Rolle der Frau bei der Christianisierung Europas

balticbirdy

Ehemaliges Mitglied
Wenn man sich die Geschichte ansieht, nahm die Missionirung im frühen Mittelalter immer den gleichen Verlauf, ob bei Konstantin, den Franken oder Wikingern. Die entscheidende Rolle kommt den Frauen zu.

Frauen sind wohl empfänglicher für die christliche Botschaft als irgendein Raufbold von Germanenkönig. Das haben sicher auch die frühen Missionare gewusst und genutzt.

Wenn sich die Ehemänner nicht überzeugen liessen, blieben immer noch die Söhne und Enkel.

Konsequenz: Nach 1-2 Generationen ist die Missionierung gelungen.

Seht ihr das auch so?
 
Zuletzt bearbeitet:
Knappes Nein:

Sowohl Konstantin als auch Chlodwig handeln aus sozialen und politischen Überlegungen heraus. Eine bedeutende Rolle der Ehefrauen ist einfach nicht gegeben.
 
Knappes Nein:

Sowohl Konstantin als auch Chlodwig handeln aus sozialen und politischen Überlegungen heraus. Eine bedeutende Rolle der Ehefrauen ist einfach nicht gegeben.

Natürlich spielt das politische Kalkül auch eine Rolle. Aber glaubst du wirklich, dass der junge Konstantin, vom Hof verbannt und als einzige Bezugsperson seine christliche Mutter Helena, hätte später ausschliesslich rational gehandelt?
Weiteres Beispiel: Erik der Rote auf Grönland verschloss sich hartnäckig dem Christentum, nicht seine Frau. Ihr Sohn Leif Eriksson, der frühe Entdecker Amerikas (Vinland) war dann Christ. Da hat politisches Kalkül garantiert keine Rolle gespielt, in der Wikingergesellschaft Islands und Grönlands gab es keine Monarchie. Als Christ lief man eher Gefahr, zum Paria zu werden.
Es gibt garantiert noch viele andere ähnliche Beispiele...
 
Knappes Nein:

Sowohl Konstantin als auch Chlodwig handeln aus sozialen und politischen Überlegungen heraus. Eine bedeutende Rolle der Ehefrauen ist einfach nicht gegeben.
Knappes ja:
Chlodwig hätte aus politischen Gründen eher Arianer werden müssen. Dass er aber katholisch wurde, ist sicher dem Einfluss der Chlothilde von Burgund zuzuschreiben.

Aber einmal abgesehen davon: Die Frauen üben den ersten Einfluss auf die Kinder aus, sie sind für die früheste Sozialisation verantwortlich, sei es als Mütter, sei es als Ammen. Deshalb geht man z.B. für Island davon aus, dass der Allthingsbeschluss von 1000 zur Annahme des Christentums im wesentlichen auf die Frauen im Hintergrund zurückzuführen ist. Denn die kamen mehrheitlich aus Schott- und Irland, während die Männer, soweit sie nicht Sklaven waren, mehrheitlich aus Norwegen kamen. Und in der Zeit nach 875 waren Schottland und Irland bereits völlig durchchristianisiert, Norwegen, Schweden und Dänemark aber noch nicht. Das bedeutet, dass in Island schon ein großer Teil der Bevölkerung der ersten dort geborenen Generation bereits christlich war. Das war sicher nicht dem Dankbrand zuzuschreiben. Und die Drohungen des norwegischen Königs hätten dies auch nicht vermocht, denn in Norwegen war das Christentum keineswegs so fest verankert, wie es dieser Bericht glauben machen will. Die Söhne von Erik Blutaxt waren stramme Heiden.
Außerdem ist auch folgendes zu berücksichtigen: Wie Trennung von Politik und Religion ist eine heutige Einteilung, die den damaligen Menschen völlig fremd war. Politik befasste sich nicht nur mit den lebenden, sondern auch mit den jenseitigen Machthabern. Die Quellen zeigen immer wieder, dass die Positionierung gegenüber den jenseitigen Machthabern immer in das politische Kalkül einbezogen wurde. Jedenfalls in der Oberschicht. Deshalb auch die umfangreichen Schenkungen als Seelgerät. Die Landbevölkerung hing ja noch lange den Fruchtbarkeitsgöttern an. Und wenn sich die Söhne aus dem Elternhaus lösten, glaubten sie auch oft an gar nichts ("an die eigene Kraft und Stärke").
 
Gegen Konstantin spricht schon der regelmäßige Wechsel vom Jupiter/Herkules als Dynastische Götter ( bei der Ursupation durch die Gallischen Truppen) über Sol Invictus ( Militärgott beim Kampf um Westteil) bis hin zum Christentum ( Ostteil des Reichs). Darüber berichtet die vita Constantini dass durch Constantin Helena sich erst dem Christentum hingewendet hat.

Bei Chlodwig ist es doch grade das Scheitern der Arianischen Goten der Chlodwig klar macht, dass es nur mit der römischen Oberschicht geht, und nicht parallel zu ihr. Sicherlich kann man bei Chlodwig noch eher sagen, dass es die Religion seiner Frau war, der er sich zugewendet hat, jedoch ist der Gott ja der gleiche, egal ob arianisches Glaubenbekenntnis oder Trinitätslehre.

Für die Wikingerzeit kenn ich mich einfach nicht gut genug aus, aber ich denke der von Fingalo angesprochene Punkt der Christianisierung kann für die Zeit auf Europa, mit Ausnahme Skandinaviens, ausgeweitet werden.
 
Bei Chlodwig ist es doch grade das Scheitern der Arianischen Goten der Chlodwig klar macht, dass es nur mit der römischen Oberschicht geht, und nicht parallel zu ihr. Sicherlich kann man bei Chlodwig noch eher sagen, dass es die Religion seiner Frau war, der er sich zugewendet hat, jedoch ist der Gott ja der gleiche, egal ob arianisches Glaubenbekenntnis oder Trinitätslehre.
Nanu? Chlodwig lässt sich Weihnachten 496 taufen. Das war die Höhe der Macht des arianischen Ostgotenkönigs Theoderich d. Gr. Welches Scheitern meinst Du?

Für die Wikingerzeit kenn ich mich einfach nicht gut genug aus, aber ich denke der von Fingalo angesprochene Punkt der Christianisierung kann für die Zeit auf Europa, mit Ausnahme Skandinaviens, ausgeweitet werden.
Den Satz verstehe ich nicht. Welcher angesprochen Punkt kann für Europa, aber nicht für Skandinavien gelten?
 
sheik: Gegen Konstantin spricht schon der regelmäßige Wechsel vom Jupiter/Herkules als Dynastische Götter ( bei der Ursupation durch die Gallischen Truppen) über Sol Invictus ( Militärgott beim Kampf um Westteil) bis hin zum Christentum ( Ostteil des Reichs). Darüber berichtet die vita Constantini dass durch Constantin Helena sich erst dem Christentum hingewendet hat.

Getauft wurde Konstantin erst auf dem Sterbebett. Wer denkt dann noch an politisches Kalkül? Helena ließ sich spät taufen, richtig. Vorher, unter Diokletian, wäre dies auch recht unklug gewesen.
Gekannt hat sie die Lehre garantiert viel früher. Dass erst Konstantin sie damit in Kontakt brachte, halte ich für eine schlichte Glorifizierung durch die frommen frühen Kirchenväter.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ fingalo:

ich meinte die Probleme mit der römischen Oberschicht die es im Westgotenreich gab. Abneigung gegen die Westgoten und Rückzug vom öffentlichen Leben, bzw. die Hinwendung zum christlichen Amtsweg.

Für Europa meinte ich das im 9. Jahrhundert auch auf dem Festland eine starke christliche Basis gab, die es so weder unter Konstantin noch unter Chlodwig gegeben hat. Was heißen soll, dass die Grundlagen etwas anders waren. Europa wurde mehrheitlich von Christen beherrscht, was eben früher nicht der Fall war.


@balticbirdy

Wenn es dir nur um die Taufe geht, dann mag sicherlich kein kalkül dabei gewesen sein, aber dann fällt Constantin als "christlicher" Herrscher eh raus.
Helena war eine "Affaire" Constantius Chlorus, vermutlich nie mit ihm verheiratet. Frage mich wie die Diokletianischen Christengesetze gegen sie sprechen sollten. Constantius setze die Gesetze eh äußerst lasch um, sei es durch den "Mangel" an Christen in Gallien und Britannien oder aus einfachen Unwillen, aber weder war Helena in der imperialen Familie noch Constantin in der Hierachie vorgesehen, so bestand nahezu keine Gefahr, wenn man den wirklich christlich agieren wollte. Allgemein dürften die Gesetze nur im Ostteil des Reiches, in dem Galierus (der möglicherweise die treibende Kraft dahinter war) frei agieren konnte, hart durchgesetzt worden sein. Und ja, die Bekehrung der Helena kann durchaus christliche Propaganda gewesen sein, genauso wie die frühe Zuneigung Constantins zum Christentum. Durch die Vernichtung heidnischer Literatur ab dem 4. Jahrhundert sind uns fast nur christliche Quellen überliefert.
 
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen sein, dass Frauen meist auch heute noch einen stärkeren Drang zum Spirituellen und Esoterischen besitzen. Ich denke, jeder kann da eigene Erfahrungen beisteuern.
Horoskope findet man in Frauenzeitschriften (neben Rezepten und Diäten fester Bestandteil jeder Ausgabe), nicht aber bei Playboy, Kicker und Auto-Bild...
Dieser Wesensunterschied wird grundsätzlich auch früher nicht anders gewesen sein. Mit der in meiner These genannten Konsequenz.
 
@ fingalo:ich meinte die Probleme mit der römischen Oberschicht die es im Westgotenreich gab. Abneigung gegen die Westgoten und Rückzug vom öffentlichen Leben, bzw. die Hinwendung zum christlichen Amtsweg.
Probleme sind ja wohl kein Scheitern, und schon gar nicht in der Außenwahrnehmung eines Chlodwig. Auch der Höhepunkt des Tolosanischen Reiches dürfte nicht zur Ablehnung des Arianismus geführt haben.

Für Europa meinte ich das im 9. Jahrhundert auch auf dem Festland eine starke christliche Basis gab, die es so weder unter Konstantin noch unter Chlodwig gegeben hat. Was heißen soll, dass die Grundlagen etwas anders waren. Europa wurde mehrheitlich von Christen beherrscht, was eben früher nicht der Fall war.
Wenn wir von Chlodwig sprechen (und der Bedeutung seiner Frau bei seinen Entscheidungen), dann sprechen wir ja nicht vom 9. Jh.
 
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen sein, dass Frauen meist auch heute noch einen stärkeren Drang zum Spirituellen und Esoterischen besitzen. Ich denke, jeder kann da eigene Erfahrungen beisteuern.
Horoskope findet man in Frauenzeitschriften (neben Rezepten und Diäten fester Bestandteil jeder Ausgabe), nicht aber bei Playboy, Kicker und Auto-Bild...
Dieser Wesensunterschied wird grundsätzlich auch früher nicht anders gewesen sein. Mit der in meiner These genannten Konsequenz.
Nö, denn auch vorher gab es im Heidentum ausreichend Esoterisches. Da scheinen eher emanzipatorische Tendenzen eine Rolle gespielt zu haben. Denn es fällt auf, dass bereits für die Frühzeit des Christentums berichtet wird, dass Töchter sich der Verheiratungspraxis durch die Väter entzogen und lieber den den Schleier nahmen. Das war im Heidentum nicht möglich. Auch der grundsätzliche Gewaltverzicht dürfte für Frauen attraktiver gewesen sein, als für Männer.
 
Probleme sind ja wohl kein Scheitern, und schon gar nicht in der Außenwahrnehmung eines Chlodwig. Auch der Höhepunkt des Tolosanischen Reiches dürfte nicht zur Ablehnung des Arianismus geführt haben

Die Probleme waren aber eine zweigleisige Verwaltung, die arianischen Westgoten im militärischen Bereich und die katholischen Römischen Eliten in der Zivilverwaltung. Dazu blieb die ganze Zeit ein Gefühl der Fremdheit/Feindseligkeit unter diesen beiden Führungsschichten bestehen. Daher sollte einem Machtmenschen wie Chlodwig diese Problematik durchaus bekannt gewesen sein, zumal er für seine expansive Aussenpolitik auf eine ruhige innenpolitische Lage angewiesen war.

Dass er nun den katholischen Glauben angenommen hat, als er, wenn man den Legenden glauben mag, bei Zülpich den christlichen Gott angerufen hat, liegt nun sicher an mehreren Faktoren zu denen natürlich auch der Glaube seiner burgundischen Frau gehört. Jedoch ihr den Hauptverdienst zu zusprechen ist einfach nicht möglich. Weitere Gründe die mindestens so schwer wie ihr Beitun wiegen sind sicherlich die innenpolitische Lage, mögliche Stärkung des Bundes mit den Burgundern, Anerkennung durch die noch existierende Oströmische Macht.

Für Europa meinte ich das im 9. Jahrhundert auch auf dem Festland eine starke christliche Basis gab, die es so weder unter Konstantin noch unter Chlodwig gegeben hat.

Ich meinte in diesem Punkt auch nicht das Europa zur Zeit Chlodwigs sondern als die Wikingerreiche ihre Christianisierung erfuhren. Zu diesem Zeitpunkt, nämlich dem 9.Jahrhundert war der Großteil Europas christlich.
 
entschiedenes ja, was die rolle der frauen angeht.

es ist unerheblich, ob frauen angeblich spiritueller veranlagt sein sollen (was ich für reichlich fragwürdig halte) und/oder ob sie für die christlichen prinzipien eher zu entflammen waren (was für ein wortspiel. a tribute to jeanne) oder nicht.
entscheidend war hier schlicht und ergreifend ihre rolle innerhalb der familie. idr waren es die frauen, die die erziehungsarbeit und wertevermittlung übernahmen. inwieweit der kindsvater davon informiert gewesen sein muss oder wird, sei dahingestellt.
im rahmen der christianisierung dürfte aber sicher auch eine rolle gespielt haben, dass die heilsversprechen dieser religion, nächstenliebe und gnade wohl nicht ganz unverlockend gewesen sein müssen.


ausnahmen bestätigen wie immer die regel.
 
Zurück
Oben