Schwarzpulver Herstellung in Mittelalter/Neuzeit

Little_Tiger

Mitglied
Mit der Erfindung des Schwarzpulver und Schusswaffen änderte sich die Kriegsführung in der Neuzeit.
Somit stellt sich die Frage, wie wurde damals das 'Zauberpulver' hergestellt.

Die entsprechenden Bestandteile sind heutzutage mehr oder minder 'halb-legal' mit hohen Reinheitsgrad erhältlich.
In einem YouTube-Video wurde darauf hingewiesen, dass die Mischungsverhältnisse der einzelnen Bestandteile recht genau eingehalten werden müssen.
Mit modernen Waagen und entsprechenden Reinheitsgrad der Bestandteile ist dies augenscheinlich kein Problem.

Aber wie war es damals in 15 bis 18 Jahrhundert?
Im Besonderen von Kaliumnitrat (KNO3), das damals aus Dung, Holzkohle und Kalk hergestellt wurden.
So Reinheitsgrade von 99 Prozent usw. sind somit sicherlich nicht realisierbar.
Ähnliches gilt sicherlich auch für den nötigen Schwefel.

Kann es sein, dass die erfolgreiche Herstellung von Schwarzpulver ein von Zufall geprägter Prozess war, bzw. die Wirkung des Pulvers sehr stark schwankend waren?
 
MWn: Geht so. So schwierig ist die Hestellung grundsätzlich wohl nicht, und auch die Fähigkeit der damaligen Menschen, bestimmte Stoffe mit einiger Zuverlässigkeit zu (re-) produzieren sollte man nicht unterschätzen. Es dauerte allerdings tatsächlich Jahrhunderte, bis aus den ersten Versuchen mit Schießpulver halbwegs kriegstaugliche Waffen wurden, und dann nochmal Jahrhunderte, um aus i-was zwischen Kunst, Alchimie und russisch Roulette eine moderne Wissenschaft zu machen.

Auf jeden Fall waren Menschen, die Kanonen herstellen und bedienen konnten, lange Zeit gesuchte Fachleute, deren Wissen nicht ohne weiteres reproduzierbar war. Ein solcher Fachmann wird allerdings genug Erfahrung haben, um nicht jede Pulvermischung, jeden Schuss zum Vabanquespiel zu machen. Ohne einen solchen Fachmann ist der Einsatz einer damaligen Kanone vermutlich genau das. Das waren Einzelstücke, für die die Pulverladungen jeweils einzeln, manchmal gar für jeden Schuss hergestellt wurden.

Als exemplarisches Beispiel einer solchen person:

Eroberung von Konstantinopel (1453) – Wikipedia

Auch gab es andere Probleme. Das zu Beginn verwendete Mehlpulver hatte bspw die Tendenz, sich beim Transport in Fässern durch das Rütteln wieder zu "entmischen". Das verschwand erst mit der Einführung gekörnten Pulvers (dass auch andere entscheidende Vorteile hat), aber darauf musste man halt erstmal kommen.
 
Mit der Erfindung des Schwarzpulver und Schusswaffen änderte sich die Kriegsführung in der Neuzeit.
Somit stellt sich die Frage, wie wurde damals das 'Zauberpulver' hergestellt.

Die entsprechenden Bestandteile sind heutzutage mehr oder minder 'halb-legal' mit hohen Reinheitsgrad erhältlich.
In einem YouTube-Video wurde darauf hingewiesen, dass die Mischungsverhältnisse der einzelnen Bestandteile recht genau eingehalten werden müssen.
Mit modernen Waagen und entsprechenden Reinheitsgrad der Bestandteile ist dies augenscheinlich kein Problem.

Aber wie war es damals in 15 bis 18 Jahrhundert?
Im Besonderen von Kaliumnitrat (KNO3), das damals aus Dung, Holzkohle und Kalk hergestellt wurden.
So Reinheitsgrade von 99 Prozent usw. sind somit sicherlich nicht realisierbar.
Ähnliches gilt sicherlich auch für den nötigen Schwefel.

Kann es sein, dass die erfolgreiche Herstellung von Schwarzpulver ein von Zufall geprägter Prozess war, bzw. die Wirkung des Pulvers sehr stark schwankend waren?
 
Na ja, vor allem habe ich mit den Kaliumnitrat ein kleines 'Problem'.

Wenn ich die Herstellung mir so plastisch vorstelle (Ich komme von einem kleinen Bauernhof), hat man einen Misthaufen genommen. Auf dem Misthaufen hat man pulverisierten Kalk und Holzkohle geworfen und dieses "Gemisch" 2 Jahre wirken lassen.
Anschließend das Zeug mit Wasser ausgewaschen (von Feststoffen getrennt) und diese Gülle verdampft.
Was übrig blieb, war dann der Salpeter (Kaliumnitrat).

Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass dies sonderlich rein war, im Sinne von Reinheitsgrad.
 
Bei den chemischen Details kann ich dir nicht helfen, davon versteh ich nichts. Wikipedia sagt:

In der frühen Geschichte des Schwarzpulvers wurde statt Kalisalpeter auch Calciumnitrat (zunächst als Mauersalpeter) und Magnesiumnitrat verwendet, die aber wegen hygroskopischer Eigenschaften das Pulver schnell unbrauchbar machten. Aus diesem Grund wurden Umlösungsprozesse entwickelt, die mit Hilfe von Pottasche aus gelöstem Calcium- und Magnesiumnitrat eine Lösung mit Kaliumnitrat lieferten (Calcium und Magnesium wurden als Karbonate ausgefällt).[5]

Schwarzpulver – Wikipedia

EDIT
Salpetersieder – Wikipedia
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir ist nicht klar, welcher Reinheitsgrad zur Herstellung einer effektiven und (halbwegs) sicheren Treibladung erforderlich ist, aber 'Warfare in Medieval Europe c.400-c.1453' nennt ausdrücklich nicht nur metallurgische Verunreinigungen (im Geschützkörper), sondern auch "impurities" des Pulvers als Faktoren, die den Stückmeistern das Leben schwer machten. Mögliche Folgen reichten von der (vergleichsweise) harmlosen Deflagration des Schwarzpulvers bis hin zur spontanen Umsetzung der Treibladung beim Ladevorgang.
 
Selbst das günstigste Zahlenverhältnis für die Mischung war unbekannt und das Pulver wurde je nach Zweck verschieden gemischt. Die Funktionsweise war zudem unbekannt, obwohl es natürlich Erklärungen mit den Begriffen der Zeit gab. Entgegen der Legende erwähnte übrigens schon Albertus Magnus die Mischung.

Allerdings wurde es vor Benutzung mit einem Pulverprüfer getestet, weil auch damals keiner explodieren wollte. Das war ein Gerät mit einer kleinen Röhre, in die etwas Pulver kam. Darüber wurde ein Zylinder gestülpt, der an einer gezähnten Stange nach oben gleiten konnte. Die Höhe, die er nach Entzünden des Pulvers erreichte, zeigte die Qualität des Pulvers an. Es gab auch anders konstruierte Testgeräte.

Ladungen wurden dann nach der Erfahrung gewählt.

Zur Salpeterherstellung:
Wenn das Zersetzungsprodukt in Feuchtigkeit gelöst wurde, bildeten sich an der Oberfläche Salpeterkristalle. Da half also die Natur. Als "chinesischer Schnee" wurde Salpeter auch aus dem Nahen Osten importiert.
 
Die älteste bekannte europäische Büchse. Die frühesten europäischen Feuerwaffen waren sog. Feuertöpfe (erste mögliche Erwähnung 1314, gesichert 1338), die tatsächlich eine Art Pfeil verschossen.
 
Ein Rezept für "Feuer-Alaun" im Taishang Shengzu Jindan Mijue (太上聖祖金丹秘訣) aus dem Jahr 808 wird als frühes Schwarzpulver-Rezept gedeutet:

鉛汞甲庚至寶集成 : 鉛汞甲庚至寶集成卷二 - 中國哲學書電子化計劃
Die Zutaten werden wie folgt benannt:

硫二兩硝二兩馬兜鈴三錢半。
=
2 liang Schwefel, 2 liang Salpeter, 3 1/2 qian Aristolochia debilis

In Hongkong und Singapur sind die Maßeinheiten noch gebräuchlich, man könnte liang mit "Unze" und qian mit "Zehntelunze" übersetzen. Inwieweit das auf das Jahr 808 übertragbar ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Tael - Wikipedia

Soweit ich sehe, wird eine explosive Wirkung in dem Text nicht erwähnt.




 
Soweit ich sehe, wird eine explosive Wirkung in dem Text nicht erwähnt.
Wenig verwunderlich, und ich könnte mir vorstellen, dass zwischen der Entdeckung des Schwarzpulvers und dem Beginn der Nutzung als Treibladung bzw. Sprengstoff einige Zeit verging. Schwarzpulver hat eine Abbrandgeschwindigkeit von im Mittel 450 m/s (moderne Ladungen kommen auf mindestens 6.000 m/s). Heißt: Schwarzpulver brennt einfach nur ab, wenn man es nicht verdämmt oder in ausreichender Masse vereint. Industriell gefertigtes Schwarzpulver ist erst ab >1.000 g explosiv, vorindustrielles mit entsprechenden Verunreinigungen dürfte zum Umsetzen noch deutlich mehr Masse brauchen.
 
Zurück
Oben