Sind die 68er gescheitert?

Saint-Just

Mitglied
Bewußt einseitig formuliert (und beschränkt auf die Bundesrepublik): sie haben praktisch nichts erreicht, nach ihren eigenen Maßstäben. Im Grunde nur eine kulturelle Akzentverschiebung- und auch da ist fraglich, wie dauerhaft.
Es gab jede Menge identitärer Bewegungen- K-gruppen (das "rote Jahrzehnt"), Jugend-Sekten, Eso-Bewegungen ... kurz: nichts was die Welt vermisst hätte.
Andere Wirkungen waren sogar negativ: die RAF führte zur Aufrüstung des Staates, ohne in ihrem Sinne das geringste zu erreichen.

Aber: wer war überhaupt ein 68er, was hat sie ausgemacht? Gab es überhaupt gemeinsame Ziele "der 68er"? haben sie eher nur zerstört oder auch etwas neues hervorgebracht? Welche dauerhaften Wirkungen positiver oder negativer Art lassen sich feststellen?

Auf eine muntere Diskussion :) Der vorhang auf und alle fragen offen ...
 
Saint-Just schrieb:
Bewußt einseitig formuliert (und beschränkt auf die Bundesrepublik): sie haben praktisch nichts erreicht, nach ihren eigenen Maßstäben. Im Grunde nur eine kulturelle Akzentverschiebung- und auch da ist fraglich, wie dauerhaft.
...

Nichts erreicht...

Da hättest Du die liebe Bundesrepublik aber mal vorher erleben sollen.

Berlin wurde am Mekong verteidigt! (das war eine echte Zeitungsschlagseite!)

Von Auschwitz hat keiner etwas gewußt! Niemand! Jeder hat im Dritten Reich nur seine Pflicht getan und sich sonst um nichts gekümmert! Aber der Hitler hat auch nicht alles gewußt! Die paar (ganz wenigen) Verbrecher haben dem hitler nicht alles gesagt, nein, nein!
Außerdem konnte man sowieso nichts machen, man musste nämlich! Und dann ist auch noch Befehl Befehl!

Ärzte haben sich geweigert verheirateten Frauen die Pille zu verschreiben! Nicht verheirateten sowieso. Vorschub zur Unzucht!
Aufstellung beliebig verlängerbar...

Das sind keine Witze!

Diese verlogene Gesellschaft bringt mich in der Erinnerung immer noch zum Kotzen!


Grüße Repo
 
Ich finde nicht unbedingt, dass die 68er keinen Erfolg hatten. Natürlich ihre Vorstellung von einer gerechteren Gesellschaft sind gescheitert, aber immerhin haben sie es geschafft, dem Adenauer-Muff endgültig den Gar aus zu machen und uns den Weg zu einer offeneren und freieren Gesellschaft zu ebnen.

Außerdem haben sie sich erst richtig mit der Nazi-Vergangenheit einiger berühmter Persönlichkeiten und mit der des ganzen Landes auseinandergesetzt, nun konnte man das Theman nicht mehr totschweigen.

Es war wichtig, dass sie sich Gedanken gemacht haben, ob das Leben, der 50er und früher 60er Jahre, das soich vor allem an materiellen Werten und Konsum orientierte, überhaupt so lebenswert waren.

Die Zeiten ändern sich und auch wenn nicht alles, was sie sich erträumt haben sich erfüllt hat, so sollten wir ihnen doch zumindest dankbar sein.

Denn in Ostdeutschland, wo es diese Öffnung der Gesellschaft nicht gab, dort holen jetzt auch NPD und DVU in manchen Kommunen über 20% raus. Dies gibt es natürlcih auch im Westen, doch der Schwerpunkt der NPD ist momentan Sachsen.
 
Mit "Ja" würde ich die Frage beantworten, wenn es darum geht, welche ihrer hochgesteckten Ziele die unzähligen Polit-Organisationen a la K-Gruppen, Maoisten, Trotzkisten bis hin zu den terroristischen Organisatione nicht erreicht haben. Sehr schön zu lesen ist hierzu das Buch "Das rote Jahrzehnt - unsere kleine Kulturrevolution" von Gerd Koenen.

Mit "Nein" würde ich die Frage beantworten, wenn man bedenkt welche gesellschaftlichen Entwicklungen sich seit und durch die 68er Bewegung ergeben haben. Dies gilt besonders für die höhere Toleranz gegenüber verschiedenen Lebensmodellen im Privatleben - heute z.b. stört es keinen mehr, ein uneheliches Kind zu haben, vor 40 Jahren sah das anders aus. Das ist m.E. die wichtigste Errungenschaft, nicht mal unbedingt herbeigeführt durch bestimmte Gruppen oder Personen der 68er, sondern durch die Gesamtheit gesellschaftlicher Entwicklungen dieser Zeit.
 
Aber: wer war überhaupt ein 68er, was hat sie ausgemacht? Gab es überhaupt gemeinsame Ziele "der 68er"? haben sie eher nur zerstört oder auch etwas neues hervorgebracht? Welche dauerhaften Wirkungen positiver oder negativer Art lassen sich feststellen?

Und dann wollte ich hierauf noch mal antworten, weil das ein paar sehr interessante Fragestellungen sind.

wer war überhaupt ein 68er, was hat sie ausgemacht?

Das ist die schwierigste und wichtigste Frage. Schon allein, ob es überhaupt eine "Bewegung" gibt! Gerade weil die unterschiedlichen Gruppierungen, die propagierten Ziele, die Archteypen, die man mit 68 verbindet, so vielfältig sind: dort die bebrillten Theoretiker mit der Mao-Bibel, da der pflastersteinwerfende Straßenkämpfer, hier der "haschrebell", da der (vielleicht sogar noch christlich inspirierte) Love & Peace-Hippie. Diese Vielfalt (gerade auch in der späteren Entwicklungen) kommt besonders schön im Dokumentarfilm "Starbuck" über den RAF-Terroristen Holger Meins heraus: Meins war an der Berliner Filmhochschule; in dem Dokumentarfilm traten illustre Personen auf:
z.b. Otto Schily, der Statist in einem der frühen Filme von Meins war; oder Wolfgang Petersen, damals ebenfalls Filmstudent. Was viele der sog. 68er gemeinsam hatten, so denke ich, war zum einen der Drang die Gesellschaft zu verändern, zum anderen fühlte man sich (was zum Teil sehr schlechte Konsequenzen hatte) wohl auch ein wenig als Avantgarde.

"Gemeinsame Ziele": Das finde ich zumindest etwas einfacher. Die meisten Organisationen im Zuge der 68er-Bewegung waren doch mehr oder weniger sozialistisch oder kommunistisch motiviert - wenn es auch bald heftige Ideologiediskussionen und Diskrepanzen darüber, was der beste Weg zur klassenlosen Gesellschaft war, gab. Daher gab es auch viele Formen der Praxis: zum Beispiel den "bewaffneten Kampf" der RAF; zum Beispiel aber auch den Versuch, durch Mitarbeit in Betrieben die Arbeiterschaft für sich zu gewinnen; oder auch neue Formen des Zusammenlebens zu schaffen, etwa über die "Kinderläden".

"Haben sie nur etwas zerstört oder neues hervorgebracht?"

So zerstörerisch sehe ich die 68er-Bewegung nicht. Ich denke, da würde man zu einseitig den Blickwinkel auf die RAF verengen, die freilich ein Ausdruck der 68er Bewegung war, aber eben mit ihrer (ohne Zweifel) zerstörerischen Haltung nur einen Teil davon abbildet. Ich denke, viel von dem "Neuen", was geschaffen werden sollte, war vielleicht zu radikal angelegt, erwies sich als unpraktikabel oder zu utopisch - so dass das meiste unbemerkt verschwand. Wo gibt es heute z.B. noch Kinderläden? Was aber aus der 68er-Bewegung hervorging, waren - als ein Beispiel - die Grünen. Oder man denke an zahlreiche, zum Teil heute sehr bekannte Kulturzentren wie die Batschkapp in Frankfurt. Es gibt da sicher noch einige weitere Punkte...

Sekten und Eso-Bewegung würde ich übrigens nicht als typisch für 68 ansehen. Das ist m.E. etwas, was sich in Deutschland vor allem in den 70er/80er Jahren entwickelte - wobei ohne Frage viele Alt-68er darin involviert waren.
 
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