Selbstoptimierung der Marktwirtschaft?

- hat sich die Marktwirtschaft in der Zeit des Kalten Kriegs selbst optimiert??

woher sollen wir wissen, ob und wie die sich ohne diesen Druck hätten selbst optimieren können?

Ein Ausgangspunkt für die Diskussion war der Hinweis auf die "kreative Zerstörung" bei Schumpeter und betrifft die Fahigkeit von Unternehmen im Rahmen des Kapitalismus sich verändernden Marktbedingungen anzupassen.

Dieses vollzieht sich als permanenter Umbau von Unternehmen und der Konsequenz als Schließen von Betriebsteilen, dem Outsourcing ("Coase Law" etc.) oder dem Verlagern von Produktionsstädten in andere Länder.

Für das einzelne Unternehmen bedeutet dieser Prozess reduzierte Kosten, einen erhöhten ROI und eine Verbesserung der relativen Wettbewerbsposition (vgl. Arbeiten von Porter etc.).

Diese Veränderungen auf der betrieblichen Ebene wirken innovativ und führen gleichzeitig zu einer Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Position und der volkswirtschaftlichen Position (Handelsbilanz etc.) im Rahmen des internationalen Handels (vgl. komparative Kostenvorteil).

Komparativer Kostenvorteil ? Wikipedia

Dieser Mechanismus einer inkrementellen, permanenten Anpassung fehlt als dezentraler Prozess der Anpassung von einzelnen Unternehmenseinheiten bzw. in der aggregierten Wirkung einer Volkswirtschaft in den Unternehmen der stalinistischen bzw. poststalinistischen Kommandowirtschaft.

In diesem Sinne hat sich die soziale Marktwirtschaft in der BRD auf der Ebene der einzelnen Betriebseinheiten vergleichsweise effizienter optimiert wie entsprechende Unternehmen in der Kommandowirtschaft, denen diese Mechanismen nicht zur Verfügung standen. Unterstützt durch die entsprechende Ordnungspolitik, die sich dem "Magischen Viereck" verplichtet fühlte, wie Silesia schon anmerkte.

Allerdings sei in diesem Zusammenhang auch auf die negativen Begleiteffekte hingewiesen, die sich als "strukturelle Arbeitslosigkeit" niedergeschlagen haben und auf die die "Agenda 2010" eine mögliche Antwort war.

Der Kalte Krieg hat dabei vor allem in den westlichen Besatzungs-Zonen insofern eine verschärfende Rolle gespielt, als die Beschaffung von Kapital für die unternehmerischen Investiononen über den freien Kapitalmarkt und durch die entsprechende Unterstützung durch den Marschall-Plan erleichtert worden sind. Und zu einer deutlich günstigeren Ausgangsposition für die Volkswirtschaften geführt haben wie vergleichbare Volkswirtschaften im Osten.

Einen besonders schwierigen Start hatte dabei die sowjetische Volkswirtschaft durch die umfangreichen Zerstörungen (ca. 25 Prozent des "Inventars" der Volkswirtschaft war zerstört worden) und ebenfalls die "SBZ", die massive Reparationen zu zahlen hatte und unter Demontagen litt.

In diesem Sinne waren die "West-Zonen" im Gegensatz dazu das politische Schaufenster, die den Systemvergleich zwischen Ost und West augescheinlich transportierten und die neben der politisch-militärischen Konfrontation die Vergleichs- und Konfliktebene des "kapitalistischen Wohlfahrtsstaats" positionierte, im Gegensatz zum "sozialistischen Wohlfahrtsstaat".

Die "Selbstoptimierung" war somit nicht alleine eine Leistung, die alleine auf der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland basierte, sondern zusätzlich durch die Kapital- und Wirtschaftshilfe der Amerikaner sehr deutlich stimuliert wurde.

Ahlener Programm ? Wikipedia

Düsseldorfer Leitsätze ? Wikipedia
 
Die "Selbstoptimierung" war somit nicht alleine eine Leistung, die alleine auf der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland basierte, sondern zusätzlich durch die Kapital- und Wirtschaftshilfe der Amerikaner sehr deutlich stimuliert wurde.
das ist ein treffendes Schlußwort!! :):) so zu sagen die "Selbst"optimierung, der hilfreich unter die Arme gegriffen wurde :D

ein klasse Beitrag, thane!!!
 
.....
Wobei ich den Eindruck hatte, dass das @hatl nicht vor Augen stand, als er den Begriff hier einführte, sondern dass er das eher (nur?) an Quantitäten, Effizienzen oder Produktivitäten dachte. Da kann ich mich natürlich irren, deshalb die Nachfrage.

.....

Genau das meinte ich (nur) mit der "Selbstoptimierung der Wirtschaft".
Ich denke man kann feststellen, dass eine solche in marktwirtschaftlichen Systemen ungeplant entsteht, während (zentrale) Planwirtschaften hierfür einen Entscheidungsprozess entwickeln müssen.

Nochmals zum Beispiel des Werkzeugbaus in der DDR:
In der DDR verteilte sich der Werkzeugbau für die Plastverarbeitung auf unterschiedlich organisierte Betriebe:

reine Werkzeughersteller

plastverarbeitende Betriebe mit angeschlossenem Werkzeugbau, die auch die Industrie beliefern

plastverarbeitende Betriebe mit Betriebsteilen oder unterstellten Werken für den Werkzeugbau

kleinere plastverarbeitende Betriebe mit Werkzeugbau für den Eigenbedarf

Aufgrund dieser inhomogenen Struktur fehlte eine übergeordnete Instanz, welche die Arbeit dieser Betriebe sinnvoll koordinieren konnte.
formwerkzeugbau [DDR Plaste Projekt DokuWiki]

Hier ist ein wesentlicher Unterschied zu sehen:
Die Planwirtschaft der DDR benötigte eine "übergeordnete Instanz" zur Koordination der entsprechenden Aktivitäten,
während diese in der Marktwirtschaft überflüssig ist, da hier die Koordination, bezogen auf dieses Beispiel, gänzlich durch den Markt von selbst ergibt.
 
Genau das meinte ich (nur) mit der "Selbstoptimierung der Wirtschaft".
damit ich nicht konfus werde nochmal eine Nachfrage: meintest (und schriebst) du "Selbstoptimierung der Wirtschaft" oder "Selbstoptimierung der Marktwirtschaft"?
das ist ein relevanter Unterschied, deshalb meine Frage (das eine ist tatsächlich ein neutrales Abstraktum, das andere allerdings enthält schon wertende Vorentscheidungen)
 
damit ich nicht konfus werde nochmal eine Nachfrage: meintest (und schriebst) du "Selbstoptimierung der Wirtschaft" oder "Selbstoptimierung der Marktwirtschaft"?
das ist ein relevanter Unterschied, deshalb meine Frage (das eine ist tatsächlich ein neutrales Abstraktum, das andere allerdings enthält schon wertende Vorentscheidungen)

Ich schrieb von der "Selbstoptimierung der Wirtschaft" " und Du von der "Selbstoptimierung der Marktwirtschaft".
:pfeif: :pfeif:

hatl ;)
 
oh... dann hatte ich das http://www.geschichtsforum.de/678288-post56.html wohl falsch verstanden... :winke::pfeif::pfeif: (ich wußte nicht, dass im Kapitalismus andere Wirtschaften als (freie) Marktwirtschaften vorherrschen... wieder was gelernt) ;):D

:D:D:D

Das mit "Kapitalismus" hab ich deshalb vorsichtig mit ".." versehen.
Es tät mich auch mal interessieren wie groß die Fläche des Dunstes um den Begriff ist, im Vergleich zum Begriff selber.
Mir scheint es ohne weiteres einleuchtend, dass Kapitalismus und Marktwirtschaft keine deckungsgleichen Begriffe sind.
Weder was die Erscheinung betrifft, noch die Trennschärfe der Beschreibung.

Spass beiseite:
folgt man dem "DDR-Werkzeugbauer-Link", dann sieht man auch hier die "Selbstoptimierung" einer Wirtschaft.
 
Zuletzt bearbeitet:
....da hier die Koordination, bezogen auf dieses Beispiel, gänzlich durch den Markt von selbst ergibt.
Ich löse jetzt diese Satzteil aus dem ursprüngliche Wortumgebung...
deswegen, dass ich nur eine Beispil hier als eine "Wildtrieb" (?) nennen kann: einige Landwirte europaweit wurden doch darum "dotiert" von Brüssel, dass sie ihren Felden nicht bewirtschaften sollten.
 
...oder dem Verlagern von Produktionsstädten in andere Länder.

Für das einzelne Unternehmen bedeutet dieser Prozess reduzierte Kosten, einen erhöhten ROI und eine Verbesserung der relativen Wettbewerbsposition (vgl. Arbeiten von Porter etc.).

Diese Veränderungen auf der betrieblichen Ebene wirken innovativ und führen gleichzeitig zu einer Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Position und der volkswirtschaftlichen Position (Handelsbilanz etc.) im Rahmen des internationalen Handels (vgl. komparative Kostenvorteil).
Hier möchte ich auch nur zwei sgn. "Wildtrieb" erwähnen (leider ohne konkrete Quellenangabe):
-in Bangladesch nach dem verhärende Feuer in eine Näherei wurde eine sgn. "Feuerschutz"-Dokument erstellt, und leider nicht viele Unternehmen aus Europa dazu sich bekannt haben,
-(es war schon seit einige Zeit, darum erinnere ich mich nicht genau darauf , auf welche konkret Gegend aus Indien hier betroffen war) in eine Fernseh-Dokumentation wurde gezeigt, dass in Indien, auf dem Baumwollefelden (der Produktion wurde geliefert in Europa bei diese Fall) die Arbeiter spritzen täglich hochgiftige Mittel auf den Pflanzen (ganze Tag, ohne Schutzkleid, auf den Aufnahmen könnte man sehen, dass sie oft Barfuss waren, nur mit einen Lendenschutz tragend gearbeitet haben,sie waren Hunderte auf den Felden....), und für ihnen wurde von der europaische Verträter gesagt, dass nach dem Arbeit sollen sie Hand-und Füße (nur der Fersen) abwaschen. Natürlich wurden dann die Arbeiter wegen Kollaps-und Sepsis-und ... regelmäßig in den Krankenhäuser eingeliefert...., dann haben sie wieder zurück auf den Felden zu arbeiten gegangen...
 
Ein Ausgangspunkt für die Diskussion war der Hinweis auf die "kreative Zerstörung" bei Schumpeter und betrifft die Fahigkeit von Unternehmen im Rahmen des Kapitalismus sich verändernden Marktbedingungen anzupassen.

Hier sollte eine Differenzierung eingreifen: Schumpeter zielte auf den sozioökonomischen Wert von Innovationen, und hatte nicht den Anspruch eines ökonometrischen Modells für diese Anpassungsvorgänge.

Soziologische Ansätze "werten" ihn daher aus anderer Sicht als ökonomische Ansätze. Von den drei Thesen (die oglokea zitiert hatte) ist ausserdem mindestens die dritte (Monopole und Innovation im Rahmen dieser "kreativen Zerstörung") empirisch als widerlegt anzusehen:
Scherer/Ross, David, Industrial Market Structure and Economic Performance, 1990. Scherer/Ross ist hier als herrschende Meinung anzusehen und wird entsprechend referenziert.


Die Frage von @hatl ist allerdings der Ausgangspunkt von sozioökonomischen Verteilungsfragen, setzt nämlich mikroökonomisch beim ökonomischen Erfolg an, den er mit "optimiert" umschrieben hat. Er zielte also mit der Frage auf die quantitativen ökonomischen Aspekte ab, und ich unterstelle mal: letztlich auf Wachstumsmodelle bzw. Wachstumstheorie (für den direkten System-Vergleich).

Dieses vollzieht sich als permanenter Umbau von Unternehmen und der Konsequenz als Schließen von Betriebsteilen, dem Outsourcing ("Coase Law" etc.) oder dem Verlagern von Produktionsstädten in andere Länder.
Für das einzelne Unternehmen bedeutet dieser Prozess reduzierte Kosten, einen erhöhten ROI und eine Verbesserung der relativen Wettbewerbsposition ...
Diese Veränderungen auf der betrieblichen Ebene wirken innovativ und führen gleichzeitig zu einer Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Position und der volkswirtschaftlichen Position (Handelsbilanz etc.) im Rahmen des internationalen Handels (vgl. komparative Kostenvorteil).

Eigentlich geht es hier im Kern nur um zwei Dinge: die "Sterberate" und die "Geburtsrate" infolge der Innovation und Diffusion. Wachstum liegt vor, wenn die Geburtsrate ("creative accumulation" oder "creative diffusion of innovation") die Sterberate übersteigt. Damit sind weitere Probleme in Marktwirtschaften verbunden: staatliche Absorptionsprozesse, institutionelle Eingriffe etc. Bei Schumpeter: ungeklärt/unberücksichtigt.

Schumpeter liegt außerdem (implizit!) ein endogenes Wachstumsmodell zugrunde, was ebenfalls kritisiert bzw. diskutiert wird.

Dazu plastisch zwei Schlaglichter:
"With hindsight, we may say that the issues related not so much to the measurement of capital as to its meaning. This carried with it further ques- tions about how the accumulation process in capitalist society may best be envisaged and so modelled. There are two principal competitors: On the one hand, Marx–Keynes–Schumpeterian ruthless, swashbuckling entre- preneurs and capitalists, for whom profit-making and accumulation are ends in themselves, call the tune to which all other classes in society must dance. On the other hand, the consumption and saving behaviour of life- time utility-maximising agents dominates and all other actors and institutions in the economy, firms, the stock exchange, for example, are but the agents through which they achieve their ends. To both views must be coupled the question: what is the appropriate method with which to analyse the processes of accumulation, distribution and growth?"
Arrestis/Baddeley/McCombie, Economic Growth - New Directions in Theory and Policy

"Two important implications of the birth and death process model of Schumpeterian dynamics have to be mentioned here. One is the creation of learning-by-doing scale economies by which the new innovating firm gains a cost advantage. If the cost advantage is significantly large, its possessor may elect to set prices so low as to deter the entry by other competitors. Thus, the successful innovating firms may have profit incentive to lead by introducing new products or services. The other implication is that the production capacity of the new innovating firms must be optimally built up for the new innovation technology to displace the old. Aghion and Howitt (1992) have developed a model of creative destruction in Schumpeterian dynamics, which postulates that a successful innovator drives out the previous incumbent by undercutting his process and creating a local monopoly through either a patent or a stronghold, until driven out by the next successful innovator. When the birth rate exceeds the death rate, the industry grows. This growth is then diffused as others tend to imitate and adopt learning-by-doing methods. Stochastic models of diffusion can capture this spread and spillover effects. These models are intended to capture the contagion and infection effects by which innovation, ... by one firm infects other firms by the lure of high monopoly profits."
Sengupta, Understanding Economic Growth - Modern Theory and Experience


Dieser Mechanismus einer inkrementellen, permanenten Anpassung fehlt als dezentraler Prozess der Anpassung von einzelnen Unternehmenseinheiten bzw. in der aggregierten Wirkung einer Volkswirtschaft in den Unternehmen der stalinistischen bzw. poststalinistischen Kommandowirtschaft.
Oder einfach: es fehlt der marktliche Wettbewerb,

[...und auch in die Prozesse substitutiv eingeführte sozialistische Wettbewerbsaspekte waren qualitativ nicht in der Lage, diesen zu ersetzen.]

Allerdings sei in diesem Zusammenhang auch auf die negativen Begleiteffekte hingewiesen, die sich als "strukturelle Arbeitslosigkeit" niedergeschlagen haben...
Ganz genau. Hier überwogen entweder Beschäftigungsaspekte der "Sterberaten" (warum?) oder aber: Schumpeters (nur) endogene Betrachtung ist falsch.

... als die Beschaffung von Kapital für die unternehmerischen Investiononen über den freien Kapitalmarkt und durch die entsprechende Unterstützung durch den Marschall-Plan erleichtert worden sind. Und zu einer deutlich günstigeren Ausgangsposition für die Volkswirtschaften geführt haben wie vergleichbare Volkswirtschaften im Osten. ...
Die "Selbstoptimierung" war somit nicht alleine eine Leistung, die alleine auf der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland basierte, sondern zusätzlich durch die Kapital- und Wirtschaftshilfe der Amerikaner sehr deutlich stimuliert wurde.

Im Ergebnis fraglos ja, ... aber:

Einserseits;
Die Einführung der s.g. "Wirtschaftswunder"-Phase in die "built-in-innovation" halte ich für problematisch. Selbst wenn man Schumpeters "Wachstumsmodell" für Marktwirtschaften folgt, haben wir hier eine "destruction/innovation by war", was marktliche Prozesse weit überlagert.

Andererseits:
War es Deine These, das Kollabieren in die Endphase des Planwirtschaftsmodells zu legen, und auf die gerade hohen Wachstumsraten 1945/1970 zu verweisen? Wenn ich das richtig verstanden habe, läge das Scheitern demnach außerhalb der konjunkturellen (Nachkriegs-)Welle.

In beiden Fällen sollte man das s.g. "Wirtschaftswunder" außen vor lassen, nicht nur, weil die Ursachen sehr kontrovers diskutiert werden. War die freie Kapitalbeschaffung überhaupt ein Faktor des Wachstum (etwa 1949/1969)? Das würden verschiedene "Schulen" verschieden beantworten, siehe oben. Ich würde das verneinen, und mich dazu auch auf empirische Analysen (zu den (staatlichen und privaten) Investitions- und Sparquoten, den Zahlungsbilanzen und Importen, den Kapazitätsauslastungen etc.) stützen können. Das ist aber die Diskussion: Ursachen des s.g. Wirtschaftswunders.

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P.S. in dieser Denkrichtung bewegt man sich auf die ökonomischen Wachstumsmodelle zu (was den Vergleich der Systeme einfach macht, aber zweifelsohne wichtige social values ausblendet, und deshalb nur als Ausgangsgrundlage verstanden werden kann), und damit auf ökonometrische, empirische Analysen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir ist hinterher auch klar geworden, dass die "kreative Zerstörung " in der der Aufbauphase ab ca. 47 vordergründig nicht plausibel erscheint als Erklärung für das Wirtschaftswunder.

Hier sollte eine Differenzierung eingreifen: Schumpeter zielte auf den sozioökonomischen Wert von Innovationen

Mir ging es in der Tat eher um die Ausdeutung der idealtypischen Rolle des Unternehmers, im Sinne eines "soziologischen bzw. sozialpsychologischen Ansatzes". Der Frage, wie das Selbstbild des Unternehmers sich auf seine intrinsische Motivation auswirkt und ihn motiviert, sein Unternehmen zu entwickeln.

Soziologische Ansätze "werten" ihn daher aus anderer Sicht als ökonomische Ansätze.

Oder einfach: es fehlt der marktliche Wettbewerb,

Im Prinzip geht es dabei um diese Aspekte, die Du in diesem Bereich ansprichst.

Das soll dabei nicht als Glorifizierung der Rolle des Unternehmers verstanden werden, sondern eher die schnelle und kontextnahe Entscheidung in den Vordergrund stellen. Also die Mechanismen, die die Marktbearbeitung beschleunigen und den Kapitalfluss und somit auch den reinvestierbaren Gewinn.

Somit auch die Mechanismus betrifft, der in Plan-Wirtschaften anders organisiert ist.

Schumpeter liegt außerdem (implizit!) ein endogenes Wachstumsmodell zugrunde, was ebenfalls kritisiert bzw. diskutiert wird.

Auf diese Diskussion wollte ich gar nicht abzielen, da mir das Hintergrundwissen dazu fehlt.

Die Einführung der s.g. "Wirtschaftswunder"-Phase in die "built-in-innovation" halte ich für problematisch. Selbst wenn man Schumpeters "Wachstumsmodell" für Marktwirtschaften folgt, haben wir hier eine "destruction/innovation by war", was marktliche Prozesse weit überlagert.

Volle Zustimmung was die volkswirtschaftliche Betrachtung angeht (vgl. oben zur Rolle des Unternehmers)

War es Deine These, das Kollabieren in die Endphase des Planwirtschaftsmodells zu legen, und auf die gerade hohen Wachstumsraten 1945/1970 zu verweisen? Wenn ich das richtig verstanden habe, läge das Scheitern demnach außerhalb der konjunkturellen (Nachkriegs-)Welle.

Ja, ich lehne mich dabei bei der Betrachtung der UdSSR an Bialer an.

The Soviet Paradox: External Expansion, Internal Decline - Seweryn Bialer - Google Books

War die freie Kapitalbeschaffung überhaupt ein Faktor des Wachstum (etwa 1949/1969)?

Bei Abelshauser und bei Milward finden sich eine Reihe von Faktoren. Die politisch gewollte Öffnung der Märkte für westdeutsche Unternehmen und ihre wirtschaftliche Integration war sicherlich ein wichtiger Aspekt.

Der Zugang zu Kapital und die Befreiung von Reparationslasten ein anderer. Abelshauser bewertet dabei den Marshall-Plan in seiner Bedeutung sehr differnziert.

Dennoch war die externe Unterstützung auch wichtig, weil dadurch der Druck von Frankreich auf die West-Zonen nachließ, und damit die wirtschafltiche Erholung auf eine deutlich höhere Planungssicherheit gestellt worden ist.

Deutsche Wirtschaftsgeschichte: seit 1945 - Werner Abelshauser - Google Books

The Reconstruction of Western Europe: 1945-51 - Alan S. Milward - Google Books
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe oben auch keine Widersprüche gesehen, sondern wollte lediglich die vorhandenen zT sehr kritischen Studien einbringen.

Der Zugang zu Kapital und die Befreiung von Reparationslasten ein anderer. Abelshauser bewertet dabei den Marshall-Plan in seiner Bedeutung sehr differnziert.
Dennoch war die externe Unterstützung auch wichtig, weil dadurch der Druck von Frankreich auf die West-Zonen nachließ, und damit die wirtschafltiche Erholung auf eine deutlich höhere Planungssicherheit gestellt worden ist.

"Psychologisch" betrachtet bin ich bei Dir.

Es gibt nun aber eine Reihe empirischer Studien, die gerade die Kausalketten zwischen dem s.g. "Wirtschaftswunder" und den Finanzhilfen (inkl. der Wirtschaftspolitik) in Zweifel zieht (übrigens auch eine zu s.g. Korea-Boom).

Nur ein Hinweis: relativ gemessen am GDP überstiegen die Hilfen für Frankreich und Italien die der BRD um das Doppelte, Großbritannien liegt gleichauf.

Du hast aber schon selber Skepsis angeführt, dieses Beispiel der Nachkriegszeit zu bringen.
 
Mir ging es in der Tat eher um die Ausdeutung der idealtypischen Rolle des Unternehmers, im Sinne eines "soziologischen bzw. sozialpsychologischen Ansatzes". Der Frage, wie das Selbstbild des Unternehmers sich auf seine intrinsische Motivation auswirkt und ihn motiviert, sein Unternehmen zu entwickeln.
(...)
Das soll dabei nicht als Glorifizierung der Rolle des Unternehmers verstanden werden, sondern eher die schnelle und kontextnahe Entscheidung in den Vordergrund stellen. Also die Mechanismen, die die Marktbearbeitung beschleunigen und den Kapitalfluss und somit auch den reinvestierbaren Gewinn.
da stellen sich viele Fragen:
(1)
was ist die idealtypische Rolle eines Unternehmers?
unterscheidet sie sich vom (denkbaren) idealtypischen Unternehmer?
(2)
Die hier verwendeten Begriffe sind ja per Überschrift innerhalb des Rahmens der Marktwirtschaft angesiedelt. Diese, so sagt man ganz allgemein, lebt von der ihr immanenten Konkurrenz der dara Beteiligten. Mit anderen Worten herrscht also ein Wettbewerb unter den konkurrierenden Unternehmern/Unternehmen. Daraus leitet sich folgende Frage ab: wie sieht ein idealtypischer Wettbewerber aus?
(eine Überlegung: der Idealtypus erweist sich seiner Konkurrenz als überlegen und erwirtschaftet durch seine dieser Überlegenheit verdankten Expansion (zu Lasten seiner Konkurrenten) zunehmend höhere Gewinne - das bewegt sich dann verallgemeinert gesagt in Richtung Monopolismus. Oder sollte der Idealtypus seine siegreichen Fähigkeiten selber eindämmen, um die Konkurrenz am Leben zu erhalten, was allerdings wohl nicht in den Lehrbüchern des Unternehmertums zu finden ist? Oder sollte der Idealtypus die im siegreichen Wettbewerb zu Lasten der kleiner werdenden Konkurrenz erzielten Gewinne in die Sozietät reinvestieren? (letzteres wäre besonders ulkig: er würde damit die Arbeitslosen der besiegten Konkurrenz finanzieren... Irgendwie ist der Idealtyp eine heikle Konstruktion))
(3)
gab es irgendwo idealtypische Unternehmer und wenn ja, hatten sie irgendeinen Einfluß auf die Wirtschaftsgeschichte? diese Frage kann auch problemlos auf den Zeitraum des Kalten Kriegs begrenzt werden.
(4)
idealtypische Rollen: benötigen die nicht auch idealtypische Rahmenbedingungen, damit alles rundum ideal ist? Das stellt die Frage, ob es eine Idealform der Marktwirtschaft gibt und wenn ja, ob diese im Lauf der Geschichte irgendwann/irgendwo mal realisiert worden wäre.
(5)
...insgesamt häufen sich Begriffe und Abstrakta, die auffallend positiv konnotiert sind - und das angesichts eigentlich agonaler Wettbewerbssituationen... Da stellt sich zusätzlich die Frage, ob nicht auf der rein sprachlichen Ebene doch eine Art Glorifizierung bzw. unkritisches für-gut-und-wahr-halten der allgemein gesagt marktwirtschaftlichen Begriffe unbemerkt stattfindet?
 
wie sieht ein idealtypischer Wettbewerber aus? [Ergänzung: wie verhält er sich?]

Die ökonomische Antwort auf diese Fragen muss sich beschränken: weder spielen hier Konnotationen eine Rolle, noch ethische Erwägungen, die der ordnungspolitischen Antwort überlassen bleiben (müssen).

Die (rein mikro-)ökonomische Antwort kann man in der Spieltheorie finden: wie verhält sich der Unternehmer "optimal", iS des oben angesprochenen Idealtypus. Gibt es das überhaupt??? Ein kurzer Ausflug, da oben (indirekt) Spieltheorie und Verhaltensmodelle angesprochen worden sind:
Nash
Cournot-Nash-Equilibrium
Bertrand-Nash-Equilibrium
oder: Dominanzstrategie?

Deutlich wird hier, dass es sich ausschließlich um Effizienzkriterien handelt, die die Optimalität verhaltensseitig bestimmen. Über Verteilungsfragen, optimale Allokation etc. wird nichts gesagt. Zudem sind ordnungspolitische Eingriffe, unvollkommene Information, Transaktionskosten etc. zu bedenken, die unternehmerische Wettbewerbs-Entscheidungen einrahmen bzw. Strukturen vorgeben. Diese verändern Entscheidungen, und führen zu ggf. ökonomisch suboptimalem Verhalten.

Beispiel Verteilungsgerechtigkeit: ein (stabiles) Paretooptimum sagt nichts über Verteilungsgerechtigkeit aus, es kann auch dort auf der Kontraktkurve vorliegen, bei der einer viel, der andere wenig besitzt. Zudem sind die Nutzenvorstellungen unbekannt.

Soweit die Marktstrategien, spieltheoretisch basierte Verhaltensmodelle im marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Eine völlig andere Frage ist das Verhalten von Unternehmern in der Gewinnverwendung.

Einige Makroökonomische Folgerungen (Sengupta: Understanding Economic Growth):

1. Institutioneller Ansatz:
Wechselt man auf die makroökonomische Ebene, stellt sich die Frage nach Stabilitäten in diesen (theoretischen) marktlichen Gleichgewichten oder Ungleichgewichten, nach Wachstum oder Krise. Der Grund dafür liegt in der These, dass es multiple Equilibria im Nash-Gleichgewichts-Konzept geben kann (Platteau 2008: Recent Research on Organization Theory), somit stabile suboptimale Lösungen (Transaktionskosten, unvollständige Information, principal-agent-Verhalten).

2. Wachstumsmodelle:
Der "Evolutionary View" geht im Prinzip von Schumpeters Innovations-Ansatz (und dem Wettbewerb) aus. Die Sichtweise soll hier nicht unter der tagespolitischen Frage problematisiert werden, wie weit das gehen mag. Wirtschaftshistorisch wird damit nur erhellt, dass es (nun mal negativ konnotiert!) um Sterbemodelle für Unternehmen und Wettbewerbstheorie geht. Drei Aspekte des "Sterbens" idealtypischer Unternehmer (s.o. die Fragestellung), soweit es um deren Verhalten geht:
- Investitionsprozesse und adaptive Mechanismen
- dynamische Marktänderungen durch Technologiesprünge und nicht-preislichen Wettbewerb
- generalisierte (realitätsangepasste) Gleichgewichts-Konzepte: Unsicherheit über künftige Wettbewerbslagen und dadurch bestimmte Effizienz-/Ineffizient-Zustände (zB Wachstumsmodell von North 1990: hohe Fixkosten, Lernkurven, Koordinationseffekte, Adaptierte Erwartungen.

Was sagt das nun für die Ausgangsfrage:

Es gibt ökonomisch keine Antwort auf das ideale Unternehmerverhalten zur Maximierung von Expansion und Gewinnen im marktwirtschaftlichen Wettbewerb, sondern Ausleseprozesse und Entscheidungen unter Unsicherheit mit sich ändernden Rahmenbedingungen.

Fehlentscheidungen werden gegebenenfalls mit Liquidation beantwortet.

Da es keine Algorithmus für "sichere (Re)Investitionen" [siehe oben] gibt, sind Entscheidungen unter anderem informationsgetrieben, situativ und verhaltensbestimmt, und damit unter Umständen falsch.

Der Idealtypus ist somit eine ökonomisch nicht auffindbar, da niemand über vollständige Information, "sichere" Prognosen, ausschließlich variable Kosten, sofortige Anpassungsvorgänge, Transaktionskosten von Null etc. verfügen kann.

Zum Schluss die einfachste Spieltheorie: Rot oder Schwarz im Gefangenen-Dilemma?


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Hoffentlich ernüchtert die Antwort nicht zu sehr. Zu raten wäre, die ökonomische Seite auszublenden, und sich vielmehr ethischen Prinzpien, ordnungspolitischen Vorgaben und dem zugrunde liegenden gesellschaftlichen Konsens, sozusagen also der Konsensmarktwirtschaft zuzuwenden. Das hat dann aber mit ökonomischer "Effizienz" weniger, mit Selbstoptiminerung vorwiegend unter nicht-ökonomischen Parametern zu tun.

Wenn man diese sachliche Einschränkung akzeptiert, könnte man natürlich prüfen, ob der überlebende "Unternehmer" (hier sollte man in Erkenntnis der Realitäten auch zu "Unternehmen" wechseln) diesen Vorgaben genügt hat, oder trotz, wegen, oder beiläufig seines Überlebens dagegen verstoßen hat, und wie man das sanktioniert oder künftig abstellt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die ökonomische Antwort auf diese Fragen muss sich beschränken: weder spielen hier Konnotationen eine Rolle, noch ethische Erwägungen, die der ordnungspolitischen Antwort überlassen bleiben (müssen).

Deutlich wird hier, dass es sich ausschließlich um Effizienzkriterien handelt, die die Optimalität verhaltensseitig bestimmen.
Was sagt das nun für die Ausgangsfrage:

Es gibt ökonomisch keine Antwort auf das ideale Unternehmerverhalten zur Maximierung von Expansion und Gewinnen im marktwirtschaftlichen Wettbewerb, sondern Ausleseprozesse und Entscheidungen unter Unsicherheit mit sich ändernden Rahmenbedingungen.

Fehlentscheidungen werden gegebenenfalls mit Liquidation beantwortet.


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Hoffentlich ernüchtert die Antwort nicht zu sehr.
aber nein, das ernüchtert nicht, das war abzusehen :winke:

(was mich lediglich überrascht, ist der wortreiche vermeintlich wissenschaftlich-sachliche Aufwand, der zu diesem leicht absehbaren Ergebnis führt -- leicht absehbar? nu ja, Gogol, Norris usw :yes:)

um noch kleine Argumentationsschikane einzubauen: das betrübliche an einer rein ökonomischen bzw. wirtschaftswissenschaftlichen oder unternehmerisch effizienzorientierten Denkweise ist der Umstand, dass in solchem "wissenschaftlich wertneutralem" Denken a priori alle Unternehmen gleich sind (also egal, ob wir das Abstraktum "Unternehmer" mit den Spezifikationen Ökokarottenbauer, flate-rate-Bordellbetreiber, Luxusautohersteller oder Justizrobenschneider versehen) :grübel::still:

insofern ist es erfreulich, dass die Rahmenbedingungen für unternehmerische Entfaltung nicht allein von den Unternehmern bestimmt werden - allerdings ist natürlich zu konstatieren, dass das effizienzorientierte unternehmerische Denken ein großes Geschick in der Anpassung an widrige Umstände (z.B. Steuern u.v.a.) aufweist.
 
...
um noch kleine Argumentationsschikane einzubauen: das betrübliche an einer rein ökonomischen bzw. wirtschaftswissenschaftlichen oder unternehmerisch effizienzorientierten Denkweise ist der Umstand, dass in solchem "wissenschaftlich wertneutralem" Denken a priori alle Unternehmen gleich sind (also egal, ob wir das Abstraktum "Unternehmer" mit den Spezifikationen Ökokarottenbauer, flate-rate-Bordellbetreiber, Luxusautohersteller oder Justizrobenschneider versehen)...

@dekumatland

sehr schön polemisch überspitzt.

Nur, wo würdest Du die Grenzen einer wirtschaftshistorischen Analyse sehen?

Der "Ökokarottenbauer" in Brandenburg oder der "flate-rate Bordellbetreiber" in Düsseldorf haben ein gemeinsames abstraktes Ziel (da braucht es keine Spezifikation), die Kapitalverwertung.

Eine "Marktoptimierung" hat wirtschaftshistorisch bis dato immer auf betriebswirtschaftlcher Ebene im Rahmen volkswirtschaftlicher Ziel- und Grenzvorgaben stattgefunden.

Dabei verschoben sich ethisch-philosophische Grenzen. Aber das ist kein Argumentarium vs. Wirtschaftsgeschichte und der zu konstatierenden wirtschaftshistorischen Entwicklung.

Die Projektion "ethischer" Ideale in die Wirtschaftsgeschichte bzw. in die Geschichte ökonomischer Lehren, führt dabei m.E. in die Irre.

M. :winke:
 
Nur, wo würdest Du die Grenzen einer wirtschaftshistorischen Analyse sehen?
gar nichts spricht gegen wirtschaftshistorische Analysen - aber einige Einwände ergeben sich halt dann, wenn anstelle wirtschaftshistorischer Analysen a priori ideologische Marktwirtschaftsbeweihräucherung (um es polemisch zu formulieren) ausgebreitet wird ;)
 
Teil 1 der Antwort
(5)...insgesamt häufen sich Begriffe und Abstrakta, die auffallend positiv konnotiert sind - und das angesichts eigentlich agonaler Wettbewerbssituationen... Da stellt sich zusätzlich die Frage, ob nicht auf der rein sprachlichen Ebene doch eine Art Glorifizierung bzw. unkritisches für-gut-und-wahr-halten der allgemein gesagt marktwirtschaftlichen Begriffe unbemerkt stattfindet?

aber einige Einwände ergeben sich halt dann, wenn anstelle wirtschaftshistorischer Analysen a priori ideologische Marktwirtschaftsbeweihräucherung ausgebreitet wird

Hört sich interessant an, allerdings bricht es abrupt an der Stelle ab, an der es interessant hätte werden können. Bei der Kritik an der soziologischen, politologischen oder ökonomischen Makro- oder Mikro- Sichtweisen. Wenn jetzt wenigstens auf beispielsweise marxistische, neo-marxistische oder insbesondere die neo-gramsci-Kritiker verwiesen worden wäre, dann hätte die Kritik wenigstens ein wenig an Substanz gewonnen. Oder sie hätte auf die Debatte über „Legitimationsdefizite“ des politischen und ökonomischen Systems in der BRD in den siebziger und achtziger Jahren hinweisen können (Habermas, Senghaas, Narr, Jaeggi, Miliband, Galtung etc.) oder auf das Pendant in der amerikanischen Diskussion mit liberalen Vertretern wie Sorokin oder Galbraith und anderen, die ebenfalls Defizite konstatierten.

Dann wäre wenigstens an der Kritik ersichtlich geworden, was die Kritik eigentlich kritisieren will. So bewegt sie sich im inhaltsleeren Raum ohne irgendwelche theoretischen Bezugspunkte oder gelaufene Diskussionen in den einzelnen Disziplinen.

Ein entscheidendes Argument, jenseits von der Frage des grundsätzlichen methodischen Unterschieds der Analyse von Ökonomie und Politik, betrifft andererseits die Konzeptionalisierung von „Ökonomie“ und die Verwendung zentraler Konstrukte und Prämissen. Das betriff insgesamt die „unrealistischen Annahmen“ der Ökonomen, die im Vorwurf von Albert gipfelten, das es sich dabei um einen „Modellplatonismus“ handeln würde.

„Der Begriff Modellplatonismus wurde in kritischer Absicht von Hans Albert ("Marktsoziologie und Entscheidungslogik", (1967)) eingeführt. Indizien sind insbes. die Benutzung von unspezifizierten ceteris-paribus-Annahmen und die Verwendung von Verhaltensannahmen; oft mit nur geringem Realitätsbezug. Albert schlägt vor, den Modellplatonismus durch konsequente Soziologisierung des ökonomischen Denkens zu überwinden, indem von den tatsächlichen Motivstrukturen, Wertorientierungen und Einstellungen der Wirtschaftssubjekte ausgegangen sowie der verhaltensrelevante Kontext berücksichtigt wird .“

Modellplatonismus - WirtschaftsEnzyklopädie

Dieses Argument ist vor allem relevant, sofern man die „Selbstoptimierung“ betrachtet, weil sie die Frage beinhaltet: „Wer optimiert eigentlich was und unter welchen Voraussetzungen?“ Diese Sichtweise folgt der These, dass Volkswirtschaften nicht ohne die entsprechenden Akteure (Agenten), also in Deutschland auch durch den mittelständischen „Unternehmer“ geprägt werden. Eine Volkswirtschaft optimiert sich nie ohne das handelnde Subjekt!

Auf diesen Zusammenhang zwischen „Agent“ und „Struktur“ habe ich mit Hinblick auf die allgemeine Historiographie hingewiesen.

http://www.geschichtsforum.de/f72/das-handelnde-individuum-der-geschichte-43556/

Vor diesem Hintergrund wurde in Anlehnung an Schumpeter ein Wachstums- bzw. auch Innovationsmodell vorgestellt, das die „Selbstoptimierung“ als generelles Modell erklären kann. Relevant ist dieses Modell, da es Annahmen über die Rolle der Unternehmer macht, die einerseits im Utilitarismus eines Mill und Bentham ihre Wurzeln hat und andererseits die „protestantische Ethik“ eines M. Weber heranzieht.

Jeremy Bentham ? Wikipedia
John Stuart Mill ? Wikipedia

Diese Annahmen haben, vereinfacht, ihren Niederschlag in der Formulierung der neoklassischen Ökonomie gefunden, die im Nutzenmaximierungsmodell der einzelnen Akteure ein universelles Modell sahen. Dieser Utilitarismus ist jedoch beispielsweise von Parsons in den dreißiger Jahren einer scharfen Kritik unterzogen worden ist (vgl. Gouldner: Die westliche Soziologie in der Krise, Bd. 1, S. 79ff).

Vor diesem Hintergrund ist eine Beantwortung der nachfolgenden Fragen durchaus in seinen „groben“ Linien möglich.

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Teil 2 der Antwort
(1)was ist die idealtypische Rolle eines Unternehmers? Und wie unterscheidet sie sich vom (denkbaren) idealtypischen Unternehmer?

Ob es einen Unterschied gibt sei dahingestellt. In der entsprechenden Literatur ist der Unternehmer, im weberianiischen Sinne der Idealtypen, als Produkt der protestantischen Ethik gesehen worden.

Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus ? Wikipedia

Diese Einschätzung basiert dabei auf der empirisch orientierten Sichtweise von Weber und anderen, die mit Hilfe dieses unternehmerischen Typs die Erklärung des Aufstieg der westlichen Welt vornehmen und in dem calvinistischen Puritanismus und der lutherischen Pietismus die psychologischen Bausteine der Industrialisierung erblicken (Wiswede: S. 115).

Einführung in die Wirtschaftspsychologie: 10 Tabellen - Günter Wiswede - Google Books

Diese Ansätze sind vielfach erweitert und modifiziert worden, in Deutschland beispeilsweise durch Strümpel in Anlehnung an Katona. In diesem Sinne schreibt Wiswede: „Die Psychologie des „innovativen Unternehmertums“ impliziert die generelle Frage nach den sozio-psychischen Entfaltungsbedingungen des Unternehmertums und den besonderen Persönlichkeitsmerkmalen, die Unternehmer gegenüber anderen Individuen auszeichnen“ (S. 118). Und genau diesen empirischen Beleg gilt es zu erbringen.

(3) gab es irgendwo idealtypische Unternehmer und wenn ja, hatten sie irgendeinen Einfluß auf die Wirtschaftsgeschichte? diese Frage kann auch problemlos auf den Zeitraum des Kalten Kriegs begrenzt werden.

Natürlich haben Unternehmer einen Einfluss auf die Wirtschaftsgeschichte. Sie schreiben diese Geschichte jeden Tag durch ihr Handeln neu.

Ob es „idealtypische Unternehmer“ jemals gab, ist empirisch zu beantworten und diese Antwort fällt einerseits natürlich mit „Nein“ aus, da es keinen in der Realität handelnden „idealtypischen Unternehmer“ gab, da er lediglich ein analytisches Konstrukt ist.

Andererseits fällt die Beantwortung erwartungsgemäß differenziert aus. So kommt beispielsweise die Studie „mind. Mittelstand in Deutschland, 2004“ zu einer Typologie unterschiedlicher Unternehmer. In diesem Sinne gibt es eine Reihe empirisch meßbarer unterschiedlicher Typen, die im Sinne von Wiswede unterschiedliche unternehmerische Milieus bilden. Der „Aufbauer“ hat einen Anteil von 30%, der „Vorsichtige“ von 27%, der „Kreative“ von 25%, der „Konservator“ von 7%, der „Unterlasser“ von 5% und der „Tausendsassa“ von 5%.

Klassifikation ? Wikipedia
Clusteranalyse ? Wikipedia

Das bedeutet in der Konsequenz, dass die Optimierung der sozialen Marktwirtschaft empirisch bestätigt lediglich von einer Teilgruppe der mittelständischen Unternehmer (Aufbauer, Kreative und Tausendsassa) aufgrund ihrer unternehmerischen Identität offensiv vorangetrieben wird. Den anderen Unternehmertypen kann man nicht uneingeschränkt eine innovative Form der Marktbearbeitung zuschreiben.

Die Optimierung der sozialen Marktwirtschaft, auch im Sinne von Schumpeter, durchaus empirisch belegbar über die Rolle bzw. auch ihr kollektive Selbstverständnis der Unternehmer getragen wird.

Exkurs: Und es ist durchau bemerkenswert, dass auch neuere Ansätze im Umfeld "linker" Politik mittlerweile diese Rolle als wichtig anerkennen und unterstreicht durchaus in seiner praktischen Relevanz die theoretischen und empirischen Ansätze.

4) idealtypische Rollen: benötigen die nicht auch idealtypische Rahmenbedingungen, damit alles rundum ideal ist? Das stellt die Frage, ob es eine Idealform der Marktwirtschaft gibt und wenn ja, ob diese im Lauf der Geschichte irgendwann/irgendwo mal realisiert worden wäre.

Im Sinne Max Webers ist es durchaus möglich und sinnvoll, Idealtypen für analytische Zwecke zu konstruieren. Diese dienen jedoch der analytische Perspektive und sind nicht mit empirisch meßbaren Konstrukten zu verwechseln.

Ansonsten ist diese Frage rhetorisch zu verstehen, da die Beantwortung ohnehin negativ zu beantworten ist. Bereits die Definition der „Idealform“ dürfte erheblich Probleme bereiten, da die Rolle des Staates schwer zu definieren wäre.

Im Kern verweist sie auf die Frage, in welchem Umfang der Staat die negativen Auswüchse eines ungehemmten Utilitarismus, der in der Konsequenz auf die Zerstörung der Gesellschaft hinausläuft, im Rahmen seiner Normenpolitik begrenzt.

Für eine entsprechende Kritik am „Markfundamentalismus“ eignet sich das Buch von Stiglitz, „Im freien Fall“ sehr gut.

Im freien Fall -: Vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Weltwirtschaft - Joseph Stiglitz - Google Books
 
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Hört sich interessant an, allerdings bricht es abrupt an der Stelle ab, an der es interessant hätte werden können. Bei der Kritik an der soziologischen, politologischen oder ökonomischen Makro- oder Mikro- Sichtweisen. Wenn jetzt wenigstens auf beispielsweise marxistische, neo-marxistische oder insbesondere die neo-gramsci-Kritiker verwiesen worden wäre, dann hätte die Kritik wenigstens ein wenig an Substanz gewonnen.
das mag dir so scheinen, dass die von mir vorgebrachte kritische bzw. misstrauische Sicht abbreche oder es ihr an Substanz mangele - aber dabei übersiehst du, dass damit immerhin ein für dieses Thema hochinteressantes Credo heraufbeschworen wurde:
(...)Deutlich wird hier, dass es sich ausschließlich um Effizienzkriterien handelt, die die Optimalität verhaltensseitig bestimmen. (...)
Hoffentlich ernüchtert die Antwort nicht zu sehr. (...)
:D ;) :pfeif:

...das ist sehr sehr weit entfernt von protestantischer Ethik :winke: (diese scheint schon im 19. Jh. keine Rolle mehr unter der Unternehmerschaft gespielt zu haben, siehe Buddenbrook contra Hagenström - ehe das verschoben wird, breche ich das lieber ab)
 
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