Schule in der DDR

Abajo

Neues Mitglied
Hallo,
kann mir jemand weiterhelfen, hab ein paar fragen zur Schule in der ddr:
Wozu sollte im SED-Sinner erzogen werden?
Wie wurden diese erziehungsziehle erreicht?
Wie wurde auf abweichendes Verhalten reagiert?
Wovon hängen Bildungschancen ab?
Liebe Grüße, danke schon mal im vorraus:)
 
Leider sehr vielschichtiges Thema

abajo -

das kann man nicht mit mit einem Link beantworten -aber ich fang mal
mit einem an :

Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit – Wikipedia

damit und den Verweisen kannst du dich tiefer eingraben.

Wie wurden diese Erziehungsziele erreicht ?
- sie wurden nie umfassend erreicht -
die Erziehung durch Eltern , welche dem Staat zumindestens skeptisch gegenüberstanden und der Zugang zu Westmedien verhinderte das.

jedoch sprechen ca. 2 Mio SED -Mitglieder dafür , das doch eine
grosse Anzahl Menschen sich nach diesen Erziehungszielen definierten.

Abweichendes Verhalten wurde sanktioniert zB. durch :
-Nichtzulassung zur EOS ( Gynmasium )
-Nichtzulassung zum Studium
-Verweise von der EOS oder Exmatrikulationen
-Berufsverbote

Die Bildungschancen hingen von der Integration in die vorgehaltenen Systeme zB. Pioniere , FDJ , GST und von der verbalen Zustimmung zu
den Inhalten der SED - Politiken ab .
Besondere Förderung erfuhren Arbeiter - und Bauernkinder zB. an ABF
wobei diese Zuordnung durchaus auch Abweichungen erfuhr.
( Kinder von Militärs zählten zB. als Arbeiterkinder ;))
 
Wie wurden diese Erziehungsziele erreicht ?
- sie wurden nie umfassend erreicht -
die Erziehung durch Eltern , welche dem Staat zumindestens skeptisch gegenüberstanden und der Zugang zu Westmedien verhinderte das.

jedoch sprechen ca. 2 Mio SED -Mitglieder dafür , das doch eine
grosse Anzahl Menschen sich nach diesen Erziehungszielen definierten.
Das kann ich nicht so unwidersprochen stehen lassen. Nie umfassend ist eine ziemlich vorsichtige Ausdrucksweise. Es wurde fast überhaupt nicht erzielt. Ganz im Gegenteil. Dieser ganze politisierte Unterricht war einfach nur nervtötend und langweilig. Die meisten schalteten völlig ab dabei und ließen das an sich vorrüberrauschen. In meiner Klasse gab es genau 2 Schüler, die von der DDR begeistert waren. Bei denen lag es aber an einem kommunistischen Elternhaus. In der Freizeit hörten fast alle ausschließlich westliche Musik und sahen auch, wenn sie es empfangen konnten Westfernsehen. Das beeinflusste die Schüler viel stärker als die Schule.

Die 2 Mio SED-Mitglieder sind nichts als eine trockene Zahl ,die überhaupt nichts über die wahre Gesinnung aussagt. Wer in irgend einer Weise Karriere im Beruf machen wollte kam um eine Mitgliedschaft nicht herum. Die eine wirklich kommunistische Gesinnung hatten, waren meist schon durch das Elternhaus in diese Richtung dirigiert worden und nicht erst in der Schule.
 
Die Bildungschancen hingen von der Integration in die vorgehaltenen Systeme zB. Pioniere , FDJ , GST und von der verbalen Zustimmung zu
den Inhalten der SED - Politiken ab .
Besondere Förderung erfuhren Arbeiter - und Bauernkinder zB. an ABF
wobei diese Zuordnung durchaus auch Abweichungen erfuhr.
( Kinder von Militärs zählten zB. als Arbeiterkinder ;))

Auch bei der Zulassung zur EOS (8.-12. Klasse) gab es eine Quotierung. Kinder der Intelligenz hatten weniger Chancen und Vitamin B half eher selten.
Wie die Quote bei Kindern von Pfarrern etc. war, weiß ich nicht. Es gab einige auch an der EOS, ich weiß das noch sehr gut, weil eine Tochter vom Pfarrer besonders hungrig war :still:

Grüße
excideuil
 
Die 2 Mio SED-Mitglieder sind nichts als eine trockene Zahl ,die überhaupt nichts über die wahre Gesinnung aussagt. Wer in irgend einer Weise Karriere im Beruf machen wollte kam um eine Mitgliedschaft nicht herum. Die eine wirklich kommunistische Gesinnung hatten, waren meist schon durch das Elternhaus in diese Richtung dirigiert worden und nicht erst in der Schule.

Das sehe ich auch so.
Andere, die nicht SED-Mitglied werden wollten, haben über die Mitgliedschaft in einer Blockpartei auch Karriere machen können.

Grüße
excideuil
 
@ Galeotto -

ich habe mich absichtlich vorsichtig ausgedrückt.

Was genau vorging , korreliert ja mit den persönlichen Erfahrungen - und die sind durchaus verschieden je nach Ort und Zeitabschnitt.
Sprich - sicher könnte man eine Tendenz bestätigen , das die Zustimmung
zur SED -Politik nach den 60ern ständig sank .....
Und damit die Zahl der wirklich überzeugten Gefolgsleute - wobei die
Zahl der mitmarschierenden Opportunisten keineswegs geringer wurde.

@excideuil
Was mit Pfarrerskindern war , weiss ich nicht aus eigener Erfahrung.
Sagen wir so : Zugelassen wurde man auch nur dann , wenn eine solide
Leistung in der POS nachgewiesen war und wenn die religiös angebundenen
Schüler eben gut genug waren , kamen sie auch zur EOS.
Im Gegensatz zu manchmal Erzähltem kann ich nicht bestätigen , das eine
Konfirmation irgendwie schadete - natürlich gabs die Jugendweihe dort
zusätzlich auch noch ...
Und die noch in der Kirche eingetragenen Schüler hatten keine Probleme
die Wandzeitung zum Parteitag oder dgl. zu gestalten;)

Blockparteimitglieder sind ein eigenes Kapitel --- da gabs welche , die gaben sich parteilinientreuer als SED-ler.....
 
Hallo,
kann mir jemand weiterhelfen, hab ein paar fragen zur Schule in der ddr:
Wozu sollte im SED-Sinner erzogen werden?
Wie wurden diese erziehungsziehle erreicht?
Wie wurde auf abweichendes Verhalten reagiert?
Wovon hängen Bildungschancen ab?
Liebe Grüße, danke schon mal im vorraus:)

Dieser ganze politisierte Unterricht war einfach nur nervtötend und langweilig.


Ich möchte da doch ein bischen Widerspruch säen, denn mir scheinen die Antworten zum Teil ein wenig an den Fragen vorbeizugehen.

Erziehungsziele richteten sich nicht ausschließlich auf das Verhalten dem Staat und der Partei gegenüber, sondern waren doch ein wenig weitreichender. Auch war nicht der "ganze Unterricht" völlig politisiert und wurde von allen ausgeblendet, ansonsten hätte nie jemand etwas gelernt.

Das Verrückte an der DDR ist für mich noch immer dieser riesige Bruch zwischen Ideal und Wirklichkeit. Was hat man uns denn ständig vorgebetet und eingetrichtert (DDR-Schule 80er Jahre): Umfassende Bildung, das hieß bei uns polytechnisch, wir konnten bis zur 10. Klasse nichts abwählen, ich weiß nicht, wie das auf der EOS war, wir hatten immer Chemie, Biologie und Physik nebeneinander. Daß es politisierte und vollkommen überflüssige Fächer gab, ist klar, Geschichte, aber da sind wir auch meist nur beim Jahreszahlenpauken geblieben, Staatsbürgerkunde und noch viel schlimmer der Wehrunterricht in der neunten Klasse, da kann ich Galeottos Abschalten nur zustimmen. Doch ansonsten war der Unterricht sehr fachbezogen.

Ansonsten lauteten die Parolen: Frieden, Gerechtigkeit, Freundschaft. Ich kann ehrlich gesagt (ohne hier den Ostalgiker geben zu wollen) an den Pioniergesetzen nicht viel finden, was ich nicht auch meinen Kindern sagen würde.
Ich fand das in dem Rahmen sehr interessant, was ich neulich in dem Buch von Mark Lehmstedt, Die geheime Geschichte der Digedags, gelesen habe, da ging es nämlich ständig darum, daß der Zeitschrift Mosaik im Rahmen der Bildungsdebatte vorgeworfen wurde, nicht den Bildungsidealen zu entsprechen. Und die unterschieden sich in ihren Argumenten, gerade der Comickultur gegenüber, nicht wesentlich von westdeutschen Argumenten.

Wie wurden diese Erziehungsziele erreicht ?
- sie wurden nie umfassend erreicht -
...
Die Bildungschancen hingen von der Integration in die vorgehaltenen Systeme zB. Pioniere , FDJ , GST und von der verbalen Zustimmung zu
den Inhalten der SED - Politiken ab .

Natürlich werden Erziehungsziele nie umfassend erreicht, aber ich denke, eine der Ursachen des Umsturzes war doch eben, daß vielen Menschen der Widerspruch zwischen dem, was man ihnen predigte, und dem, was dann daraus wurde, unerträglich erschien.

Zu den Sanktionen wurde schon viel gesagt. Aber was sind Bildungschancen? Das, was oben skizziert wird, sind Karrierechancen. Bildungschancen waren zunächst mal gleich, denn jeder hatte Zugang und Pflicht zum Schulbesuch, Schulbücher wurden gestellt, wenn man sie nicht bezahlen konnte oder wollte. Es war auch nicht anders als heute, daß Kinder aus gebildeten und interessierten Elternhäusern mehr Chancen hatten als Kinder aus den Familien, die man heute als "bildungsfern" bezeichnet. Ich rede hier von Bildung, nicht von der Möglichkeit, später zum Studium zu kommen.
Es gab neben der Schule auch massenweise kostenlose oder billige Möglichkeiten, sich weiterzubilden, von der Schach-AG über den Computerclub oder den Naturkundlern usw. Problematisch war es da in der DDR schon eher, an Bücher zu kommen, weil vieles nicht genehm, zensiert oder nicht ausreichend vorhanden war. Ich kenne trotzdem Eltern von Mitschülern, die Riesenbibliotheken daheim hatten.
Also, Bildung war da, ob man dann mit der Bildung seinen Weg gehen konnte oder dann in seiner Freiheit aufgrund seiner Überzeugungen behindert wurde, das ist dann Thema vieler Antworten vor mir.

Und, von uns als Schülern hat niemand ständig verbale Zustimmung zur SED gefordert. Unserer Obrigkeit war es wohl viel lieber, wenn wir ruhig waren.
 
@Hjwien, über die Schule der achziger Jahre kann ich nichts sagen, da meine Schulzeit die endsechziger und siebziger Jahre waren. Wehrkunde gab es da noch nicht. Natürlich waren nicht alle Fächer politisiert, die Naturwissenschaften unterschieden sich sicher nicht von denen in der Schule der BRD. Geschichte ging in den ersten Jahren auch noch aber ab dem 1. WK wurde der Unterricht unerträglich. Die Hauptverfolgten und Helden waren ausschließlich die Kommunisten. Die Judenverfolgung wurde nur am Rande erwähnt ohne zu erklären wer die Juden überhaupt waren. In der 9. und 10. Klasse waren die Fächer Geschichte und Staatsbürgerkunde fast das Gleiche. Da meine Kinder schon im wiedervereinigten Deutschland in die Schule gingen, konnte man beide Schulsysteme ganz gut vergleichen und da kam bei mir die 10-klassige DDR-Schule nicht ausschließlich schlechter weg. Auf manchen Gebieten war die sogar anspruchsvoller.
 
@Hjwien, über die Schule der achziger Jahre kann ich nichts sagen, da meine Schulzeit die endsechziger und siebziger Jahre waren. Wehrkunde gab es da noch nicht. Natürlich waren nicht alle Fächer politisiert, die Naturwissenschaften unterschieden sich sicher nicht von denen in der Schule der BRD. Geschichte ging in den ersten Jahren auch noch aber ab dem 1. WK wurde der Unterricht unerträglich. Die Hauptverfolgten und Helden waren ausschließlich die Kommunisten. Die Judenverfolgung wurde nur am Rande erwähnt ohne zu erklären wer die Juden überhaupt waren. In der 9. und 10. Klasse waren die Fächer Geschichte und Staatsbürgerkunde fast das Gleiche. Da meine Kinder schon im wiedervereinigten Deutschland in die Schule gingen, konnte man beide Schulsysteme ganz gut vergleichen und da kam bei mir die 10-klassige DDR-Schule nicht ausschließlich schlechter weg. Auf manchen Gebieten war die sogar anspruchsvoller.

Na, da ergänzen wir uns doch wunderbar. Bei uns war Geschichte ab der achten Klasse, nach Napoleon, unerträglich, da ging es nur noch um die Geschichte der Arbeiterklasse, wobei bei uns der Bruch ein doppelter war, weil unser alter (und guter) Geschichtslehrer in Rente ging und wir eine neue Lehrerein bekamen, die bei da weitem nicht heranreichte.
Uns hat man nicht nur nicht erklärt, wer die Juden waren, uns hat auch nie jemand erklärt, wer die Nazis waren, das schienen immer so eine Art außerirdische Monster gewesen zu sein, die plötzlich vom Himmel fielen. Es hätte auch schlecht zur heroischen Rolle der Arbeiterklasse gepaßt, wenn man hätte erklären sollen, warum so viele Arbeiter bei der SA waren.
Tja, und wenn ich mir heute die Schule meines Kindes anschaue, da stehe ich auch oft verständnislos da:winke:.
 
Nur eine kleine Zwischenbemerkung in diesem interessanten Thread:

Das mit dem Abwählen von Fächern gibt es im österreichischen Schulsystem grundsätzlich auch nicht, das war also kein spezieller "Mangel" des DDR-Schulsystems. (Ich konnte lediglich wählen, ob ich in der 11. und 12. Klasse Musik oder Zeichnen haben wollte und ob ich ab der 9. Klasse Französisch oder Altgriechisch lernen wollte - das allerdings auch nur, weil an unserer Schule noch Altgriechisch angeboten wurde, sonst hätte es die Wahl nicht gegeben.)

Ich hätte ab der 7 Klasse zwischen Englisch und Französisch wählen können, aber wir hatten keine Französischlehrerein an der Schule, da hätte man immer nur dafür auf die nächste Schule gemußt.

Und in der 3. Klasse hatten wir fakultativ Nadelunterricht. Da hat mich meine Mutter hingezwungen:cry:
 
Ich hätte ab der 7 Klasse zwischen Englisch und Französisch wählen können, aber wir hatten keine Französischlehrerein an der Schule, da hätte man immer nur dafür auf die nächste Schule gemußt.

Und in der 3. Klasse hatten wir fakultativ Nadelunterricht. Da hat mich meine Mutter hingezwungen:cry:

Bei mir, 1966 eingeschult, gab es ab der 1. Klasse Schulgartenunterricht, ab der 5. Klasse dafür Werkunterricht, was ab der 7. Klasse von Produktionsarbeit, technischem Zeichnen und Einführung in die sozialistische Produktion abgelöst wurde. Stand beim Werkunterricht eher die Holzbearbeitung im Vordergrund, war es (bei mir) in der Produktionsarbeit die Metallbearbeitung. Neben manuellem Feilen, Schneiden, Bohren ... war es normal, dass ein 15. Jähriger (unter Aufsicht natürlich) an einer Drehbank stand.

Nadelarbeit war nicht fakulativ, die Lehererin war keine Lehrerin sondern konnte halt gut nähen, stricken, was auch immer. Bei der geringen Stundenzahl pro Woche sicher eine normale Alternative.

Ab der 5. Klasse gab es zwingend mein Hassfach russisch, da gab es kein entrinnen.

Ab der 7. fakultativ englisch oder französisch. Mir blieb nur englisch, gab es doch auf Lande keinen Französischlehrer.
Die 2. Fremdsprache war kein Muss, aber m.W. verzichteten nur die, die nach der 8. Klasse die Schule verließen und einen Teilberuf (z.B. Mauerer, Melker) lernten.

An der EOS gab es dann noch fakultativ Latein.

Bildung war in der DDR nicht Länder- oder Bezirkssache. Es gab nur einen Lehrplan, der für das ganze Land galt.
Das bot die Möglichkeit, Fernsehen in die Schule einzubinden. Ich kann mich noch gut an "English for you" erinnern ... mit Peggy und Tom und der unvergessenen Diana Loeser, was wir während der Schulzeit sehen konnten. Später gab es dieses Fernsehen auch für andere Fächer.

Neben der Schule gab es noch Arbeitsgemeinschaften (AG). Kein Muss, ein Angebot. Da gab es Elektronik oder Astronomie ...

Nicht unerwähnt will ich lassen, dass zu meiner Zeit noch von Montag bis Samstag Schule war, nur der Sonntag zur Erholung blieb.

Grüße
excideuil
 
Nicht unerwähnt will ich lassen, dass zu meiner Zeit noch von Montag bis Samstag Schule war, nur der Sonntag zur Erholung blieb.
Das blieb auch bis 89 so. Der schulfreie Samstag wurde erst nach der Wende eingeführt. Dafür waren aber die Ferien länger. Die Sommerferien waren volle 2 Monate, die Weihnachtsferien 2 Wochen und die Halbjahresferien 3 Wochen lang.
 
Zu den Sanktionen wurde schon viel gesagt. Aber was sind Bildungschancen? Das, was oben skizziert wird, sind Karrierechancen. Bildungschancen waren zunächst mal gleich, denn jeder hatte Zugang und Pflicht zum Schulbesuch, Schulbücher wurden gestellt, wenn man sie nicht bezahlen konnte oder wollte. Es war auch nicht anders als heute, daß Kinder aus gebildeten und interessierten Elternhäusern mehr Chancen hatten als Kinder aus den Familien, die man heute als "bildungsfern" bezeichnet. Ich rede hier von Bildung, nicht von der Möglichkeit, später zum Studium zu kommen.
Es gab neben der Schule auch massenweise kostenlose oder billige Möglichkeiten, sich weiterzubilden, von der Schach-AG über den Computerclub oder den Naturkundlern usw.

Und, von uns als Schülern hat niemand ständig verbale Zustimmung zur SED gefordert. Unserer Obrigkeit war es wohl viel lieber, wenn wir ruhig waren.


Was du hier ausführst , @ hjwien ist natürlich grundsätzlich so gewesen.
Die Bildungschancen waren gleich - zumindestens , bis die Auswahl zur EOS
anstand und es gab ja nebenher auch noch den Bildungsweg :
" Berufsausbildung mit Abitur "

Die Frage ist , wie der Werdegang des Schülers mit der erwarteten Treue
zu Ideologie und Staatszielen abgeglichen wurde.
Das könnte vermutlich vom damaligen Lehrerpersonal beantwortet werden-
ich weiss es nicht.
Dass aber diese politische Bewertung existierte , daran besteht für mich
kein Zweifel.
Leider jetzt keine allgemeine sondern eine nur persönliche Erinnerung-
ein Mitschüler , dessen Eltern "Vertriebene" ( die es in der DDR offiziell gar nicht gab ) waren und dessen schulische Leistungen sogar etwas besser
als meine eigenen waren kam nicht zur EOS .
Er war nicht Mitglied in der FDJ und schrieb sich auch nicht mit sowjetischen " Brieffreunden " - vermutlich war das schon politischer
Eindruck genug , ihm die Zulassung zur EOS zu verweigern.

Es deutet also darauf hin , dass die Chancengleichheit mit den Auswahlen
zur EOS endete.

Auch ich bin der Meinung , das die 8 Klassen POS für alle eine gute Grundlage bildeten und sie wurden keinem verwehrt .
Was darüber hinaus zu höherer Bildung führte , wurde jedoch sorgfältig
gesteuert.
Haben wir hier in Forum einen Ex-DDR -Lehrer , der uns diese Dinge
näher beschreiben könnte ?
 
Die politische Ausrichtung begann aber schon in den ersten Schuljahren. Lenin und Thälmann kamen in kindlichen Geschichten ziemlich häufig vor. Im Zeichenunterricht wurden Sowjetsoldaten,Panzer und Raumschiffe natürlich mit rotem Stern gemalt. Auch Kommunisten, die irgendwo auf der Welt in Haft saßen mussten von uns mit Unterschriftenaktionen "freigekämpft" werden. So Angela Davis und die Wilmington 10(ich weiß bis heute nicht wer die 10 Leute waren) in den USA und Louis Corvalan in Chile.

Um die frühe politische Erziehung auf die Schippe zu nehmen gab es folgenden Witz: Eine Klasse mit Zweitklässlern läuft zum Wandertag durch den Wald. Da hüpft ein Eichhörnchen über den Weg und die Lehrerin fragt die Kinder was das für ein Tier ist. Keiner antwortet. Die Lehrerin: "aber Kinder das haben wir doch das ganze letzte Jahr behandelt." Da meldet sich ein Schüler und sagt: "sollte das wirklich Lenin gewesen sein?"
 
Es deutet also darauf hin , dass die Chancengleichheit mit den Auswahlen
zur EOS endete.

Das sehe ich auch so, allerdings aus einer anderen Richtung:
Die DDR nannte sich Arbeiter- und Bauernstaat. Daher gab es eine strenge Quotierung bei der Zulassung zur EOS. Aus meinem Erleben waren da Mitschüler von Arbeitern und Bauern, die von den schulischen Leistungen auf der "Penne" nichts verloren hatten und folgerichtig nach der 10. Klasse die EOS wieder verließen. Auf der anderen Seite gab es ein Mädel, das von den Leistungen und vom Elternhaus (Intelligenz) geeignet gewesen wäre und nicht zur EOS kam.
Kinder von Pfarrern, selbständigen Handwerker etc. waren auch auf der "Penne". Von der Logik her war doch von denen eher wenig staatstragende Überzeugung zu erwarten.

Meinen Erfahrungen nach war die Quote KO-Kriterium und nicht die verbale Äußerung eines(r) 14-Jährigen zum Sozialismus.

Grüße
excideuil
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann mich noch gut an "English for you" erinnern ... mit Peggy und Tom und der unvergessenen Diana Loeser, was wir während der Schulzeit sehen konnten.
"English for you" war sicher nicht schlecht aber auch teilweise recht rot gefärbt. Mal plauderten Tom und Peggy über Karl-Marx oder einen kapitalistisch-ausbeuterischen Mieteintreiber(the Rent Collector) und natürlich über Coventry.
 
Ab der 5. Klasse gab es zwingend mein Hassfach russisch, da gab es kein entrinnen.

Die 2. Fremdsprache war kein Muss, ...

Bildung war in der DDR nicht Länder- oder Bezirkssache. Es gab nur einen Lehrplan, der für das ganze Land galt.

Das Russische ist ein interessanter Punkt, denn es war vielen verhaßt, ich mochte es als Schüler auch nicht, und frage mich heute, warum. Eigentlich ist Russisch eine schöne und interessante Sprache, und die russische Literatur hat wundervolle Bücher hervorgebracht. Daß man verpflichtet wurde, die Sprache zu lernen, kann kein Kriterium gewesen sein, denn bei Mathematik hat ja auch keiner gefragt, ob wir das möchten, und ich sehe den Nutzen der Vektorrechnung bis heute nicht ein. Ich glaube auch nicht, daß es ein Auflehnen gegen sie sozialistische Doktrin war, wir waren ja mit 10 oder 12 oder auch 14 Jahren keine Widerstandskämpfer.

Es gab übrigens an unserer Schule eine Klasse, die hatte schon ab der 3. Klasse Russisch, die hatten dann in der 10. Klasse Russischprüfung Abiturniveau.

Auch die zweite Fremdsprache, ab der 7. Klasse, war meines Wissens bei uns vorgeschrieben, ich kenne keinen, der sich da entscheiden durfte, die Sprache hätte zur Wahl gestanden, aber nicht das Erlernen einer zweiten Sprache an sich.

Und was ich auch immer bemerkenswert finde, ist, wie viele Unterschiede sich bei vielen Gesprächen doch immer wieder feststellen lassen, was zeigt, wie sich Lehrer in der Umsetzung des zentralen Lehrplans Freiräume geschaffen haben. Da würde auch mich die Meinung eines alten DDR-Lehrers interessieren.


Dass aber diese politische Bewertung existierte , daran besteht für mich
kein Zweifel.

Er war nicht Mitglied in der FDJ und schrieb sich auch nicht mit sowjetischen " Brieffreunden " - vermutlich war das schon politischer
Eindruck genug , ihm die Zulassung zur EOS zu verweigern.

Es deutet also darauf hin , dass die Chancengleichheit mit den Auswahlen
zur EOS endete.

Auch ich bin der Meinung , das die 8 Klassen POS für alle eine gute Grundlage bildeten und sie wurden keinem verwehrt .

Ja, die politische Bewertung existierte, und spätestens bei der EOS wurde sie wirksam.
Dennoch muß man bemerken, daß es da feine Nuancen gab. Es reichte eigentlich, wenn man nicht öffentlich dagegen war, wogegen ein aktives Bekenntnis dafür zu meiner Zeit nicht mehr eingefordert wurde.
Der Beitritt zur FDJ war eigentlich eine Farce. Wir hatten zwar Beitrittsgespräche, wo wir erklären mußten, warum wir eintreten wollen, und wir sollten uns würdig erweisen, weil ja nur die Besten in die FDJ kommen sollten, aber letztlich wurden eigentlich alle, die sich nicht direkt dagegen aussprachen, mitgeschleift, und wir sind halt alle eingetreten, Gruppendynamik usw., es war normal, und wir Dreizehnjährige haben uns da keinen Kopf darum gemacht.

Sowjetische Brieffreunde hatte auch keiner, und wenn, dann wurde das nicht als Zeichen der Bündnistreue publik gemacht, dann blieb das privat.

Spätestens ab 1960 war die POS aber als zehnklassig ausgerichtet, das heißt, wer nach der 8. Klasse abging, tat dies vorzeitig.

Meinen Erfahrungen nach war die Quote KO-Kriterium und nicht die verbale Äußerung eines(r) 14-Jährigen zum Sozialismus.

Ja, das denke ich auch. Unsere Parallelklasse war eine Russischklasse, die durften 5 oder 6 Schüler qua Quote zur EOS schicken, da blieb für uns (normale Klasse) nur ein EOS-Platz.
 
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