Schwertträger?

Nergal

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Habe nun ein Buch über Aussenseiter im Mittelalter gelesen, da kommt auch der Henker vor, und es wird erwähnt dass Adelig usw. das recht hatten in einer Stadt wie Köln etwa vom Schwertträger der Stadt enthauptet zu werden und dass seine Hinrichtungstätigkeit nicht als unrein/unehrlich galt wie die des Henkers.

Aber was genau war die Tätigkeit bzw die restlichen Aufgaben des Schwertträger ausser gelegentlich Jemand den Kopf abzuschlagen?
In der Wikipedia fand ich nur den gleichnamigen Fisch, und auch mein mehrteiliges lexikon hat dazu nichts zu sagen.
 
Vermutlich wäre der lateinische Begriff Spatarius. Und ein Spatarius das war meist ein Leibwächter, nicht selten selber adeliger Herkunft, jedenfalls aber ein Schwertträger, also jemand der die ausführende Macht über einen Rechtsakt hatte. Siehe auch Gerichts- oder Zeremonialschwerter.
 
Der Titel "Schwertträger" war eine Auszeichnung. Zumindest im 6. Jh. n. Chr.. Z. B. wurde der spätere Gotenkönig Witigis zum "comes spatharius" des Gotenkönigs Athalarich (Enkel Theoderich d. Gr.) ernannt aufgrund seiner militärischen Erfolge. In dieser Eigenschaft war er als Gesandter tätig. Mit Henkertätigkeit hatte das zu der Zeit nichts zu tun.
 
Dieser Kölner "Schwertträger" war anscheinend ein städtischer Bediensteter, nämlich einer der städtischen Büttel. Er hatte einen höheren Rang als seine Kollegen und wurde höher besoldet und durfte ein Schwert tragen. In Ausnahmefällen konnte er für den Henker einspringen.
 
Hier dürfte es eher um das Hoch- und SpätMA gehen.
Das ist mir klar, aber gezielt zu finden ist für die Zeit nichts Vernünftiges zu dem Begriff. Ich schlage vor, sowohl Nergal als auch Ravenik nennen mal bitte hier ihre Quellen (möglichst mitsamt den Fußnoten zu dem Thema). Wenn denn der spartharius/Schwertträger so „heruntergekommen“ ist bis in diese Zeit, müsste es irgendwo eine Doku dazu geben.


Ich habe dazu weiterhin nur so etwas wie folgende Links gefunden:
Spatharios - Wikipedia, the free encyclopedia =
The spatharii or spatharioi (sing. Latin: spatharius, Greek: σπαθάριος, literally "pertaining to the spatha") were a class of late Roman imperial bodyguards in the court in Constantinople in the 5th-6th centuries, later becoming a purely honorary dignity in the Byzantine Empire.
Und zum Jahr 811 n. Chr.:
wichmann_1_graf_811
 
Der "Schwertträger" war nicht "heruntergekommen", sondern es handelte sich um etwas völlig anderes als den von Dir erwähnten Ehrenstatus für verdiente Gefolgsleute und die byzantinische Würde, nämlich um ein städtisches Amt. Ich verweise auf das "Mitteilungsblatt der Fachgruppe Strafrecht in der Gesellschaft für Rechtsvergleichung", Band 106, und auf die "Geschichte der Stadt Köln" von Leonard Ennen. Dieser Kölner Schwertträger erhielt 1370 ein Gehalt von 20 Mark.

Auch die Verfassung Münsters unter den Täufern sah ein Schwertträgeramt vor (siehe hierzu den Artikel von Carsten Fischer: http://fhi.rg.mpg.de/articles/pdf-files/0408fischer.pdf ). Der Amtsinhaber Knipperdolling fungierte als Scharfrichter und war für Verhöre zuständig.

Ich weise auch darauf hin, dass "Schwertträger" ohnehin nur eine Hilfsübersetzung für "Spatharius" ist, da sich das Wort nicht wirklich wortwörtlich übersetzen lässt (wobei obendrein "spatha" nicht generell "Schwert" bedeutet, sondern einen bestimmten Schwerttyp bezeichnet), die Verwechslungsgefahr also nur besteht, wenn man die Übersetzung verwendet.
 
Zuletzt bearbeitet:
(wobei obendrein "spatha" nicht generell "Schwert" bedeutet, sondern einen bestimmten Schwerttyp bezeichnet),

Das stimmt zwar für die Antike, aber nicht unbedingt für das Mittelalter. Es ist eine Bedeutungserweiterung festzustellen, denn im Mittellateinischen verschwindet das Wort gladius und wird durch spat(h)a ersetzt. Das mag natürlich daran liegen, dass man keine Kurzschwerter (Stichschwerter) mehr verwendete, wie etwa die römischen Legionäre, sondern Langschwerter (Hiebschwerter). Und so verwundert es auch nicht, dass in den romanischen Sprachen das gladius sich nicht durchsetzten konnte, sondern das spat(h)a, zu sehen am frz. épée, am span./port. espada, am aragonesischen espata und als Lehnwort im baskischen ezpata. Und nicht nur in der Westromania, auch in der Ostromania hat sich das Wort so durchgesetzt, siehe ital. spada und rumän. spadă. Für einen hoch- und spätmittelalterlichen Kontext ist damit also nicht mehr ein bestimmter Schwertyp gegeben.
 
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