Ich habe ein paar Fragen zum Thema Sklaverei in den USA.
1) In neueren Hollywood-Filmen zu dem Thema werden die Sklavenbesitzer oft als grausame Sadisten dargestellt, die scheinbar den Sinn ihres Lebens darin sehen Menschen zu quälen. War das damals wirklich die Regel oder ist das eine bewusste Überspitzung des Films?
Das kam selbstredend vor wird man so aber sicherlich nicht als die Regel bezeichnen können.
Eigentlich müssten doch die Sklavenbesitzer selbst ein Interesse an gesunden Sklaven gehabt haben. Immerhin haben die viel Geld für die Sklaven bezahlt und benötigten deren Arbeitskraft
Das ist sicherlich auch von der konkreten Region und der Zeit in der es sich abspielte abhängig. Soweit es das 19. Jahrhundert im Kontext des amerikanischen Bürgerkrieges betrifft:
- Zum einen waren Sklaven keine Wegwerf-Ware, sondern durchaus nicht billig zu haben, so dass sie erst einmal ein paar Jahre arbeiten können mussten, um sich zu rentieren. Schon allein das verbot sie systematisch kaputt zu schinden.
- Zum anderen wurde auf Betrieben der Briten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der transtlantische Sklavenhandel sukzessive bekämpft und zum Erliegen gebracht.
Von diesem Zeitabschnitt an, war es zwar in den USA noch möglich Sklaven innerhalb der Staaten zu handeln, "Nachschub" aus Afrika gab es aber kaum noch.
Das führte zum einen dazu die Preise für Sklaven weiter hoch zu treiben, es führte weiterhin auch dazu, dass der Erhalt der Sklavenbstände in den Staaten nur noch durch Fortpflanzung derselben zu erreichen war.
Das alles hatte Auswirkungen auf den Umgang der Sklavenbesitzer mit den Sklaven.
Dadurch wurde das Leben der Sklaven sicherlich nicht angenehmer oder die Sklaverei als Einrichtung per se moralisch weniger abscheulich, nur machte es en gros keinen Sinn Sklaven zu zerschinden, was nichts daran änderte, dass es einzelne Sadisten gab, die dass taten und i.d.R. auch ungeschoren davon kamen, weil es gesellschaftlich akzeptiert war.
Hier muss man dann allerdings einwerfen, dass das keine rein rassistische Klamotte ist, sondern das die weitgehende Abschaffung von Körperstrafen in den Teilen der Welt, wo sie durchgesetzt war, noch nicht allzu viele Jahre auf dem Buckel hatte.
Gewalt und Willkühr am Arbeitsplatz sind auch in den frühen Industriegeslleschaften unter den freien Einwohnern noch gang und gebe.
Gab es auch Sklaven, die es (abgesehen von ihrer Unfreiheit) bei ihren Besitzern relativ gut hatten, eben ohne Gewalt, vernünftige Ernährung, ein paar gewährte "Freiheiten" innerhalb des Sklaverei-Systems?
Das hing ganz massiv davon ab, wie der jeweilige Besitzer den Umgang mit den Sklaven handhabte und in Teilen auch von den Aufgaben, die ein Sklave zu leisten hatte.
Zunächstmal musste ein Sklave nicht unbedingt zu körperlicher Schwerstarbeit im landwirtschaftlichen Bereich herangezogen werden. Das betraf die meisten Sklaven in den Baumwollstaaten, aber nicht gezwungenermaßen alle.
Genau so war es mitunter auch üblich vereinzelte Sklaven für Verwaltungs- und häusliche Tätlichkeiten heran zu ziehen, in Teilen auch zur Beaufsichtigung anderer Sklaven.
Daneben war es genau so gut möglich, dass jemand sich einen Sklaven einfach als persönlichen Diener zulegte ohne dabei in irgendeiner Weise landwirtschaftliche, kommerzielle Interessen zu verfolgen.
Was Freiheiten angeht, kommt es wie gesagt auf Zeit und Region, wie auch auf die individuellen Interessen des Besitzers an.
Es war etwa nicht gänzlich unüblich die landwirtschaflich beschäftigten Sklaven am Anfang des Tages einzuteilen, zu instruieren und ihnen, wenn sie ihr Tagessoll erfüllt hatten den Rest des Tages Freizeit einzuräumen, innerhalb der sie sich mitunter auch in einem bestimmten Umkreis um die Plantage/Farm, frei bewegen durften.
Auch bemühte man sich im Laufe des 19. Jahrhunderts, im Rahmen der bedeutender werdenden Familienstrukturen bei den Sklaven, Sklavenfamilien möglichst nicht auseinander zu reißen.
Wenn dies aus irgendwelchen Gründen unumgänglich war, die abgegebenen Sklaven aber auf einer benachbarten Plantage unterkamen, wurden den Sklaven mitunter in einiger regelmäßigkeit Besuche gestattet, mitunter die Arbeitszeit, wenigstens an Sonntagen zu diesem Zweck eingeschränkt.
In Teilen war es auch nicht ganz unüblich die Sklaven (wenn auch lächerlich gering) zu bezahlen. Das weniger aus Humanität, sodern mit dem Hintergedanken, sie durch die Aussicht, sich irgendwann freikaufen zu können, besser zum Arbeiten zu motivieren.
Was die persönliche Behandlung von Sklaven durch einzelne Besitzer angeht, reicht die Bandbreite vom sadistischen Zerschinden im schlimmsten Fall, bis zur Behandlung als Quasi-Familienmitglied im besten Fall, das kann man nicht über einen Kamm scheren.
Wie gesagt, will ich hier die Sklaverei nicht schön reden, alleine auf Grund der damit verbundenen Möglichkeit von der Familie weggerissen und willkürlich verkauft zu werden, sich nur eingeschränkt frei bewegen zu können etc. war das sicherlich kein besonders schönes Schicksal, dass man gern teilen würde.
Allein, was das 19. Jahrhundert betrifft, war die Angelegenheit in der Regel (gemessen auch an den gewöhnlichen Arbeitsbedingungen freier lohnarbeiter) nicht gänzlich inhuman und die Plantagen in den USA waren weder dezidierte Menschenvernichtungsmaschinierien, noch war es die Regel die Sklaven willentlich und wissentlich auf's schwerste zu misshandeln, dass wäre, wie du schon richtig erkannt hast, ökonomischer Unsinn gewesen.
2) Was haben die Sklaven gemacht, nachdem die Sklaverei abgeschafft wurde? Formal waren sie frei. Aber haben die dann einfach auf den Plantagen weitergearbeitet, nur halt eben für ein bischen Lohn? Irgendwie mussten sie ja dann ihren Lebensunterhalt bestreitet und ohne Bildung konnte man wohl kaum viel anderes machen als bisher.
Naja, zum einen bedeutete ehemaliger Sklave zu sein, nicht zwangsläufig keine Bildung zu haben. Je nachdem für welche Tätigkeit genau die Sklaven vorher eingesetzt worden waren, hatte man ihnen elementare Bildung durchaus zukommen lassen, auch wenn das nicht die allgemeine Regel war.
Zum anderen: Die Sklavenemanzipation war mitte des 19. Jahrhunderts. Zu diesem Zeitpunkt waren noch beträchtliche Teile auch der freien Bevölkerung, im Besonderen, wenn sie selbst einwanderer aus Europa waren nach wie vor Analphabeten.
Das die ehemaligen Sklaven beruflich nicht in mindestens mittlere Positionen kamen, lag weniger an der Bildung, wo die Rückstände im Vergleich zu weiten Teilen der freien Bevölkerung, so groß nicht waren, sondern darin, dass das System der Sklaverei eben umgehend durch das der "Rassentrennung" ersetzt wurde und die Schwarzen nach wie vor als Menschen 2. Klasse behandelt wurden.
Man gestand ihnen damit zwar elementarste Rechte zu, alles, was darüber hinaus ging aber eben nicht.
Entsprechend blieb den Sklaven nicht viel anderes, als sich in der Landwirtschaft als Lohnarbeiter zu verdingen, oder in den Norden zu gehen und da in den aufkommenden Fabriken anzuheuern.
Die Beendigung der Sklaverei brachte den ehemaligen Sklaven persönliche Freiheitsrechte, die sie vorher nicht besaßen, mitnichten aber materielle Sicherheiten oder besonders aussichtsreiche Perspektiven.
3) Die Sklavenbesitzer waren ja auch nur ein relativ kleiner Teil der weissen Oberschicht. Die grosse Mehrheit der Weissen hatte selbst keine Sklaven. Aber wo haben die denn dann gearbeitet? Ein Plantagenbesitzer, der Sklaven für sich arbeiten lässt, braucht keine weissen Landarbeiter einstellen. Aber wo haben die weissen Landarbeiter dann noch einen Job gefunden?
Von wirklich ausschlaggebender Bedeutung war die Sklaverei lediglich in den Baumwollstaaten, sprich South Carolina, Georgia, Alabama, Missisippi, Louisiana und in geringerem Maße Florida.
Wirklich große Pflanzerdynastien, die sich tatsächlich Sklaven in einem Ausmaß leisten konnten, dass damit im großen Stil kommerziell zu produzieren gewesen wäre, gab es dabei lediglich einige Dutzend und die waren überwiegend auf den Anbau von Baumwolle für den Export nach Europa spezialisiert.
Darüber hinaus gab es kleinere Sklavenbesitzer, die vielleicht eine Hand voll Sklaven oder auch nur einzelne Besaßen, die dann auf den Anbauflächen eingesetzt wurden, die die Besitzer selbst bewirtschafteten.
Die große Masse der kleinen Farmer im Süden konnte sich keine Sklaven leisten und krebste mitunter als Klein- und Kleinstbauern an der Subsistenzgrenze.
Daneben gab es Arbeit in handwerklichen Berufen, im Norden begann die Industrie zu entstehen und brauchte Arbeitskräfte, darüber hinaus, war ja der gesammte Westen der USA noch nicht besiedelt und erschlossen.
Wer also als freier Einwohner im Osten kein Fortkommen mehr sah, konnte sich in den Norden in die Industriestädte aufmachen oder in Richtung Missisippi um sein Glück weiter im Westen zu versuchen, wo eigenes Land noch billig zu haben war.