Sassanidisches Gottkönigtum und der sassanidische Staat (I)

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Leopold Bloom

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Sassanidisches Gottkönigtum

Die auf die Dynastien der Achämeniden, den Seleukiden und schließlich den Parthern folgende Dynastie der Sassaniden betrieb eine starke Iranisierung. Das ist deutlich zu bemerken in der Rückbesinnung auf achämenidische Traditionen und einer Abgrenzung von den eher hellenistischen Dynastien der Parther oder der Seleukiden. Aber die Sassaniden gingen noch weiter:
Mit den Sassaniden entsteht der Begriff Eranschahr (Land der Arier) und damit auch ein politisches Konzept eines einigen Perserreichs. Hier entsteht auch der Titel "Schahanschah Eran ud Aneran" (König der Könige von Iran und Nichtiran). Zwar gab es auch bereits in vorsassanidischer Zeit den Titel "Schahanschah", der Zusatz "Eran ud Aneran" entstand allerdings erst unter sassanidischen Herrschern. Weiter noch: Es entstand auch der Zusatz "ke cihr az yazdan" (der von den Göttern stammt). Im Gegensatz zu den Achämeniden legen sie sich hochtrabende Titel zu:

Briefe iranischer Könige erinnern daher nicht selten an die Erlasse Wilhelms II.:



"Chosro, König der Könige von Iran und Nichtiran, der von den Göttern abstammt, Herrscher über die Herrschenden, Herr der Völker, Friedensfürst, Heil der Menschen, unter den Göttern der gute und ewig lebende Mensch, unter den Menschen der angesehenste Gott, der Hochberühmte, der Sieger, der mit der Sonne sich erhebt und der der Nacht sein Augenlicht schenkt, Bruder der Sonne und des Mondes, Genosse der Sterne, der durch seine Vorfahren Berühmte, der den Krieg hassende König, der Wohltäter, der die Sassaniden dingte und den Persern das Königtum rettete, der auch über andere Welten herrschende, wenn es diese gäbe...."




Hier manifestiert sich, wie so häufig in der persischen Geschichte das Gottkönigtum, nicht zuletzt auch der persischen Dynastien vor den Sassaniden, gerade in Bezug auf die achämenidische Zeit. Auch bezieht sich der Titel auf die zoroastrische Tradition und damit auch auf die Legitimierung des Glaubens als staatstragende Religion. So gibt es bei der Krönungszeremonie eine "weltlichen" und einen sakralen Teil. Im Gegensatz zu den Achämeniden gibt es allerdings keinen festgelegten Krönungsort.
Der iranische Gottkönig der Sassanidenzeit handelt nicht nur als göttliches Werkzeug, er stammt sogar von ihnen ab und genießt deren Gunst. Als "Gegenleistung" pflegt er den Zoroastrismus, stiftet Feuer und fördert die Priesterkaste.

In der Symbolik des Feuers und der Stiftung von Königsfeuern findet sich auch die Metapher der göttlichen Macht. Wer in Besitz des königlichen Feuers ist, besitzt die Macht.
Der Bezug zu den Achämeniden wird dadurch deutlich, dass der Vater des ersten Sassaniden Ardaxschir und damit der Begründer und Namensgeber der Dynastie Sassan seine Herkunft von einer angeblich verschollenen Seitenlinie direkt von Dareios III. herleitet, der seinerzeit von Alexander d. Gr. besiegt worden war. Hierzu wurde eigens genealogische Forschung betrieben und ein Stammbaum konstruiert.
Dem gegenüber steht der Versuch, sich von den Aschkaniden/ Parthern abzugrenzen. So blendet die Dynastie und ihre Geschichtsschreiber ihre Vorgänger schlicht aus oder reduziert sie zu "Teilkönigen". Erst die "Wiedervereinigung" durch die Sassaniden und die Schaffung der Zentralgewalt habe wieder ein geeintes Reich geschaffen. Allerdings kann man durchaus sagen, dass die Aschkaniden/ Parther und die Sassaniden durchaus mehr gemein hatten, als trennendes: In Organisation des Reichs und nicht zuletzt der Klassifizierung eines Adels und einer Hierarchie zeigen sich signifikante Ähnlichkeiten. Das mag auch daran liegen, dass die Sassaniden eben auch als parthische "Teilkönige" begonnen haben.

Die Entrückung der persischen Gottkönige geht so weit, dass sich die Untertanen vor dem Thron flach auf den Boden zu legen haben und die Herrscher allenfalls schemenhaft hinter Vorhängen zu erkennen sind. Verschiedene Vorschriften mussten beachtet werden und demonstrativ wurde Luxus und Macht zelebriert - beabsichtigt. Das Gottkönigtum hat wohl bei anderen Völkern und Herrschern nachhaltig Eindruck hinterlassen, wurde es doch gar nachgeahmt: Ironischerweise ausgerechnet von den Erzfeinden der Sassaniden.....den Römern. Beispielhaft hier Diokletian oder Justinian.
Ein interessanter Aspekt hierbei scheint der Übergang vereinzelter Elemente ins Christentum. Meines Wissens stammt das Wort "Tiara" aus dem persischen.

Die Erbfolge der Könige wurde in aller Regel durch die Vorgänger geregelt. Der Monarch bestimmte selbst seinen Nachfolger. Allerdings kam es auch hier durchaus zu Thronstreitigkeiten (z.B. Chosro II. und Vahram VI.).

Immer schon in iranischer Geschichte war es für die Monarchen üblich, auch selbst an der Spitze des Heers in den Krieg zu ziehen. Und nicht selten führte der Tod oder die Flucht zu einer militärischen Wende. Ziel des Kriegsgang eines "göttlichen Herrschers" war wohl in erster Linie die Demonstration der Tapferkeit und die Nutzung des Charisma. Ähnlich "westlicher" Vorbilder a la Caesar oder Augustus verfassten auch sie Handbücher über ihre Feldzüge.

Die Monarchen erhoben teils sehr hohe Steuern. So musste (bis zu) ein Drittel als "Königsland" abgeliefert werden. Nicht zuletzt diese Steuerpolitik führte letztlich zu den Mazdakitenaufständen und war sicherlich ein Beschleuniger des sassanidischen Niedergangs.



Zur Hierarchie innerhalb des monarchischen Hofs: Verschiedene Inschriften zählen eine Vielzahl verschiedener Würdenträger und Adlige auf, die Opfer seitens des Königs für ihr Seelenheil erhalten. Hier erfolgt immer diesselbe hierarchische Ordnung. Hier spielt die territoriale Aufteilung des Reichs eine nicht unwichtige Rolle. So stehen die Satrapen wichtiger Provinzen dem Herrscher näher, es werden gar manchmal unwichtige Provinzherrscher gar nicht erst erwähnt. Die "föderale" Gliederung bestand daher in "Schahrs" (Provinzen), die wiederum in einzelne Gebiete zerfielen.
Allerdings ist recht wenig bekannt über die verschiedenen Funktionen und Funktionen der Befehlshaber und wieweit diese wirklich Einfluß in einzelnen Gebieten hatten. Vermutlich bestand durchaus eine Trennung zwischen Klerus und Regierung in den Einzelprovinzen. Die Provinzherrscher lassen sich wohl am ehesten als Recht sprechendes Element begreifen. Am deutlichsten wird dies in den Christenverfolgungen, worin die Provinzgouverneure mehrfach als Richter beschrieben werden. Wie weit "provinzielle" Herrscher eine durchaus immens wichtige Rolle gehabt haben mögen, sieht man darin, dass es eine Art "reichsunabhängiger" Gebiete gab, die von regionalen Magnaten verwaltet wurden. Diese durften "nach Lust und Laune" Städte gründen, umsiedeln oder umbenennen. Die Steuererhebung und die königliche Nachfolge war nur unter diesen örtlichen "Klanchefs" möglich, die Herrschaft des Schah eher mittelbar. Erst mit dem Übergang des Rechts auf Städtegründungen und der weitgehenden Abschaffung der parthischen Tradition der Teilkönige änderte sich dieser Zustand (mittelsassanidische Zeit)
Ein Titel mit sehr großer Bedeutung (und das wohl reichsweit) war der des Vizekönigs, eine Art "präislamischer Wesir".

Nicht minder wichtig, weil oft noch vor dem Vizekönig genannt, erscheint der sog. "argbed". Hier widersprechen sich die Deutungen zwischen "Festungskommandant"/ Oberbefehlshaber der Armee und dem obersten Steuereintreiber, respektive Finanzminister. Tendenziell scheint zweiteres wahrscheinlicher, da in den meiten Quellen der Befehlhaber eher anders tituliert wird.

Am Hof selbst gibt es eine Vielzahl von Würdenträgern: Befehlshaber der Leibgarde, Befehlshaber der Palastwache, Protokollchef, Schatzkämmerer, der Kanzleichef/ Schreiber oder der Torwächter.


Der Staat selbst (oder besser seine Hauptstadt Ktesiphon) bilden einen Vielvölkerstaat aus Persern, Araber, Römer, Griechen, Juden und gar einzelne Chinesen.


Die sassanidischen Könige:

Ardaxschir I.
Schapur I.
Hormizd I.
Vahram I.
Vahram II.
Vahram III.
Narzeh
Hormizd II.
Schpur II.
Ardaxschir II.
Schapur III.
Vahram IV.
Yazdgird I.
Vahram V.
Yazdgird II.
Hormizd III.
Peroz
Valaxsch
Kavad I.
Zamasp
Chosro I.
Hormizd IV.
Chosro II.
Vahram VI.
Kavad II.
Ardaxschir III.
Schahrbaraz
Chosro III.
Puran
Azarmigduxt
Hormizd V.
Chosro IV.
Yazdgird III.


Literatur:

Schweizer: Iran
Wiesehöfer: Das antike Persien

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))))Tattattataaaa! (((( Perser ante Portas!
War ja mal wieder Zeit, das der Iran mal wieder ins Gespräch kommt!
 
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