Sarazenen im Heer der Staufer

Da fällt mir doch der kastilische König Peter der Grausame ein. Oder nicht doch Peter der Gerechte?
Er ist nicht durch solche Dinge aufgefallen, wie Vlad.
Peter der Gerechte, so sahen ihn die Städte.
Peter der Grausame, so sahen ihn der Adel und sein Halbbruder Heinrich.

Peter und Heinrich schlugen mehrere Schlachten, die meisten gewann der legitime Pedro, bis es bei einer Schlacht Enrique gelang, Pedro gefangen zu nehmen. Bei einer Unterredung der Halbbrüder in einem Zelt soll Pedro versucht haben, Enrique mit einem Messer zu erdolchen, Enrique aber habe ihn überwältigen können und seinerseits Pedro erdolcht. Zeugen? Keine.
 
Ja, genau das meinte ich, als ich von der Gerechtigkeit Friedrichs sprach.

Wenn man die Dinge allerdings einigermaßen neutral betrachtete, würde man zu dem Ergebnis kommen, dass die Mittelalterlichen Herrscher sich in Streitfällen i.d.R. durchaus verschiedene Ansichten einholten, im Besonderen, wenn es sich um Fälle handelte, die zu weitreichenden politischen Konsequenzen führen konnten, mit denen sie umzugehen hatten.
Prozesse wegen angeblicher Ritualmorde waren im lateinischen Europa zu Friedrichs Zeiten eine vergleichsweise neue Erscheinung, die ersten Beispiele sind wohl im ausgehenden 12. Jahrhundert in Westeuropa bezeugt.

Dementsprechend konnten derartige Dinge Richtungsweisend sein, weil sie möglicherweise einen Präzedenzfall-Charakter hatten.

Klar, auch Friedrich musste sich mit den herrschenden Ansichten seiner Zeit arrangieren. Dazu muss man wissen, dass er nicht immer im Clinch mit der Kirche war, ja von den Vorgängern des Gregor IX., dem Berserker auf dem Stuhl Petri, wurde er geradezu protegiert und unter anderem im Jahr 1220 in Rom zum Kaiser gekrönt.

Es wäre ja schön, wenn du mal aus deiner antikirchlichen-Perspektive ausbrechen würdest:


Bei Friedrich II wird man sehr stark zwischen seinem Verhältnis zum Papsttum und seinen religiösen Überzeugungen unterscheiden müssen:

Sein Verhältnis zum Papsttum war schon deswegen schwierig, weil Papst Innozenz III. um 1200 herum versuchte die Staufer um die Herrschaft im Reich zu bringen.
Innozenz III. hatte versucht sowohl die Königswahl Friedrich II. 1196, als auch die spätere Wahl seines Onkels Friedrich v. Schwaben zu Gunsten Ottos v. Poitou (Otto IV.) für ungültig zu erklären.
Beides mit durchaus fragwürdigen Argumenten.
(Im Übrigen ist Philipp v. Schwaben ein sehr schönes Beispiel dafür, wie begrenzt die Macht einer päpstlichen Exkommunikation mitunter sein konnte).

Entsprechend der Tatsache, dass das Papsttum sehr fleißig daran mitgewirkt hatte, dem Antritt seiner Herrschaft im Norden große Steine in Gestalt Otto IV. in den Weg zu legen, so dass sich Friedrich die Krone erst in einem jahrelangen, durchaus nicht ungefährlichen Prozess erkämpfen musste, wird man voraussetzen, dass Friedrichs Verhältnis zum Papsttum an und für sich von Grund auf beeinträchtigt war und er die Päpste immer misstrauisch betrachtete.

Gleichwohl, ich wiederhole mich, eine Person, der die Religion völlig gleichgültig gewesen wäre oder die Religion an und für sich gar abgelehnt hätte, hätte sich kein Kreuzzugsversprechen abnehmen lassen.
Als Friedirch II. 1215 das erste mal ein Kreuzzugsversprechen gab, befand er sich noch in Auseinandersetzung mit Otto IV. um die Herrschaft im Reich, so dass sich das Verssprechen noch als Kuhhandel für die Anerkennung seines Königtums auffassen lässt.
Als er dieses Versprechen allerdings 1225 erneuerte, war sein Gegenspieler Otto IV. kinderlos verstorben und die "welfisch-päpstliche"-Partei (wenn man so will) auf absehbare Zeit zunächst mal am Ende, weil sie ohne dem keinen durchsetzungsfähigen Gegenkandidaten mehr aufzubieten hatte.

Ohne dem war Friedrichs Herrschaft auch durch eine Exkummunikation nicht ohne weiteres zu gefährden und schon gar nicht war seine Herrschaft über Sizilien dadurch so ohne weiteres zu gefährden, bei den in Sizilien ansässigen, ja durchaus noch zahlreichen Muslimen und Juden war die päpstliche Autorität ohnehin gleich Null, so dass es für jeden Papst extrem schwierig sein musste einen sizilianischen König, der sich darauf stützen konnte, mal eben zu stürzen.

Man wird an Friedrichs II. 2. Kreuzzugversprechen und auch seiner Politik im Hinblick auf die Förderung des Deutschen Ordens (auch dazu hatte ihn kein Papst zwingen können) durchaus festmachen können, dass er als Landesherr tolerant gewesen sein mag, was ihn allerdings nicht davon abhielt andernorts (Preußen) der bewaffneten Mission den Boden zu bereiten.
Und wie gesagt, auch das 2. Kreuzzugsversprechen und der tatsächliche Aufbruch in die Levante waren nichts, was der Papst zu diesem Zeitpunkt hätte erzwingen können.

Den Umstand, dass Friedrich II. den Kreuzzug antrat, noch während er sich im Bann befand, kann man durchaus auch als Angriff auf die päpstliche Autorität verstehen, denn dass ausgerechnet ein exkommunizierter Herrscher in der Levante Erfolge im Nahmen des Christentums erzielte, musste doch irgendwo auch die Frage aufwerfen, inwiefern sich der Papst in Sachen Exkommunikation möglicherweise völlig verrant hatte und ob er mit seinem Urteil richtig liegen konnte.
De facto hätte sich Friedrich auch auf den Standpunkt stellen können, dass mit der Exkommunikation jede Zusage an einen Kreuzzug damit hinfällig geworden wäre.
Um seine Herrschaft schien er der Exkommunikation wegen auch nicht besonders in Sorge gewesen zu sein, denn sonst hätte er in dieser Zeit sein Herrschaftsgebiet nicht verlassen.


Friedrich II. so darzustellen, als hätte er keine religiösen Überzeugungen gehabt oder nicht Grundsätzlich auf der Grundlage des katholischen Christentums gestanden und nur in dessen Interesse gehandelt, wenn man ihn dazu gezwungen hätte (womit eigentlich?) haut so nicht hin.
Viel mehr wird man sagen können, war er sich der Differenz zwischen den Interessen des christlichen Glaubens und den Interessen des Papsstums sehr bewusst und erteilte den letzteren desöfteren mal eine Absage aber ohne die ersteren aus den Augen zu verlieren.

Über die einigermaßen tolerante Politik (wenn wir seine Gesetzgebung gegen Heräsie) jetzt einmal ausklammern, innerhalb seines eigenen Herrschaftsgebietes, sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass Friedrich mit der Unterstützung des Deutschen Ordens bei seiner Festsetzung im Baltikum dabei half in anderen Teilen Europas auch eine ganz andere Politik auf die Schiene zu setzen und in diesem Zusammenhang, sollte man Friedrichs einigermaßen tolerante Politik in Religionsdingen vor allem als erlernte Herrschaftstechnik auffassen, die zur Regentschaft gemischtreligiöser Gebiete eine ordnungspolitische und wirtschaftliche Notwendigkeit darstellte, aber nicht als persönliche Überzeugung.
Das war sie nicht.
 
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Man könnte vielleicht noch ergänzend hinzufügen, dass sich religiöse und politische Differenzen natürlich nicht bloß zwischen Kaiser und Papst überlagern und vermischen konnten und religiöse Vorstellungen auch mit dem eigenen Selbstbild zu tun hatten. Das Verhältnis zum Papsttum war also nicht die ganze Zeit über getrübt, erst recht nicht zu jedem einzelnen Amtsinhaber. Friedrich war bereits 1196 in Frankfurt in absentia zum Römischen König gewählt worden, aber das wurde nach dem Tode Heinrichs VI. im Reich offenbar nicht mehr als bindend betrachtet. Friedrichs Onkel Philipp ließ sich in Konkurrenz zu Otto IV. bereits im März 1198 zum König wählen, obwohl Friedrichs Mutter Konstanze erst im Mai desselben Jahres für ihren Sohn auf diesen Titel verzichtete, als er zum König von Sizilien gekrönt wurde. Man konnte sich also auch nicht unbedingt darauf verlassen, dass dynastische Solidarität immer gelten würde.

Friedrich II. war damals natürlich noch ein Kleinkind, aber er wird das später ebenso vermerkt haben wie die zahlreichen Intrigen und Machtkämpfe im Königreich Sizilien, wo der päpstliche Legat sich zwar darauf berufen konnte, dass Innozenz III. 1198 von Königin Konstanze zum Vormund bestimmt worden war, Kanzler Walter von Pagliara und (vor seinem frühen Tod) der deutsche Heerführer Markward von Annweiler aber durchaus selbstbewusst eigene Ansprüche auf die Lenkung der sizilianischen Politik erhoben. Sowohl die sizilianischen Barone als auch die geistlichen Großen standen dabei je nach Loyalität auf der einen oder anderen Seite, es gab also nicht unbedingt eine feste "kirchliche" Partei, die sich hinter den Papst gestellt hätte.

Selbst Friedrichs erneuter Griff nach der römisch-deutschen Krone und dem Kaisertum war kein einsamer Entschluss aus rein dynastischen Erwägungen heraus, sondern zumindest zum Teil eine Reaktion auf das Vorrücken Ottos IV. nach Süden. Dieser war 1201 vom Papst offiziell als echter König anerkannt worden - wie Shinigami schon zu Recht anmerkte, ohne dass dies die Bischöfe nördlich der Alpen von einer Unterstützung Philipps von Schwaben oder sogar vom Überlaufen zu ihm abhielt - und empfing 1209 nach dem Tod seines Konkurrenten schließlich auch die Kaiserwürde. Als er aber in Italien blieb und sogar bis an die Straße von Messina vorrückte, exkommunizierte ihn Innozenz III. bereits im Jahr nach der Kaiserkrönung und "erlaubte" den deutschen Fürsten die Wahl eines anderen Herrschers, was ein Teil von ihnen 1211 auch tat.

Friedrich II. "verdankte" dem Papst also wenigstens zum Teil nicht nur die zweite Wahl zum römisch-deutschen König, sondern auch die Sicherung der sizilianischen Krone.
 
Friedrich II. "verdankte" dem Papst also wenigstens zum Teil nicht nur die zweite Wahl zum römisch-deutschen König, sondern auch die Sicherung der sizilianischen Krone.
Eben das bestätigt, was ich oben gesagt habe: Friedrich, seit seinem 4. Lebensjahr Vollwaise, wuchs unter der Vormundschaft des Papstes Innozenz III. auf und wurde von ihm gefördert. So organisierte der Papst die erste Ehe des 15-jährigen Friedrichs mit der 16 Jahre älteren Königstochter Konstanze von Aragón.

Der Welfe Otto IV. wurde zwar 1209 zum Kaiser gekrönt, aber schon ein Jahr später vom gleichen Papst exkommuniziert, was in der Folge zum Abfall von wichtigen deutschen Fürsten seines Gefolges führte, so dass aus seiner geplanten Eroberung Siziliens nichts wurde. (So viel zur Wirkung einer Exkommunikation.) Im Anschluss daran wählten die Fürsten den Friedrich zum Kaiser, was dieser annahm. Er reiste 1212 mit päpstlicher Unterstützung über die Alpen und wurde noch im gleichen Jahr zum deutschen König gewählt.

Erst 1220 reiste Friedrich zurück nach Italien und wurde vom neuen Papst Honorius III. in Rom zum Kaiser gekrönt. 1224 gründete er die Universität in Neapel mit dem Ziel, ihm zivile Beamte zu liefern, damit er sein Reich auch ohne Kleriker regieren könnte. Der Einfluss der Kirche im Reich wurde in der Folge auch tatsächlich zurückgedrängt, was dem Papst natürlich nicht gefiel. Doch noch war das Verhältnis Kirche-Reich in Ordnung, erst der neue Papst Gregor IX. setzte dem ein Ende, indem er Friedrich wegen des nicht erfolgten Kreuzzugs exkommunizierte.

Erst von da an gab es eine tiefe Feindschaft zwischen Kirche und Reich, die noch nach dem Tod Friedrichs andauerte und seinen Söhnen und Enkeln ebenfalls das Leben kostete.
 
Friedrichs Onkel Philipp ließ sich in Konkurrenz zu Otto IV. bereits im März 1198 zum König wählen, obwohl Friedrichs Mutter Konstanze erst im Mai desselben Jahres für ihren Sohn auf diesen Titel verzichtete, als er zum König von Sizilien gekrönt wurde. Man konnte sich also auch nicht unbedingt darauf verlassen, dass dynastische Solidarität immer gelten würde.

Friedrichs Mutter Konstanze hatte zwar noch nicht offiziell verzichtet, es zeichnete sich aber bereits ab, dass die Großen des Reiches ein Kleinkind, dass weit davon entfernt war die Amtsgeschäfte führe zu können, nicht als König zu akzeptieren bereit waren, ebenfalls zeichnete sich ab, dass von päpstlicher Seite bereits versucht wurde einen Kandidaten für das Königtum zu finden, unter anderem war man damit an Richard Löwenherz herangetreten.

Das unter diesen Umständen Philipp v. Schwaben sich dazu entschloss sich um die Krone zu bewerben, wird man ihm schwerlich als Verrat an seinem Neffen auslegen können, immerhin hätte das den Staufern die Krone erhalten und ein späteres Königtum Friedrich II. wäre damit ja durchaus nicht ausgeschlossen gewesen.

Kommt hinzu, dass Innozenz III. selbst die Wahl Friedrichs II. zu Gunsten des eigenen Kandidaten Otto v. Poitou für ungültig erklärte und die Großen des Reiches von ihren Eiden auf Friedrich entband, gleichzeitig aber versuchte Philipp v. Schwaben als Eidbrecher darzustellen, weil ersich entgegen seines Eides um die Krone beworben hatte.

An dieser Stelle ging einfach die päpstliche Position argumentativ nicht zusammen.
Entweder der Eid war bindend, das konnte er aber nur sein, wenn auch die Wahl bindend war, in diesem Fall wäre der Versuch Philipps von Schwaben nach der Krone illegitim gewesen.
Allerdings hätte dann Innozenz III. mit Otto v. Poitou selbst einen illegitimen Kandidaten unterstützt um den legitimen Friedrich II. um das Königtum zu bringen.
Oder aber man betrachtete die Wahl Friedrich II. aus den genannten Gründen für nichtig, dann allerdings waren es auch die auf ihn abgelegten Eide und es gab keine Grundlage Philipps v. Schwaben wegen Eidbruchs anzugreifen.

Friedrich II. "verdankte" dem Papst also wenigstens zum Teil nicht nur die zweite Wahl zum römisch-deutschen König, sondern auch die Sicherung der sizilianischen Krone.
Der zweiten Wahl hätte es allerdings nicht bedurft, wenn sich seinerzeit Innozenz III. auch im Reich für eine Regieerung unter Vormundschaft (z.B. Philipps v. Schwaben) eingesetzt hätte.
Das tat er aber nicht.
Interessant ist ja, dass er die Regierung unter Vormundschaft für das Reich explizit ausschloss, ohne das näher zu begründen, das Modell für das Königreich Sizilien aber ohnee weiteres akzeptierte.
Es lag also nicht daran, dass eine Regierung unter Vormundschaft irgendwelche prinzipiellen Bedenken hervorgerufen hätte.
De facto war die Vormundschaft ein Mittel der päpstlichen Italienpolitik. Hätte Innozenz III versucht die sizilianische Krone jemand anderem zu übertragen, hätte sich dadurch kein dauerhafter Einfluss auf das Königreich Sizilien erreichen lassen, das Modell der Vormundschaftsregierung sicherte hingegen die päpstlichen Einflussmöglichkeiten in Sizilien auf mehr als ein Jahrzehnt perspektivisch ab und bot natürlich auch die Möglichkeit Unteritalien für den Papst dauerhaft zu sichern, sollte Friedrich II. frühzeitig versterben, ohne dass dadurch das Odium des Thronräubers auf das Papstum gefallen wäre.

Insofern könnte man sicherlich sagen, dass Friedrich die Krone Siziliens dem Papst verdankte. Man wird allerdings kaum sagen können, dass der Schritt Friedrich diese Krone zu belassen so ganz uneigennützig gewesen wäre. Wäre man an dieser Innozenz III. weniger wohl gesonnen, könnte man beehaupten, es wäre eine Wette auf den vorzeitigen Tod Friedrichs und einer damit verbundenen Sicherung ganz Süditaliens für den Kirchenstaat gewesen.
 
Der Welfe Otto IV. wurde zwar 1209 zum Kaiser gekrönt, aber schon ein Jahr später vom gleichen Papst exkommuniziert, was in der Folge zum Abfall von wichtigen deutschen Fürsten seines Gefolges führte, so dass aus seiner geplanten Eroberung Siziliens nichts wurde. (So viel zur Wirkung einer Exkommunikation.)

Da bedenken wir dann aber bitte auch, dass die Großen des Reiches Otto IV. ohnehin nicht als König gewollt hatten und erst nach der Ermordung Philipps v. Schwaben zu ihm umgeschwänkt waren.
Otto IV. hatte bei seiner Wahl 1198 lediglich die 3 Rheinischen Erzbischöfe, zwei Bischöfe und eine Hand voll Prälaten hinter sich, alle anderen Großen des Reiches hatten sich qua Wahl für Philipp v. Schwaben ausgesprochen, einem Mann, der durch seine vorherige Belehnung mit Tuszien und dem Versuch dort die Positionn des Reiches gegen das Papsttum durchzusetzen, mit dem Kirchenbann belegt worden war und von dem Innozenz in seiner Stellungnahme zur Doppelwahl 1198 nicht nur behauptete, dass er ein vom Glauben Abgefallener sei, nein, er ging so weit Philipp v. Schwaben zu bezichtigen, dass dieser gar ein Verfolger der Kirche sei.

Das hat einen Großteil der weltlichen Potentaten im Reich und auch einige Bischöfe nicht davon abgehalten Philipp v. Schwaben weiter als ihren leegitimen König zu betrachten und ihn über Jahre bis zu seiner Ermordung durch Otto VIII. v. Wittelsbach im Kampf gegen Otto IV. zu unterstützen.

1224 gründete er die Universität in Neapel mit dem Ziel, ihm zivile Beamte zu liefern, damit er sein Reich auch ohne Kleriker regieren könnte.

Darf ich auch nachfragen, wo er dieses Ziel geäußert hat?
De facto deckten Universitäten in der klassischen Ausrichtung einfach mit der Medizin und der Jurisprudenz Fachrichtungen ab, um die sich die Kirchen, eher nebensächlich kümmerten, was die Ausbildung ihrer Kleriker angeht.
Inwiefern standen Absolventen der frühen Universitätan also grundsätzlich in Konkurrenz zu kirchlichen Einrichtungen?
Zumal auch an den Universitäten nicht selten von Persönlichkeiten gelehrt wurde, die eine geistliche Laufbahn hinter sich hatten und gerade das Studium der Theologie ja durchaus auch auf eine höhere geistliche Laufbahn vorbereiten konnte.

Doch noch war das Verhältnis Kirche-Reich in Ordnung

Das Verhältnis Reich-Kirche war schon wegen der Frage der Zugehörigkeit Mittelitaliens zum Reich und die entgegengesetzten Ansprüche des Reiches und des Papstes in der Toskana, Umbrien, den Marken und der Romagna alles andere als unkompliziert.
Und das blieb es.

Erst von da an gab es eine tiefe Feindschaft zwischen Kirche und Reich
Warum noch gleich hatte es zwischen Philipp v. Schwaben und dem Papsttum so viel böses Blut gewesen? Und warum noch gleich, versuchte Innozenz III. die Staufer im Reich los zu werden und stattdessen Otto IV. durchzusetzen, der im Reich wenig Unterstützung hatte?
Könnte daran liegen, dass das Verhältnis zwischen Papsttum und Reich nicht soooooooooo gut war.
 
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Friedrichs Mutter Konstanze hatte zwar noch nicht offiziell verzichtet, es zeichnete sich aber bereits ab, dass die Großen des Reiches ein Kleinkind, dass weit davon entfernt war die Amtsgeschäfte führe zu können, nicht als König zu akzeptieren bereit waren, ebenfalls zeichnete sich ab, dass von päpstlicher Seite bereits versucht wurde einen Kandidaten für das Königtum zu finden, unter anderem war man damit an Richard Löwenherz herangetreten.

Das unter diesen Umständen Philipp v. Schwaben sich dazu entschloss sich um die Krone zu bewerben, wird man ihm schwerlich als Verrat an seinem Neffen auslegen können, immerhin hätte das den Staufern die Krone erhalten und ein späteres Königtum Friedrich II. wäre damit ja durchaus nicht ausgeschlossen gewesen.

Ich will das nicht ausschließen, aber wie sicher ist es denn, dass Philipp von Schwaben hier wirklich "dynastisch" dachte? Soweit wir wissen, spielte Friedrich bei den verschiedenen Versuchen zum Ausgleich zwischen den beiden Prätendenten und zwischen Papst und staufischem König keine Rolle, und hätte Philipp einen Sohn bekommen, wäre dieser ohnehin der wahrscheinliche Nachfolger gewesen. Man muss Philipps Verhalten nicht als "Verrat" werten, aber mir scheint es schon eher so, als habe man nördlich der Alpen nach 1197 nicht mehr wirklich mit dem weit im Süden weilenden Kleinkind gerechnet. Dazu passt auch, dass anscheinend nicht nur Philipp und Otto IV., sondern auch andere mächtige Fürsten wie Bernhard von Sachsen erste Schritte unternahmen, um sich für die Krone in Position zu bringen. Auch die Wähler Ottos IV. scheinen übrigens nicht im direkten Auftrag des Papstes, sondern auf eigene Faust und im eigenen Interesse gehandelt zu haben. Zwischen der Doppelwahl und der päpstlichen Entscheidung für Otto IV. lagen dann auch immerhin drei Jahre.
 
Soweit wir wissen, spielte Friedrich bei den verschiedenen Versuchen zum Ausgleich zwischen den beiden Prätendenten und zwischen Papst und staufischem König keine Rolle, und hätte Philipp einen Sohn bekommen, wäre dieser ohnehin der wahrscheinliche Nachfolger gewesen.

Für den Papst musste Friedrich II. ohnehin in rotes Tuch sein, weil schon aus strategischen Gründen eine Personalunion zwischen dem Reich und Sizilien, die den Kirchenstaat nördlich und südlich umfasste für Rom sicherlich das unerfreulichste unter den denkbaren Szenarien war.
Setzt man das voraus, dann war Philipp v. Schwaben auf dem Thron im Reich und Friedrich auf dem sizilianischen Thron sicherlich für Rom nicht die Idallösung, abr Friedrich auf beiden Thronen wäre noch schlimmer gewesen.

Von dem her wird Rom in Sachen Ausgleich daran kein Interesse gehabt haben und auch Otto IV. hatte sicherlich kein Interesse daran sich mit den Ansprüchen noch eines Staufers auseinandersetzen zu müssen.

Möglicherweise hätte Philipp v. Schwaben einen regierungsfähigen Sohn hinterlassen ob dieser aber König geworden wäre, hätte ja nicht Philipp, sondern hätten die Großen des Reiches zu entscheiden gehabt.
Bei einer potentiellen Wahl nach Philipps Tod hätten sich mit Friedrich II. und einem potentiellen Sohn Philipps dann möglicherweise zwei Kandidaten mit gleichstarker dynastischer Legitimation (beides Söhne früherer Könige/Kaiser, beides Enkel Barbarossas) gegenübergestanden, wobei Friedrich der Ältere gewesen wäre, was je nach Umstand ein Vorteil sein konnte und mit dem Kgr. Sizilien die Vereinigung auch Süditaliens mit dem Reich hätte bieten können.
Ob Friedrich II. in diesem Fall so schlechte Karten gehabt hätte? Wer weiß, ist ohnehin Spekulatius.


Von einer Durchsetzung des Welfen konnte man damals jedenfalls erwarten, dass er versuchen würde die Staufer von ihren verbliebenen Machtpositionen im Reich zu verdrängen und einem erneuerten staufischen Königtum die Grundlage zu nehmen.

Auch die Wähler Ottos IV. scheinen übrigens nicht im direkten Auftrag des Papstes, sondern auf eigene Faust und im eigenen Interesse gehandelt zu haben.

Mindestens den Kölner Erzbischof musste man wohl ziemlich lange bearbeiten (das Erzbistum Köln hatte ja enorm von der Zerschlagung des sächsischen Herzogtums profitiert, nachdem Friedrich I. Barbarossa dises Heinrich dem Löwen aberkannt hatte).
Da wurde massive Vorarbeit geleistet.
Jetzt könnte man sich darüber streiten, was unter einem direkten Auftrag zu verstehen sei. Es war nach Lage der Dinge klar, dass der Papst einen nichtstaufischen Kandidaten bevorzugen würde.
Ab wann Otto IV. der Kandidat des Papstes war, wird sich schwer nachvollziehen lassen, zumal Innozenz III. gerade erst auf den Anfang 1198 verstorbenen Coelestin III nachgefolgt war.
Insofern wird man jedenfalls Innozenz nicht unterstellen können die Kandidatur Ottos maßgeblich vorbereitet zu haben, die Frag wäre, inwieweit es möglicherweise Coelestin III. getan hatte.
 
Coelestin III. starb Anfang oder Mitte Januar 1198 (das müsste ich nochmals nachsehen), Heinrich VI. Ende September 1197, und der Papst bat das Kardinalskollegium Ende 1197 sogar um die Zustimmung zu einem Rücktritt aus Altersgründen. Auch wenn ihm das verwehrt wurde, dürfte man in Rom damit schon ziemlich beschäftigt gewesen sein. Es ist sicher nicht prinzipiell unmöglich, dass ein greiser, amtsmüder Pontifex in knapp drei Monaten im Spätherbst und Winter eine rege diplomatische Aktivität über die Alpen hinweg entfaltete, aber man darf wohl nicht ohne echte Belege leichthin davon ausgehen. Mir wäre persönlich nichts dergleichen bekannt, aber das muss natürlich nichts heißen.

Im Hinblick auf die Trennung von römisch-deutscher und sizilianischer Krone stimme ich Dir vollkommen zu, die Päpste des späten 12. und frühen 13. Jh. hatten davor offenbar große Angst. Du hast sicher auch recht damit, dass dies Otto IV. zunächst in die Karten spielte, aber Innozenz III. wartete anscheinend trotzdem zunächst einige Jahre ab, wie sich die Situation nördlich der Alpen entwickelte, bevor er Partei ergriff.

Man darf außerdem nicht vergessen, dass der Thronstreit nicht nur die deutschen Bischöfe und Fürsten und den Heiligen Stuhl interessierte, sondern auch die mächtigen westeuropäischen Könige Frankreichs und Englands. Otto IV. war ein Neffe Richards I. Löwenherz und wurde in England erzogen. Philipp II. Augustus war dagegen mit Philipp verbunden und unterstützte dessen Ambitionen. Da einige Fürsten - nicht zuletzt die Wittelsbacher und die Askanier - um ihre Herzogtümer fürchteten, sollte Otto das Erbe seines Vaters zurückfordern, gab es auch hier erhebliche Eigeninteressen für die Doppelwahl. Der von Dir bereits genannte Erzbischof Adolf von Köln erhielt hingegen von Otto die Zusage, das Herzogtum Westfalen für das Kölner Hochstift behalten zu dürfen.

Mir erscheinen diese eigenen Interessen, Bündnisse und Pläne als Motivation doch erheblich plausibler als eine entscheidende Intervention aus dem fernen Rom - gerade weil auch die späteren Ereignisse zeigen, dass der päpstliche Einfluss auf die Entwicklungen in Deutschland sehr begrenzt blieb. Philipp von Schwaben gewann gerade zu der Zeit eine deutliche Überlegenheit, als Innozenz III. sich für seinen Gegner entschieden hatte, und Otto IV. verlor die Krone nicht etwa durch die Hand des Papstes, sondern letztlich durch die Schlacht von Bouvines gegen das französische Heer des Philipp II. Augustus - und zwar erneut an der Seite seiner englischen Verbündeten und Verwandten.
 
Mir erscheinen diese eigenen Interessen, Bündnisse und Pläne als Motivation doch erheblich plausibler als eine entscheidende Intervention aus dem fernen Rom - gerade weil auch die späteren Ereignisse zeigen, dass der päpstliche Einfluss auf die Entwicklungen in Deutschland sehr begrenzt blieb. Philipp von Schwaben gewann gerade zu der Zeit eine deutliche Überlegenheit, als Innozenz III. sich für seinen Gegner entschieden hatte, und Otto IV. verlor die Krone nicht etwa durch die Hand des Papstes, sondern letztlich durch die Schlacht von Bouvines gegen das französische Heer des Philipp II. Augustus - und zwar erneut an der Seite seiner englischen Verbündeten und Verwandten.
Die verlorene Schlacht von Bouvines 1214 bedeutete das endgültige Aus für Otto. Aber schon vorher, praktisch seit der Ankunft Friedrichs nördlich der Alpen im Jahr 1212, wurde Otto von diesem ins Abseits gedrängt, verlor nach und nach seine Anhänger, obwohl ihn Friedrich großzügig in Ruhe ließ; er war für Friedrich wohl bedeutungslos geworden.
 
Es ist sicher nicht prinzipiell unmöglich, dass ein greiser, amtsmüder Pontifex in knapp drei Monaten im Spätherbst und Winter eine rege diplomatische Aktivität über die Alpen hinweg entfaltete, aber man darf wohl nicht ohne echte Belege leichthin davon ausgehen.

Was für mich sehr für eine Initiative aus Rom spricht, was Otto betrifft, ist der Umstand, dass er unter seinen Wählern keine größeren weltlichen Würdenträger vorzuweisen hatte.
Es ist einfach auffällig, dass Otto unter den weltlichen Fürsten des Reiches keinerlei Rückhalt hatte, sondern seinen Anspruch machtpolitisch ausschließlich auf die geistlichen Würdenträger und die englische Verwandtschaft stützen konnte.
Man wird hinterfragen dürfen, was Otto zu dieser Kandidatur trieb, obwohl er von den weltlichen Großen niemanden hinter sich wusste.

Es ist in diesem Sinne kein Beweis (ich weiß auch nicht ob es einen dafür gibt, dafür kenne ich die Thematik einfach nicht gut genug), aber ich würde meinen eine entsprechende Initiative aus Rom, wäre die plausibelste Erklärung für die Konstellation der Würdenträger, die sich für Otto IV. aussprachen.
Völlig ohne Rückendeckung, wird der sich diesen Schritt nicht gewagt haben, Unterstützung unter den weltlichen Würdenträgern hatte er keine und von der englischen Verwandtschaft, die zu diesem Zeitpunkt genug eigene Probleme mit der französischen Krone hatte, wird die eher auch nicht ausgegangen sein und mindesten was Erzbischof Adolf v. Köln angeht, gab es da offensichtlich einigen Verhandlungsbedarf, wegen der Causa Westfalen.

Erzbischof von Mainz war zu diesem Zeitpunkt Konrad I. von Wittelsbach, der zum Zeitpunkt der Wahl überhaupt nicht im Reich zugegen war, da er sich seit 1197 auf einem Kreuzzug befand und in Palästina weilte, seine Zustimmung zur Wahl Ottos erfolgte in absentia.

Heißt wir haben nur geistliche Würdenträger, die Otto IV. stützten und von den drei wirklich hochkarätigen Großwürdenträgern, fallen der Kölner und der Mainzer Erzbischof als Initiatoren im Grunde genommen aus.

Der Kölner , weil er wegen Westfalen starke Bedenken gegen den Welfen haben und erst überzeugt werden musste, der Mainzer weil er von der Levante aus wahrscheinlich eher nicht dazu in der Lage war, eine entsprechende Interessengruppe in Windeseile über das Mittelmeer und den halben europäischen Kontinent hinweg zu organisieren, dass dürfte bereits die Länge der Nachrichtenwege verunmöglicht haben.

Wer aber stand dann als Initiator hinter der Sache?

Bliebe als Kandidat noch der Trierer Erzbischof, sofern man unterstellt, dass Rom seine Finger nicht direkt im Spiel hatte.
Wäre allerdings zu hinterfragen, ob Otto IV. zuzutrauen gewesen wäre dises nicht gänzlich ungefährliche Unterfangen nur auf das Wort des Trierer Erzbischofs hin zu beginnen, die Unterstützung der anderen beiden Erzbischöfe wird der nicht glaubhaft zugesichert haben können, bedenkt man die komplizierte Gemengelage am Rhein und die Rivalität der Bischöfe untereinander.

Eine Initiative aus Rom hingegen, hätte da schon anderes Gewicht gehabt.

Du hast sicher auch recht damit, dass dies Otto IV. zunächst in die Karten spielte, aber Innozenz III. wartete anscheinend trotzdem zunächst einige Jahre ab, wie sich die Situation nördlich der Alpen entwickelte, bevor er Partei ergriff.

Hier wäre allerdings die Frage zu stellen, kann man daraus, dass Innozenz zunächst nicht offen für Otto IV. Partei ergriff, schließen, dass er auch einen anderen Kandidaten in Erwägung zog?
Angesichts der unklaren Situation, war es nicht unwahrscheinlich, dass man ihn als Schlichter anrufen würde und hier hätte Innozenz III. machtpolitisch eher unklug aggiert, wenn er sich für Otto IV. aussprach, bevor er nach seinem Urteil befragt wurde.
Äußerte er sich vorher in diese Richtung, konnte die staufische Partei argumentieren, dass es sich um eine ungebührliche Einmischung des Papstes in die Angelegenheiten des Reiches handle.
Wartete Innozenz III. hingegen ab, bis man ihn um eine Stellungnahme in der Sache ersuchte, konnte die staufische Partei das nicht mehr so einfach als ungebührliche Einmischung abtun.

Das Innozenz III. sich erst später für Otto IV. aussprach halte ich eher für taktisch bedingt, als für einen Nachweis dafür, dass er nicht von Anfang an hintr Otto gestanden habe.
 
Zuletzt bearbeitet:
obwohl ihn Friedrich großzügig in Ruhe ließ

Welche Mittel standen Friedrich II. de facto zu Gebote um gegen Otto IV. vorzugehen?
Noch hatte er im Reich keine eigene Hausmacht und dass er sich nördlich der Alpen überhaupt festsetzen konnte, war anfangs alles andere als selbstverständlich.
 
Es hat Friedrich als weltlicher Herrscher aber durchaus Ketzer verfolgen und exekutieren lassen- auch das sollte man nicht verschweigen.

Er hat 1220 und 1238 Ketzereigesetze durch. Ketzerei wurde als Verbrechen gegen den Kaiser interpretiert. In der Verfahrensführung war Folter erlaubt, Delinquenten wurden mit dem Feuertod exekutiert und deren Vermögen eingezogen.
 
Was für mich sehr für eine Initiative aus Rom spricht, was Otto betrifft, ist der Umstand, dass er unter seinen Wählern keine größeren weltlichen Würdenträger vorzuweisen hatte.
Es ist einfach auffällig, dass Otto unter den weltlichen Fürsten des Reiches keinerlei Rückhalt hatte, sondern seinen Anspruch machtpolitisch ausschließlich auf die geistlichen Würdenträger und die englische Verwandtschaft stützen konnte.
Man wird hinterfragen dürfen, was Otto zu dieser Kandidatur trieb, obwohl er von den weltlichen Großen niemanden hinter sich wusste.

Die Initiative scheint tatsächlich von Richard Löwenherz und dem Kölner Erzbischof ausgegangen zu sein. Ob Adolf von Köln (wie manchmal zu lesen ist) unter dem Druck der Kölner Kaufleute agierte oder selbst auf die Idee kam, das Herzogtum Westfalen durch eine Übereinkunft mit dem englisch-welfischen Bündnis abzusichern, sei einmal dahingestellt, aber von einer päpstlichen Initiative habe ich bei einer kurzen Durchsicht der mir zugänglichen Literatur nichts gefunden. Das muss aber natürlich nichts heißen.

Wie gesagt, dass es gerade zu dieser Doppelwahl kommen würde, war nicht unbedingt abzusehen, erst recht nicht von Rom aus. Ursprünglich hatte sich auch Bernhard III. von Sachsen in Position gebracht, aber er hatte von Otto IV. besonders viel zu fürchten und schloss sich deshalb Philipp von Schwaben an. Wäre es Coelestin III. oder den rheinischen Bischöfen bloß darum gegangen, einen Staufer zu verhindern und hätte Otto IV. tatsächlich außer ein paar Bischöfen keinen eigenen Rückhalt gehabt, hätte eine Unterstützung dieser Kandidatur doch viel näher gelegen?

Die eigenen Interessen der Fürsten scheinen auch hier den Ausschlag gegeben zu haben, weniger die Anhänglichkeit an Staufer oder Welfen. Bernhard III. hätte vielleicht ohne die "englische" Drohung selbst gegen Philipp kandidiert, dann hätte der Thronstreit nochmals anders ausgesehen. Dieser "dynastische" staufisch-welfische Gegensatz dürfte auch ein wenig der Geschichtsdeutung des 19. Jh. entspringen, als beide Königsfamilien mit modernen Konzepten einer nationalen Idee verknüpft wurden. Die Welfen waren dann für die einen "Pfaffenfreunde" und Verräter an der Einheit der Nation, für die anderen Vertreter einer nationalen Kraftanstrengung, den Osten für "die Deutschen" zu erschließen, anstatt die eigenen Kräfte im Süden zu verpulvern. Dem widerspricht aber beispielsweise, dass eine deutliche Mehrheit der Unterzeichner und Unterstützer der Speyrer Fürstenerklärung eigentlich Bischöfe und Äbte waren.
 
Die verlorene Schlacht von Bouvines 1214 bedeutete das endgültige Aus für Otto. Aber schon vorher, praktisch seit der Ankunft Friedrichs nördlich der Alpen im Jahr 1212, wurde Otto von diesem ins Abseits gedrängt, verlor nach und nach seine Anhänger, obwohl ihn Friedrich großzügig in Ruhe ließ; er war für Friedrich wohl bedeutungslos geworden.

Du meinst also, auch eine gewonnene Schlacht hätte für Otto IV. nichts mehr geändert?
 
Fakt ist, dass Philipp von Schwaben, Onkel Friedrichs II., ein Anrecht auf den Königs- und Kaiserthron hatte. Zudem wollte er den deutschen Königsthron für Friedrich II. nur verwalten, bis dieser volljährig werde. Dem gegenüber hatte Otto IV. nichts vorzuweisen als seine englische Verwandtschaft, die ihn unterstützte, und einige wenige deutsche Fürsten inkl. des Kölner Erzbischofs, die aus Opportunismus für Otto stimmten.

Das wussten alle beteiligte, denn erst nach 1208, d.h. nach der Ermordung Philipps, des rechtmäßigen Königs, konnte Otto seine Herrschaft festigen, die aber schon 1210, nach seiner Exkommunikation durch den Papst, wieder zu bröckeln begann. Nach 1212, als Friedrich II. in Konstanz ankam und anschließend 8 Jahre nördlich der Alpen blieb, gab es für Otto nur einen Rückzug nach dem anderen, bis er in der Schlacht bei Bouvines – ohne Beteiligung Friedrichs! – seine endgültige Niederlage erlitt und in der Versenkung verschwand.

Otto IV. war nichts anderes als ein Usurpator auf dem deutschen Königs- und Kaiserthron: Er hat beides nur durch kirchliche bzw. päpstliche Gnade erhalten und durch päpstliche Ungnade wieder verloren.

PS:
Du meinst also, auch eine gewonnene Schlacht hätte für Otto IV. nichts mehr geändert?
Wie ich soeben oben schrieb, war Friedrich II. an der Schlacht gar nicht beteiligt. Wenn Otto die Schlacht gewonnen hätte, würde sich sein Siechtum nur ein wenig verlängern, wenn überhaupt.
 
Die Initiative scheint tatsächlich von Richard Löwenherz und dem Kölner Erzbischof ausgegangen zu sein.
Müsste ich mich, wenn ich etwas Zeit habe mal reinarbeiten, würde mich tatsächlich eher überaschen.

Wie gesagt, dass es gerade zu dieser Doppelwahl kommen würde, war nicht unbedingt abzusehen, erst recht nicht von Rom aus.
Es war ja eigentlich, wenn man bedenkt, dass Friedrichs Anspruch formal noch bestand eine Dreifachwahl und man wird sicherlich behaupten können, dass selbst wenn am Ende 1198 nur ein Kandidat angetreten wäre und sich hätte wählen lassen daraus möglicherweise eine verworrene Situation entstanden wäre, die der weitere Klärung und eines Schiedsspruchs bedurft hätte.
Immerhin beschäftigte sich Innozenz III. in seiner Stellungnahme ja durchaus ernsthaft mit potentiellen Thronansprüchen Friedrichs um sie zu verwerfen.

Die eigenen Interessen der Fürsten scheinen auch hier den Ausschlag gegeben zu haben, weniger die Anhänglichkeit an Staufer oder Welfen.
Ich würde meinen, das bedingt einander, nur dass Interessen eben nicht aus Anhänglichkeiten an eine Partei resultierten, sondern umgekehrt.

Die Welfen waren dann für die einen "Pfaffenfreunde" und Verräter an der Einheit der Nation, für die anderen Vertreter einer nationalen Kraftanstrengung, den Osten für "die Deutschen" zu erschließen, anstatt die eigenen Kräfte im Süden zu verpulvern.

Diese Deutung ist ja schon insofern wenig sinnvoll, als das sich geistliches Amt und weltliche Herrschaft ja gerade bei den Fürstbischöfen nicht so sauber von einander trennen lassen.
In diesem Sinne muss ich auch meine eigene Darstellung etwas korrigieren, wenn ich von "geistlichen" Würdenträgern schreibe, meine ich damit natürlich Potentaten, deren territoriale Hausmacht im Reich letztendlich an die geistliche Würde, die sie bekleideten gebunden war.

Diesen konstruierten Gegensatz in dieser Schärfe wollte ich nicht aufmachen.
 
Fakt ist, dass Philipp von Schwaben, Onkel Friedrichs II., ein Anrecht auf den Königs- und Kaiserthron hatte.

Und das resultierte deiner Meinung nach woraus?
Friedrich II. war de facto erstmal erwählter König und selbst wenn es sich bim Reich um eine Erbmonarchie gehandelt hätte, was es de facto nicht war, wäre auch in diesem Fall Friedrich II. nicht Philipp v. Schwaben der natürliche Kandidat gewesen.
Ein dezidierte Anrecht Philipps auf die Königswürde, hätte ein Senioratsprinzip vorausgesetzt und das existierte im Reich nicht.

Zudem wollte er den deutschen Königsthron für Friedrich II. nur verwalten, bis dieser volljährig werde.
Und das müsste bequellt werden.

Dem gegenüber hatte Otto IV. nichts vorzuweisen als seine englische Verwandtschaft, die ihn unterstützte, und einige wenige deutsche Fürsten inkl. des Kölner Erzbischofs, die aus Opportunismus für Otto stimmten.

Moment. Wenn du allein aus der Verwandschaft Philipps v. Schwaben mit früheren Königen einen Anspruch aus die Königskrone ableitst, hatte Otto IV. als ein Verwandter Lothar v. Supplinburgs auch einen.

Das wussten alle beteiligte, denn erst nach 1208, d.h. nach der Ermordung Philipps, des rechtmäßigen Königs

Nö, gerade über derlei waren sich die Beteiligten offenbar nicht so einig.
De facto gab es einigen Grund die Rechtmäßigkeit aller dreier Königswahlen anzuzweifeln.

- Die Wahl Friedrich II. fand noch zu Lebzeiten seines Vaters Heinrich und auf dessen Veranlassung hin statt. Hier konnte man argumentieren, dass dies die freie Entscheidung der Wähler beeinträchtige.
Auch ließ sich durchaus argumentieren, dass die Wahl eines Kleinkindes, dass überhaupt nicht dazu in der Lage war sich einverstanden zu erklären und einen Schwur auf die Wahrnehmung königlicher Amtsplichten zu leisten, geschweigedenn diese wahrzunehmen, so nicht rechtens sein konnte.

- Die Wahlen sowohl Philipps, aus auch Ottos, fanden statt, während es formal einen erwählten König gab, dessen Ansprüche nicht letztgültig verworfen waren, keiner der beiden Kandidaten konnte eine einmütige Wahl durchsetzen und bei beiden entsprachen Wahl bzw. Krönung durch Lokalität, Teilnahme der Wähler und vorhandensein oder nichvorhandensein der Reichsinsignien bei den entsprechenden Zeremonien, nicht den bisherigen Gewohnheiten, so das sie anfechtbar waren.

Jemanden mit unzweifelhaft rechtmäßigem Anspruch gab es bei allen 3 Kandidaten nicht.

Otto IV. war nichts anderes als ein Usurpator auf dem deutschen Königs- und Kaiserthron:
Das wird man in dieser Situation so nicht sagen können.
Usurpation würde bedeuten er habe sich den Thron widerrechtlich angeeignet, de facto gab es aber für diese Situation so kein Patentrezept und die Ansprüche aller Kandidaten waren zweifelhaft.

In diesem Sinne funktioniert es nicht Otto als Usurpator und Philipp als rechtmäßigen König hinzustellen. Ist allerdings ein sehr schönes Beispiel für die von Stradivari angesprochenen Deutungstraditionen aus dem 19. Jahrhundert.
 
Ihr schreibt zuviel als das ich an der Threaddiskussion teilnehmen oder auch nur alles lesen könnte. Aber nur mal eine Anmerkung dazu, dass von mittelalterlichen Ansichten ausgegangen werden muss, die durchaus widersprüchlich sein konnten:

Das mit dem Wahl- und Erbrecht ist komplizierter. Von heutigen Vorstellungen ist definitiv nicht auszugehen.

Zu dieser Zeit war z.B. noch der 'bessere Teil', nicht die Mehrheit ('größerer Teil') ausschlaggebend. Es kann auch so gesehen werden, dass nur ausgewählt wurde, wer aus dem Verwandtenkreis des Herrschers den Titel übernimmt. Das trifft eher einen Teil der Vorstellungen der Zeit, obwohl sich dies gerade in dieser Zeit weiterentwickelte. Die in der Goldenen Bulle Karls IV. festgesetzten Zustände entwickelten sich erst nach den Staufern.

Ich verweise auf Hans K. Schulze, Grundstrukturen im Mittelalter, wo das in Bd. 3 und 4 diskutiert wird.
 
Die Entwicklung dieser Diskussion ist im Prinzip das, was ich neulich bei meinem Kommentar im "Wohin wollen wir gehen"-Themenstrang im Hinterkopf hatte. Ursprünglich ging es hier um die Muslime im Heer des Staufers. Daraus wurde dann eine Debatte über Friedrich II. religiöse Toleranz - okay, das liegt nahe. Aber jetzt seid Ihr in die Innenpolitik des Reiches abgetaucht und schafft es wohl so schnell nicht mehr zurück an die Oberfläche.
 
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