Sklaven im osmanischen Reich

Gariban

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Hi :winke:

Ich lese gerade einen Roman von David Ball. "Asha" heißt er und handelt (unter anderem) von einem kleinen Malteser, der von Korsaren entführt wird.

Während ich die Geschichte las, fiel mir auf, dass ich mir noch nie Gedanken über das Leben der Sklaven im osmanischen Herrschaftsgebiet gemacht habe.
So, wie David Ball es beschreibt, würd ich sagen, die Sklaven hatten gar keine Rechte, nicht mal das auf Leben. Es werden regelmäßig irgendwelche Sklaven abgeschlachtet oder gedemütigt.

Besonders interessant finde ich die Art, wie "schöne Knaben" behandelt werden. Garsone werden sie genannt und müssen als Sexsklaven herhalten. Etwas ähnliches hatte ich auch über einige Kinder der Knabenlese gelesen, allerdings in der Wikipedia, und schon damals fehlten seriöse Quellen. Heute fehlt der Abschnitt völlig.

Also dachte ich mir, ich frage mal hier nach. Wie war das Leben als Sklave im OR (und dessen Verbündeten)? Gab es diesbezüglich staatliche Regelungen oder konnten die Sklavenhalter mit ihren Sklaven machen, was sie wollten? Und war es tatsächlich üblich, dass reiche Herren "schöne Knaben" als Garsone hatten? Wie wurde damit in religiösen Bevölkerungsschichten umgegangen?

Schließlich könnte es ja auch sein, dass David Ball mit beliebten Klischees gearbeitet hat. Zum Beispiel kommen regelmäßig abgenagte und ohnmächtige Bettler und Obdachlose in seiner Geschichte vor. Aber gab es im OR nicht zahlreiche Stiftungen reicher Wohltäter, die eben diese Bevölkerungsschichten absicherten? (naja, zumindest das Abendbrot sicherten)

Und gab es Unterschiede in der Behandlung von Sklaven zwischen Algier (und anderen Teilen Nordafrikas) und den Kernbereichen des OR? (also Balkan, Anatolien Krim etc etc...)

mitr freundlichsten Grüßen...
Gariban :yes:
 
Über die Sklaverei im osmanischen Reich wird viel Schmu erzählt. Ich bin mir indessen sicher, dass das Generalisieren von Bedingungen das Letzte ist,was man machen sollte. Ein Bsp., wie hoch man als Sklave im osmanischen Reich aufsteigen konnte, ist Harke Oluf, ein Amrumer, der zunächst gekidnappt und versklavt wurde und schließlich reich in seine nordfriesische Heimat zurückkehrte. Roxelane, eine ukrainische Sklavin, wurde zur Lieblingsfrau Syleimans des Prächtigen und Mutter seines Nachfolgers Selims des Säufers.
 
Wenn wir über Ausnahmen reden - ganz generell - dann werden wir feststellen, dass besondere Ausnahmen meist eine besondere Begründungen haben. Harke und Roxelane waren besondere Menschen, die sicherlich auch unter anderen Umständen eine besondere "Karriere" gemacht hätten....

Onkel Toms Hütte ist immer noch lesenswert..

"Sklave" ist erst mal ein juristischer Begriff, der einen Zustand völliger Rechtlosigkeit bezeichnet sowie die eigentumsmäßigen Zuordnung zu jemandem Anderen. Man ist nicht "Sklave" an sich, sondern immer Sklave "von Jemandem". Die Analogie zu "Haustier" finde ich sehr treffend.

M.W. gibt es keine großen Unterschiede in Bezug auf "Sklavenhaltung" in verschiedenen Kulturen. Sklaven wurden zum alleinigen "Nutzen" des Sklavenhalters angeschafft. Ihre "Abnutzung" richtite sich nach Kosten/Nutzen-Überlegungen. Im Mittelstand wurden Sklaven sicherlich pfleglicher behandelt als bei Reichen.

Unabhängig von der juristischen Situation gab es "Sitten", die aber weniger den Sklaven sondern den Sklavenhalter betraf. Man "quälte" einen Sklaven nicht! Nicht, weil es ihm weh tat, sondern weil es nicht dem moralischen Standard eines gebildeten Sklavenhalters entsprach, irgend wen oder irgend was zu quälen. Geschlechtsverkehr mit Sklaven wurde oft der Sodomie gleichgestellt. Wenn der Sklavenhalter allerdings ein Psychopath war, dann hatten die Sklaven eben Pech gehabt...

"Lustsklaven" oder "-sklavinnen" waren allerdings angesehene Spezialisierungen (wie Hauslehrer oder Hausarzt).

Haremssklavinnen als Mütter von legitimen (!) Kindern sind m.W. aber eine Besonderheit des arabisch-türkischen Kulturbereichs.

Üblicherweise gehörten Sklaven zu einer anderen Religionsgemeinschaft als die Sklavenhalter. Aus naheliegenden Gründen verbieten die meisten Religionen die Versklavung Gleichgläubiger. Für das Christentum ist dies ein schwerwiegendes Problem Amerikas gewesen, sowohl den frühen (bekehrten) Indianersklaven wie den späteren christlichen Negersklaven gegenüber.
 
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"Sklave" ist erst mal ein juristischer Begriff, der einen Zustand völliger Rechtlosigkeit bezeichnet sowie die eigentumsmäßigen Zuordnung zu jemandem Anderen. Man ist nicht "Sklave" an sich, sondern immer Sklave "von Jemandem". Die Analogie zu "Haustier" finde ich sehr treffend.

M.W. gibt es keine großen Unterschiede in Bezug auf "Sklavenhaltung" in verschiedenen Kulturen. Sklaven wurden zum alleinigen "Nutzen" des Sklavenhalters angeschafft. Ihre "Abnutzung" richtete sich nach Kosten/Nutzen-Überlegungen. Im Mittelstand wurden Sklaven sicherlich pfleglicher behandelt als bei Reichen.

Ich hatte das nicht unnötig ausdehnen wollen, weil sich die Frage auf das osmanische Reich bezog. Aber die Vorstellung von Sklaven als rechtloses Eigentum ist zwar vordergründig sicherlich richtig, wird aber insbesondere der Sklaverei im islamischen Raum nicht gerecht. Wir hatten darüber mal einen ganzen Thread:

http://www.geschichtsforum.de/f77/militaersklaven-sklavensoldaten-9937/
 
Richtig! Hier steckt auch ein wenig Begriffsverwirrung hinter... Es gibt außer Sklaverei auch andere starke Abhängigkeitsbeziehungen.

Luther übersetzt im AT "Knechte und Mägde" wohinter sich auch eine "Art" Sklaverei verbirgt, allerdings eine gemäßigte. Wenn ich mal - spontan aus der Wikipedia - zusammentrage, gilt für diese:
- Beschneidung
- Sabbatruhe
- Ermordung wird bestraft
- Beischlaf führt zum Status einer Ehefrau
- Verbot des Handels mit ihnen

Das klingt eher schon nicht mehr wie Sklaverei...
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Weiterhin gab es zu fast allen Zeiten das Konzept der "Schuldknechtschaft" (häufig auf Zeit). Es scheint heute üblich zu erden, dies "Schuldsklaverei" zu nennen.

Vorsicht also vor den Begriffen....
 
Sklave ist nicht gleich Sklave!

Das Schicksal von Arbeitern in Minen und Salinen oder Galeerenruderern kann man nun wirklich nicht mit den Annehmlichkeiten vergleichen, die das Hauspersonal in einer Vertrauensstellung genoss.
 
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Es gibt auch heutzutage verschiedene Arbeitsbedingungen, eventuell großer Ungerechtigkeit: Du kannst nicht einen verbeamteten Sachbearbeiter in einem klimatisierten Büro mit den polnischen Spargelstechern vergleichen, die wir hier gerade so vermissen. In China, Indien, Südamerika und Afrika werden sich weit größere Extreme unter den "freien Arbeitern" finden...
 
allgemein gab es zwei verschiedene "Sklaven-Sorten" im Osm. Reich, die man unterscheiden könnte, einmal die "Sklaven" des Sultans, also praktisch die Pseudo-Aristokratie, der Hofstaat, in einigen Jahrhunderten oft aus der "Knabenlese" hervorgegangen, und dann die Sklaven, die man eher mit Sklaven aus anderen Reichen vergleichen könnte, wobei man sich aber hüten sollte, diese sofort zu 100% mit einem Kunta Kinte, also den "typischen" Sklaven auf amerikanischen Plantagen gleichzusetzen.

Beim Diagonallesen folgender Bücher scheint, dass letztere ("grausamere") Entwicklung im osm. Reich nicht in gleicher Weise wie in christl. Reichen erfolgte, dieses aber eher "zufällig" war, als aufgrund einer "edleren" "humaneren" Gesinnung eines Osmanen zuzuschreiben ist.

Es scheint aber so zu sein, dass die Forschung diesbezgl. noch nicht so weit fortgeschritten ist, und man etliches unter Vorbehalt sagen sollte. Trotzdem kann man sicherlich heute schon einigen Klischees entgegnen.

von Quaetert aus dem aktuellen osm. Literaturtipp oben links im Menü:

"Already in the early fourteenth century, legal scholars were advocating that bureaucratic leaders and military commanders, despite their vast power, were in fact mere slaves of the sultan. They were not slaves in the American sense since they possessed and bequeathed property, married at will, and moved about freely. In a particularly Ottoman sense, however, being a servant/slave of the sultan meant enjoying privilege and power but without the protection of the law that all Ottoman subjects in principle possessed."


aus dem Goffman aus obigen Literaturtipp mal ein bischen ausführlicher auf die verschiedenen "Sklavenformen", also z.B. die berühmten Janitscharen, aber auch Sklaven in Manufakturen und im Haushalt. Beide Bücher liefern einen schönen überblicksartigen Beitrag, das osm. Reich zu "de-exotisieren":


"The Ottoman slave culture
In the sixteenth century, the culture as well as the institutions of Ottoman governance drifted closer to European standards. The bond deepened despite the fact that the foundations of Ottoman society seemed so Asiatic (Turkoman, Persianate, and Arab). A seemingly exotic type of slavery, so different from the chattel slaves of Europe and the Americas, is one example of such differences. This institution had emerged as a decisive component of a particular set of beliefs, behaviors, and education that defined membership in the Ottoman elite. What made Ottoman slavery seem so strange to the rest of Europe was not so much that the select of society owned slaves (although they certainly did) as that they themselves often were slaves: that is, members of the imperial family legally owned those very same viziers and pashas who administered the realm.

The Ottoman elite had not always been slaves of the sultan. Indeed, as we have seen, under Osman, Orhan, and Murad, Turkoman companions to the emirs had acted as military, administrative, and religious leaders. Such comrades often resented and occasionally defied Ottoman rule, and helped produce an unstable regime. In the late fourteenth century, the Ottoman ruling house adapted, perhaps from the Seljuk example, the idea of using captured slaves as the backbone of a new army or janissarycorps. Removed from their native cultures and presented with power through the person of their master the sultan, these foot soldiers acted domestically to neutralize the Turkoman cavalry and internationally to neutralize European innovations in military technology. Under Bayezid I, Mehmed I, Murad II, and Mehmed II, Ottoman authority rested more and more in the hands of the monarch himself through the power of his infantry troops.

The janissary corps was only one component of the kapıkulu, or “slaves of the Porte,” which came to encompass also much of the Ottoman bureaucracy. After Mehmed II, most of the highest men of state, iincluding almost every grand vizier from Mehmed II’s Mahmud Pasha (r.1453–66) to the Köprülü triumvirate of viziers (r.1656–83) who served under Mehmed IV, were kuls. Indeed, by the reign of Mehmed II’s greatgrandson Süleyman, not only had being a kul become a virtual prerequisite to advancement, but also a new social class had emerged around the concept. If no Ottoman aristocracy ever issued in the style of the blood of European noble houses, the conceit of imperial slavery became a peculiarly analogous and equally powerful unifying factor. Blood played some role in this quasi-aristocracy, as the Köprülü case suggests; however, even more than lineage, possession of one human being by another marked this elite and made it seem somewhat misleadingly exotic to Europeans. In other words, possession more than ethnicity, language, geography, or any other element identified this pseudo-aristocracy. The requirement that these kuls become Ottoman – that is, that they develop linguistic and cultural homogeneity and exclusivity – grew out of this peculiar status.

The roots of this slave culture lay in the Islamic creed, and especially in the stricture against enslaving fellow believers. This rule combined with the presence of a seemingly boundless sea of pagan nomads to the northeast of Arab lands had led to the development of a new form of slavery. As the Arabs pushed into Central Asia in the eighth and ninth centuries under the Abbasid dynasty, they confronted, traded with, fought, and converted Turkic-speaking nomads. The Arab leaders also began both to hire these steppe people as mercenaries and to choose for training as soldiers and scribes the most fit and most talented of those enslaved on the battlefield. By the tenth century, this tendency had evolved into a system, the ghulam, by which non-Muslim Turks were enslaved, converted, and trained to become warriors and statesmen.4 Many late-medieval Middle Eastern dynasties adopted this procedure, most notoriously in Egypt where the servants toppled the rulers and established the Mamluk Empire, a regime of former slaves. Probably beginning with Murad in the late fourteenth century, the Ottomans also adopted the ghulam, using it to build a loyal army and administration to stand in opposition to rival gazi warriors who might challenge the Ottoman house.

The Ottomans not only took up this practice that the Seljukid and other Turkic dynasties had introduced into Asia Minor, but also adapted it. As the expansion of their empire slowed, and with it their ability to capture persons and thus rejuvenate their army and ruling class as a consequence of conquest, the state began more and more to purchase (and sometimes have castrated) non-Muslims along its Empire’s northeastern and southern frontiers. It also initiated the more sustainable if problematic program of drawing from the millions of non-Muslim inhabitants of the Empire itself. In a process known as devsirme [="Knabenlese"], state officials went especially into the upcountry towns and villages of today’s Serbia, Bosnia, and Croatia and took a human “tithe” of young Christian boys to become the sultan’s servants.

Contemporary western Europeans (and many today) counted this practice as one of the most heathen and non-European of Ottoman innovations. Not only did the devsirme rip young boys away from their families and homelands, but it also forced upon them an exotic culture and religion perceived as profoundly hostile to their own. They were taught to believe in Islam rather than Christianity, to speak Turkish rather than Serbo-Croatian, and to affirm a binding loyalty to the Ottoman sultan, their new master (and family head). For loving parents and for those proud of their religious, ethnic, and linguistic identities (and especially for the modern nationalist), the forfeiture of these young boys constituted a bitter defeat and shame.5 There were, however, compensations.

First, their sons were lifted out of provincial, impoverished, and oppressed surroundings into the ruling class of arguably the most powerful and refined polity in the world. At worst, they would become infantrymen in the celebrated Ottoman legions; at best, they might become powerful statesmen such as the kapudanpasa, Piyâle Pasha, who began life as a Christian Hungarian, or the grand vizier, Sokollu Mehmed Pasha, who was born a Christian Bosnian.

Second, despite the insistence of many national historiographies that such personal fortune was attained only through the utter obliteration of heritage, evidence has recently emerged that the Ottomans were not always so insistent that these boys discard their birthrights. Sokollu Mehmed Pasha was only the most prominent of those selected by the devsirme who maintained contact with, protected, and even lent monetary assistance to parent, sibling, relative, and region.6 Consequently, these levies may not only have replenished a perpetually depleted elite, but also have served to bind Christian provinces to this Islamic state through a system of personal ties and favors. The outcome if not the method of this process resembled systems of provincial advocacy concurrently developing in southern and western Europe. Furthermore, the targets of these levies understood such compensations so well that some parents even implored and paid off officials to conscript their son rather than someone else’s.

During the sixteenth century, a grand vizier stood at the pinnacle of the quasi-aristocracy that developed out of this arrangement. It was not a strictly vertical hierarchy, however, for this “slave culture” became diffused across the Ottoman ruling estate and through the imperial household. Servants, for example, had servants, most curiously and nefariously the eunuchs who oversaw not only the imperial household, but also the intimate worlds of other notables’ harems. The sultan’s servants also developed political networks of their own through artifice, patronage, payoffs, and matrimony. One result was the late sixteenth-century formation of political cliques, usually created through the union of a princess and a statesman and often including an imperial eunuch, whose power derived from his unique ability to pass easily between the sultan’s private and public domains.

Despite Qur’anic admonitions to treat slaves kindly and manumit them whenever possible, the early modern Ottomans did not forbid more powerless forms of household slavery, or even plantation slavery of the sort that became so notorious in the Americas during the eighteenth and nineteenth centuries. Most lamentable perhaps was the Ottoman exploitation of captives for the cultivation of rice, which the imperial court fancied. Since there was no ideological logic that proscribed plantationstyle slavery, the principal reason it remained secondary was geographical and institutional: rice, cotton, and other crops appropriate for the intensive agriculture in which slavery tended to thrive developed only on a few littoral fringes of the Empire. In short, the kul system, which seemed so exotic to the western European mind, looked less and less strange with time. Indeed, within the order lay the potential for both a pseudo-aristocracy and a system of plantation-style slavery.7 That the first rather than the second of these options developed was little more than happenstance.

Fussnoten:
4 On which see “Ghulam,” EI; and Matthew Gordon, The breaking of a thousand swords: a history of the Turkish militaryof Samara. 200–275 AH/815–889 CE (Albany, NY, 2001).
5 The epigram that begins this chapter’s vignette, damning the sultan for enslaving Greek children, is only one of many reflections of this attitude.
6 For a more modest example, see Cemal Kafadar, “On the purity and corruption of the janissaries,” Turkish Studies Association Bulletin 15.2 (1991): 273–80.
7 Most works on Ottoman slavery deal with the late period, on which see Y. Hakan Erdem, Slavery in the Ottoman empire and its demise (Oxford, 1997); and Ehud R. Toledano, Slavery and abolition in the Ottoman Middle East (Seattle, WA, 1998). On the earlier period, there is Shaun Elizabeth Marmon (ed.), Slaveryin the Islamic Middle East (Princeton, 1999).


weitere Lesetipps zur Vertiefung in die Materie, teilweise online durch googlebooks lesbar:

A revealing work on the sultan and his household is Leslie Peirce, The imperial harem: women and sovereigntyin the Ottoman Empire (Oxford, 1993). For a narrative of that period on gender relations in other elite households, see Evliya Celebi, The intimate life of an Ottoman statesman: Melek Ahmed Pasha (1588–1661), intro. and trans. Robert Dankoff, historical comm. Rhoads Murphey (Albany, NY, 1991). On elite careers, see in general I. Metin Kunt, “Ethnic-regional (cins) solidarity in the seventeenth-century Ottoman establishment,” International Journal of Middle East Studies 5 (1974): 233–39; and, for a particular case, Cornell H. Fleischer, Bureaucrat and intellectual in the Ottoman Empire: the historian Mustafa Âli (1541–1600) (Princeton, NJ, 1986). The early chapters of Ehud R. Toledano, Slaveryand abolition in the Ottoman Middle East (Seattle, WA, 1998) constitute a concise introduction to Ottoman slavery. Athorough discussion of the end to Ottoman slavery is Y. Hakan Erdem, Slaveryin the Ottoman Empire and its demise (Oxford, 1997).

Wenn jemand nicht so gut englisch kann, bitte fragen und jemand oder ich kann mal einige Punkte übersetzen.

Ciao und LG, lynxxx
 
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Sklaven im Osmanischen Reich

Als Standardwerk zum Thema gilt Untersuchung von Ehud Toledano, Slavery and Abolition in the Ottoman Middle East (Publications on the Near East) Univ of Washington Pr (Taschenbuch - Januar 1998), die sich auf britische Quellen stützt.
Hakan Erdem ist meines Wissens der einzige türkische Historiker (Istanbul), der sich mit dem Thema Sklaven und Sklavenhandel im Osman. Reich befasst hat.
Ohne große Mühe fand er zahlreiche Dokumente in osmanischen Archiven. Sein Buch ist zunächst auf englisch (Slavery in the Ottoman Empire and Its Demise, 1800-1909 (St. Anthony's Series) - Gebundene Ausgabe (20 November 1996), dann 2004 auf türkisch erschienen und löste einigen Wirbel aus. Es erging ihm wie allen, die an den dunklen Seiten der türk. Geschichte rühren. Man warf ihm Beschmutzung der türk. Geschichte, Geschichtsverfälschung etc. vor. Die Aufarbeitung solcher Themen wird erst neuerdings von jüngeren Wissenschaftlern in Angriff genommen und kommt nur zögerlich voran. Erdem war es auch, der einem Nachkommen ehemaliger Sklaven, Mustafa Olpak, bei der Recherche und dem Verfassen eines Buches über das Schicksal seiner Familie half. So viel ich weiß, ist es unter dem Titel "Köle" (Sklave) in der Türkei erschienen. Es gab mal eine Sendung darüber:

Deutschlandfunk - Europa heute - Kratzer im türkischen Geschichtsbild

Mustafa Olpak, der eine Stiftung gründen möchte, die sich des Themas annehmen soll, geht von bis zu drei Millionen Nachkommen von Sklaven in der heutigen Türkei aus, eine Zahl, die aus verschiedenen Gründen sicher schwer zu verifizieren ist.

1857 wurde der Sklavenhandel per Sultansbefehl im gesamten Osm. Reich verboten, doch die Tradition hielt sich. Ende des 19. Jh. befreite die Polizei noch immer Sklaven aus Istanbuler Haushalten und erst Kemal Atatürk räumte mit der Sklaverei endgültig auf.

In ausführlicherer Form kann man das auch in einem Essay von Christiane Schlötzer nachlesen, in ihrem bemerkenswerten Buch über türkische Tabus:

"Das Mädchen mit dem falschen Namen. Türkische Tabus" (Picus Reportagen), 2007, S.140-147

Was die Sklavinnen im Harem angeht, hat der türkische Komponist, Sänger und Autor Zülfü Livaneli mit "Der Eunuch von Konstantinopel" einen Roman geschrieben, der unter anderem mit dem Mythos Harem aufräumt. Das Thema "Eunuchen im Osman. Reich" ist übrigens ein weiteres verdrängtes Kapitel im Zusammenhang im Sklaverei, auch wenn einige Eunuchen eine gewisse Karriere gemacht haben, weil man sie gebraucht hat. Das Schicksal dieser geraubten Jugendlichen und Männer ist erschütternd. Auch davon erzählt Livaneli.

Einen schönen Feiertag noch,

Ninive
 
Hi,
ich hab nun den Auszug durchgelesen. Allerdings schreibst du (lynxxx):
"allgemein gab es zwei verschiedene "Sklaven-Sorten" im Osm. Reich, die man unterscheiden könnte, einmal die "Sklaven" des Sultans, also praktisch die Pseudo-Aristokratie, der Hofstaat, in einigen Jahrhunderten oft aus der "Knabenlese" hervorgegangen, und dann die Sklaven, die man eher mit Sklaven aus anderen Reichen vergleichen könnte, wobei man sich aber hüten sollte, diese sofort zu 100% mit einem Kunta Kinte, also den "typischen" Sklaven auf amerikanischen Plantagen gleichzusetzen."

Warum sollte man sich davor "hüten", die zweite Sorte von Sklaven mit den typischen Sklaven anderer Reiche zu "100%" zu vergleichen? Vieleicht ist mir im Auszug etwas entgangen, aber so wie es aussieht, gab es dieselben Bedingungen auch unter den Osmanen. Vielleicht könnteste dazu noch ein zwei Sätze schreiben, dann bin ich auch wieder ruhig :p


Ninive: "Was die Sklavinnen im Harem angeht, hat der türkische Komponist, Sänger und Autor Zülfü Livaneli mit "Der Eunuch von Konstantinopel" einen Roman geschrieben, der unter anderem mit dem Mythos Harem aufräumt."
von welchem Mythos ist hier die Rede? Und wie räumt Livaneli damit auf? Hört sich sehr interessant an, vielleicht könnteste eine kurze Inhaltsangabe schreiben (ohne den Schluss zu verraten, wenn möglich :D)

ansonsten wünsche ich euch allen schöne Feiertage
Gariban:winke:
 
Hi Ninive, willkommen im Forum :yes: und danke für die Ergänzungen mit Hintergrund-Infos zu den beiden schon von mir genannten Literaturtipps.

Gariban, die osmanischen Sklaven hatten mehr Rechte, als z.B. die typischen amerikanischen Sklaven, z.B. frei geborene Kinder, etc. Ja, einige Sklaven gingen sogar zum Kadi (Richter), um eine Klage einzureichen. Und oben stand doch schon: "They were not slaves in the American sense since they possessed and bequeathed property, married at will, and moved about freely." Es galt als fromme muslimische Handlung einen Sklaven freizulassen, teilweise nach einem Übereinkommen zu welchem Zeitpunkt oder nach welcher Leistung dieses erfolgen sollte. Insgesamt wird gesagt, dass das Sklaventum im Islam, im Vergleich z. B. zum zeitgenössischen Christentum, "humaner" war. Auch unter den Osmanen. Ansonsten frag nochmal nach... :)

Ergänzend und passend zu dem osmanischen Sklavensystem, hier noch einige Infos neuerer Art zu einer Besonderheit der Gewinnung von Janitscharen und der Führungselite, welches sich durchaus mit anderen Threads überschneidet.

Die sogenannte Knabenlese (devşirme/Devschirme gesprochen):

Einige Dinge wurden ja schon oben erwähnt (auch in anderen Threads, hier aber nochmals zusammengefasst), z.B. die Bestechungsgelder, die manchmal gezahlt wurden, damit ein Kind zur devşirme kam, oder muslimische Nachbarn, die ihr Kind den Christen dafür unterschmuggelten, damit diese eingezogen werden konnten, oder die Proteste der Bosniaken, als sie als neu konvertierte Muslime zeitweise keinen Zugang mehr in die devşirme hatten. Oder die Zahlen der Janitscharen, um mal die Dimensionen ins Spiel zu bringen, wurden auch schon mal irgendwo hier erwähnt:
Zu Anfang der Regierungszeit Süleymans I. 5000 Janitscharen, später ansteigend (z.B. Bagdad-Feldzug 1638: 25156 Janitscharen (ohne Festungsmannschaften)). Oder lt. Klaus Kreiser (Der osmanische Staat. S. 148) die Bemerkung, dass die Kenntnis der genauen Ursprünge der Knabenlese in der Forschung noch nicht abgeschlossen ist, aber die neu gefundenen Archivmaterialien ein genaueres Bild zeigen, z.B. dass die devşirme wohl kaum demographische Auswirkungen auf dem Balkan hatten, z.B. zeigen Steuerlisten, dass nicht einmal 1% und weniger (!) der männlichen Bevölkerung eingezogen wurden (interessant hierzu die in anderen Threads geführten militärischen Zwangsaushebungen z.B. Karl V. oder der Preussen), das Durchschnittsalter scheint auch höher zu sein, als bislang angenommen, nämlich 14 1/2 bis 16 Jahre. Dann wurde in den letzten Jahren festgestellt, wie auch im engl. Text oben erwähnt, dass es scheinbar doch häufigere Verbindungen zum Herkunftsort und zur Familie bei den devşirmes gegeben hatte, z.B. durch finanzielle Zuwendungen, soziale Bauten im Herkunftsort, politische Verbindungen und Förderung der beruflichen Werdegänge der Familienmitglieder, etc.; als sehr prominente Beispiele nur mal Mimar Sinan und Sokollu Mehmed Pascha genannt, die die vorherige These der völligen Entwurzelung durch die Knabenlese zusammen mit dem höheren durchschnittlichen Einziehungsalter in ein neues Licht rückt.

Interessant auch die Geschichten muslimischer Sklaven im Dienst des Abendlandes, z.B. in Marseille, obwohl die Franzosen mit den Osmanen zeitweilig verbündet waren, aber keine Veranlassung sahen, ihrem Bündnispartner die Sklaven zu entlassen; diese von westl. Historikern bislang wenig untersuchten Schicksale werden im letztem Zitat behandelt.

Interessant eine kleine Passage zu Ägypten und der Frage der Legitimierung angesichts des eigentlichen Verbots im Islam im Bändchen von Suraya Faroqhi: Das Osmanische Reich. S. 23 ff., welches auch oben im Literatur-Tipp des Subforums Osmanisches Reich angegeben ist; die ich auch schon mal irgendwo im Forum zitierte:

"Janitscharen und andere Amtsträger des Sultans standen zu ihrem Herrn in einem engen Abhängigkeitsverhältnis, das der Sklaverei nicht unähnlich war. Insofern entsprach die Knabenlese der nahöstlichen mittelalterlichen Tradition, Sklaven bzw. ehemalige Sklaven des Herrschers in militärischen Funktionen zu beschäftigen. Die Treue der landfremden Soldaten zu ihrem Sultan, dem sie einen oft erheblichen sozialen Aufstieg verdankten, bildete, von der Perspektive des Herrschers aus gesehen, den wichtigsten Anziehungspunkt dieser Einrichtung. Bei den Janitscharen ergab sich allerdings für den strikten Exegeten des religiösen Rechts ein Problem; denn diese Männer waren ja gerade nicht landfremd, sondern Untertanen des Sultans. Wer aber in einem islamischen Staat lebte, durfte, ganz gleich welchen Bekenntnisses, nicht versklavt werden, es sei denn, er hätte als Nicht-Muslim versucht, die Herrschaft des Sultans abzuwerfen. Aber das war bei den Eingezogenen und ihren Familien ja gerade nicht der Fall. Man behalf sich manchmal mit der Konstruktion, Janitscharen und andere Sultansdiener seien keine Sklaven, sondern nur in den Dienst des Sultans berufen. Aber im 16. Jahrhundert kam es zumindest in Ägypten durchaus vor, daß freie osmanische Untertanen sich weigerten, von einem Amtsträger des Sultans, den sie als einen Sklaven ansahen, Befehle entgegenzunehmen."


Donald Quataert: The Ottoman Empire, 1700-1922. Cambridge (New Approaches to European History) 2005. S. 30 ff.:
Zitat:
"The rising importance of firearms is linked to another factor in the Ottoman success story, the devşirme, or the so-called child levy system. This system had its origins in the era of Sultans Bayezit I, Murat I, and Mehmet II. Until the early seventeenth century, recruiting officials went to Christian villages in Anatolia and the Balkans as well as to Muslim communities in Bosnia on a regular basis. They assembled all the male children and selected the best and the brightest. These recruits then were taken from their village homes to the Ottoman capital or other administrative centers. There, in the so-called palace school system, they received the best years-long mental and physical education that the state could provide, including religious training and, as a matter of course, conversion to Islam. The crème de la crème of this group entered the state elites, becoming officers and administrators. Many rose to become commanders and grand viziers and played a distinguished role in Ottoman history. The others became members of the famed Janissary corps, an extraordinarily well-trained, fire-armed, infantry center of armies that won many victories in the early Ottoman centuries. The Janissaries for centuries technologically were the best-trained, best-armed fighting force in the Mediterranean world.
The devşirme system offered extreme social mobility for males, allowing peasant boys to rise to the highest military and administrative positions in the empire, except for the dynasty itself. Significantly, it served as a means for the empire to tap into the manpower resources of its numerous Christian subject populations. As the Ottoman state had matured during the fourteenth and fifteenth centuries and placed greater emphasis on its Islamic character, the military and bureaucratic service of unconverted Christians became more problematic. And so the earlier use of Christians to make the land usage surveys faded away as did the appointment of Christian timar holders. However, while such formal appointments of Ottoman Christians faded, imperial conquests in the Balkans mounted and Christians came to form a more important proportion of the total Ottoman subject populations than before. According to Islamic law, which the Ottoman administration claimed to uphold, the state could not compel the conversion of its own Christian subjects to Islam. The state’s primary concerns, however, were not religious but rather political: to maintain and extend its power by whatever means necessary. Such considerations, so-called “reasons of state” (see chapter 6), therefore prevailed and, through an interpretive nicety, the devşirme system was retained as a legitimate state institution.
Although striking in our eyes, the devşirme system of reaching across religious boundaries had precedents in the Judaic and Christian experiences. In western Europe, as Christianity had solidified its hold on the later Roman period, it had become unacceptable for Christians to enslave other Christians. Hence, when the Slavs became Christian, west Europe turned to Africa and the Black Sea regions for slaves. Jewish merchants, because of the principle of not charging interest to coreligionists, preferred to lend money to non-Jews. Similarly, the Ottomans found trained soldiers and administrators in the same manner as had the Christian slavers and Jewish merchants, by reaching outside their own religious constituencies."

Seite 99 ff.:
Zitat:
"Aspects of Ottoman administration
The devşirme method of recruiting administrators and soldiers – the “child levy” – was long gone by 1700 but deserves discussion here for the light it sheds on the stereotyping that remains all too prevalent in popular perceptions of the Ottoman past. The stereotype overemphasizes the importance of the devşirme and asserts that Christian converts to Islam were responsible for Ottoman greatness. As most overgeneralizations, this stereotyping emerges out of some realities. During the fifteenth and sixteenth centuries, devşirme conscripts indeed were an important source of state servants and many became grand viziers and other high administrators. Gradually, however, the dev¸sirme was abandoned. Sultan Osman II tried to abolish it in 1622, indicating that it was becoming obsolete and dysfunctional. His successor, Sultan Murat IV, suspended the levy and it essentially had disappeared from Ottoman life by the mid-seventeenth century. The stereotyping comes from the coincidence of this diminishing use of the levy with another fact, namely, that the empire was declining in military power during these same years.
In fact, there are several false assumptions present here: the first surrounds the role of changes in domestic political structures in the observable weakening of the Ottoman Empire after c. 1600. For many years, observers falsely concluded that the evolution of the domestic institutions, the shift in power away from the sultan, caused the weakening of the empire in the international struggle for power. Historians, however, now have concluded that domestic political structures in the Ottoman Empire were undergoing change between the sixteenth and the eighteenth centuries, a process that is better described as the evolution of Ottoman institutions into new forms. In their new forms, the institutions certainly differed from those of the past: sultans now merely reigned while viziers and pashas actually ran the state. But these differences in domestic institutions constituted a transformation, not a weakening, between the sixteenth and eighteenth centuries. The charges of weakness and decline stem from the international front where the Ottomans indeed were losing wars and territories. Internationally, the Ottoman system of 1750 was certainly less powerful than it had been in 1600; the relative international position of the empire had fallen quite sharply. Here is the real story of decline. Falling further and further behind Europe, the Ottomans shared a fate with the entire world but for Japan (and its rise of world power after 1853). The west (and some east and central) European states had become immeasurably stronger; the Ottoman Empire, which c. 1500 had been among the most powerful, fell to second-rank status during the eighteenth century. The transfer of power out of the sultan’s hands occurred at the same time as but did not cause this international decline.
The second false assumption revolves around the now abandoned notion that the source of Ottoman state strength had been the (converted) Christians running it. When the devşirme faded, the argumentwent, so did the power of the state because Muslims and no longer the ex-Christians now were in charge. In this argument, the conclusion is drawn, quite mistakenly, that the one caused the other – Ottoman greatness derived from the devşirme and its abandonment triggered the decline of the Ottoman Empire. In this blatant example of cultural and religious prejudice, Christians are seen as innately superior to Muslims who falsely are seen as incapable of managing a state.
The decline of the devşirme and the transformation of the Ottoman state – which both occurred between c. 1450 and 1650 – more productively can be considered as a function of the dynamics of the Ottoman political system in two distinct but related ways. First of all, the early Ottoman state exhibited an extreme social mobility, with few barriers to the recruitment and promotion of males. Growing rapidly, the state military and administrative apparatus desperately needed staffing and offered essentially all comers the opportunity for wealth and power. As a part of that fluid process, the devşirme brought in recruits fully dependent (theoretically) on the ruler, at least during the first few generations. Over time, the growing ranks of state servants were drawn from a number of sources. Some derived from the first generation of devşirme recruits; others came from the descendants of recruits from earlier generations who had aged in Ottoman service, fathered families, and arranged for the entry of their sons into the military or bureaucracy; and, third, there were many soldiers and bureaucrats who had entered via other channels, for example, the households of Istanbul-based viziers and pashas. Over time, the latter two groups numerically increased in importance; that is, as the political system matured, it furnished its own replacements from within, rendering the devşirme unnecessary."
 
Zum Abschluss noch einiges zu den eigentlichen Sklaven, Kriegsgefangenen, Piraten, Galeeren und Lösegeldern aus dem recht neuem Buch:

SURAIYA FAROQHI: The Ottoman Empire and the World Around It. London/New York 2004. S. 136 ff.

Da werden die Fragen von Gariban näher erläutert, z.B. der gegenseitige Menschenraub am Rande des Mittelmeeres, usw.

"In conclusion
As these paragraphs have demonstrated, research concerning prisoners of war on Ottoman territory, and on Ottoman captives abroad is still in its beginning stages: this accounts for the ‘patchiness’ of the present chapter. Attempts have been made to find out what happened to formerly Ottoman captives living out their lives in central Europe through the study of church records, though in all likelihood, many of these documents are still unexplored.65 Where prisoners of non-Ottoman background in the Empire are concerned, a systematic collection of the rather numerous references to such people in sixteenth- and seventeenth-century European travel accounts also seems promising. Perhaps it will be possible to follow the example of the historians of antiquity in scanning the published travel accounts into a computer and then conducting electronic searches; these data can then be collated with the growing body of studies of Ottoman slavery based on Ottoman sources. But at present a major deficiency remains: even though the study of captives taken in wars between European rulers and the Ottoman sultans has for the most part been undertaken by Ottomanists, work on the different categories of primary sources has typically been carried out with little coordination between the different specialists.

However, some preliminary results are important and should be retained. First of all, the enslavement of prisoners was by no means an Ottoman peculiarity. Quite to the contrary, until 1699/1110–11 this procedure was officially sanctioned by the Austrian side as well, and even though the numbers had diminished, there were still enslaved Muslim captives in southern Italy in the early 1800s. In the Marseilles arsenal there were quite a few Muslim slaves who had been the victims of raiding by Christian freebooters. Yet this obvious fact did not help them to obtain their freedom, except for the rare event of a special agreement by the French kings with one or another of the North African rulers. Not even a kingdom that normally maintained friendly relations with the Ottomans was willing to forgo Muslim galley slaves. Secondly, agreements to exchange captives of officer status were common enough at least in the seventeenth century as far as Habsburg–Ottoman wars were concerned. It is thus clear that such understandings were by no means limited to wars among Christian potentates, as has often been assumed. In this respect at least, the Ottomans and their opponents inhabited one and the same world.

Up to this point our concern has been mainly with what might be called political and military ‘hard facts’, and but rarely with peaceful exchanges of goods and people. Yet there were quite a few foreign merchants, both Muslim and non-Muslim, present on Ottoman soil. This could not have been possible without the toleration of the sultans and their advisors, and we must ask ourselves what advantages the servitors of the Ottoman state hoped to derive from foreign trade. What could these merchant sojourners offer that compensated for the frequent disruptions that their presence caused in the sultan’s ‘well-guarded domains’? "

Weitere Auszüge des kleinen Kapitels z.B. auch zu den Piraten, Kriegsgefangenen auf beiden Seiten, usw. packe ich mal in eine Textdatei, damit das hier nicht weiter aufgebläht wird. Darin geht es um folgende Stichworte: Of prisoners, slaves and the charity of strangers, Prisoners in the shadows, Captured: how ordinary people paid the price of inter-empire conflict and attempts at state formation, From captive to slave, The miseries of transportation, On galleys and in arsenals, Charity and the tribulations of prisoners, The ‘extracurricular’ labours of galley – and other – slaves, Domestic service, The role of local mediation in ransoming a Christian prisoner

Man kann auch in folgenden Links einiges über die Janitscharen, die Sklaven und die Knabenlese erfahren, allerdings sind einige Teil inzwischen veraltet, wie durch hier zitierte Publikationen des 21. Jahrhunderts deutlich wird.

Karlsruher Türkenbeute :: Die "Knabenlese" - Rekrutierung der Begabtesten
Karlsruher Türkenbeute :: Die Janitscharen - Eliteeinheit im osmanischen Heer
Karlsruher Türkenbeute :: Die osmanische Gesellschaft




Frohen Pfingstmontag noch. :winke:
 

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  • Of prisoners slaves and the charity of strangers.txt
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Ich möchte noch einmal ein paar Punkte ansprechen, die in der Fülle des spezifische osmanischen Materials nun untergehen mögen.

Man sollte unterscheiden, zwischen:
- der juristischen Stellung eines Sklaven (Sklaven sind prinzipiell recht- und eigentumslos; es gibt hier aber Übergänge - wie ich oben bzgl. der "Knechte und Mägde" im AT aufgeführt habe, und Lynxxx auch fürs OR anreißt. Irgendwann wird man eine Abhängigkeitsbeziehung dann nicht mehr Sklaverei nennen. Im Europäischen Raum sind verschiedene andere Begriffe üblich: "Unfreie", "Leibeigene", die englischen "serfs", "Kolonen",...)
- der sozialen Stellung eines Sklaven (Durch die Besetzung wichtiger Ämter war diese im OR nicht PRINZIPIELL niedrig, wie etwa die der Plantagensklaven in den Amerikas)
- dem Lebensstandard (auf Grund der Kosten/Nutzen Rechnung (der gekaufte Sklave muss sich ja "amortisieren") ist diese grundsätzlich niedrig, passt sich aber der Aufgabe des Sklaven an. Wenn er in diplomatischer Mission zu einem anderen Herrscher unterwegs ist, wird er nicht im Schweinestall schlafen...)

Ich habe nicht umsonst die Lektüre von "Onkel Toms Hütte" empfohlen (auch wenn ich dafür einen dicken Roten kassiert habe..)

Eine andere wichtige Unterscheidung im OR ist die zwischen
- weißen Sklaven
- schwarzen Sklaven
Ich habe das Gefühl, erstere werden hier sehr stark in den Vordergrund gestellt. ES mag da aber auch relevante Unterschiede zwischen Anatolien und Afrika (Maghreb, Ägypten) gegeben haben.

Sodann sollte das Umfeld der "Materialbeschaffung" nicht ignoriert werden. "Knabenlese" mag ja ein interessantes Thema sein. Die europäischen Sklavenhändler haben aber nur von den arabischen gelernt. Sklavenjagd in Afrika gehörte zu den schrecklichsten Dingen, die man sich vorstellen kann. Kein Historiker wird heute z.B. das Verhältnis Toter zu letztendlich verkaufter Sklaven kennen oder nennen wollen.
 
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Man sollte unterscheiden, zwischen:
- der juristischen Stellung eines Sklaven (Sklaven sind prinzipiell recht- und eigentumslos; es gibt hier aber Übergänge - wie ich oben bzgl. der "Knechte und Mägde" im AT aufgeführt habe, und Lynxxx auch fürs OR anreißt. Irgendwann wird man eine Abhängigkeitsbeziehung dann nicht mehr Sklaverei nennen. Im Europäischen Raum sind verschiedene andere Begriffe üblich: "Unfreie", "Leibeigene", die englischen "serfs", "Kolonen",...)

Trotz der harten Entbehrungen als Miltärsklave konnten bei der Devschirme die Christenknaben durchaus auch Recht und Ordnung ausüben und waren Herren über Leben und Tod, vereinigten also eine hohe Machtfülle in sich.

de Silva schrieb:
- der sozialen Stellung eines Sklaven (Durch die Besetzung wichtiger Ämter war diese im OR nicht PRINZIPIELL niedrig, wie etwa die der Plantagensklaven in den Amerikas)

Ganz im Gegenteil sie war prinzipiell hoch, was die geraubten Christenknaben anbelangte. Einige kamen nämlich nicht zu den Janitscharen, wo sie sowieso viele Privilegien genossen, sondern wurden der Palastschule zugeteilt, wo ihnen der Weg bis in die höchsten Staatsämter geebnet wurde.

deSilva schrieb:
- dem Lebensstandard (auf Grund der Kosten/Nutzen Rechnung (der gekaufte Sklave muss sich ja "amortisieren") ist diese grundsätzlich niedrig, passt sich aber der Aufgabe des Sklaven an. Wenn er in diplomatischer Mission zu einem anderen Herrscher unterwegs ist, wird er nicht im Schweinestall schlafen...)

Natürlich muss der Sklave sich amortisieren, sonst hätte man keine gebraucht?

de Silva schrieb:
...Die europäischen Sklavenhändler haben aber nur von den arabischen gelernt. Sklavenjagd in Afrika gehörte zu den schrecklichsten Dingen, die man sich vorstellen kann...

Na ja. Haben die Wikinger den Arabern nicht auch schon Sklaven aus Rußland verkauft? Mit Sicherheit haben sich die Sklavenhändler gegenseitig "befruchtet". Aber ich stimme mit dir überein, daß die Sklavenjagd schrecklich war.

Ja, dann nochmal ein herzliches Moin, Moin aus Hamburg!
 
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Eine andere wichtige Unterscheidung im OR ist die zwischen
- weißen Sklaven
- schwarzen Sklaven
Ich habe das Gefühl, erstere werden hier sehr stark in den Vordergrund gestellt. ES mag da aber auch relevante Unterschiede zwischen Anatolien und Afrika (Maghreb, Ägypten) gegeben haben.
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Diese Beobachtung ist wohl richtig, sind es doch meistens "weiße europäische" Historiker, die das Sklaventum im Osm. Reich untersuchten. Da bleibt noch einiges zu untersuchen. Z.B. wurden bisher fast ausschließlich das "Kriegsgefangenen-Schicksal" und die Versklavung von christlichen Menschen untersucht, weit weniger das "Schicksal" und Versklavung von muslimischen Menschen durch Habsburg, Frankreich, usw. untersucht. Siehe auch obige Ausführungen. Das gleiche ist für Schwarze Sklaven festzustellen. Einzig die schwarzen Eunuchen sind ein wenig beleuchtet, weil sie zeitweilig erheblichen Einfluss auf die Geschichte und Geschicke des Staates hatten.

Wenn noch jemand ein Doktorarbeitsthema sucht, im Osm. Reich gibt es noch zaaaaahlreiche unbearbeitete Themen. :)

:winke:

PS: die arab. Sklavenhändler haben wahrscheinlich von den römischen, usw. "gelernt"... ;) PPS: Die Osm. kauften auch Sklaven von franz. Sklavenhändlern, siehe oben...
 
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Sklavenhändler - Sklavenjäger
Es scheint da auch feinsinnige Unterschiede zu geben; erstere waren wohl häufig nur "Zwischenhändler" mit guten Absatzmarktkenntnissen und Transportkapazitäten.
Gekauft wurde - jedenfalls an der Westküste Afrikas - oft direkt von Schwarzen anderer Stämme. Sklaverei ist auch ein innerafrikanisches Phänomen!
Sklaverei innerhalb von Schwarzafrika – Wikipedia
 
Diese Beobachtung ist wohl richtig, sind es doch meistens "weiße europäische" Historiker, die das Sklaventum im Osm. Reich untersuchten. Da bleibt noch einiges zu untersuchen. Z.B. wurden bisher fast ausschließlich das "Kriegsgefangenen-Schicksal" und die Versklavung von christlichen Menschen untersucht, weit weniger das "Schicksal" und Versklavung von muslimischen Menschen durch Habsburg, Frankreich, usw. untersucht. Siehe auch obige Ausführungen. Das gleiche ist für Schwarze Sklaven festzustellen. Einzig die schwarzen Eunuchen sind ein wenig beleuchtet, weil sie zeitweilig erheblichen Einfluss auf die Geschichte und Geschicke des Staates hatten.

Wenn noch jemand ein Doktorarbeitsthema sucht, im Osm. Reich gibt es noch zaaaaahlreiche unbearbeitete Themen. :)

:winke:

PS: die arab. Sklavenhändler haben wahrscheinlich von den römischen, usw. "gelernt"... ;) PPS: Die Osm. kauften auch Sklaven von franz. Sklavenhändlern, siehe oben...

Du triffst den Nagel wieder einmal auf den Kopf, mein Lieber. Leider ist wie so oft, wenn es um das Thema O.R. oder Arabien geht, die Sichtweise einseitig. Von den "Beutetürken" haben wir ja von dir schon gelesen.

Und wie Du richtig erwähntest konnten auch schwarze Eunuchen als Sklaven zu einflußreichen Personen im Reich avancieren. Also muss man auch nochmal die Behandlung von schwarzen und weissen Sklaven im O.R. beleuchten.

Ich habe es gewusst, die Araber haben von den Römern gelernt - hier Griechen. Die Griechen wieder! :grübel:
 
Ninive: "Was die Sklavinnen im Harem angeht, hat der türkische Komponist, Sänger und Autor Zülfü Livaneli mit "Der Eunuch von Konstantinopel" einen Roman geschrieben, der unter anderem mit dem Mythos Harem aufräumt."
von welchem Mythos ist hier die Rede? Und wie räumt Livaneli damit auf? Hört sich sehr interessant an, vielleicht könnteste eine kurze Inhaltsangabe schreiben (ohne den Schluss zu verraten, wenn möglich :D)

ansonsten wünsche ich euch allen schöne Feiertage
Gariban:winke:[/quote]

Hallo Gariban,
sorry für die späte Antwort, komme derzeit leider nur an den Wochenenden dazu.
Der eigentliche Gegenstand von Zülfü Livanelis Roman ist weder das Thema Eunuchen noch der Harem, sondern das mit psychologischem Scharfsinn geschilderte höchst widersprüchliche Verhältnis zwischen dem Sultan und dem Obereunuchen des Harems, wobei letzterer der Ich-Erzähler ist. Es ist kein historischer Roman im engeren sinne, es gibt keine konkreten Zeit- oder Personenangaben. Ganz nebenbei erfährt man immer wieder etwas über die Lebensverhältnisse der Frauen im Harem oder auch über die Herkunft der Eunuchen. Ich habe zu beidem einen Ausschnitt eingescannt.
Die Anzahl der Eunuchen, die zur Bewachung und Management des Harems gebraucht wurden, wird übrigens oft unterschätzt. Allein der Harem des Sultans umfasste teilweise mehrere hundert Frauen (meist gekaufte Sklavinnen, geraubte Frauen aus eroberten Gebieten und "Geschenke" anderer Herrscher), die zahlreichen Eunuchen unterstellt wurden.
Harems unterhielten aber alle Männer, die es sich leisten konnten: Die unüberschaubare Anzahl der männlichen Verwandten des Sultans, die unzähligen Prinzen, die bei Hof beschäftigen Männer, höhere Beamte, Wohlhabende aller Art...
Im größer werdenden Osman. Reich mit seiner Expansion von Harems wuchs auch der Bedarf nach Eunuchen. Es bedurfte Armeen von Sklaven und Eunuchen, die ebenso wie die Frauen im Harem aus aller Herren Länder stammten. Da im Islam Kastration sowohl von Menschen als auch vonTieren verpönt war, stammen die Eunuchen in aller Regel aus nichtislamischen Völkern und Kulturen.
Mit "Mythos Harem" meinte ich die Vorstellungen, die sich die übrige Welt vom orientalischen Harem gemacht hat, nicht erst seit dem 19. Jahrhundert, obwohl es dort zu einer Häufung von romantisierenden, verklärenden, kitschigen Darstellungen in der (Reise)Literatur, in der Bildenden Kunst kommt (Illustrationen von "1001 Nacht", die Bilder von Delacroix, Gericault, Ingres, Leighton), wobei die Verklärung nicht nur den Harem, sondern den Orient allgemein betrifft. Nachdem dem osmanischen Imperialismus ein Ende bereitet worden war und man darin nicht mehr eine Bedrohung des Abendlandes sah, setzte allmählich eine angstfreie Zuwendung zum Orient ein, die oftmals ins Gegenteil umschlug und mitunter in verherrlichenden Klischees gipfelte. Dass dabei vor allem der Harem die Männerphantasien anregte, liegt auf der Hand. So kommt es zu einer utopischen Vorstellung von der Frau und der Sexualität im Orient, die natürlich mit der Realität im Harem wenig zu tun hat.
Hier noch zwei Passagen aus Livanelis Roman,
einen schönen Sonntagabend noch,
Ninive


zum Thema Harem:

„Das Leben im Palast von Istanbul begann für das rabenschwarze Kind mit einer strengen Arbeits -*und Ausbildungsordnung. Und mit dem blitzenden Messer der Anpassung wurde die Erinnerung an Vergangenes ausgemerzt. An seine Stelle traten die Regeln des Islam. Fremdsprachen wie Arabisch, Persisch, Türkisch, Latein und Griechisch sowie Gedichte, Redensarten und Sprichwörter gewannen hervorragende Bedeutung.
Im Harem jedoch nutzen mir diese Kenntnisse nichts ... Der Harem ist eine Welt des Weinens und der Trauer. Der Harem beflügelt die Fantasie aller, die außerhalb leben. Ja, er machte sogar den Bot*schafter Habsburgs so trunken vor poetischer Liebe, dass er fast den Verstand verlor. Doch nie war der Harem ein Paradies der Liebe, des Gesangs und Tanzes, in dem schöne Frauen schwanengleich über die Wasser gleiten. Die sehnsüchtige Vorstellung, wonach die schönen Frauen im Dampfbad ihre von der Hitze gerötete Haut pflegen, haben mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Denn die Frauen altern in den dunklen und feuchten Ecken des Harems. Sie verblühen unbeachtet und werden fett. Die Schwere ihrer lebenslangen Freiheitsstrafe drückt sich bald in ihrem gewaltigen Körperumfang aus. Ihre einzige Abwechslung ist der Klatsch. Das Geflecht der Intrigen und Eifersüchteleien ist unerträglich und gibt ihnen immer wieder zu Weinkrämpfen Anlass.
Die dicken Mauern des Harems haben einzig den Zweck, großes Unglück, Tod und viele Verbrechen zu verbergen, damit die außerhalb Lebenden sich närrische, wirklichkeitsfremde Traumvorstellungen vom Leben im Harem machen können.
Einen Kaffee zu trinken, der im kupfernen Stiel*gefäß auf dem Kohlebecken gekocht wird, und im Sommer ein Glas Berberitzen-Scherbet zu genießen, zählt schon zu den großen und aufregenden Ver*gnügungen.
Mich dauern die Mädchen zutiefst, die im Alter von vierzehn Jahren aus ihrer Umgebung, ihrer Fa*milie gerissen werden und hier ihr Leben im Harem verbringen müssen. Sie sind gezwungen dieses Leben mit hunderten anderer Frauen bis zum Tode zu tei*len, ohne je einen Blick auf die Welt außerhalb der Mauern werfen zu dürfen.
Die Wasserschalen des Hamams, die feine Seife in den Schränken, die Häkel- und Strickarbeiten, das Spitzeklöppeln, die Stickereien und Ornamente, die Perlenstickerei auf kostbarem Atlas, das alles reicht nicht aus, die Schreie der Sklavinnen zu überhören und geheim zu halten. Nachdem man ihre Söhne umgebracht hat, werden sie in einen Sack gesteckt und im Meer ertränkt.
Trauer und Furcht im Blick der Haremsfrauen ver*schwinden nie mehr. Ihre feuchten Augen haben so viele junge Mädchen, deren Leben in der Strömung des Meeres ein Ende fand, auf ihrem letzten Weg begleitet.
In strengen Wintern gefriert das Wasser der Brun*nen, decken die großen Eisschollen aus dem Schwar*zen Meer den Bosporus zu. Die Menschen können im Schneesturm nichts sehen und bleiben deshalb in den Häusern. Sie zünden in ihren löchrigen Holz*häusern ein Kohlebecken an, um sich vor dem eisigen Wind zu schützen, der durch alle Ritzen pfeift. In solchen Zeiten der strengen Kälte, wenn sich die Sonne gerade aus dem Dunst erhebt, voll*ziehen die Frauen des Harems in Räumen, die der bleierne Himmel noch nicht erhellt, mit Wasser*becken und Schnabelkannen die rituellen Waschun*gen. Und wenn sie zum ersten Gebet des Tages das Gesicht nach Mekka wenden, wenn sie mit der Stirn die bunten Gebetsteppiche aus Chorasan berühren, empfinden sie innere Ruhe. In der Gottesanbetung wird ihnen die vornehmste und erhabenste An*erkennung in ihrem kummervollen Leben zuteil.
Die Speisen werden von den Köchen in großen Kesseln zubereitet und in Kupferschalen in den Harem gebracht. Die jungen Mädchen essen hun*derte verschiedener Auberginengerichte, besonders leckere Lammbraten, Fleisch vom Karamanschaf, ge*füllte Blätterteigtaschen, kaltes Gemüse in Olivenöl und süße Mehlspeisen in Sirup. Und dabei werden sie immer fetter und fetter. Krank und mit geschwol*lenen Beinen leiden sie unter Zuckungen und Krämpfen, auch Herzanfällen, und warten nur noch auf ihr Ende.
Und ein Engel wie Gülbeden aus Nizza, lebt in einer Traumwelt, die ihr keine Gelegenheit bietet, zu erkennen, wo sie sich überhaupt befindet, sie ver*treibt sich die Zeit mit dem Nähen von Hemdchen aus Musselin und Rohseide, um ihre quälenden Kopfschmerzen zu vergessen.“

zum Thema Eunuchen:



„Und er (gemeint ist der Sultan, Anm.) ist mein Herr, dem ich bedingungslos ge*horche, seit ich als Zwölfjähriger aus den Wüsten Abessiniens entführt worden bin.
Ich kam nicht wie die anderen Sklaven aus der oberen Nilregion, vom Tschadsee, aus Kordofan oder Dafur. In Abessinien wurden wir in Schiffe verladen. In der Menschenmenge, die im Laderaum einge*pfercht wurde, befanden sich überwiegend junge Männer und Frauen.
Ich erinnere mich, dass außer mir fünfzehn bis zwanzig Jungen an Bord waren. Der Laderaum war stickig und stank unerträglich. Wurde das Schiff von harten Wellen getroffen, erbrachen sich alle; wer nichts mehr im Leib hatte, würgte nur noch Galle heraus.
Wegen des beißenden Gestanks konnten wir kaum atmen. Jeden Morgen wurde die Luke des Laderaums geöffnet, man zerrte die in der Nacht Gestorbenen heraus und warf sie ins Meer.
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir mit diesem Todesschiff unterwegs waren. Es kam mir vor, als seien wir schon ein Leben lang auf See.
Die Reise ging so weiter, bis das geschah, was meinen Wert als Sklaven steigerte ...
Unterwegs lief das Schiff einen Hafen an. Als wir wieder abreisten, war ich vier- bis fünfmal so viel wert wie ein normaler schwarzer Sklave.
Gott der Erhabene ist mein Zeuge, dass ich in meinem langen und mühevollen Leben nichts mehr erlebt habe, das so furchtbar und schmerzhaft war, wie das, was mich so viel wertvoller machte.
Als das Schiff anlegte, wurde ich zusammen mit vier, fünf Jungen von Bord gebracht. So weit ich meine verschwommene Erinnerung wieder beleben kann, gingen wir durch eine sehr enge, gepflasterte Straße, die ganz in den Schatten der rechts und links aufragenden Häuser eingetaucht war. Sie brachten uns in die Eingangshalle eines Hauses.
Dort zogen sie uns die langen Hosen aus und wuschen uns zwischen den Beinen mit einer siedend heißen, scharfen Flüssigkeit, in der sie Pfeffer aufge*kocht hatten. Es brannte furchtbar, wir fingen an zu schreien. Doch dieser höllische Pfeffersud war nichts gegen das, was dann geschah. Mit Stricken banden sie unsere Hüften fest. Dann packten sie meine Arme, sodass ich mich nicht mehr rühren konnte. Plötzlich tauchte ein grobschlächtiger Kerl auf, der ein gebo*genes Messer in der Hand hielt. Blitzartig schnitt er alles zwischen meinen Beinen weg. Ich schrie wie von Sinnen. Zwischen meinen Lenden floss das Blut in Strömen. Dann wurde ich ohnmächtig.
Als ich später wieder zu mir kam, hatten sie die Wunde mit einem metallenen Pfropfen verschlossen. Danach verbanden sie die Stelle ganz fest mit nassem Papier. Als hätte ich nicht schon genug gelitten, fassten sie mich in diesem Zustand am Arm, zogen mich hoch und führten mich im Raum herum. Nach einiger Zeit erlaubten sie mir, mich auf einer dünnen Matratze in der Ecke auszustrecken. Den anderen Jungen wurde dasselbe angetan. Alles war vom schweren Geruch des Blutes erfüllt.
Noch heute steigt mir dieser besondere Geruch manchmal in die Nase, und die schrecklichen Schreie der Jungen hallen wider in den kühlen Kuppeln über mir.
Drei Tage lagen wir dort, ohne etwas zu essen und zu trinken.
Wer starb, war eben tot. Und wer wie ich die furchtbaren Schmerzen durchhielt, war gerettet. Wir wurden wieder auf das Schiff verladen, nach Istanbul gebracht und dort auf dem Sklavenmarkt verkauft.“
 
Na, da möchte ich mal wissen, was Livaneli so gelesen hat... ;)

Ich hatte hier schon mal zwei Links gegeben: http://www.geschichtsforum.de/f42/frauen-des-sultans-sultanin-12914/index2.html#post327225

aber sie passen auch hier gut rein:
Haremsfrauen

Mirror:
Haremsfrauen
und
Channel 4 - History - The sultanate of women

Keine Ahnung, warum der erste Link seit Wochen nicht erreichbar ist, deshalb hier mal ein lesbarer Ausschnitt, bevor der google-cache nicht mehr lesbar ist:

"
Sklavinnen und Reproduktionspolitik

Die Sultansmutter wählte die schönsten, intelligentesten und am besten ausgebildeten Sklavinnen für ihre private oder die Dienste anderer Rangträgerinnen unter ihrer Aufsicht aus, um sie in das Hofzeremoniell, die Etikette und in die weiblichen Künsten des Tanzens, Singens und Musizierens einzuweisen (Coco 1998, 73-77). Die Frauen wurden sowohl zur Konkubine als auch zur Verwalterin des Harems ausgebildet. Nach venezianischen Berichten wählte der Sultan seine Konkubinen aus dem Kreise dieser Dienerinnen aus, sobald sie eine Reife- bzw. Funktionsstufe in der Haremsverwaltung erreicht hatten. Die höchste Stufe in der Rangfolge der Konkubinen des Sultans konnten nur die mit bester Ausbildung und Leistung erreichen. Schönheit allein genügte also nicht. Die Laufbahn einer Sklavin konnte in drei Statusgruppen münden:

– Der Zugang zur Dynastie als Konkubine und Mutter eines Prinzen;
– Aufstieg in hohe Haremsämter bzw. -funktionen;
– Befreiung und Ehe mit einem hochrangigen Sklavenbeamten und somit die Gründung des eigenen Haushalts.

Die Reproduktionspolitik der osmanischen Dynastie wandelte sich im Zusammenhang mit ihrer jeweiligen Machtstärke und Legitimationsgrundlage. Der Zugriff der osmanischen Dynastie auf die traditionell anerkannte Legitimationsgrundlage islamischer Herrscher, nämlich Nachkommen des prophetischen Geschlechts zu sein, war wegen ihrer nicht-prophetischen Abstammung nicht unmöglich. So bildeten die ursprüngliche Legitimationsgrundlage in der Gründungsphase die matrimoniellen Allianzen zu anatolischen charismatischen Familien der Derwischscheichs. D. h. es waren die angeheirateten Frauen der ersten Sultane, die der Dynastie zur Legitimation verhalfen.
In der Gründungslegende der osmanischen Dynastie herrscht das Motiv der Übertragung des Charisma und der Heiligkeit des berühmtesten religiösen Führers Anatoliens, Scheich Edip Ali, auf die Dynastie vor, vermittelt durch seine Tochter, die den Dynastiegründer Osman heiratete (Asikpasazade 1947, 4/26).
Bis zur Mitte des 15. Jhs. hatten die osmanischen Herrscher zwar sowohl angeheiratete Frauen als auch Konkubinen, aber die Kinder der Sultane wurden im 15. Jh. ausschließlich von Konkubinen geboren. Die Unfruchtbarkeit der rechtmäßigen Ehen wurde wahrscheinlich durch sexuel*le Enthaltsamkeit erreicht und nur die ersten beiden osmanischen Herrscher, Osman und Orhan, waren ehelich gezeugt. Ansonsten waren die Mütter der osmanischen Sultane ursprünglich versklavte Konkubinen christlicher Herkunft (Pierce 1996, 35). Entgegen dieser Realität glaubte jedoch die osmanische Bevölkerung an die in den Hofchroniken enthaltenen Mythen über muslimische Herrschertöchter als Mütter ihrer Sultane (Ulucay 1980, 7-8). Bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jhs. etablierten sich zwei Regeln in der Reproduktionspolitik: die Verlagerung der sultanischen Begattung ausschließlich versklavter Konkubinen, die jeweils nur einen Sohn zur Welt bringen durften.
Im 14. und 15. Jh. dienten die Heiratsallianzen zwischen den osmanischen Sultanen und ihren Söhnen mit den benachbarten Herrscherhäusern auf dem Balkan (Byzanz-Serbien) und in Anatolien als diplomatische Bündnisse oder zur Bekräftigung des Vasallenstatus. Im 14. Jh. dominierten die Eheschließungen mit christlichen und im 15. Jh. mit muslimi*schen Frauen aus Anatolien, was in Einklang mit der Expansionsorientierung stand (Gost 1994, 90-94). Die osmanischen Sultane und ihre Söhne heirateten nicht nur Frauen aus den muslimischen Häusern Anatoliens, sondern gaben ihre Töchter und Schwestern auch als Ehefrauen in diese Häuser. Die Kontrolle der ehelichen Reproduktion der Sultane durch sexuelle Enthaltsamkeit zeugt von der Intensität und Macht der dynastischen Reproduktionspolitik über die individuellen Herrscher. Man wollte dadurch jegliche Verflechtung mit fremden Häusern und die Beeinflussung fremder Mächte vermeiden. In der islamischen Staatstradition ist dies einmalig.
Auch die Versklavung der Frauen aus besiegten Dynastien, insbesondere der Ehefrauen der unterlegenen Herrscher und deren Aufnahme in den Harem, blieb bis zum 16. Jh. Symbol der osmanischen Expansionskraft und Beutefähigkeit. Der byzantinische Historiker Doukas schildert wie Mehmed der Eroberer 20 Tage nach der Eroberung Instanbuls mit allen adligen Frauen aus Byzanz auf Pferden oder Wagen die Stadt verließ (Doukas/Magoulias 1975, 241). D.h., die ausländischen Konkubinen und Gattinnen der islamischen Sultane symbolisierten die Überlegenheit und den Sieg.
Nicht die Gattinnenrolle, sondern die Mutterrolle eröffnete den Frauen den Weg zum Macht- und Statusaufstieg und ermöglichte ihnen die Teilnahme am politischen Leben. Somit durchlebte eine erfolgreiche Sklavin-Konkubine im 15. Jh. sechs Lebensabschnitte, die auch räumlich voneinander unterschieden wurden.
Lebensepisoden einer Sklavin-Konkubine

Diese idealtypische Biographie, die zumeist Standard war, verdeutlicht wie absolut die Frauen über ihre Mutterschaft und -rolle definiert und ihnen durch die Kinder ihre Identität zugewiesen wurde.
„Wenn eine Konkubine vom Sultan schwanger wird, wird ihr Sold sofort erhöht und somit wird sie geehrt und befördert, sie wird ab dann als eine hochrangige Frau bedient (von anderen Haremsfrauen). Wenn sie einen Sohn bekommt, erzieht sie ihn bis er zehn bis elf Jahre alt wird. Danach verleiht der „große Türke“ (Sultan gemeint) eine Sanjak-Pfründe (die größte Verwaltungseinheit im osmanischen Reich) und schickt seine Mutter mit ihm dort hin. Wenn die Konkubine auch ein Mädchen gebärt, wird es von der Mutter bis zu ihrer Heirat erzogen.“ (Angioello 1909, 128)
Die wichtigste Voraussetzung für die politische Karriere und Machtbeteiligung der Sultansfrauen hing von der Geburt eines Sohnes und den biographischen Episoden ihrer Söhne ab. In der Zeit, in der die Prinzen zur Vorbereitung auf die Staatsführung in die Provinz als Gouverneur entsandt wurden, wurden sie von ihren Müttern begleitet. Somit erhielt der Prinz zusammen mit seiner Mutter einen eigenen Haushalt unter der mütterlichen Aufsicht neben der seines Lehrers. Die Mütter der Prinzen wurden für das Verhalten und die Amtsführung ihrer Söhne verantwortlich gehalten. Dieser Lebensabschnitt markierte sowohl das Ende der Geschlechtlichkeit als auch den Beginn der Machtbeteiligung der Sultansfrau, die eine politische Identität gewann. Erst danach übernahm sie auch die dynastische Legitimationsfunktion gegenüber der Bevölkerung, indem sie Wohltätigkeitsaktivitäten und Stiftungsgründungen wir Armenhäuser, Medrese, Moschee-, Bad-, Wasserbrunnenbauten durchführt (Faroghi 1989). Die Prinzenmutter bekam den höchsten Sold im Prinzenhaushalt.
Wann die Entsendung der Mutter mit dem Prinzen schon mit zwölf Jahren in die Provinz als Gouverneur als Tradition begann, ist nicht bekannt, vermutlich schon in der Zeit des zweiten osmanischen Sultans Orhan (Pierce 1996, 58-66). Im 15. Jh. war sie bereits Routine. Sie diente sowohl zum Erwerb der Staatsführungserfahrung als auch zur Fernhaltung des Prinzens von der Hauptstadt. Die Haushalte der Prinzen umfaßten zwischen 450 bis 2.000 Bedienstete einschließ*lich eines eigenen Harems. Dieser Haushalt konstituierte auch den Kern ihrer Beamten- und Bedienstetenschar am Hof in Istanbul bei der Thronbesteigung (Pierce 1996, 62-63).
Wenn ein Prinz in dieser Zeit starb, übernahm seine Mutter den Bau des pompösen Mausoleum-Grabes, sorgte für das Personal des Haushalts und stellte ihre Ernennung für geeignete Posten sicher. Diese Mütter wurden später neben ihren Söhnen begraben, was die symbiotische, unentrinnbare Einheit zwischen den Prinzenmüttern und ihren Söhnen belegt. Einen möglichen Erklärungsansatz für diese Einheit liefert das lebenslängliche politische Bündnis, das die Mutter eines Prinzen mit ihrem Sohn einging: als Beschützerin gegen Intrigen, selbst gegen den Zorn des Sultans, als seine Erzieherin und später als Beraterin und intimste Lebensgefährtin. Diese politische Rolle der damaligen Konkubinen, definiert durch ihre Rolle als Prinzenmutter, bedeutete eine wichtige Machtquelle für sie, gleichzeitig aber auch das Ende ihrer intimen Beziehung zum Sultan. Die Mütter der Thronkandidaten waren durch ihr Schicksal und in ihren Aufstiegschancen zur höchsten Würde und Machtstellung einer Frau im Harem, als Sultansmutter unentrinnbar mit dem Schicksal ihrer Söhne verbunden. In solch einer Herrschaftsordnung, in der jeder Prinz mit seinen Brüdern von unterschiedlichen Müttern um den Thron konkurrierte, da die gesamte Dynastie kollektiven Herrschaftsanspruch hatte, mußte jeder mögliche Thronkandidat zwangsläufig unter der Obhut einer ihm wohlgesonnenen Frau stehen. In solch einem System war die Konkurrenz um die höchste Spitze im Reich, um das Sultansamt, gleichzeitig die Konkurrenz unter den Müttern. Wenn der Sohn im Bündnis mit seiner Mutter im Konkurrenzkampf scheiterte, bedeutete dies für den Prinzen den Tod, für die Mutter die Entfernung aus dem Serail und ihre Abschiebung in den Alt-Harem der ehemaligen Hauptstadt Bursa, bevor das Serail in Istanbul gebaut wurde, d. h. ein Exilleben bis zu ihrem Tod. (Gost 1994, 100)
Die Konkurrenz um den Thron konnte nur siegreich verlaufen, wenn die Unterstützung wichtiger Machtgruppen, wie die der Janitscharen-Organisation, der hochrangigen Staatsfunktionäre oder der islamischen Rechtsgelehrten gesichert war. Es waren die Prinzenmütter, die durch ihr Vermögen, ihre Hofbeziehungen und Klientelgruppen diesen Konkurrenzkampf organisierten und ausfochten. Häufig mußte hierzu ein Informantennetz aufgebaut und bezahlt werden.
Am Ende des 15. Jh. stieg das Alter der Prinzen zur Entlassung aus dem Serail auf das 16. Lebensjahr an. Das Erreichen politischer Reife markierte zugleich den Beginn seiner Reproduktionsaktivität. Die Erziehung der Gattinnen des Prinzen, sogar ihre Auswahl und die Reglementie*rung des Sexuallebens des Prinzen oblag ebenfalls der Prinzenmutter. Die Fortpflanzungsfähigkeit des Prinzen markierte in der imperialen Zeit auch das Ende der Kinderzeugung des Vatersultans. In früherer Zeit des Reiches zeugten sowohl noch die Sultane als auch ihre Söhne Nachkommen.
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Standardwerk ist wohl momentan immer noch:


Leslie P. Peirce: The Imperial Harem: Women and Sovereignty in the Ottoman Empire. Oxford (Studies in Middle Eastern History) 1994.


Hier ist in den ersten Seiten des PDFs eine Leseprobe ihrer neuen Erkenntnisse:
http://www.sammustafa.com/Resources/OttomanReading.pdf

u.a. zum Thema:

Sexuality and Power in the Princely Household

Ciao, lynxxx

 
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