Rolle der SPD in der SBZ/DDR bis 1961

Barbarossa

Aktives Mitglied
Hallo Leute!

In diesem Pfad möchte ich gern die Rolle der SPD in Ost-Berlin bis 1961 untersuchen.
Auf dieses Thema bin ich durch Recherchen gekommen, die ich für diesen Pfad: http://www.geschichtsforum.de/f46/w...arteien-der-ddr-waren-der-brd-verboten-23137/ gemacht habe, wobei aber für mich noch Fragen offen geblieben sind.

Anders, als in der übrigen SBZ kam es in Berlin nicht zur Zwangsvereinigung zwischen KPD und SPD, sodaß hier in ganz Berlin die SPD bestehen blieb und auch weiter in den Parlamenten blieb – sowohl im Berliner Magistrat, dem Parlament von Groß-Berlin, als auch in der Volkskammer (siehe hier: http://www.wahlen-98.de/HTML/ARCHIV/AFSETWAHLERG.HTM).
Ost-Berlin gehörte lange offiziell nicht zur DDR. Gesetze der DDR mußten vom Magistrat von Ost-Berlin noch bis 1976 extra bestätigt werden, damit sie auch dort Gültigkeit erlangen konnten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ost-Berlin

:rechts: 1.) Deshalb würden mich besonders die Sitzverteilungen im Magistrat von 1946-1990 (ab 1948 nur noch für Ost-Berlin zuständig) dabei interessieren – habe darüber aber nichts gefunden.

:rechts: 2.) Aber auch die übrigen Länder der SBZ/DDR von 1946-52 würden mich interessierten. Auch hier habe ich nichts im Netz gefunden.

Zur SPD in den Ostbezirken von Berlin heißt es hier:
Das Ende der SPD in Ost-Berlin
...im Ostteil widersetzte sie sich allen Kontaktversuchen der SED und avancierte sofort zum Observationsobjekt. Die Führungskräfte der SPD im »Demokratischen Sektor« machten allerdings aus der Ablehnung des östlichen Systems nie ein Hehl. In demonstrativer Weise wurde der SPD-Vorsitzende des Stadt- und Partei-Bezirks Friedrichshain, Kurt Neubauer geb. 1932) , 1952 als Berliner Vertreter Mitglied des Deutschen Bundestages. Dem Abgeordnetenhaus (seit 1951 namentlicher Nachfolger der bisherigen Stadtverordnetenversammlung) gehörten mehrere Kreisfunktionäre aus den östlichen Sektoren an: Georg Meyer und Werner Rüdiger (Prenzlauer Berg) sowie Fritz Barthelmann (1892-1962, Kreisvorsitzender Pankow), Rudolf Müller (1910-1961, Kreisvorsitzender Lichtenberg). Prominente Funktionäre wie Willy Brandt (1913-1992), Ella Kay (1895-1988), Gustav Klingelhöfer (1888-1961), Kurt Mattick (1908-1986), Franz Neumann, Harry Ristock ( 1928-1992) oder Otto Suhr (1894-1957) waren als Parteireferenten auch im Ostteil präsent und sorgten dort jedes Mal für argwöhnische Reaktionen.


Zur Sitzverteilung der Volkskammer von 1950-1954 heißt es hier: http://www.wahlen-98.de/HTML/ARCHIV/AFSETWAHLERG.HTM
In der Wahlperiode von 1950 bis 1954 waren von 6 SPD-Abgeordnete aus Ost-Berlin und 19 der VVN dabei.

:rechts: 3.) Dazu hätte ich gern gewußt, ob die SPD – solange sie im Magistrat saß (wie lange?) – eine Oppositionshaltung zur „Nationalen Front“ einnahm und ob es in dieser Zeit tatsächlich noch kontroversen Diskussionen/Debatten sowohl im Magistrat, als auch in der Volkskammer (bis 1954) gab.

Kann jemand mehr dazu sagen?
:winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
War das wirklich so, daß es in Berlin nicht zur Zwangsvereinigung kam?
Dann müßte es doch auch weiterhin eine Ost- Berliner KPD gegeben haben.
Ich habe so etwas in Erinnerung, daß die West-Berliner SPD aufgrund des Sonderstatus von Berlin sich auch im Osten der Stadt betätigen durfte, und die SED umgekehrt auch im Westen.
 
War das wirklich so, daß es in Berlin nicht zur Zwangsvereinigung kam?
Dann müßte es doch auch weiterhin eine Ost- Berliner KPD gegeben haben.
Ich habe so etwas in Erinnerung, daß die West-Berliner SPD aufgrund des Sonderstatus von Berlin sich auch im Osten der Stadt betätigen durfte, und die SED umgekehrt auch im Westen.
Am 19./20. April beschlossen in Berlin der 15. KPD- sowie der 40. SPD-Parteitag die Gründung der Einheitspartei SED, die am 21./22. April vollzogen wurde. Die neue Partei wurde danach auf allen Ebenen paritätisch von zwei Repräsentanten geleitet. Ihre Vorsitzenden waren Wilhelm Pieck (1876-1960) und Otto Grotewohl, die Stellvertreter Walter Ulbricht und Max Fechner. Trotz der Vereinigung gab es nun im noch einheitlich verwalteten Berlin weiterhin zwei Arbeiterparteien. Um ihre Zulassung wurde gewiss weit oberhalb des Kontrollrats gestritten, was mit einem Kompromiss endete: SED wie SPD wurden mit alliiertem Beschluss vom 31. Mai 1946 in allen vier Sektoren zugelassen.
http://www.luise-berlin.de/bms/bmstxt01/0106gesa.htm
Wenn ich diesen Artikel richtig gelesen habe (auch die recht komplizierte Geschichte davor), dann wurde die Vereinigung beider Parteien in Berlin mit Hilfe eines "kleinen Tricks" verhindert:
Die Urabstimmung fand am 31. März in den zwölf westlichen Stadtbezirken statt. Der sowjetische Kommandant verbot sie nicht, baute jedoch für den Zeitraum von Antragstellung bis zum Votum so hohe bürokratische Hürden, dass der Termin nicht einzuhalten war.
Ein anderer Fakt wurde von den Initiatoren um Neumann bald darauf nie wieder erwähnt; zwei Fragen standen zur Urwahl: »Bist du für den sofortigen Zusammenschluss beider Arbeiterparteien? - Bist du für ein Bündnis beider Parteien, welches gemeinsame Arbeit sichert und den Bruderkampf ausschließt? - Von den 71,5 Prozent Wahlbeteiligten stimmten 82,2 Prozent gegen die sofortige Einigung (12,4 Prozent dafür), während 61,7 Prozent (bei 23,4 Prozent Gegenstimmen) für ein Bündnis votierten. Klaus-Peter Schulz, damals im Umfeld Neumanns tätig, schätzte in seinem Buch »Auftakt zum Kalten Krieg« ein, dass nur diese Koppelung den Erfolg gebracht habe: »Die Abstimmung allein über die Frage 1, die nur auf die Alternative Verschmelzung oder nicht, ohne versöhnlichen Kompromiss hinauslief, hätte im Frühjahr 1946 noch viele Sozialdemokraten in einen echten Gewissenskonflikt gestürzt.«[SIZE=-2]5)[/SIZE]
Die KPD nannte sich nach der Vereinigung in den 5 SBZ-Ländern auch in Berlin SED, in Westdeutschland jedoch weiterhin KPD.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, aber wurde die Berliner KPD einfach nur umbenannt? Bei Wikipedia steht (unter "SED"), ca. ein Drittel der Berliner SPD-Genossen seien der SED beigetreten. Da muß es doch irgendwelche offiziellen Gründungsfeierlichkeiten oder sowas gegeben haben, allein schon für's Geschichtsbuch.
Der Unterschied zur SBZ war nur, daß sich die Teilung Berlins anders entwickelte als die des übrigen Landes und infolgedessen beispielsweise auch der Berliner Ostsektor nicht uneingeschränkt sein eigenes Süppchen kochen konnte. (Sonst hätte man ja keine Mauer bauen "müssen".)
 
Ja, aber wurde die Berliner KPD einfach nur umbenannt? Bei Wikipedia steht (unter "SED"), ca. ein Drittel der Berliner SPD-Genossen seien der SED beigetreten. Da muß es doch irgendwelche offiziellen Gründungsfeierlichkeiten oder sowas gegeben haben, allein schon für's Geschichtsbuch.
Der Unterschied zur SBZ war nur, daß sich die Teilung Berlins anders entwickelte als die des übrigen Landes und infolgedessen beispielsweise auch der Berliner Ostsektor nicht uneingeschränkt sein eigenes Süppchen kochen konnte. (Sonst hätte man ja keine Mauer bauen "müssen".)
Ja gut. Ich denke, die Frage ist schon berechtigt. Beantworten kann ich sie aber auch nicht.

Also stelle ich sie auch mal in die Runde:
:rechts: Nahmen nun die Berliner Ost-Bezirke am Vereinigungsparteitag am 21./22. April teil, oder gab es nur Übertritte von der SPD zur SED?

Eine weitere Frage ist mir aber auch noch eingefallen:
:rechts: Wenn man sich in Berlin schon solcher "Kniffe", wie zwei miteinander gekoppelter Fragen bedienen mußte (Vereinigung: ja oder nein und wenn nein dann aber vielleicht enge Zusammenarbeit beider Parteien: ja oder nein), weil es sonst zu "Gewissenskonflikten" bei den Genossen gekommen wäre, ist dann der Begriff "Zwangsvereinigung" für die übrigen Länder der SBZ überhaupt zutreffend? Wie lief dieser Vereinigungsparteitag genau ab?

(Fragen über Fragen... :pfeif: )
 
Ja gut. Ich denke, die Frage ist schon berechtigt. Beantworten kann ich sie aber auch nicht.

Also stelle ich sie auch mal in die Runde:
:rechts: Nahmen nun die Berliner Ost-Bezirke am Vereinigungsparteitag am 21./22. April teil, oder gab es nur Übertritte von der SPD zur SED?

Eine weitere Frage ist mir aber auch noch eingefallen:
:rechts: Wenn man sich in Berlin schon solcher "Kniffe", wie zwei miteinander gekoppelter Fragen bedienen mußte (Vereinigung: ja oder nein und wenn nein dann aber vielleicht enge Zusammenarbeit beider Parteien: ja oder nein), weil es sonst zu "Gewissenskonflikten" bei den Genossen gekommen wäre, ist dann der Begriff "Zwangsvereinigung" für die übrigen Länder der SBZ überhaupt zutreffend? Wie lief dieser Vereinigungsparteitag genau ab?

(Fragen über Fragen... :pfeif: )


Hier noch was
13. August
Einheiten der Volksarmee, Polizei und Kampfgruppen riegeln die Sektorengrenze zu West-Berlin ab. Die DDR errichtet die Mauer, um die anhaltende Flucht von DDR-Bürgern zu unterbinden.

15. August
DDR-Grenzsoldat Conrad Schumann springt über die Stacheldrahtsperre an der Bernauer Straße in Berlin und flieht in den Westen. Das Bild geht um die Welt.

16. August
Die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland wird für alle Bewohner der DDR und Ost-Berlins gesperrt.

19. August
DDR-Kampfgruppeneinheiten schließen die SPD-Parteibüros in Ost-Berlin.

aus dem ink

Die SPD ist doch eine sehr geschichtsbewusste Partei.
Und jene Ereignisse haben sie tief aufgewühlt.
Schau doch mal auf die Internetseite der SPD, wenns nichts direkt gibt, Literatur kannst Du von denen zu Hauf kriegen.
Würde ich wetten.
 
Wie lief dieser Vereinigungsparteitag genau ab?)
Planmäßig!:winke: Nach dem Bericht von Erich Gniffke wurde erst die Fidelio-Ouvertüre gespielt, dann betraten Pieck und Grotewohl von verschiedenen Seiten die Bühne, trafen sich in der Mitte, reichten sich die Hände und versprachen einander. Es folgten viele Reden und der Vereinigungsbeschluss. (Siehe "Deutschland unter dem Besatzungsregime", Dokumente 3700e und 3701d). Tags zuvor hatten die beiden Parteien sachlich identische Auflösungsbeschlüsse gefasst.

Eine weitere Frage ist mir aber auch noch eingefallen: Wenn man sich in Berlin schon solcher "Kniffe", wie zwei miteinander gekoppelter Fragen bedienen mußte (Vereinigung: ja oder nein und wenn nein dann aber vielleicht enge Zusammenarbeit beider Parteien: ja oder nein), weil es sonst zu "Gewissenskonflikten" bei den Genossen gekommen wäre, ist dann der Begriff "Zwangsvereinigung" für die übrigen Länder der SBZ überhaupt zutreffend?
In der gemeinsamen Funktionärskonferenz am 20./21.12.45 war die Vorbereitung der Vereinigung mit großer Mehrheit beschlossen worden, jedoch verstärkte sich danach auch in Berlin der Einfluss der Skeptiker. Diese Gruppe setzte in der Funktionärskonferenz am 01.03.46 den Beschluss über eine Urabstimmung durch, deren doppelte Fragestellung - siehe den letzten Link - mE nicht den Zweck der "Versöhnung" unterschiedlicher Standpunkte verfolgte, sondern auf Zeitgewinn spielte.

Zum Ergebnis der Urabstimmung, die nur im Westen stattfand, habe ich folgende Zahlen, die aber von Quelle zu Quelle schwanken (hier: Eschenburg, Jahre der Besatzung 1945-1949, S. 127):
SPD-Mitglieder in den Westsektoren 32.547, Wahlbeteiligung 22.466 (= 69 %); für sofortigen Zusammenschluß 2.937 (= 13 %); für Bündnis 14.764 (= 66 %). (Die große Mehrheit für das "Bündnis" wird in parteioffiziellen Darstellungen der SPD später häufig unerwähnt gelassen, z. B. bei Susanne Miller, Die SPD vor und nach Godesberg).

Der Begriff "Zwangsvereinigung" resultiert aus der Bewertung der Vorgänge, die den Vereinigungsparteitagen vorangingen. "Um die Jahreswende 1945/46 verstärkte sich der sowjetische Druck zur Parteivereinigung spürbar. Besonders stark wirkte er sich auf die regionale und lokale Organisation der SPD [...] - in einer Fülle von Schikanen und peinlichen Verhören, Kürzung der Zuteilungsrationen, Hausdurchsuchungen [...] Diesem zermürbenden Druck waren [...] viele Funktionäre im Orts- und Bezirksverbänden nicht mehr gewachsen" (ebd.)
 
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