Schatzschiffe des Zheng He wohl doch nicht so groß

Ich habe auch mal gelesen, dass ab 3000 Tonnen Größe der Baustoff Holz bei Schiffen seine Grenzen findet.
Ich muss mich mal schnell korrigieren. Das größte von mir gerade gefundene Holzschiff war die "Duke of Wellington" mit gut 6000 Tonnen Verdrängung.
 
Dieser Link Liste der größten Holzschiffe der Welt ? Wikipedia wurde ja bereits gepostet.

Es gibt allerdings wenig Gründe, an der Existenz der "Schatzflotte" zu zweifeln. Was kritisch betrachtet wird, ist die Größe der großen "Schatzschiffe".

Menzies hat viel Material zusammengetragen, und es lohnt sich sein Buch zu lesen. Auch wenn seine Hauptthese ("Weltreisen") zurecht angezweifelt werden, wäre so etwas u.U. möglich gewesen. Es ist wie mit Thor Heyerdahl: Atlantik- und Pazifikquerungen sind möglich. Punkt.
 
Hätten die Chinesen eine Flotte mit sinnvoll dimensionierten Dschunken aufgebaut und einen regelmäßigen Linienverkehr nach Indien und zu den Arabern aufgebaut, welche Chancen hätten dann noch die Portugiesen gehabt?


Warum? Erstens hätten Portugal und China gar nicht Rivalen zu sein brauchen, weil sie zwei Heimmärkte bedienten, die 10 000 km auseinander lagen.

Zum zweiten haben die Portugiesen im Handumdrehen auch die Osmanen weitgehend aus dem Indik verdrängen konnten, die damals sicherlich eine weitaus stärkere Seemacht darstellten als die Ming, wie die Kämpfe im Mittelmeer mit den christlichen Seemöchten zeigten (grössere Probleme bereiteten vielmehr Klientelstaaten wie das Sultanat von Aceh, das nach 1530 erstarkte).

Drittens waren die Portugiesen trotz der geringeren Dimensionen ihrer Schiffe in Kernbereichen der Nautik und der Schiffstechnologie den Chinesen überlegen. Beispiele sind
- das Scharnierruder, das erste Heckruder, das mittels fest am Achtersteven verankert ist
- der frei schwingende Trockenkompass mit Seerose, während die Chinesen lediglich eine schwimmende Magnetnadel in eine Schüssel Wasser verwendeten
- generell bessere Kenntnisse in der Karthographie (Portolankarten) und der Meeresströmungen
- die Breitseite, die auf Dschunken unbekannt war

Alles in allem muss einem nicht bange sein um die Portugiesen, die damals üebrigens im Enterkampf höchst aggressive und erfolgreiche Kämpfer waren, und gar nicht so die Fernkampflutscher, als die sie Reduktionisten auf die westliche technologische Überlegenheit darstellen wollen.

PS: Ich habe zwei Artikel (Dank an Louis) über die Flotte Zheng He mit einer Neueinschatzung ihrer Dimensionen. Bei Interesse PN. Gruss
 
Size doesn't matter - (möglicherweise gibt es Gebiete, auf denen Größe doch eine Rolle spielt, aber nicht unbedingt in der Geschichte ;-)
Die Frage nach den Abmessungen der sog. Schatzschiffe ist tatsächlich interessant - aber durch ideologisch/politische Fragestellungen (Überlegenheit vs. Unterlegenheit, Geschichtspolitik der chinesischen KP, Streit um Ethnozentrismus/Eurozentrismus) überlagert.
Fakten:
1.) Die Expeditionen des Zheng He sind keine Entdeckungsreisen im klassischen Sinne. Sie führen entlang der bekannten Handelsrouten des Indischen Ozeans inkl. Ostafrika. Die "Entdeckung" unbekannter Gebiete zählt auch nicht zu den Aufgaben der vom Yongle-Kaiser initiierten Expedition. Vielmehr handelt es sich um eine Art "power projection" - Macht- und Stärkendemonstration gegenüber ostasiatischen Nachbarn und Handelspartnern, Vertiefung/Aufnahme von diplomatischen Beziehungen entlang des Indischen Ozeans etc.
2.) Obwohl die Logbücher der Reise nach dem Machtwechsel innerhalb der Ming-Dynastie vernichtet wurden, gibt es einen Augenzeugenbericht der Reise, der daher als Primärquelle anzusehen ist ([FONT=Arial, sans-serif]Huan, Ma 1970: Ying-Yai Sheng-Lan: The Overall Survey of the Ocean's Shores. Trans. J. V. G. Mills. Cambridge: Cambridge University Press). Meines Wissens enthält dieser jedoch keine Größenangabe zu den Schiffen. Diese Größenangaben stammen aus einer späteren Zeit (Mitte / Ende 15. Jh.).
3.) Die Größe der Schiffe jenseits der 80m-Marke wird allgemein bezweifelt. Anzunehmen ist, dass sie angesichts einer Strategie der power projection darauf abzielten, andere Länder zu beeindrucken - und dies geht natürlich am einfachsten durch "beeindruckend" große Schiffe - und eine zahlenmäßig große Flotte.
4.) Es wurden bislang keine Wracks im südostasiatischen Raum gefunden, die auf eine entsprechende Größe schließen ließen - gegenteilige Behauptungen wurden von Menzies zur Verkaufsförderung seines Buches / Machwerks gezielt gestreut, ohne jemals wissenschaftlich relevante Belege zu liefern. Bei einer entsprechend großen Flotte müsste jedoch davon ausgegangen werden, dass das eine oder andere Schiff verloren ging - wo aber ist es dann geblieben? Eine Übersicht der maritimen Entwicklung im chinesischen/südostasiatischen Raum findet sich hier:
Chronology of Asian maritime history
5.) Es gibt einige Schätzungen zur Größe der Schiffe, u. a. aufgrund eines gefundenen Achterstevens nahe Nanking (
[/FONT] [FONT=Arial, sans-serif]Scheuring, Hans Lothar 1987: Die Drachenfluß-Werft von Nanking. Das Lung-chiang ch'uan-ch'ang chih, eine Ming-zeitliche Quelle zur Geschichte des chinesischen Schiffbaus, Haag + Herchen. [/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]ISBN 389228136X)[/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]6.) Die von anderen genannte Quelle / Diskussion über die Schiffsgröße müsste über jede gewöhnliche Universitätsbibliothek u.a. per Fernleihe zu bestellen sein. Hier in Mannheim gehört sie (leider) zum Präsenzbestand (zu finden in: [/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]Salmon, Claudine und Ptak, Roderich [Hrsg.] 2005: Zheng He : images & perceptions. (South China and maritime Asia ; Vol. 15)[/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]ISBN 3-447-05114-0)[/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]7.) Quellen zur Schiffahrt in Südostasien (Auswahl):
[/FONT]

[FONT=Arial, sans-serif]Shaffer, Lynda N. 1996: Maritime Southeast Asia to 1500. Armonk, New York: M. E. Sharpe.[/FONT]

[FONT=Arial, sans-serif]Ptak, Roderich 1998: China and the Asian seas : trade, travel, and visions of the other (1400-1750). Aldershot ; Brookfield, USA : Ashgate. [/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]ISBN: 0860787753
[/FONT]

[FONT=Arial, sans-serif]Ptak, Roderich 2007: Die maritime Seidenstraße. Küstenräume, Seefahrt und Handel in vorkolonialer Zeit. München: C.H. Beck Verlag.[/FONT]

[FONT=Arial, sans-serif]Pearson, Michael 2003: The Indian Ocean. London: Routledge.[/FONT]

[FONT=Arial, sans-serif]Levathes, Louise 1996: When China ruled the seas: the treasure fleet of the Dragon Throne, 1405-1433. New York : Oxford University Press. [/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]ISBN: 0195112075[/FONT]

[FONT=Arial, sans-serif]Dreyer, Edward L. 2006: Zheng He : China and the oceans in the early Ming dynasty, 1405-1433. New York : Pearson Longman.[/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]ISBN: 0321084438
[/FONT]

[FONT=Arial, sans-serif]Chaudhuri, K. N. 1985: Trade and Cilizition in the Indian Ocean: An Economic History from the Rise of Islam to 1750. Cambridge: Cambridge University Press.[/FONT]

[FONT=Arial, sans-serif]Needham, Joseph 1971: Science and Civilization in China, Civil Engineering and Nautics, vol. 4, pt. 3. Cambridge: Cambridge University Press.[/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]8.) Größendiskussionen können amüsant sein - frei nach dem Motto: je größer der Pott, desto besser schwimmt er. Der Laie übersieht dabei, dass es für die Durchführung maritimer Expeditionen viel entscheidendere Kriterien gibt: Kann das Schiff gegen den Wind segeln bzw. hart am Wind? (Nur möglich mit Lateiner-Segeln oder ähnlicher Takelung, insb. relevant für Segel-Schiffahrt jenseits des Monsun-Gürtels). Wie schnell kann das Schiff segeln? (Schließlich möchte man doch ans Ziel kommen, ohne vorher zu verhungern) etc.
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[FONT=Arial, sans-serif]
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[FONT=Arial, sans-serif]Soweit zum Thema "historischer Penisvergleich" ;-). Wer auch immer den / das Größte hatte - es war rein größenmäßig ersteinmal zu wenig nütze.
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