Schlacht um Moskau

Silesia schrieb:
Diese Informationen sind nur kurz zuvor (vor dem 22.6.41) erfolgt. Die zur generalstabmäßigen Zusammenarbeit erforderlichen Verbindungsoffiziere wurden erst ab Mai überhaupt gestellt.

Ja. Das Dritte Reich hatte sowieso eine komische Politik gegenüber seinen Verbündeten. Trotzdem finde ich es fast unglaublich, dass manche Staaten, die mit Truppenkontigenten eingeplant waren, erst wenige Wochen vorher von dem geplanten Angriff in Kenntnis gesetzt wurden (bei Kroatien z.B. gerade mal 14 Tage, wenn ich recht erinnere).

Silesia schrieb:
Man muss aber erwähnen, das der Vollzug der Kesselschlacht nacheinander eine schnelle Überquerung von Pruth und Dnjestr mit Panzerkräften erfordert hätte.

Eben, auch das verwundert mich, die Schwäche des Südflügels bei Barbarossa. Es gab ja südlich der Karpaten keine einzige deutsche Panzer-Division. Demgegenüber war die Heeresgruppe Nord mit einem wesentlich kleineren geplanten Operationsgebiet übermäßig gut ausgestattet.

zu.2. Da würde mich interessieren, ob denn aus logistischer Sicht tatsächlich ein Halt der Heeresgruppe Mitte von zwei Monaten erforderlich war. Und, wie das sich mit den operativen Planungsentwurf, die Sowjetunion in einen einzigen und vor allem sehr schnellen Feldzug zu besiegen im Einklang bringen lässt?

Zum einen war es wohl so, dass im Raum Smolensk Schukow zum ersten Mal eine erfolgreiche Abwehrfront aufbauen konnte und die Heeresgruppe Mitte ihre ersten sehr harten Kämpfe erlebte. Diese zogen sich bis in den August hinein. Bis dahin war die Entscheidung bereits gefallen, die Panzergruppe Guderian zwischenzeitlich nach Süden umschwenken zu lassen. Diese Entscheidung war innerhalb des Heeres nicht unumstritten; viele Generale meinten, es wäre vernünftiger gewesen, gleich auf Moskau zu stossen. Andererseits war die Belastung bei der Heeresgruppe Süd sehr stark, weil der Feind quantitativ weit überlegen war. Diese Gruppe musste bereits von Anfang an sehr schwere Kämpfe bestreiten. So kam es im Raum Lemberg in den ersten Tagen nach dem Überfall zu einer - heute weitgehend vergessenen - Panzerschlacht, die möglicherweise die größte vor Kursk war. Der Südflügel hing also im August 1941 eindeutig gegenüber den anderen Heeresgruppen hinterher; bezeichnenderweise erfolgten hier die großen Raumgewinne erst nach der Schlacht bei Kiew, im Oktober und November 1941.
Ich denke nicht, dass während der Schlacht bei Kiew auch gleichzeitig die Offensive auf Moskau hätte aufgenommen werden können. Für die schwierige Umfassungsoperation hätte im August 1941 nur eine Panzergruppe zur Verfügung gestanden; das war sicherlich zu wenig, wenn man bedenkt, dass die Armeen vor der Operation "Taifun" noch einmal umgruppiert wurden und die Panzergruppe 4 der Heeresgruppe Mitte überstellt wurde, so dass die Wehrmacht hier mit drei (allerdings zum Teil schon stark geschwächten) Panzerarmeen gegen Moskau angriff.
 
JZum einen war es wohl so, dass im Raum Smolensk Schukow zum ersten Mal eine erfolgreiche Abwehrfront aufbauen konnte und die Heeresgruppe Mitte ihre ersten sehr harten Kämpfe erlebte. Diese zogen sich bis in den August hinein. Bis dahin war die Entscheidung bereits gefallen, die Panzergruppe Guderian zwischenzeitlich nach Süden umschwenken zu lassen. Diese Entscheidung war innerhalb des Heeres nicht unumstritten; viele Generale meinten, es wäre vernünftiger gewesen, gleich auf Moskau zu stossen.

Und hier ist die Korrektur des ursprünglich Stalinschen Schwerpunktes "Süd" deutlich sichtbar. Mehr als ein Dutzend Divisionen wurden vom Südflügel abgezogen und bei Smolensk bzw. in der Schlüsselstellung der Landbrücke Düna-Dnjepr zwischen Witebsk-Smolensk versammelt. Zuzüglich der 2 strategischen Staffel in diesem Bereich zuzüglich der Reserven+Neuaufstellungen (zB. 1. Moskauer Schützendivision etc.). Halders Tagebuch spricht mehrfach in diesem Zeitraum Juli-August die russischen Kräftezentren an, auch die deutsche Führung hat dieses bemerkt.
 
@Ashigaru
Die Schlacht von Smolensk wurde am 05.August erfolgreich beendet. Guderian sollte, auf Befehl Hitlers, nun zur Heeresgruppe Süd eindrehen. Die Heeresgruppe Süd hatte nach Minsk und Bialystok auch dringend eine Verstärkung hinsichtlich Kiew, zweite Septemberhälfte 41, nötig. Das ist für mich aber eine rein militärisch motivierte Entscheidnung. Man kann trefflich darüber diskutieren, ob diese sinnvoll war. Es ist jedenfalls nicht erkennbar, dass das Stehnbleiben der Heeresgruppe Mitte bis zum 02.Oktober 41, Beginn der Operation Taifun, also fast 2 Monate, aus logistischen Gründen erfolgt sein soll.

@Silesia

Du schreibst:
Alle Planungen sahen vor, die Masse der Roten Armee vorwärts der Düna-Dnjepr-Linie vernichten zu können und ein Ausweichen hinter diese Linie zu verhindern.
Hitler war es, der das Einschließen in zu großen Operationsräumen skeptisch betrachtete (Warnung vor "zu großen Kesseln", keine lückenlose Einschließung möglich, der Streit ging bis in den Oktober 1941).


War in Planung tatsächlich eine so "große" Zeitspanne für die Logistik vorgesehen? Die Heeresgruppe Mitte war ja schon ein gutes Stück über die Dnepr-Düna Linie vorgedrungen.
Ein Stehenbleiben von der Heeresgruppe Mitt über einen Zeitraum von 2 Monaten ist doch irgendwie ein Widerspruch zum Feldzugsziel. Die Sowjetunion sollte noch vor Einbruch des Winters in einem einzigen Feldzug militärisch besiegt sein und das bedingt ein geradezu sehr schnelles Vorstoßen in Richtung Moskau.´


Die Planungen vom OKH und auch dem vom OKW sahen ein weiteres Vorstoßen in Richtung Moskau vor, bis Hitler am 21.08.41 entschied, das Guderian zur Heeresgruppe Süd stoßen sollte.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Thomas,

eine genaue Zeitspanne für das Stehenbleiben an der Linie ist mir aus der Planung nicht geläufig. Zwei Monate halte ich zu lang für die vorgesehene operative Pause.

Hinter der Linie wurde davon ausgegangen, dass die Versorgung im LKW-Pendeltransport laufen könne, da das Vortreiben/Umnageln der Eisenbahnlinien nicht mit dem Vormarsch Schritt halten könne. Die Nachschubtruppen hatten aber nur limitierte Transportkapazitäten. Die länge des Stopps müßte also im wesentlichen vom Vortreiben/Umnageln der Eisenbahnlinien planerisch abhängen.

Dazu kommt, dass man von erheblich größeren Beutemengen bei Eisenbahnkapazitäten ausgegangen war (Loks, Waggons). In der Realität waren später viele Kapazitäten vernichtet, ein Grossteil durch die Industrie-Abtransporte der SU in den Osten rechtzeitig entzogen worden. Auch dieser Plan ging nicht erwartungsgemäß auf. Gleiches betrifft den Brückenbau (und auch Bahnhöfe, Stellwewrke etc.), die Einheiten kamen kaum hinterher, wegen der umfangreichen Zerstörungen.

zusammengefaßt nach: Schüler, s.o.

Schließlich: insbesondere durch das Einklappen der Panzergruppe 2 nach Süden und der Wegnahme von Teilen der Panzergruppe 3 nach Norden (Vorstoß Leningrad) verlängerten sich die Laufwege der Panzereinheiten über jedes verkraftbare Mass hinaus. Wegen der Ausfälle trat Motorenmangel etc. auf. Schließlich waren die motorisierten Einheiten bunt gemischt, Transportmaterial aus den besetzten Ländern, eine "Europamischung". Allein die Teileliste der Heeresgruppe Mitte (Ersatzteile) für die Nachschublager umfasste ca. 1 Million Teilearten! Dieser Umstand erhöhte die logistischen Anforderungen gegenüber einer standardisiert ausgerüsteten Truppe, da die Bevorratungsmengen einfach im Verhältnis zu den Teilearten ansteigen (Basisbestände).
 
Hallo Thomas,
Schließlich: insbesondere durch das Einklappen der Panzergruppe 2 nach Süden und der Wegnahme von Teilen der Panzergruppe 3 nach Norden (Vorstoß Leningrad) verlängerten sich die Laufwege der Panzereinheiten über jedes verkraftbare Mass hinaus. Wegen der Ausfälle trat Motorenmangel etc. auf. Schließlich waren die motorisierten Einheiten bunt gemischt, Transportmaterial aus den besetzten Ländern, eine "Europamischung". Allein die Teileliste der Heeresgruppe Mitte (Ersatzteile) für die Nachschublager umfasste ca. 1 Million Teilearten! Dieser Umstand erhöhte die logistischen Anforderungen gegenüber einer standardisiert ausgerüsteten Truppe, da die Bevorratungsmengen einfach im Verhältnis zu den Teilearten ansteigen (Basisbestände).

OT: Der Teilestamm eines ordinären VW-Teilelagers geht mittlerweile auch in diese Größenordnung.

Vor vielen Jahren erzählte mir einer der es wissen musste:
Die letztlich entscheidenden Verluste an Panzern und überhaupt Motorfahrzeugen in den ersten Dezembertagen 1941 wären, wenn die primitivsten Kenntnisse über Motoren und ihr Verhalten bei Temperaturen unter -30 Grad Celsius beachtet worden wären, ohne weiteres vermeidbar gewesen. Ich möchte mit technischen Details nicht weiter langweilen, aber es ist nachvollziehbar.
Dies sei ein schweres Versäumnis des Generalstabs gewesen, wobei er ließ das Argument, "der Feldzug hätte vor Winterbeginn beendet sein sollen" nicht gelten, auch eine Besatzungstruppe hätte dieses Wissen benötigt.

Die Planung für den Ostfeldzug sei geprägt gewesen von einer beispiellosen arroganten Unterschätzung des Gegners. Wohl ausgehend von den Erfahrungen von 1914-17 oder gar den Freikorpskämpfen im Baltikum.
 
@Repo

OT: Der Teilestamm eines ordinären VW-Teilelagers geht mittlerweile auch in diese Größenordnung.
Vor vielen Jahren erzählte mir einer der es wissen musste:
Die letztlich entscheidenden Verluste an Panzern und überhaupt Motorfahrzeugen in den ersten Dezembertagen 1941 wären, wenn die primitivsten Kenntnisse über Motoren und ihr Verhalten bei Temperaturen unter -30 Grad Celsius beachtet worden wären, ohne weiteres vermeidbar gewesen. Ich möchte mit technischen Details nicht weiter langweilen, aber es ist nachvollziehbar.
Dies sei ein schweres Versäumnis des Generalstabs gewesen, wobei er ließ das Argument, "der Feldzug hätte vor Winterbeginn beendet sein sollen" nicht gelten, auch eine Besatzungstruppe hätte dieses Wissen benötigt.
Die Planung für den Ostfeldzug sei geprägt gewesen von einer beispiellosen arroganten Unterschätzung des Gegners. Wohl ausgehend von den Erfahrungen von 1914-17 oder gar den Freikorpskämpfen im Baltikum.
In der Tat schätzte man die stärke des Gegners falsch ein. Auch überschätzte man seine eigenen Möglichkeiten. Schon auf dem Polenfeldzug wurde klar, dass die deutschen Panzermodelle nicht mehr die besten waren. Zudem waren die deutschen Modelle im Vergleich zu den russischen Kompliziert entworfen, was sich negativ auf die Produktionsdauer auswirkte. Dennoch würde ich sagen, dass die einzige Chance, die Sowjetunion zu besiegen, in einem Blitzkrieg bestand, indem man den Überraschungseffekt ausnutzend so schnell wie möglich vorgestoßen und den Feind quasi überrumpelt hätte, bevor dieser seine massiv überlegenen Reserven - die er auch rücksichtslos auch gegen eigene Truppen einsetzte - ausnutzen konnte.
 
Repo schrieb:
Die letztlich entscheidenden Verluste an Panzern und überhaupt Motorfahrzeugen in den ersten Dezembertagen 1941 wären, wenn die primitivsten Kenntnisse über Motoren und ihr Verhalten bei Temperaturen unter -30 Grad Celsius beachtet worden wären, ohne weiteres vermeidbar gewesen

Das mag in der letzten Phase der Schlacht eine Rolle gespielt haben. Ich habe aber oft gelesen, dass die Sollstärken, was das Material betrifft, schon zu Beginn der Operatin "Taifun" nur noch bei 50 - 70 Prozent lagen. Die Schlammphase und der Winter taten ihr übriges dazu - am Ende lagen die Einheiten der Wehrmacht auf dem Weg nach Moskau sogar unter der durchschnittlichen Marschleistung der napoleonischen Truppen.
 
Das mag in der letzten Phase der Schlacht eine Rolle gespielt haben. Ich habe aber oft gelesen, dass die Sollstärken, was das Material betrifft, schon zu Beginn der Operatin "Taifun" nur noch bei 50 - 70 Prozent lagen. Die Schlammphase und der Winter taten ihr übriges dazu - am Ende lagen die Einheiten der Wehrmacht auf dem Weg nach Moskau sogar unter der durchschnittlichen Marschleistung der napoleonischen Truppen.

Die Russen hatten mit den Sollstärken aber das selbe Problem.

Die MG´s der Deutschen haben nicht mehr geschossen, und die Fahrzeuge und Panzer der Deutschen sind nicht mehr gelaufen. Maßnahmen die bei -20 Grad Celsius ohne weiteres für Abhilfe sorgen, führen bei 30-40-50 Grad minus zu kapitalen Motorschäden. Die Russen sind aber gefahren! Nach ein paar Tagen wussten die Deutschen von gefangen genommenen Russen, was man in so einem Fall macht, eigentlich profan, aber was futsch war, war eben futsch unersetzlich in diesem Moment.

Das sind Sachen, deren rechtzeitige Lösung Aufgaben der Führung sind. Die war aber geprägt vom relativ leichten Sieg 14-17 und vermutlich noch mehr von den Freikorpskämpfen im Baltikum 1919. Als die Rote Armee als reine Bürgerkriegsarmee leicht von wenigen Berufskriegern und "Landsknechten" besiegt wurde. Ich würde die Analyse des Winterkriegs gar nicht so wichtig einschätzen, ich denke des Rätsels Lösung ist eher dort zu finden.
 
Hallo,

ob die direkt geplante Vernichtung beider Städte (für Moskau war ein großer See vorgesehen) mit einem Ernährungsproblem zu tun hat, würde ich als fraglich ansehen. Schließlich wurden solche Sorgen auch nicht hinsichtlich der mehrere zehn Millionen umfassenden Bevölkerung in den übrigen Städten der 1941 besetzten Gebiete geäußert.

Ich sage nicht die geplante Vernichtung beider Metropolen sei das Ergebnis abzusehender Versorgungsprobleme, sondern sie wurde damit argumentativ untermauert und spiegelten sich in den entsprechenden Vorbereitungen wieder! Die Argumentation Hitlers gegenüber den Truppenführern während des Feldzuges jedenfalls kreiste überdeutlich oft um das Versorgungsproblem! Ich sehe darin zwei Seiten der gleichen Medallie und empfehle die Beleuchtung der Versorgungslage für die Wehrmacht in Bernd Wagners Sammelband. Hier wird auf einige Fakten eingegangen, die ich aus der Erinnerung anspreche:

1.) Für die Versorgung von Armeen auch im 2.Weltkrieg war man weiterhin ganz wesentlich auf die Eisenbahn angewiesen. Die unterschiedliche Spurbreite des europäischen- gegenüber dem sowjetischen Eisenbahnnetz musste die Probleme des weitmaschigen Streckennetzes noch vergrößern. Von Anfang an war klar, dass allein mit der Kapazität dieses Eisenbahnnetzes der geplante schnelle Vernichtugsfeldzug nicht zu erreichen war.
Dabei war Schnelligkeit der einzige Schlüssel zum Erfolg, da nur so die UdSSR an der vollen Entfaltung ihres weit überlegenen Potentials gehindert werden konnte. Die potentielle Quantitative Überlegenheit der UdSSR gegenüber dem Reich war allen planenden Stellen, sowohl auf der politischen, wie auf der militärischen Ebene klar!

2.) Zur Erweiterung dieses unzureichenden Eisenbahnsystems musste von Anfang an die Versorgung durch motorisierte Nachschubkolonnen eine bedeutende Rolle einnehmen. Dabei ist aber bekannt dass die Wehrmacht niemals ihr Nachschubsystem auf motorisierte Kolonnen umstellen konnte. Sie nutzte Überwiegend bespannte Kolonnen. Die Motorisierung wurde immer Schwerpunktmäßig betrieben: Sprich die "Schnellen Verbände" wurden bevorzugt mit Kraftfahrzeugen versorgt, auf Kosten der Nachschubkolonnen.
Auch die Infanteriedivisionen hatten niemals mehr als 30-50 % ihres Fahrzeugparks per Etat motorisiert - und das auch nur rechnerisch. Die Westalliierten dagegen hatten zumindest im Falle von England und den USA schon frühzeitig ihren Nachschub motorisiert, sie begannen die Motorisierung der Truppe sozusagen "von Hinten"!

3.) Aus den oben genannten Punkten zeigt sich das die Versorgungsprobleme umso größer werden mussten, je länger die Kämpfe dauerten und je tiefer ins Feindesland hinein sich der eigentliche, militärisch geführte Feldzug fortbewegen würde. Zwar sind das Binsenweisheiten, doch wurde von Seiten der Logistik von Anfang an darauf hingewiesen, dass dieser Radius in Russland besonders begrenzt sei. Schon wegen der schlechten Qualität der dortigen Straßen, die nur während eines trockenen Sommers eine ausreichende Belastbarkeit vorweisen würden, war eine ausreichende Versorgung über weite Strecken schlecht möglich. Das bedeutet, dass schon eine verschlechterte Witterung, ganz ohne Feindeinwirkung die Versorgungskapazitäten deutlich einschränken würden. Es wurde alles unternommen, den Fahrzeugpark der Wehrmacht so stark als irgend möglich aufzustocken um diesen Aufgaben so weit als Möglich gewachsen zu sein. Zu diesem Zwecke zeigte man keine Scheu jedes irgendwie brauchbare KFZ für die Operationen bereitzustellen. Dafür wurde Requiriert, besonders in Westeuropa und alle Arten von Beutefahrzeugen dem Militär dienstbar gemacht. Die Folge war eine unbeherrschbare Typenvielfalt bei der Truppe, wobei die wenig geeigneten Zivilfahrzeuge während des Feldzuges den Anforderungen niemals gewachsen waren. Selbst deutsche Generäle sprachen davon ihre motorisierten Kolonnen seinen „ein Wanderzirkus“ oder „eine Musterkolonne“.

Fazit:
Es war relativ unproblematisch die Truppe im grenznahen Bereich zu versorgen, während sie später zunehmend auf Improvisisationen angewiesen war, inklusive dem Rückgriff auf lokale Versorgung. Da Leningrad und Moskau am Ende der geplanten Vormarschstrecke lagen, musste hier der zu erwartende Engpass am größten sein!
Der Überfall auf die UdSSR erfolgte im Hochsommer 1941 und sollte etwa zur Zeit der Ernte im Wesentlichen beendet sein. Die Anlage von "Barbarossa" war in hohem Maße ausgelegt darauf dem Reich einen wirtschaftlich autarken, blockadefreien "Festlandsblock" gegen die westlichen Seemächte zu gewinnen: Anders formuliert war es ein geplanter Raubzug, der zukünftige Versorgungsengpässe im zu erwartenden längeren Krieg mit den Westmächten verhindern sollte. Die Nazis planten Beute im Osten, wobei die Beute umso größer ausfallen musste, je weniger Rücklauf an Erträgen in das eroberte Land notwendig ist. Die ideologisch vorbelasteten Metropolen Leningrad und Moskau jedenfalls waren schon immer Konsumenten der in Russland anfallenden Erträge gewesen. Umso mehr, als Hitler ideologisch an ‚nichtdeutschen’ Industriezentren im zu erobernden Ostland keinerlei Interesse hatte! Die von mir im Vorpost aufgezeigten, überwiegend militärisch/ökonomischen Probleme der Wehrmacht mit den beiden Metropolen passten ideal ins ideologische Gesamtkonzept der Nationalsozialisten und wirkten enthemmend auf die engere Kriegsführung ein. Nun war es nicht mehr nur ideologisch wünschenswert die Metropolen Leningrad und Moskau zu zerstören und die Bevölkerung zu dezimieren, sondern aus versorgungstechnischen Gründen sogar in den Bereich militärischer Notwendigkeit gerückt.

Differenz zwischen Vorkriegsplanung und tatsächlichem Ablauf:
Die Logistik der deutschen Wehrmacht erlaubte eine ausreichende Versorgung über die Linie Düna-Dnjepr hinaus nicht. Die militärische Entscheidung musste also westlich dieser Linie gesucht werden. Alle weiteren Planungen über diese Linie hinaus trugen die Kennzeichen des Vorläufigen und Unklaren weil man die Situation nicht voraussehen konnte. Im Idealfall ging man östlich dieser Linie in den Vorkriegsplanungen nur noch von untergeordneten Operationen aus, wobei ich meine auch einmal dafür den Ausdruck „Polizeiaktionen“ gelesen zu haben. Aus militärischer Sicht war klar, dass im Falle weiterer, wirklicher militärischer Operationen östlich der Linie Düna-Dnjepr dort eine Erholungspause eingelegt werden musste, was dann auch zum September 1941 wirklich geschah.
Die nicht erfolgte Bereitstellung von Winterbedarf für Mensch, Vieh und Material konnte aus all diesen Gründen überhaupt nicht erfolgen, weil die Logistik der Wehrmacht bereits mit einem Sommerfeldzug östlich der genannten Linie völlig überfordert war, was auch von Anfang an feststand! Bildlich gesprochen beruhte die Planung für Barbarossa einzig und allein auf der Annahme, das der einzige Schuß den die Wehrmacht abfeuern konnte den Gegner auch vernichten müsse, weil ein Nachladen sowieso nicht möglich war! Für die anvisierten Polizeiaktionen im weiteren europäischen Russland, nach den entscheidenden Grenzschlachten, sollte die geplante Kapazität der Logistik ausreichen. Für diese Truppen wurde auch Winterausrüstung in Polen und anderswo bereitgestellt. Das längst überlastete Versorgungssystem der Wehrmacht war schon längst nicht mehr in der Lage den dringendsten Bedarf an Nachschub für die laufenden Operationen: Sprich Munition, Treibstoff, Essen & Futter zu liefern. An eine Auslieferung von Ersatzteilen, Lieferung von ausgefallenem Kriegsmaterial oder gar Winterausrüstung war gar nicht mehr zu denken! Bei Guderian ist gut nachzulesen, wie sich seine Panzergruppe während des Marsches auf Moskau mit requirierten Pferdegespannen eine gewisse Bewegungsfreiheit wiedergewinnen wollte. Die vom OKH als Begründung für die Einleitung von ‚Taifun’ angegebene Motivation für die Soldaten für ein großes Ziel (Moskau) impliziert für mich auch die Idee dass die Truppe sich ihre eigenen, warmen Winterquartiere erkämpfen sollten und eine gewisse Hoffnung vorherrschte benötigtes Material im Lande selbst erobern zu können.

Bei den irrealen Planungsgrundlagen im militärischen Oberkommando spielten solche Überlegungen Anfangs gar keine Rolle, weil die Vorkriegsplanung die Eroberung beider Metropolen nach dem eigentlichen militärischen Sieg im Felde angepeilt worden war. Die entscheidenden Feldschlachten waren in dem Raum weit westlich von Moskau vorgesehen worden, ja kaum weiter östlich als etwa Smolensk, wo man schließlich bis September 1941 einen Zwischenhalt einlegen musste, ehe die Truppen gemäß Hitlers Entscheidung nach Süden in die Ukraine abschwenkten, wo der russische Widerstand bislang äußerst Erfolgreich gewesen war.
Aus dieser Warte heraus waren schon der Zwang die Kesselschlacht von Kiew zu eröffnen und anschließend die Wiederaufnahme der Operationen in Richtung auf Moskau mit dem Unternehmen Taifun deutliche Zeichen für das Scheitern der Vorkriegsplanungen! Einzig die über alle Erwartungen großen Verluste der UdSSR in all diesen Kesselschlachten nährte die Hoffung in den Führungsstäben das angestrebte Ziel einer entscheidenden militärischen Schwächung des Gegners vor Eintritt des Winters doch noch zu erreichen! Trotz aller Erfolge mussten die Truppenführer erkennen, dass die Widerstandskraft der UdSSR bei Weitem nicht erlahmt war. Die schnellen Anfangserfolge der Wehrmacht hatten die russische Öffentlichkeit im Landesinneren keinesfalls panisch gemacht. Panik war in Moskau erst während des Unternehmens Taifun für einige wenige Tage zu spüren. Alle anderen ‚Auflösungserscheinungen’ in der russischen Gesellschaft waren nur auf das Frontgebiet und wenig darüber hinaus zu registrieren, blieben also regional begrenzt, was das Wort vom ‚Koloss auf tönernen Füßen’ Lügen strafte.


@Repo:
Die gesunkenen Sollstärken bei Fronteinheiten waren für die Wehrmacht ein größeres Problem als für die Rote Armee. Im Vorfeld der großen Metropolen schickten die Russen zusätzlich für ihre angeschlagenen Fronttruppen noch bewaffnete, wenn auch militärisch wenig effektive Arbeitermilizen in den Kampf, was zumindest eine bessere Kontrolle des Raumes ermöglichte und die Deutschen zu Umwegen zwingen sollten (die sie aus logistischer Sicht nicht machen konnten). Die beiderseitigen Verluste stiegen auf diese Weise besonders stark an.
Gleichzeitig begannen die Sowjets aber schon während der Schlacht um Moskau strategische Reserven für den Gegenschlag zu bilden, deren Kern die Divisionen der Fernostarmee (Sibirier) stellten. Hätten die Deutschen schnellere und größere Erfolge erzielt, wäre Shukov gezwungen gewesen vorzeitig auf diese Reserven in größerem Maßstab zurückzugreifen. Solche Optionen hatte die Wehrmacht längst nicht mehr. Shukov opferte bewusst (wie später in Stalingrad) angeschlagene Truppen und das Kanonenfutter der Milizen um intakte Verbände für den Gegenschlag zu erhalten. Die Wehrmacht dagegen verlor jede Chance für eine Kampfart in der sie dem Gegner weit überlegen war: Nämlich die Fähigkeit zu taktisch schnellem Operieren, weitläufigen Umgehungen und schneller Schwerpunktbildung was ihr deutlich erfahreneres Offizierskorps und die Mannschaften seit Jahren gelernt hatten und in den bisherigen Kriegen zu teil unerwartet geringen Verlusten geführt hatte.

PS: Ich bin sehr angetan von der hier entstandenen, vielseitigen und Kompetenten Diskussion über die damaligen Vorgänge. Weiter so!
 
Ich sage nicht die


@Repo:
Die gesunkenen Sollstärken bei Fronteinheiten waren für die Wehrmacht ein größeres Problem als für die Rote Armee. Im Vorfeld der großen Metropolen schickten die Russen zusätzlich für ihre angeschlagenen Fronttruppen noch bewaffnete, wenn auch militärisch wenig effektive Arbeitermilizen in den Kampf, was zumindest eine bessere Kontrolle des Raumes ermöglichte und die Deutschen zu Umwegen zwingen sollten (die sie aus logistischer Sicht nicht machen konnten). Die beiderseitigen Verluste stiegen auf diese Weise besonders stark an.
Gleichzeitig begannen die Sowjets aber schon während der Schlacht um Moskau strategische Reserven für den Gegenschlag zu bilden, deren Kern die Divisionen der Fernostarmee (Sibirier) stellten. Hätten die Deutschen schnellere und größere Erfolge erzielt, wäre Shukov gezwungen gewesen vorzeitig auf diese Reserven in größerem Maßstab zurückzugreifen. Solche Optionen hatte die Wehrmacht längst nicht mehr. Shukov opferte bewusst (wie später in Stalingrad) angeschlagene Truppen und das Kanonenfutter der Milizen um intakte Verbände für den Gegenschlag zu erhalten. Die Wehrmacht dagegen verlor jede Chance für eine Kampfart in der sie dem Gegner weit überlegen war: Nämlich die Fähigkeit zu taktisch schnellem Operieren, weitläufigen Umgehungen und schneller Schwerpunktbildung was ihr deutlich erfahreneres Offizierskorps und die Mannschaften seit Jahren gelernt hatten und in den bisherigen Kriegen zu teil unerwartet geringen Verlusten geführt hatte.

PS: Ich bin sehr angetan von der hier entstandenen, vielseitigen und Kompetenten Diskussion über die damaligen Vorgänge. Weiter so!


Zustimmung.
Beispiel 10. Panzerdivision. Dieser im bisherigen Russlandfeldzug recht erfolgreiche Verband verblutete bei Juchnow westlich Moskau im Kampf um Dörfer deren Namen keiner mehr kennt. Als sie dann abgelöst wurde war sie buchstäblich und in jeder Beziehung am Ende.
 
Ich sage nicht die geplante Vernichtung beider Metropolen sei das Ergebnis abzusehender Versorgungsprobleme, sondern sie wurde damit argumentativ untermauert und spiegelten sich in den entsprechenden Vorbereitungen wieder! Die Argumentation Hitlers gegenüber den Truppenführern während des Feldzuges jedenfalls kreiste überdeutlich oft um das Versorgungsproblem! Ich sehe darin zwei Seiten der gleichen Medallie und empfehle die Beleuchtung der Versorgungslage für die Wehrmacht in Bernd Wagners Sammelband. Hier wird auf einige Fakten eingegangen, die ich aus der Erinnerung anspreche:

Hallo tejason,

volle Zustimmung zu den von Dir beschriebenen logistischen Aspekten des Rußland-Feldzuges.

Bei dem oben genannten Punkt liegen wir, glaube ich, nicht weit auseinander. Dem OKH und mindestens den Heeresgruppen-Kommandierenden, wahrscheinlich auch den AOKs, den Einheiten darunter nur aus konkreter Mangellage waren die logistischen/versorgungsseitigen Probleme des Feldzuges klar. Dafür fanden auch in Vorbereitung zu viele Kriegs-Planspiele statt, als dass nicht der Führungsspitze aufgegangen sein könnte. Du hattest auch auf Wegners Sammelwerk verwiesen, in dem u.a. auch Schüler eine Kurzfassung seiner Diss. abgegeben hat.

Nun lag mein Fokus auf der Verknüpfung dieser Versorgungslage im Feldzugverlauf mit der Anweisung zur Vernichtung der beiden Städte und Auslöschung der Bevölkerung. Ich glaube nicht, dass Hitler für diesen Vernichtungsbefehl "gute Gründe", etwa die Versorgungslage gebraucht hat. Dieses ist in diesem Zeitpunkt der Verstrickung in die Massenmorde im rückwärtigen Heeresraum nicht mehr notwendig.
In dem Aspekt des Massenmordes war die Wehrmachtsführung im Rußlandfeldzug, ggü. den noch teilweise empörten, teilweise hartnäckig Widerstand leistenden Militärs im Polenfeldzug, auf erschreckende Weise abgestumpft. Z. B. Es gibt den Kommentar des späteren Widerständlers Hoepner, betreffend die gute Zusammenarbeit mit Einsatzgruppen, SD und Polizei im Bereich der Panzergruppe 4, einmal stellvertretend für andere genannt. Angrick hat dieses (Verbindung zum Massenmord, Kriegsverbrechen etc) für die 11. Armee und im Südabschnitt an vielen Stellen dokumentiert. Hürter hat die Darstellung der Kommandierenden 1941/42 an der Ostfront gegeben, und kommt zu dem Schluß, dass die ideologisch-politische Transformation hin zur Mittäterschaft bereits vollzogen war. In der Konsequenz wurden Anweisungen, die im Fall der beiden Großstädte auf einen millionenfachen Massenmord in engen lokalen und zeitlichen Grenzen ablaufen sollte und auch im Fall Leningrad ablief, einfach nur noch entgegen genommen (siehe Leeb in seinem Tagebuch, entsprechend Bock: keinerlei Aufregung über die Ziele). Die Tragweite muss den Adressaten völlig klar gewesen sein, und eine Begründung hierfür war zu diesem Zeitpunkt gegenüber der Wehrmachtsführung nicht mehr erforderlich (in Polen wurde noch, um die weiteren Entwicklungen störungsfrei ablaufen lassen zu können, die Militärverwaltung entmachtet)


Anderes Thema:
Die Fernostarmee, Truppenverschiebungen, Sorge und die Schlacht vor Moskau - eine Legende? Welche Bedeutung hatten tatsächliche die verschobenen Fernost-Truppen beim Abbremsen des deutschen Vormarsches und der russischen Gegenoffensive ab Dezember 1941?
 
Die nicht erfolgte Bereitstellung von Winterbedarf für Mensch, Vieh und Material konnte aus all diesen Gründen überhaupt nicht erfolgen, weil die Logistik der Wehrmacht bereits mit einem Sommerfeldzug östlich der genannten Linie völlig überfordert war, was auch von Anfang an feststand! !


Und trotzdem wurde am 02.Oktober "Taifun" begonnen; in der Nacht vom 06. auf dem 07.Oktober fiel dann auch promt der erste Schnee.Der blieb zwar noch nicht liegen, aber die Schlammperiode begann.. Am 07.Oktober erschien dann Brauchitsch bei der Heeresgruppe Mitte und man einigt sich auf eine Fortführung der Operationen in Richtung Moskau.

Am gleichen Tag verbot Hitler den OB der Heersgruppe Mitte eine eventuelle Kapitulation anzunehmen. Die Bevölkerung oder Parlamentäre der Roten Armeee sollen mit "Waffengewalt" an den Kampflienien abgewiesen werden.

Jodl meinte am 08.Oktober in einer Lagebesprechung im Führerhauptquartier, der sich abzeichnende Erfolg bei Wjasma und Brjansk im Hinterkopf, der Krieg sei nun endgültig gewonnen. Das wurde dann auch der Presse so mitgeteilt.

Das deutsche Ostheer hatte bis zu diesem Zeitpunkt schon Verlust von ca. 600.000 Mann.
 
Ich denke, dass Problem bei Taifun war auch, dass die Deutschen in den ersten zwei Wochen noch mal enorm rasch vorstießen und bald Klin und Kaluga, beide nicht mehr weit entfernt von Moskau, erreichten. Dies mag die Führung ein wenig blind gemacht haben. Wegen der Schlammperiode saßen die Verbände dann wiederum für drei bis vier Wochen fest, ehe es zu den letzten verzweifelten Angriffen ab Mitte November kam.
 
Ich denke, dass Problem bei Taifun war auch, dass die Deutschen in den ersten zwei Wochen noch mal enorm rasch vorstießen und bald Klin und Kaluga,

Ja, die beiden Kesselschlachten von Wjasma und Brjansk brachten noch einmal einen großen operativen Erfolg.

Dabei gelang es wegen des Vorstoßes auf Moskau und der einsetzenden Schlammperiode (kurz nach Abschluß der Kessel) nicht, diese Umfassungen lückenlos zu machen. In der Folge konnten zahlreiche Einheiten der RA entkommen bzw. bewegten sich in den nächsten Monaten der Winterschlachten hinter der deutschen Front, mit entsprechenden Problemen für die deutsche Führung. Daneben gab es eine geringe Neigung in den Kesseln, sich zu ergeben (es wurde gnadenlos weitergekämpft, einige deutsche Einheiten der Abschließung wurden bei Massenangriffen regelrecht überwalzt). dafür gibt es zwei Erklärungen:

- die patriotische von Shukow, dass die Soldaten bis zum letzten zur Verteidigung Moskaus gekämpft hätten, die Opferung dem Zeitgewinn gedacht war.
- die logische und wohl eher den Tatsachen entsprechende, dass das Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener in deutscher Hand inzwischen bekannt war und propagandistisch noch verstärkt worden ist. Das sog. Ausräumen der ohnehin nicht dichten Kessel dauerte Wochen, geprägt durch verzweifelte Ausbruchsversuche auch führerloser Massen (die sich bei Bialystock noch ergeben hatten).

Die Probleme mit diesen beiden Kesseln prägten dann auch das deutsche "Grundverhalten" in der Südoffensive 1942: nur nicht zu große, operativ beherrschbare Kessel entstehen zu lassen, das zieht sich durch die ganze Offensive: früh zumachen. In den kleinen war dann, vor allem wegen der geänderten Taktik der RA, nichts mehr oder wenig drin.

Zahlen und Bezeichnung kann man hier ordentlich ablesen:
die Kessel: http://rkka.ru/maps/moscow5.jpg
die Gegenoffensive: http://rkka.ru/maps/tv3.gif
 
Nun lag mein Fokus auf der Verknüpfung dieser Versorgungslage im Feldzugverlauf mit der Anweisung zur Vernichtung der beiden Städte und Auslöschung der Bevölkerung. Ich glaube nicht, dass Hitler für diesen Vernichtungsbefehl "gute Gründe", etwa die Versorgungslage gebraucht hat. Dieses ist in diesem Zeitpunkt der Verstrickung in die Massenmorde im rückwärtigen Heeresraum nicht mehr notwendig.

...ich denke wirklich das wir in der eigentlichen Beurteilung nicht weit auseinander liegen.
Für den Frontsoldaten waren solche Überlegungen auch nicht wichtig, er wollte überleben, was mit Scheitern der Moskau-Offensive immer schwieriger wurde. Man hatte keine Winterausrüstung und brauchte ein eigenes 'warmes Nest' um zu überleben. Man kämpfte während des Winterkrieges erbittert um Unterkünfte, nahm gefallenen Soldaten die Stiefel ab und schoss wo immer möglich die Unterkünfte des Feindes in Brand um selbst Ruhe zu haben, wenn man sie nicht selbst haben konnte.

Zwischen den Überlegungen der obersten Führung während Taifun und den geschilderten Vorgängen liegen nur wenige Wochen. Wäre denn die Versorgungslage der Truppe so entscheidend besser geworden wenn man Moskau - sagen wir im Dezember 1941 - doch noch erobert hätte? Sicher, warme Quartiere hätte man gehabt und die Aussicht bald wieder 'Zuhause' zu sein, so das sich innerhalb von wenigen Monaten(?) die Logistik beruhigt hätte.
Füge diesem Gedanken noch deine eigene Argumentation (Punkt 2) hinzu weshalb sich die Russen in den Kessln von Wjasma und Brjansk eben nicht mehr ergeben haben und dann addiere die viele hunderttausende Zivilisten der Metropole Moskau hinzu deren traditionelle Versorgung ebenfalls zusammen gebrochen wäre. Es braucht wenig Phantasie sich das Szenario auszumalen. Unter solchen Verhältnissen spielt Menschlichkeit oder Ideologie kaum noch eine Rolle, es war ein zeitweiliger Verlust aller Kultur. Mit der Eroberung Moskaus wäre es noch schlimmer geworden.
Auch in Deutschland hatte es bei der Zivilbevölkerung während des Krieges keine wirkliche Hungerzeit gegeben, solange die Bodenkämpfe nicht die Verhältnisse radikal veränderten. Der Hunger in einigen Teilen Deutschlands begann erst nach der Kapitulation.

Wie komme ich auf diese Worte? Mich bewegt die Aussage eines Moskau-Veteranen kurz vor seinem Tode. Der Mann war einfacher Soldat und kam erst kurz vor Ende der deutschen Offensive als frisch ausgebildeter Landser direkt von Frankreich an die Front. Er sprach von Kämpfen um die warmen Häuser nach Ende der Offensive, doch am meisten bewegte mich eine zeitlich wenig später spielende Episode:
Die Frontlinien hatten sich festgefahren. Dabei geriet die angelegte, vor Feindeinsicht sichere Latrine ins Niemandsland kurz vor der eigenen Linie. Um sein Geschäft zu verrichten ging er den kurzen Hoppser bis zur alten Latrine - in der Eile ohne Waffe. Er war erschrocken, als er dort in 3 russische Soldaten hineinlief und glaubte sein letztes Stündlein habe geschlagen. Doch er hatte Glück: Die bewaffneten Männer wollten sich ergeben! Erleichtert ging er mit den Gefangenen zurück zur Truppe. Sein Kommandant raunzte ihn an warum er die Männer nicht sofort erschossen habe, weil sie "uns das Brot wegfressen!"
Welche Verrohung? Zum Lohn für seine 'Heldentat' musste er persönlich die Gefangenen sofort kilometerweit nach Hinten zur 'Kompanie' und von dort gleich zum 'Bataillon' bringen, weil man überall das Gleiche dachte: Unnötige Esser, die gefälligst Anderen zur Last fallen sollen...
Dabei war der Erzähler Zeitlebens immer ein ruhiger, besonnener und umgänglicher Mensch der kaum einer Fliege etwas zuleide tun konnte. Die Wehrmacht war eine Armee von Wehrpflichtigen und setzte sich in der Regel aus normalen, einfachen Leuten wie du und ich zusammen. Die ungeheure Verrohung durch den Krieg ist eigentlich unfassbar! Der Erzähler begann sein Schweigen auch erst etwa ein Jahr vor seinem Tode zu brechen.

Zum Vergleich setze die vielen toten Landser auf den Gefangenenlagern der 'Rheinwiesen'. Die meisten schätzten sich Anfänglich Glücklich Gefangene der 'reichen' und exellent versorgten Amerikanischen Armee zu sein. Trotzdem verreckten dort unglaublich viele Gefangene in den überfüllten Lagern. Warum? Im Gegensatz zur faschistischen Eroberungspolitik mag ich mit gutem Grund nicht vom geplanten Tod sprechen. Das ginge an der Wahrheit vorbei. Aber die Logistik der US-Armee war mit den Hunderttausenden Gefangenen zu diesem Zeitpunkt einfach total überlastet, was durch unglaubliche hygienische Verhältnisse und völlig fehlende Unterkünfte noch potentiert wurde.
Ich sage das um zu zeigen welche Schwierigkeiten die Versorgung Hilfloser machen kann, selbst wenn man über ein intaktes eigenes Versorgungssystem verfügt UND den Willen hat die Grundversorgung zu sichern. Die Wehrmacht war im Herbst 1941 kaum noch in der Lage die eigene Truppe im vollen Umfang zu versorgen. Die Probleme wären unlösbar gewesen. Man umging sie, indem man den Tod von Kriegsgefangenen und Zivilisten billigend in Kauf nahm. Hier liegt das wahre Verbrechen der Politik und der hohen Generalität. - Vielleicht auch nur das wahre, ungeschminkte Gesicht des Krieges?
 
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Die Wehrmacht war im Herbst 1941 kaum noch in der Lage die eigene Truppe im vollen Umfang zu versorgen. Die Probleme wären unlösbar gewesen. Man umging sie, indem man den Tod von Kriegsgefangenen und Zivilisten billigend in Kauf nahm. Hier liegt das wahre Verbrechen der Politik und der hohen Generalität. - Vielleicht auch nur das wahre, ungeschminkte Gesicht des Krieges?

Mit dem Vorstehenden bin ich einverstanden, aber diesen Nachsatz bzw. diese Schlußfolgerung verstehe ich nicht. Moskau/Leningrad hat nichts mit "billigend in Kauf zu nehmen" zu tun. Das könnte sonst fälschlicherweise so verstanden werden, als hätte die Wehrmachtsführung die Befehle "achselzuckend" hingenommen, weil sowieso nicht mehr zu ändern war. Dem kann ich nicht zustimmen:

1. Die Vernichtungsbefehle für die beiden Städte steht in direktem Kontext zu weiteren Massenmorden, insbesondere der Einsatzgruppen, und des kalkulierten Massensterben in den sogenannten "Zuschussgebieten", insbesondere damit weiterer sowjetischer Städte. Aus der Situation im Sommer 1941 stellen sie sogar eine Eskalation der Ereignisse dar, hätten sie voll realisiert werden können. Man muss sich mal vor Augen halten, dass diese beiden (!) Befehle ein Äquivalent für den angeordneten Mord an 5-6 Millionen Menschen darstellen.

2. Der Vernichtungsbefehl für die beiden Städte ist zu keiner Zeit logistisch begründet worden. Zu keinem Zeitpunkt hat jemand dazu ernsthafte "logistische" Überlegungen angestellt. Und dieses, obwohl völkerrechtlich etwas platt ausgedrückt der "Besatzer" die "Verantwortung" für die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten innehat.

3. Er bedurfte auch seitens Hitler überhaupt keiner irgendwie konstruierten "Begründung" mehr gegenüber der Wehrmacht insofern, als sich die Wehrmachtsführung bereits auf die umfassende Ausführung und Hilfeleistung bei völkerrechtswidrigen Vorgaben und Kriegsverbrechen der Nazis eingelassen hatte (mit wenigen Ausnahmen). Die Verstrickung ergibt sich aus der bekannten Duldung und Hilfestellung beim Vernichtungskrieg in verschiedenen Bereichen.

P.S. Nebenbei erscheint mir wie Dir der Vergleich der Vorgaben betr. Moskau, Leningrad mit den Rheinwiesen unmöglich.

P.P.S.: Die angeordnete Vernichtung von Leningrad hatte möglicherweise zusätzlich den verbrecherischen Hintergrund, die Stadt den Finnen nach dem Sieg zu überlassen, und zukünftig die Nutzung auszuschließen. Soweit meine Deutung des Eintrages im KTB der SKL.
 
Ein Nachsatz:

Tagebuch Bock (HG Mitte), 12.10.1941: OKH hat für die Einschließung von Moskau eine Linie ins Auge gefaßt, die 45 km vom Stadtzentrum ab liegt. Danach der schlichte Satz: "Das Betreten von Moskau hat der Führer verboten".
Keine Bemerkung von Bock dazu.

Tagebuch Ritter von Leeb: 1.8.1941
"Nachmittags Weisung: Erstes Ziel Moskau, Leningrad ist nur abzuschließen."
Am 2.8. war Brauchitisch bei Leeb und bestätigte die Änderung, dass eine Abschließung von Leningrad erreicht werden soll. Am 2.9.1941 konkretisiert Leeb die Aussage noch weiter: "Bei Mga scheint der Gegner doch alles daran zu setzen. den dortigen Bahnhof und die Bahn wieder in Besitz zu bekommen. Diese Bahn (Anm: Leningrag-Moskau) und die nördlich davon liegende Straße sind die letzten Zufuhrmöglichkeiten von Osten her. Andererseits ist dieser Besitz auch für uns von größter Bedeutung, damit Leningrad tatsächlich von jeder Zufuhr abgeschnitten werden kann, so dass es letzten Endes durch Aushungerung zur Übergabe gezwungen wird.
 
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Mit dem Vorstehenden bin ich einverstanden, aber diesen Nachsatz bzw. diese Schlußfolgerung verstehe ich nicht. Moskau/Leningrad hat nichts mit "billigend in Kauf zu nehmen" zu tun. Das könnte sonst fälschlicherweise so verstanden werden, als hätte die Wehrmachtsführung die Befehle "achselzuckend" hingenommen, weil sowieso nicht mehr zu ändern war. Dem kann ich nicht zustimmen


Gut, ich muss mit meiner Auffassung noch klarer formulieren:
Jedem Generalstabsoffizier, der sich mit der Planung im Vorfeld von Babarossa beschäftigte, war der begrenzte Aktionsradius der Wehrmacht in den Weiten des russischen Raumes sehr gut bewusst. Die 'zusätzlichen' Schwierigkeiten über das mangelnde Straßensystem, das gänzlich inkompatible Schienennetz (das nur durch erheblichen Aufwand an Zeit, Material und Arbeitseinsatz voll nutzbar gemacht werden konnte) und den erheblichen Einfluß, den das Wetter auf die Operationen nehmen konnte waren den Planern ebenso klar.
Was jetzt? Bei einer Kriegführung nach Völkerrecht hätte man Hitler melden müssen: Sorry, das geht nicht. Unter keinen Umständen!

Indem man die Probleme, welche durch 'nichtoperative Begleiterscheinungen' auftreten konnten von Anfang an nicht mehr als Bestandteil der direkten militärischen Kriegführung ansah, erst dann wurde dieser Krieg planbar und so gab es auch die Chance zu geben ihn zu gewinnen. Bereitwillig überließ man den Mordbanden der SS, Sicherheitskräften, Polizei und was dergleichen sich noch um die 'Befriedung' der rückwärtigen Räume kümmern sollte vollständig das Feld und ignorierte es. Sofern der Feldzug nur schnell genug entschieden würde, hätte man ja wieder Kräfte frei sich darum zu kümmern. Um die Belange der Zivilbevölkerung, insbesondere der beiden Metropolen Moskau und Leningrad kümmerte man sich noch weniger - waren sie doch in der Ausgangsplanung erst nach der Entscheidung im Feldzug zu 'besetzen'. Die von dir genannten Vernichtungsbefehle regelten die Details und damit wurde der Feldzug planbar.
Die Vernichtungsbefehle Hitlers zermentierten diese Haltung noch zusätzlich und verbrieften sie in gewisser Weise, indem Hitler offensichtlich die Verantwortung für das Schicksal von Millionen Menschen übernahm und in den Rang von (politischen?) Kriegszielen erhob.

Indem die Generalität so plante und handelte, wie sie es mit der Ausarbeitung von Babarossa tat, musste ihr klar sein das ein Erfolg nur um den Preis von Vernichtungsbefehlen möglich war. Der alte preußische Grundsatz, dass sich das Militär gefälligst nicht um Politik zu kümmern habe und nur einschreiten müsse wenn es gerufen werde, mag geholfen habe diesen Aspekt zu ignorieren.
Durch den tatsächlichen Verlauf der Operationen sah man einen potentiellen Konflikt zwischen Ablauf des Feldzuges und der geplanten Vernichtung. Die Metropolen ließen sich eben nicht einfach so auslöschen nachdem die militärischen Operationen abgeschlossen waren. Da kamen die Planer und Kommandeure nun ins Schwitzen.

Von der obersten Führung her wurden sie daher beruhigt, etwa indem Leningrad durch Aushungern gleichzeitig militärisch, wie 'Säuberungstechnisch' (sorry für das Wort) in einem Aufwasch als Problem ausgeschaltet werden sollte. Ich bin überrascht, wie wortkarg solche eindeutig verbrecherischen Befehle in sonst häufig schwatzhaften offiziellen KTB (Kriegstagebücher) notiert werden, ohne sie zu kommentieren. Betroffenhein? Sprachlosigkeit? Selbstverständliche Zustimmung? Alles Spekulation!!

Die im Hinterkopf hoffentlich wenigstens um die Moral der einfachen Landser besorgten Führungsstäbe konnten damit gut leben. Schwieriger gestaltete es sich, als vor Moskau die Versorgungskrise mit voller Wucht eintrat und die auf Umfassung angelegte Operation (Frontbeulen von Tula bis Knin) in dieser Breite immer schwieriger wurde. Der Vormarsch verengte sich zusehens. Das Scheitern der Offensive machte dann alle Überlegungen obsolet und man hatte genug damit zu tun die eigene Kampfkraft zu erhalten. Schließlich kämpfte man während der sowjetischen Gegenoffensive nicht mehr um den Sieg, sondern gegen die totale Vernichtung der Truppe! Damit war das Thema erst einmal vom Tisch.

besser verständlich jetzt? :red:
 
Besser verständlich ja,
aber Deine Verknüpfung von logistischen Überlegungen (schon bei der Feldzugplanung) und dem realisierten Vernichtungsfeldzug sehe ich als unhaltbar an, aber wir müssen da wohl nicht auf einen Nenner kommen. Ich formuliere einmal meinen gegensätzlichen Standpunkt:

Jedem Generalstabsoffizier, der sich mit der Planung im Vorfeld von Babarossa beschäftigte, war der begrenzte Aktionsradius der Wehrmacht in den Weiten des russischen Raumes sehr gut bewusst. Die 'zusätzlichen' Schwierigkeiten über das mangelnde Straßensystem, das gänzlich inkompatible Schienennetz (das nur durch erheblichen Aufwand an Zeit, Material und Arbeitseinsatz voll nutzbar gemacht werden konnte) und den erheblichen Einfluß, den das Wetter auf die Operationen nehmen konnte waren den Planern ebenso klar.
Was jetzt? Bei einer Kriegführung nach Völkerrecht hätte man Hitler melden müssen: Sorry, das geht nicht. Unter keinen Umständen!
Wieso: melden müssen? Sicher wurde der begrenzter Aktionsradius gesehen, an der Lösbarkeit der Aufgabe (Schlagen der Roten Armee) hatte man jedoch keinen Zweifel. Das hatte zahlreiche Gründe, die man auch außerhalb eines konkludent geplanten Vernichtungsfeldzuges (Beispiele siehe Schüler, der im übrigen detailliert die Planung der -als lösbar angesehen- logistischen Probleme schon im Marcks-Konzept darstellt) finden kann. Der simpelste Grund ist zB derjenige, das bestimmte Basisannahmen schlicht falsch waren. (wenn du hier nun eine Strategie für Fehler unterstellen willst, wäre ich auf Belege gespannt)

Indem man die Probleme, welche durch 'nichtoperative Begleiterscheinungen' auftreten konnten von Anfang an nicht mehr als Bestandteil der direkten militärischen Kriegführung ansah,
Falls das auf die Logistik anspielt, wäre es nicht durch die Quellen der Planstudien gedeckt. Die beinhalten diese Probleme plus Lösungsvorschläge (auf welche Planungsphase bezieht sich das, wer ist „man“?)

erst dann wurde dieser Krieg planbar und so gab es auch die Chance zu geben ihn zu gewinnen. Bereitwillig überließ man den Mordbanden der SS, Sicherheitskräften, Polizei und was dergleichen sich noch um die 'Befriedung' der rückwärtigen Räume kümmern sollte vollständig das Feld und ignorierte es. Sofern der Feldzug nur schnell genug entschieden würde, hätte man ja wieder Kräfte frei sich darum zu kümmern.
Das sehe ich genauso, aber was soll daraus folgen: Dass etwa der Vernichtungsgedanke als objektiver Faktor der Planung immanent gewesen sein muss, weil die Planung objektiv gesehen scheitern musste und realiter gescheitert ist? Das hieße wiederum, die Ursachen der Planungsfehler zu ignorieren und würde die von vielen konstatierte Hybris der Planenden durch die Weisheit des Historikers ersetzten, der natürlich ex post immer schlauer ist.
Wo sind Belege dafür, dass die Planung die Durchführbarkeit mit dem Vernichtungsgedanken kombinierte, um zu einer Lösung des Planungsproblems zu gelangen? Die Quellenlage ist dem entgegen gerichtet, wie die Vielzahl von logistischen Überlegungen des zwei- bis dreizügig angelegten Feldzuges zeigt.
Wie Du richtig schreibst, haben die Vernichtungsbefehle von Moskau und Leningrad nichts mit der Feldzugsplanung zu tun. Beschäftigt man sich etwas tiefer mit dem operativen Ansatz der Heeresgruppen Nord und Mitte, kamen die Anweisungen unerwartet. Am 22.6.41, schon gar nicht im Zuge der Kriegspiele Anfang 1941 oder bei der Planung 1940, war von einer Einschließung und Vernichtung der großen Städte ausgegangen worden. Zwei Beispiele: der Ansatz der HG Nord bezog bis Ende Juli 1941 die Möglichkeit ein, Leningrad im Handstreich zu nehmen. Zweites Beispiel: Die Situation der HG Süd bis zum 12.7.41 bezog die Möglichkeit ein, Kiew im Handstreich zu nehmen. Über Moskau wurden bis dato überhaupt keine Gedanken in dieser Richtung angestellt.

Die von dir genannten Vernichtungsbefehle regelten die Details und damit wurde der Feldzug planbar. Die Vernichtungsbefehle Hitlers zermentierten diese Haltung noch zusätzlich und verbrieften sie in gewisser Weise
Die Aussage, was planbar gewesen sei, ist wieder die ex post-Sicht. Die Vernichtungsbefehle regeln keinesfalls die Details, sondern sind kausal für die erst dann einsetzende operative Planung, die auf die Vernichtung der Städte zielte. Da die Vernichtung weder konkludent der Planung zu entnehmen ist, noch als Grundgedanke enthalten ist, kann hier auch nichts zementiert werden.

Indem die Generalität so plante und handelte, wie sie es mit der Ausarbeitung von Babarossa tat, musste ihr klar sein das ein Erfolg nur um den Preis von Vernichtungsbefehlen möglich war.
Durch den tatsächlichen Verlauf der Operationen sah man einen potentiellen Konflikt zwischen Ablauf des Feldzuges und der geplanten Vernichtung. …Da kamen die Planer und Kommandeure nun ins Schwitzen.
Das ist mir ebenfalls zu unbestimmt. Wer ist angesprochen, wer „sah und schwitzte“ und wem „musste klar sein“?
Solche Schlussfolgerungen werden durch die Logistikplanung BARBAROSSA, auch wenn sie falsch war, nicht gedeckt. Einige kurze Hinweise/Beispiele zur Realisierbarkeit des Feldzuges aus dieser Planung:
1. Der Kenntnisstand über das Eisenbahnnetz wurde auf Basis des 1. Weltkrieges und der russischen Feldzugbeschreibung 1920/21 eingeschätzt.
2. die ersten Planungsgedanken Halders unterstellten für die weit ausholenden Operationen eine Qualität ähnlich des westeuropäischen Eisenbahnnetzes, sind also völlig falsch. Die Logistik trat den Planungen erst ab August 1940 hinzu und wurde dann in den Kriegsspielen vertieft („richtiger Ansatz“ statt „logistischer Realisierbarkeit“)
3. die Bedeutung der östlichen Industriegebiete der SU war unbekannt, deshalb sind die militärischen Folgerungen bei Einnahme der westlichen Gebiete durchaus logisch. Ebenso logisch ist unter diesem Aspekt, dass sich die RA westlich der DD-Linie „stellen würde“. Nun hat sie sich im Nachhinein sogar gestellt (in dem geschätzten Umfang), und wurde vernichtet. Dass sie aber verdoppeln würde, hat niemand prognostiziert.
4. Der Pendelverkehr und der Streckenausbau, die Zentrallager und die vorzuschiebenden Lager wurden detailliert geplant und für die Heeresversorgung als ausreichend angesehen: Vorverlegung der Veersorgungsbasis in die Linie: Perwomaisk-Tarnopol-Baranowitschi-Wilna-Ostsee.
5. Planungsprämisse war die Erbeutung großer Rollbestände aus dem russischen Eisenbahnwesen durch raschen Zugriff, so dass das Umnageln auf Breitspur auch genutzt werden kann.
6. Der Zerstörungszustand des Streckennetzes (Eisenbahn/Straßen) wurde nicht höher eingeschätzt als beim Westfeldzug.
7. Die Feinheit der logistischen Planung wird u.a. am Fahrplan BARBAROSSA deutlich (Lagerung, Zugtakte, Standorte). Sie ist nicht vernachlässigt worden, sondern wurde weiter östlich „falsch“.
8. Dem Planspiel im November 1940 wohnten alle Oberquartiermeister der Panzergruppen und beteiligten Armeen bei, Thema: Versorgungsführung bei der HG Mitte. Das Problem wurde also nicht ausgeblendet im Hinblick auf eine mögliche Lösung durch Vernichtung der Bevölkerung (z.B. ebenso HG Süd: 4.3.1941)



Schließlich kämpfte man während der sowjetischen Gegenoffensive nicht mehr um den Sieg, sondern gegen die totale Vernichtung der Truppe! Damit war das Thema erst einmal vom Tisch.
Der Gedanke der totalen Vernichtung wird oft geäußert, ist aber nicht durch den realen Ablauf der russischen Winteroffensive und die jeweiligen Brennpunkte sowie durch die Lageeinschätzung des OKH gedeckt. Die Hysterie der Dezembertage im OKW/OKH wich relativ schnell, als die Modalitäten und Stoßrichtungen der russischen Offensive klar wurden, im Januar 1942 der Einsicht, dass hier bei den beiden Löchern der HG Mitte keine operativen Entscheidungen drohen können (insbesondere nicht beim Nordloch südlich Demjansk, westlich Rshew, wo der Durchbruch von der russischen Führung aufgrund der geographischen Bedingungen schon im Ansatz nicht zu einer operativen Tiefe entwickelt werden konnte). Die Situation entwickelte sich vielmehr zu einem sinnlosen Aufeinandereinschlagen, ohne Chance eines Ansatzes zur operativen Entscheidung durch die RA). Partielle Vernichtungsgefahren ergaben sich vielmehr durch den starren Haltebefehl Hitlers.


Konsequenz:
Die WM-Führung plante einen Feldzug, von dessen Durchführbarkeit sie überzeugt war, und der anschließend scheiterte.
Im zunehmenden Maße wurde sie (wahrscheinlich vorhersehrbar/erwartbar) etwa ab März 1941 mit einem Vernichtungsfeldzug betraut, dessen Ansatzpunkte sie weitgehend bedenkenlos übernahm und dessen Voraussetzungen für die Durchführung sie erst schuf. In diesem Kontext sehe ich ich auch die verbrecherischen Befehle zur Vernichtung ganzer Städte und die kritiklose Übernahme durch die WM-Führung.
 
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Noch ein Seiteneinwurf:
Der Gardewerfer "Stalinorgel" und die russische Maschinenpistole waren für die Landser mindestens eine ebenso große unangenehme Überraschung wie der T34.
 
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