Schweizer Binnenmarine

pelzer

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Würde mich freuen mehr davon zu erfahren. Das ist nun wirklich ein Kapitel, das nicht jeder kennt (mich eingeschlossen).

Hoi zäme

Mach ich doch gerne…

Die Geschichte der Schweizer Binnenmarine reicht mindestens in die Zeiten zurück, als Napoleons bei uns zu Besuch waren. Und auch im Sonderbundskrieg spielte sie eine Rolle.

Aber so richtig begann es um 1935, da wurde auf dem Genfersee eine erste Motorbooteinheit in Dienst gestellt. Aber erst als 1940 die Schweiz vom Krieg umzingelt war, erkannte man die Notwendigkeit von Kamptruppe auf den Gewässern. Kurzfristig führte man sogenannte „Kampfboot-Detachemente“ ein. Insgesamt 6 Einheiten: Genfersee, Thunersee, Brienzersee, Vierwaldstättersee (süd und nord) und Walensee.
Zuerst waren die Truppen mit requirierten und provisorisch bewaffneten Booten ausgerüstet. 1943 wurden dann zusätzlich die ersten richtigen Kriegschiffe in Dienst gestellt, die „Patrouillenboote P-41“.
Daneben gab es noch die „Seedetachemente der Pontoniertruppen“ Diese waren für die Transporte und die Uferverteidigung zuständig. Insgesamt dürften etwa gut 300 Boote im Einsatz gewesen sein.

Das „Patrouillenboot P-41“ war eine völlige Neuentwicklung der Firma Risch aus Zürich. Der „Schiffbau“ ist auch heute noch ein Begriff. Der Rumpf der P-41 bestand aus neuartigen stranggepressten Aluprofilen, die untereinander verschraubt waren. Der teilgepanzerte Rumpf war 11.7m lang, 3.15m breit und der Tiefgang betrug 80cm. Bewaffnet mit einer 24mm Tankbüchse und einem 7,5mm Doppel-Flab-Maschinengewehr. Dazu ein Suchscheinwerfer und die Sturmgewehre der Besatzung.
Die neun P-41 hatten verschiedene Motoren. Anfangs amerikanische Sterling oder Speedway Benzin-6 Zylinder mit 226 oder 260PS. Dann gab es Lieferschwierigkeiten und die nächsten Boote erhielten Hispano-Suiza V12 Flugzeugmotoren (300PS). Mit den Motoren gab es immer Probleme. Später baute man eines der Boote auf einen Palmer V8 Marinemotor (300PS) um und eines auf einen Detroit-Diesel 2-Tackt V8 (350PS) um. Die Geschwindigkeit betrug etwa 40-45km/h.
Die P-41 waren offen und hatten bloss ein kleines Verdeck. Und die Soldaten trugen anfangs die übliche Uniform aus dem unsäglichen Filzstoff. Bei schlechtem Wetter und vor allem im Winter erfror die Besatzung beinahe wegen dem Spritzwasser und dem Eis.
Für die Kampfboote gab es eigene Militärhäfen, teilweise unterirdische.

Neben diesen Kampfbooten gab es unzählige Transportschiffe; alles requirierte Fähren, Nauen, Personenschiffe usw. Diese wurden teilweise technisch den militärischen Bedürfnissen angepasst. Zum Beispiel bekamen einige Kiesnauen Verladerampen. 1940 wurde zum Beispiel eine Heinkel He111 quer über den Vierwaldstättersee transportiert.

Die Marine errichtete auf verschiedenen See Hindernisse gegen feindliche Boote oder Wasserflugzeuge. Im Vierwaldstättersee gab es ein mehr als einen Kilometer langes, schwimmende, Seehindernis aus Holz und Stacheldraht. Und zwei Kriegshäfen.

Nach dem Krieg wurden die P-41 mit einer geschlossenen Kabine und Radar nachgerüstet. Der höherliegende Schwerpunkt tat dem Fahrverhalten aber nicht gut. Später gab es andere Bewaffnung und viele weitere Anpassungen. Dadurch wurden die Boote immer unterschiedlicher. 1976 erneuerte man eines der P-41 grundlegend. Es sollte als Vorlage für die Erneuerung aller Boote dienen. Das Resultat war aber ernüchternd: teuer und schlecht.
Heute hat die „Motorboot Kp10“ auf den Schweizer Seen zehn „Patrouillenboot P-80“…

Gruss Pelzer

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Hier kann man diese Schrecken der (Binnen-) See(n) auch betrachten:

Motorboote
 

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Also gerade das tæt mich ja doch interessieren... Hast du da auch so einen netten Bericht? :)

Gruss, muheijo

Das Historische Lexikon der Schweiz gibt etwa her:

Die zahlreichen Wasserwege auf dem schweiz. Territorium wurden militärisch wenig genutzt. Am ehesten brauchte man sie für den schon im MA belegten Truppentransport, bei dem zivile Schiffe zum Einsatz kamen. 1422 beispielsweise überquerte das nach Arbedo ziehende, 400-500 Mann starke Luzerner Kontingent den Vierwaldstättersee auf sieben Lastschiffen. Im Jan. 1798 landete ein Teil der franz. Invasionstruppen per Schiff in Nyon und Lausanne. Während des Dt.-Franz. Kriegs von 1870 setzten die Tessiner über den Vierwaldstättersee, um sich an die Rheingrenze zu begeben.
In der Schweiz fand keine einzige bedeutende Seeschlacht statt. Schiffe, manchmal auch Flösse, kamen jedoch bei Belagerungen oder bei Wasser-Land-Aktionen zum Einsatz. Strabon (Buch VII) berichtet von Kämpfen zwischen Römern und Vindelikern, die 15 oder 14 v.Chr. auf dem Bodensee stattfanden. 1375 griffen die Berner das Schloss Nidau von der Zihl aus an, indem sie ihre Waffen auf Booten installierten. Im Alten Zürichkrieg lieferten sich Schwyzer und Zürcher mehrere Gefechte um die Herrschaft über den Zürichsee (Belagerung von Rapperswil, Wasser-Land-Überraschungsangriff auf Hurden, Infanteriekampf von Floss zu Floss bei Männedorf 1445). In den Burgunderkriegen gelang es den Bernern nicht, die Garnison von Grandson vom Neuenburgersee her zu befreien, hingegen konnten sie bei der Belagerung von Murten nachts den Kontakt zur Stadt mittels Barken aufrechterhalten.
Dennoch verkehrten, wenn auch nur vorübergehend, K. auf Schweizer Seen. Auf dem Genfersee unterhielt das Haus Savoyen schon im 13. Jh. einen Verband kleiner K., die in den Häfen von Villeneuve (VD) und Ripaille (Thonon) vor Anker lagen. In den beiden Orten bestanden auch Schiffswerften. Im 17. und 18. Jh. erlebte der Schiffbau dank der Bemühungen der Genfer, Berner und Zürcher einen Höhepunkt. Um der savoy. Flotte die Stirn zu bieten, kreuzten Genfer Brigantinen (u.a. Le Soleil) und Berner Galeeren (Le Grand Ours, Le Petit Ours) auf dem Genfersee. Auf dem Zürichsee manövrierten neunzig Jahre lang die 1693 erbauten K. Der 1695 fertiggestellte Hafen von Morges diente sowohl Militär- als auch Handelszwecken. Doch die bescheidenen "Flotten" (wenige Schiffe) spielten nur eine geringe Rolle. Mehrere Projekte kamen nie zur Ausführung; nach den Bemühungen des letzten "Admirals", Auguste de Crousaz (
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1798), wurde die bern. Flottille 1793 abgerüstet.
Die Nachbarstaaten waren stärker am Einsatz von K.n interessiert als die Schweiz. Im 10. und 11. Jh. führte der Kampf um die Hoheit des Luganer- und Comersees zu Seekriegen. In den Müsserkriegen (1525-32) fanden auf dem Comersee heftige Kämpfe statt. Auf dem Bodensee griffen die Schweden 1633 die kaiserl. Truppen an. Während des franz.-piemontes. Kriegs gegen Österreich bildete 1859 der Langensee den Schauplatz militär. Operationen: Drei österr. Dampfschiffe zogen sich nach Magadino zurück, wo deren Besatzung interniert wurde. Die Eidgenossenschaft kaufte die österr. Schiffe (darunter das in der Schweiz gebaute Kanonenboot Radetzky), verkaufte diese aber bereits 1860 und 1861 wieder an die ital. Regierung.
Zu Beginn des 1. Weltkriegs besass die Schweiz im Gegensatz zu ihren Nachbarn Italien, Österreich, Bayern, Württemberg und Baden keinen einzigen Verband von K.n, weder auf den Tessiner Seen noch auf dem Bodensee. Zur Grenzüberwachung auf dem Bodensee benützte die Armee kleine Boote, die sie 1917 durch Motorboote ersetzte. Letztere wurden nach dem Krieg demobilisiert. Erst 1942 schuf man wieder eine Militärflotte, die auf den Grenz- und Réduitseen zum Einsatz kam und aus neun bewaffneten Patrouillenbooten sowie rund 50 requirierten Privatschiffen bestand. Daraus ergab sich die 1947 gegr. Kompanie, die sich ab 1961 in drei Kompanien (Bodensee, Genfersee, Tessiner Seen) gliederte. 1980 wurden diese mit zehn neuen Schiffen ausgestattet und seit 1995 haben sie ihre eigene Rekrutenschule. Die 1970 eingeführten Transportschiff-Detachemente - die letzten Schiffe verkehrten auf dem Vierwaldstättersee - wurden 1994 aufgelöst.
 
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