Sadok Selim Soltan, Soldan-Stammbaum, Goethes Vorfahre?

lynxxx

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Hi,


zum Beispiel Tekker, wo bist du? :winke:

Ich bin auf der Suche nach Infos über diesen ominösen "Sadok Selim Soltan" (oder vielleicht auch Saduk/Saduq Selim Sultan?)

Er soll der Vorfahre der Familie Soldan sein, evtl. auch des EM-Eukal Bonbon-Fabrik Gründers?, schaut:

"Die Ursprünge der Familie Soldan reichen
bis ins frühe 14. Jahrhundert zurück.
Stammvater soll der türkische Offizier
Sadok Selim Soltan gewesen sein, der
während eines Kreuzzugs vom Grafen von
Lechmotir gefangen genommen wurde, der
ihn wegen seiner Tapferkeit und besonderen
Größe zu einem seiner Obersten ernannte.
Der Legende nach ließ der Graf ihn im Jahr
1305 auf den Namen Johann Soltan taufen.
Soltan heiratete eine Rebecka Dohlerin, die
ihm drei Söhne gebar. Deren Nachfahren
lebten Ende des 19. Jahrhunderts auch in
Hessen."

http://www.geschichtsbuero.de/download/referenzen/Soldan Ausstellung 11.04.2008.pdf

Wie kommen sie zu diesem scheinbar lückenlosen Stammbaum? Mehr als ne Legende?


Auch soll Goethe evtl. ein Abkömmling von ihm sein? Steht zumindest in der seriösen ZEIT:

"Die Linien lassen sich zuweilen bis in heutige Familien verfolgen. Auch Goethe übrigens wird solch ein türkischer Ahn nachgesagt, und es ist nicht nur die junge muslimische Szene in Deutschland, die sich über jene vage Verbindung ins 14. Jahrhundert zu Sadok Selim Soltan im württembergischen Brackenheim freut und in den Versen des West-östlichen Divan eine innere Prägung zu verspüren meint. "

Carl Osman und das Türkenmariandl: Schon Jahrhunderte bevor die ersten Arbeitsimmigranten kamen, wurden hierzulande aus Türken Deutsche (gemacht) | Zeitlaeufte | Nachrichten auf ZEIT ONLINE

Welche Quellen wurden denn dafür herangezogen?
Was spricht dafür, was dagegen?

Hat wer nähere Infos zu diesem Orientalen in Deutschland?
Oder seine Identität im Orient, oder verliert sich da die Spur?

Würde mich freuen, wenn wir Licht ins Dunkel bringen könnten, denn einen Stammbaum über so viele Generationen, bis ins 13. Jh. ist doch ungewöhnlich, oder?

(Kenne mich mit Stammbäumen nicht sooo aus...)

Danke schön und Ciao. :winke:
 
Schreiben die nicht auch was von Gräbern in Brackenheim? Das ist doch schon mal etwas handfester? Grabinschriften?

Wo bleibt denn unser Genealogie-Crack Tekker? :)
 
Folgendes habe ich hierzu gefunden:

„»Es hat der Graf von Lechtomir einen türkischen Offizier, Sadok Seli Zoltan, gefangen bekommen, welchen er nach kurzer Zeit wegen Tapferkeit und besonderen Größe zu einem seiner Obersten ernennt«, wußte beispielsweise Streiders >Hessisches Gelehrtenlexikon< von einem solchen Fall zu berichten. Bei dem genannten Grafen handelte es sich um Reinhart von Württemberg, der 1291, nach Fall Akko, aus dem Heiligen Land in die Heimatzurückgekehrt war und sich noch »Lechtomir« nannte - Anlehnung an eine syrische Stadt, die er erobert hatte. Was seinen mitgebrachten »türkischen« Obersten betraf, so hat er diesen – dem Lexikon zufolge - »1305 nicht allein taufen lassen und ihm den Namen Johann Soldan geben lassen, sondern ihm auch aus sonderlicher Liebe das türkische Wappen beigelegt. Gedachter Johann heiratete 1304 Rebekka Dohlerin. Mit dieser zeugte er … drei große Söhne, welche man Soldanen genennt. Die Namen sind Eberhardus, Christanianus und Melchior…«
Nach einer anderen Quelle – dem Stammbaum der Familie Soldan – kam der »türkische« Oberst »mit Graf Reinhart von Württemberg anno 1304 von Jerusalem in Württemberger Land in die Residenzstadt Brachana« (Brackenheim), »wird in S. Johannis Kirche anno 1305 getauft und Johannes Soldan genannt …« Zu den Nachfahren dieses Johan(es) Soldan und seines Melchior gehört - nach im Band VII (1927/28) des »Jahrbuchs der Sammlung Kippenberg« veröffentlichten Forschungsergebnissen von Niels Hansen, kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe.
Der deutsche Dichterfürst mit orientalischen Vorfahren stellt indessen keineswegs eine seltene Ausnahme dar …“
Quelle: Bernd Engelmann aus dem Buch „Du deutsch?“ Seiten 70 bis 71 –C. Bertelsmann Verlag GmbH - ISBN 3-570-035584-0 Ausgabe von 1984
 
Danke Jacobum, muss erst mit nem Grünen mal wieder warten, du warst erst kürzlich dran... :D

Zitat von Jacobums Zitat:
...Der deutsche Dichterfürst [Goethe] mit orientalischen Vorfahren stellt indessen keineswegs eine seltene Ausnahme dar …“
Nicht? Keine Ausnahme? Wen gibt es denn noch?

Solden von arab. Sultan, gelangte über das mittellateinische soldanus und altfranz. soldan im 13. Jh. ins Mittelhochdeutsche.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zitat von Jacobums Zitat:


Nicht? Keine Ausnahme? Wen gibt es denn noch?

Solden von arab. Sultan, gelangte über das mittellateinische soldanus und altfranz. soldan im 13. Jh. ins Mittelhochdeutsche.

Ich vermute mal, das bezieht sich auf die -zigtausend "Beutetürken" und ihre Nachfahren. So manch einer von uns dürfte, ohne es zu wissen, türkisches Blut in den Adern haben.

Siehe auch:

Beutetürken ? Wikipedia
 
Ach, doch so viele.
Danke für den Wiki-Link, über diesen Artikel bin ich noch gar nicht gestolpert, oder er war zuvor nicht so umfangreich.
 
Über die Information bin auch schon vor längerem gestolpert. Ich frage mich nur über die Relevanz, außer dass der vergessene Beitrag der "Beutetürken" zur Ethnogenese der Deutschen gewürdigt wird.
Den Goethe, dass gewusst hätte, könnte man seine Reime über Mahomet in einem neuen Licht sehen.
Die naive Islam-Begeisterung im west-östlichen Diwan ist sicher keine Erberinnerung.=)
Goethe schrieb:
Sonst, wenn man den heiligen Koran zitierte,
Nannte man die Sure, den Vers dazu,
Und jeder Moslim, wie sich's gebührte,
Fühlte sein Gewissen in Respekt und Ruh. Die neuen Derwische wissen's nicht besser,
Sie schwatzen das Alte, das Neue dazu;
Die Verwirrung wird täglich größer,
O heiliger Koran! O ewige Ruh'!
 
Es wird auf der Kirchenseite auf die Grabkapelle der Soldans aufmerksam gemacht:

Kirchenbezirk Brackenheim -Kirchen und Gemeindehaus

Ich nehme an, alles hat einen Ursprung in einem Buch, und alle beziehen sich darauf ohne kritische Hinterfragung?


Genau so wird es sein.
Denn "alle" wissen, dass das Thema keine kritische Hinterfragung "verträgt".

Das muss jetzt in dem Fall gar nicht sein, aber Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Genealogie "Mode" viele brauchten ein Wappen, mit zugehöriger Legende, von blaublütiger Abstammung wäre jeder gern gewesen. Da hat sich eine richtige Industrie der Stammbaum-Maler entwickelt. Zeugs wurde zusammengelogen, dass sich die Balken gebogen haben. Und noch heute wird einem immer mal wieder stolz ein "Familien-Wappen" vorgeführt aus jenen Produktionen. Mit Fürstenbaldachin und ähnlichen Fantasiegebilden. Man macht sich keine Freunde, wenn man auf die offenkundigen Mängel hinweist.
 
Danke Repo, hast du denn neuere Literatur, die diese "Fälschungs-Mode" Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts beschreibt? Denn in googlebooks z.B. finde ich zu den Brackenheimer türkischen Vorfahren der Soldans leider nur Bücher eben aus jener Zeit, und das ist mir verdächtig.
 
Lynxx, leider nein.
meine Ahnenforschungszeiten sind 30-35 Jahre her (in 9 Jahren geht es wieder los;))

Ein Beispiel, mein Großvater und einer seiner Brüder haben sich jeweils von einem solchen "Spezialisten" ein Familienwappen malen lassen, mit Wappenlegende und Quellen-Nachweis usw. Fundstelle im Siebmacherschen Wappenbuch alles da.
2 vollkommen verschiedene Wappen, 2 vollkommen verschiedene Legenden, 2 vollkommen unterschiedliche Fundstellen im Siebmacherschen, die allerdings eine Gemeinsamkeit haben, beide angeführten Bände gibt es nicht.
Es sind reine 100%ige Fantasieprodukte.

Und der Witz dabei, ein (Schweizer-)Zweig der Familie führt seit Ausgangs des 18. Jahrhunderts ein Wappen und hat es schon Anfang des 19. registrieren lassen.
Die "Spezialisten" waren zu faul auch nur den Allerwertesten zu heben....
 
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