Schutz vor der Kälte

Nergal

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Eine Frage von der ich nicht weiß ob sie gut in ein Geschichtsforum passt:

Bis zu welchen Temperaturen kann der Mensch, ohne Kleidung, ohne exterene Beheizung, nur durch Nahrungsaufnahme überleben?

Mich interessiert welche Zonen der Mensch nur mit "natürlichen" Mitteln besiedeln hätte können.

Auch interessant: Hätte er zur Besiedelung Europas, des hohen Nordens nur durch Bekleidung geschützt überleben können, war die "Zähmung" des Feuers nötig?
 
Da der Mensch ein homoiothermes Lebewesen ist funktioniert das ohne Kleidung nur in Zonen,in denen die Körpertemperatur zwischen 35,8 und 37,2 °C gehalten werden kann.
Über 42 °C Körpertemperatur versagt der Kreislauf, unter 33°C liegt Hypothermie vor,und unter 27°C stirbt man.
Das bedeutet im Klartext: solange es gelingt,durch Kleidung (Mehrschichtprinzip) den Körper konstant bei einer Temperatur von mindestens 36 °C zu halten brauchst Du kein Feuer. Allerdings siehst Du dann aus wie ein Flokatie auf zwei Beinen und es dürfte Dir schwer fallen,Wasser und Nahrung unaufgetaut über einen längeren Zeitraumm zu konsumieren.
 
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Bis zu welchen Temperaturen kann der Mensch, ohne Kleidung, ohne exterene Beheizung, nur durch Nahrungsaufnahme überleben?

Mich interessiert welche Zonen der Mensch nur mit "natürlichen" Mitteln besiedeln hätte können.
Wie wäre es mit einem heroischen Selbstversuch im Sommerhalbjahr? :D

Es gibt da auch individuelle Unterschiede. Mir persönlich wird es über 25 Grad zu warm, ab 30 bekomme ich richtig Probleme. Meine bessere Hälfte beginnt da erst in Form zu kommen, es gibt im Sommer öfter Zoff, weil ich bei der "schönen Sommersonne" nicht raus will. Dafür rannte sie heute bei 8 Grad dickvermummt am Strand, während ich mir schon fast den geöffneten Parka vom Leibe reissen wollte.
Gemeinsamer Urlaub - Tunesien oder Norwegen - geht einfach nicht. :devil:
 
Eine Frage von der ich nicht weiß ob sie gut in ein Geschichtsforum passt:

Bis zu welchen Temperaturen kann der Mensch, ohne Kleidung, ohne exterene Beheizung, nur durch Nahrungsaufnahme überleben?

Mich interessiert welche Zonen der Mensch nur mit "natürlichen" Mitteln besiedeln hätte können.

Auch interessant: Hätte er zur Besiedelung Europas, des hohen Nordens nur durch Bekleidung geschützt überleben können, war die "Zähmung" des Feuers nötig?

Das Feuer kannte schon der Erectus, das ist der Mensch, der vor ca. 2 Mio Jahren Europa und Asien besiedelte.
Ob der das nackt versucht hat, weiß ich nicht. Warum sollte er sich kein Fell umgelegt haben, wenn ein kalter Wind blies.

Außerdem mußt du bedenken, dass man selten in Bewegung erfriert, sondern eher in Ruhe oder im Schlaf.
 
So ein Mensch kann schon einiges aushalten. Die Bewohner von Feuerland zb:

Yaghan

Die Yaghan (auch Yagan, Yahgan) sind die indigenen Bewohner der Inseln südlich der Isla Grande de Tierra del Fuego. Sie waren Nomaden, die in Kanus zwischen den Inseln reisten und Nahrung sammelten. Die Männer jagten Seelöwen, die Frauen tauchten nach Muscheln.

Sie erlangten Bekanntheit durch ihre Unempfindlichkeit gegenüber der Kälte. Zwar unterhielten sie kleine Feuer und hatten kleine Unterkünfte, gingen aber üblicherweise im bitterkalten und schneidenden Wind von Tierra del Fuega nackt und schwammen im ~ 9 Grad C kalten Wasser. Sie schliefen oft ohne jegliches Obdach und unbekleidet, während Europäer unter ihren Decken froren.


Zu den üblichen Temperaturen in der Gegend:


Feuerland ? Wikipedia

"Feuerland liegt in der kühl-gemäßigten Zone mit maritimem Klima auf der südlichen Hemisphäre. Das lokale Klima wird von starken Unterschieden bestimmt. Im Westen werden Regenmengen von bis zu 6.000 mm/Jahr gemessen, im Osten dagegen nur etwa 250 mm/Jahr. Die Schwankungsbreite der Niederschläge ermöglicht deshalb sowohl Regenwald als auch Halbwüsten.

Die Temperatur zeigt nur geringe jahreszeitliche Schwankungen und liegt in Ushuaia bei 5,6 °C, was nur unwesentlich wärmer ist als in Moskau."
 
Also klimatische Verhältnisse wie bei Dir in Südskandinavien.:D
Die Inuit sind ja auch extrem kälteunempfindlich, aber die Stories von den Feuerländern halte ich trotzdem, mit Verlaub, für leichte Übertreibungen europäischer Erzähler.
Der menschliche Körper hat nun mal eine natürliche Grenze und die liegt definitiv bei 27°C Körpertemperatur unabhängig von Klima zone und indigenen Genen.
Bei 5,6 °C, und Chill-effekt durch Wind überlebst Du da nicht lange .Nicht mal die eiszeitgestählten Neanderthaler gingen ohne Fell.
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Also klimatische Verhältnisse wie bei Dir in Südskandinavien.:D

Genau.

Die Inuit sind ja auch extrem kälteunempfindlich, aber die Stories von den Feuerländern halte ich trotzdem, mit Verlaub, für leichte Übertreibungen europäischer Erzähler.
Der menschliche Körper hat nun mal eine natürliche Grenze und die liegt definitiv bei 27°C Körpertemperatur unabhängig von Klima zone und indigenen Genen.
Bei 5,6 °C, und Chill-effekt durch Wind überlebst Du da nicht lange .Nicht mal die eiszeitgestählten Neanderthaler gingen ohne Fell.

Die klimatischen Bedingungen sind bei Inuit und Fuegians aber durchaus verschieden. Wie gesagt liegen die 5,6 Grad bei nur geringen jahreszeitlichen Schwankungen vor, dh bitterkalt wird es da nicht, im Gegensatz zur Arktis; dafür gibt es aber auch im Sommer keine nennenswerte Erwärmung. An die geringen Schwankungen übers Jahr kann vermutlich eine bessere Adaption stattfinden.

Die Berichte von Europäern zu den Feuerlandbewohnern sind übrigens sehr unterschiedlich in ihrer Beurteilung dieser Menschen: Darwin hat sie verachtet und ihnen die Menschlichkeit abgesprochen; im genauen Gegensatz dazu liegt Gusinde.

In einem Buch, das mir leider - äh: enteignet wurde (ich meine, es war Lindig/Münzel zu den amerikanischen Kulturen), habe ich außerdem gelesen, daß es für die Feuerlandbewohner durchaus vorteilhaft war, trotz des Klimas unbekleidet zu bleiben. Tagsüber waren sie überwiegend in den Booten auf Nahrungsbeschaffung und die See ist dort rauh. Die Insassen der Boote wurden also ständig von reinschwappenden Wellen und Spritzwasser durchnäßt; Kleidung hätte nicht trocknen können, was innerhalb kurzer Zeit zu Erkrankungen führt. Diese traten ja auch auf, nachdem die Völker von Europäern zum Tragen von Kleidung genötigt wurden.

Traditionell sollen außerdem Kinder erst mit 5 Jahren einen Namen erhalten haben. Während der ersten Lebensjahre zeigte die Familie ihnen gegenüber auch nicht viel Zuneigung.

Daraus ergeben sich ein paar Anhaltspunkte dafür, wie hart das Leben dieser Völker in der Tat war und daß die Bedingungen nicht übertrieben dargestellt wurden.
 
Dass die Yagan keine Kleidung trugen, ist aber nur die halbe Wahrheit.
Zum Schutz vor der Kälte cremten sie ihre Körper mit Robbenfett ein. Dass schützt sogar beim Tauchgang. Wenn die Yagan nicht gerade nach Meerestieren jagten, zogen sie sich in ihre stets beheizten Hütten zurück und warfen sich Felle über - Felldecken keine Kleidung. Auf auch ihren Booten hatten die Yagan ein offenes Feuer als Wärmequelle dabei. Die überall sichtbaren Feuer, die die nackten Ureinwohner als Heizquelle schürten, fanden die europäischen Entdecker so beeindruckend, dass sie der Insel den Namen Feuerland gaben.
Fett als Alternative zur Kleidung ist kein Einzelfall. Die Hereros in Deutsch-Süd-West trugen ursprünglich vom Lendenschurz und etwas Schmuck abgesehen keine Kleidung. Vor der Wüstensonne schützten sie sich, in dem sie sich den ganzen Körper mit Butter einrieben. Von den Himbas in Namibia wird dies noch heute so gehalten.

Das Beispiel der Aborigines:
In Tasmanien sind die Sommer kühl und die Winter Frisch, die Temperaturen liegen 0 und 20°C. Trotzdem oder gerade deshalb waren die tasminischen Aborigines das ganze Jahre über nackt.
AUch die Aborigines Zentralaustralisens trugen keine Kleidung, obwohl es in den Wüsten zumindests nachts sehr kalt werden konnte.
 
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Genau.





Die Berichte von Europäern zu den Feuerlandbewohnern sind übrigens sehr unterschiedlich in ihrer Beurteilung dieser Menschen: Darwin hat sie verachtet und ihnen die Menschlichkeit abgesprochen; im genauen Gegensatz dazu liegt Gusinde.

In einem Buch, das mir leider - äh: enteignet wurde (ich meine, es war Lindig/Münzel zu den amerikanischen Kulturen), habe ich außerdem gelesen, daß es für die Feuerlandbewohner durchaus vorteilhaft war, trotz des Klimas unbekleidet zu bleiben. Tagsüber waren sie überwiegend in den Booten auf Nahrungsbeschaffung und die See ist dort rauh. Die Insassen der Boote wurden also ständig von reinschwappenden Wellen und Spritzwasser durchnäßt; Kleidung hätte nicht trocknen können, was innerhalb kurzer Zeit zu Erkrankungen führt. Diese traten ja auch auf, nachdem die Völker von Europäern zum Tragen von Kleidung genötigt wurden.

Traditionell sollen außerdem Kinder erst mit 5 Jahren einen Namen erhalten haben. Während der ersten Lebensjahre zeigte die Familie ihnen gegenüber auch nicht viel Zuneigung.

Daraus ergeben sich ein paar Anhaltspunkte dafür, wie hart das Leben dieser Völker in der Tat war und daß die Bedingungen nicht übertrieben dargestellt wurden.


Da du Darwin und das Verhältnis der Feuerländer zu den Europäern ansprichst, musste ich an einige Persönlichkeit denken, die mit der Expedition, an der auch Darwin teilnahm, in die Heimat zurückkehrten. Einige Feuerländer, darunter Jemmy Button und Boat Memory waren auf einer früheren Reise geraubt und nach England verschleppt worden. Jemmy Button soll Kapitän Fitzroy für einen Hosenknopf gekauft haben. Ein Feuerländer den man Boat Memory nannte, war leider im Marinehospital Plymouth an den Pocken gestorben, doch mit Jemmy Button kehrten auch die Feuerländer York Minster und Fuega Basket in die Heimat zurück.

Jemmy Button wurde später beschuldigt, 8 Angehörige der Anglikanischen Kirche beim Gottesdienst überfallen und erschlagen zu haben. Jemmy Button erfuhr vielleicht durch ein Kinderbuch eine späte Hommage und inspirierte Michael Ende zur Figur Jim Knopf, für den die Insel Lummerland zu klein wurde.
 
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