolge im monarschischen Sinne, kann darüber hinaus schon überhaupt keine Rede sein.

2. Der Senat stellte durchaus keine Vertretung der gesamten Aristokratie dar, sondern nur die Vertertung eines geringen Teils der obersten Schicht der römischen Aristokratie, zudem mit bis heute nicht so ganz geklärten Befügnissen und Funktionen.

3. So wenig wie der Senat "die Aristokratie" vertrat, wurde irgendwo "das Volk" vertreten, auch da handelte es sich nur um einen Bruchteil der Bevölkerungsmasse, die hier so etwas wie eine Vertretung hatte.

4. Polybios und andere antike Autoren sind nicht im modernen Sinne als "Historiker", sondern als "Historiographen", sprich "Gechischtsschreiber" zu verstehen, da in den Schriften dieser Zeit nicht die Absicht einer kritischen faktenorientierten Untersuchung eines Gegenstands lag, sondern sie hatten die Absicht zu verherrlichen, zu verdammen, zu erziehen und gingen mit Tatsachen gerne auch mal kreativ um, entsprechend sind sie mit Vorsicht zu genießen.

5. Wer genau ist der römische Staat und was genau soll er sich vorgenommen haben?

6. Was genau soll erreicht worden sein?

7. Die weitere frage ist ohne entsprechenden Textzusammenhang nicht vernünftig zu diskutieren, da zu weitschweifig interpretierbar. Innere Desintegtration? Desintegration im Bezug auf die Machtverhältnisse? Die Sozialstrukturen der Gesellschaft? Die Wirtschaft? und was soll "Nobilität" in diesem Fall präzise meinen? Die senatorischen Patrizierfamilien? Die Aristokraten unter Einbeziehung auch der Equites? Die spezifisch römische Aristokratie? Die Italische? Die Provinzialrömische?

Das müsste präziser ausgedrückt werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe jetzt keine Ahnung, was mit Desintegration der Nobilität gemeint sein soll, aber der Anfang der Frage bezieht sich auf Ciceros De Re Publica, in dem er die reinen Staatsformen (eines einzelnen, vieler und aller) analysiert, und die Mischverfassung, die Elemente aller drei Staatsformen enthält, als beste ansieht.

Da dürften wir aber sicherlich schon einige Threads zu dem Thema haben.
 
Shinigami, Deine Einwände sind natürlich berechtigt. Sie ändern aber nichts daran, dass Polybios und Cicero die römische Verfassung als solche Mischverfassung charakterisierten und in ihr einen Grund für den Erfolg Roms sahen.

Polybios geht davon aus, dass eine Mischverfassung die beste sei, und verweist auf das Beispiel Sparta. Die drei traditionellen Verfassungsformen seien ihm zufolge fehleranfällig. In der römischen "Mischverfassung" hingegen würden sich Konsuln (und die anderen Magistrate), Senat und Volksversammlung gegenseitig die Waage halten und kontrollieren, sodass niemand das Übergewicht erlangen könne, außerdem seien die verschiedenen Organe so zur Zusammenarbeit gezwungen, müssten also an einem Strang ziehen statt permanent gegeneinander zu arbeiten.

Ciceros "De re publica" ist leider nur fragmentarisch erhalten, aber so viel lässt sich schon entnehmen: Monarchie, Aristokratie und Demokratie haben in ihrer Reinform alle ihre Vorzüge, sind aber fehleranfällig: Die Monarchie könne zu einer Tyrannis verkommen, die Aristokratie zu einer reinen Cliquenwirtschaft und die Demokratie zu einer Pöbelherrschaft. Die Monarchie sei eigentlich die beste reine Verfassungsform, zumal sie die natürliche sei (schließlich bestehe auch unter den Göttern eine Monarchie), aber eben nur solange der König maßvoll, uneigennützig und gerecht regiert, was in ihrer Reinform nicht sichergestellt werden könne. In der Demokratie gebe es die größte Freiheit für alle, in der Aristokratie würden die besten Köpfe regieren. Bei allen dreien Verfassungsformen bestehe aber die Gefahr, dass sie sich ins Schlechte verkehren, und historisch gesehen komme das auch so vor, außerdem würde oft eine in die andere übergehen (z. B. führe ein schlechter König zum Sturz der Monarchie, oder in einer außer Rand und Band geratenen Volksherrschaft könne ein Tyrann die Macht ergreifen). Nur eine Mischverfassung könne Abhilfe schaffen und für stabile politische Verhältnisse sorgen. Cicero behandelt dann die römische Verfassungsentwicklung, aber der Rest ist leider zu großen Teilen verloren.

Im Ergebnis gehen also beide Autoren davon aus, dass die römische Verfassung als von ihnen so gesehene "Mischverfassung" für stabile politische Verhältnisse sorge und Fehlentwicklungen vorbeuge.
 
Shinigami, Deine Einwände sind natürlich berechtigt. Sie ändern aber nichts daran, dass Polybios und Cicero die römische Verfassung als solche Mischverfassung charakterisierten und in ihr einen Grund für den Erfolg Roms sahen.

Polybios geht davon aus, dass eine Mischverfassung die beste sei, und verweist auf das Beispiel Sparta. Die drei traditionellen Verfassungsformen seien ihm zufolge fehleranfällig. In der römischen "Mischverfassung" hingegen würden sich Konsuln (und die anderen Magistrate), Senat und Volksversammlung gegenseitig die Waage halten und kontrollieren, sodass niemand das Übergewicht erlangen könne, außerdem seien die verschiedenen Organe so zur Zusammenarbeit gezwungen, müssten also an einem Strang ziehen statt permanent gegeneinander zu arbeiten.

Das Polybios und Cicero das so gesehen haben mögen will ich ja auch gar nicht bestreiten. Die Frage ist nur, inwieweit dass denn einer Überprüfung auch standhält. Die Kontrollfunktion durch die Ämterkollegialität und das Veto konnte sicherlich objektiv gesehen durchaus Vorteile haben, genau so gut aber auch zu Problemen führen.

Nehmen wir das Volkstribunat, mit bis zu Zehn Volkstribunen, dass nur dann funktionieren konnte, wenn keiner der 10 aus der Reihe tanzte und mit seinem Veto Schritte der Anderen blockierte. Eine einzige korrupte oder querulantische Person in diesem Amt konnte das komplette System aushebeln.

Nehmen wir weiter das Konsulamt.
Die gegenseitige Kontrollfunktion ist auch hier auf dem Papier sicherlich vorteilhaft. Eine tatsächlich veritable Meinungsverschiedenheit zwischen den Konsuln konnte aber auch in eine veritable politische Krise bis hin zum Bürgerkrieg führen. Oder auch zum Entstehen militärischer Katastrophen (siehe Cannae) beitragen.

Deswegen ist mir das so ein wenig zu einseitig. Die Elemente der römischen Mischverfassung hatten ihre Vorzüge, sie schufen aber auch genuin römische Problemstellungen, mit denen de facto einseitiger verfasste Gesellschaften nicht herumschlagen mussten.


Ciceros "De re publica" ist leider nur fragmentarisch erhalten, aber so viel lässt sich schon entnehmen: Monarchie, Aristokratie und Demokratie haben in ihrer Reinform alle ihre Vorzüge, sind aber fehleranfällig: Die Monarchie könne zu einer Tyrannis verkommen, die Aristokratie zu einer reinen Cliquenwirtschaft und die Demokratie zu einer Pöbelherrschaft. Die Monarchie sei eigentlich die beste reine Verfassungsform, zumal sie die natürliche sei (schließlich bestehe auch unter den Göttern eine Monarchie), aber eben nur solange der König maßvoll, uneigennützig und gerecht regiert, was in ihrer Reinform nicht sichergestellt werden könne. In der Demokratie gebe es die größte Freiheit für alle, in der Aristokratie würden die besten Köpfe regieren. Bei allen dreien Verfassungsformen bestehe aber die Gefahr, dass sie sich ins Schlechte verkehren, und historisch gesehen komme das auch so vor, außerdem würde oft eine in die andere übergehen (z. B. führe ein schlechter König zum Sturz der Monarchie, oder in einer außer Rand und Band geratenen Volksherrschaft könne ein Tyrann die Macht ergreifen). Nur eine Mischverfassung könne Abhilfe schaffen und für stabile politische Verhältnisse sorgen. Cicero behandelt dann die römische Verfassungsentwicklung, aber der Rest ist leider zu großen Teilen verloren.

Im Ergebnis gehen also beide Autoren davon aus, dass die römische Verfassung als von ihnen so gesehene "Mischverfassung" für stabile politische Verhältnisse sorge und Fehlentwicklungen vorbeuge.

Wobei dann fraglich gewesen wäre, ob Cicero weiterhin von den Vorzügen der Stabilität der Mischverfassung gschrieben hätte, hätte er da schon um die Umstände seines eigenen Todes und die damit verbundenen politischen Umwälzungen gewusst. Retrospektiv und auch das ist ja Teil der ursprünglichen Frage gewesen, wird man auch hier anmerken müssen, dass sich das auf dem Papier ganz gut ließt, den Praxistest hat dieser postulierte Vorteil aber letzendlich nur periodisch bestanden.
 
Ich will die römische Verfassung gar nicht verteidigen und teile Deine Einwände. Aber ich habe die Frage des Themenerstellers so verstanden, dass er wissen möchte, warum antike Autoren der Meinung waren, die römische Verfassung als von ihnen so charakterisierte "Mischverfassung" sei die beste gewesen. Also habe ich anhand der Quellen darzulegen versucht, wie Polybios und Cicero zu diesem Ergebnis kamen, nichts weiter.
 
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