Sklaverei vs Leibeigentum

PostmodernAtheist

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Wie muss man eigentlich den Übergang von der Sklaverei zum Leibeigentum sehen? Ging es ab dann den Menschen "besser"? Von Rechts wird ja gern gegen die Sklaverei im Islam gewettert, die noch viel grausamer als der Transatlantische Sklavenhandel der Neuzeit gewesen sein soll. Wenn so viele in Europa Leibeigene gewesen sind, dann ging es denen ja kaum besser. Ganz ähnlich wurde hier argumentiert als ich die Sklaverei der Griechen und das Leibeigentum der Perser im Altertum verglich.
 
Wie muss man eigentlich den Übergang von der Sklaverei zum Leibeigentum sehen? Ging es ab dann den Menschen "besser"?

Was verstehst du unter besser?
Wenn du darunter einen Schutz gegen gewisse Härten verstehst, z.B. den Umstand, dass es Leibeigener nicht mal eben von seiner familie getrennt und ans andere Ende der Welt verkauft werden konnte, ging es Leibeigenen besser als Sklaven.

Ansonsten konnten die Lebensbedingungen von Sklaven sehr verschieden sein. Ein griechischer Sklave, der von einer römischen Patrizierfamilie als Erzieher und Hauslehrer für den eigenen Nachwuchs gehalten wurde, konnte das Glück haben materiell ein wesentlich besseres Leben zu führen, als die freien aber armen Teile der Bevölkerung.
Ein Sklave auf einer Galeere oder bei der Minenarbeit hatte es natürlich deutlich weniger gut getroffen und eine wesentlich geringere Lebenserwartung, so dass sich das, was das Materielle betrifft, jedenfalls im Hinblick auf die antiken Formen der Sklavere nicht so ohne weiteres über einen Kamm scheren ließ.

Von Rechts wird ja gern gegen die Sklaverei im Islam gewettert, die noch viel grausamer als der Transatlantische Sklavenhandel der Neuzeit gewesen sein soll.

Ja, nur dass sich für diese größere Grausamkeit außer persönlichen Phantasiegebilden relativ wenig Evidenz finden lässt.
Der transatlantische Sklavenhandel hat wirklich nicht mehr viel Luft nach oben gelassen, was Grausamkeit angeht, zumal mit Hinblick, mehr auf die Karibik, als auf Nordamerika, wo die Verhältnisse etwas anders lagen, die Menschen nach allen Regeln der Kunst tatsächlich verheizt wurden.

Wenn so viele in Europa Leibeigene gewesen sind, dann ging es denen ja kaum besser.

Der Unterschied ist vor allen Dingen, wie gesagt, dass Leibeigene nicht mal eben wie Sklaven verkauft werden konnten.
Daraus resultieren im wesentlichen 3 Dinge:

- Leibeigene mussten nicht befürchten aus ihren Familien herausgerissen zu werden, weil es dem Gutsherren gerade so gefiel oder er meinte dadurch Profit machen zu können.
- Da es für Leibeigene keinen Markt gab und durch Krankheit, Verstümmelung oder Tod ausgefallene Leibeigene nicht einfach durch den Ankauf neuer Leibeigener ersetzt werden konnten, war hierbei ein gewisses Maß an Eigeninteresse des Gutsherren gegeben, seine Leibeeigenen nicht allzusehr zu zerschinden.
Ein ähnliches Phänomen hat man im Hinblick auf die Sklaverei in dem Moment, wo etwa in den Vereinigten Staaten die Sklaverei zwar noch als legal galt, die Einführung neuer Sklaven und der transatlantische Sklavenhandel aber nicht mehr.
- Leibeigene waren im Gegensatz zu Sklaven zumindest theoretisch nicht vollkommen Rechtlos und es gab regionale Rechtsgepflogenheiten, die regelten zu welchen Diensten und Abgaben ein Leibeigener verpflichtet war und was ohne gesonderte Vereinbarun nicht so ohne weiteres eingefordert werden durfte.
Ob Leibeigene diese theoretischen Rechte gegen ihre herren tatsächlich durchsetzen konnten, steht dann auf einem anderen Blatt, dass wird eher die Ausnahme gewesen sein, aber theoretisch hatten sie die, jedenfalls was die europäischen Traditionen der Leibeigenschaft ab dem Mittelalter angeht.
 
Ein Sklave auf einer Galeere oder bei der Minenarbeit hatte es natürlich deutlich weniger gut getroffen
Galeerensklaven, wie wir sie aus Spielfilmen kennen, waren eine eher seltene Erscheinung: Galeerensklave – Wikipedia

Wer in die Minen geschickt wurde, hatte allerdings die Arschkarte gezogen:

"Die Sklaven, die im Bergbau beschäftigt sind, bringen ihren Besitzern unglaubliche Einkünfte; sie selbst aber müssen unterirdisch graben, bei Tage wie bei Nacht, gehen körperlich zugrunde, und viele sterben infolge der übermäßigen Anstrengung - denn Erholung oder Pausen in der Arbeit gibt es nicht; Aufseher zwingen sie mit Schlägen, die furchtbaren Leiden zu ertragen, bis sie elend ihr Leben aushauchen; wenige nur, die Körperkraft und seelische Widerstandsfähigkeit genug haben, halten durch - und verlängern damit nur ihre Qual. Denn erstrebenswerter als das Leben wäre für sie der Tod, wegen der Größe ihres Elends."
(Diodor V 38, zit. nach Das Los der Sklaven aus dem Lexikon - wissen.de )
 
Galeerensklaven, wie wir sie aus Spielfilmen kennen, waren eine eher seltene Erscheinung: Galeerensklave – Wikipedia

Wer in die Minen geschickt wurde, hatte allerdings die Arschkarte gezogen:

"Die Sklaven, die im Bergbau beschäftigt sind, bringen ihren Besitzern unglaubliche Einkünfte; sie selbst aber müssen unterirdisch graben, bei Tage wie bei Nacht, gehen körperlich zugrunde, und viele sterben infolge der übermäßigen Anstrengung - denn Erholung oder Pausen in der Arbeit gibt es nicht; Aufseher zwingen sie mit Schlägen, die furchtbaren Leiden zu ertragen, bis sie elend ihr Leben aushauchen; wenige nur, die Körperkraft und seelische Widerstandsfähigkeit genug haben, halten durch - und verlängern damit nur ihre Qual. Denn erstrebenswerter als das Leben wäre für sie der Tod, wegen der Größe ihres Elends."
(Diodor V 38, zit. nach Das Los der Sklaven aus dem Lexikon - wissen.de )

Also Bergarbeiter Sklaven hatten wirklich die schlechtesten Bedingungen, da würden die wohl lieber in die Gladiatorenschule geschickt werden, Konstantin hat ja verfügt das Kriminelle die Gladiatoren werden sollen lieber ins Bergwerk sollen.

Ist zwar schön das du versuchst zu differenzieren, anderseits wär mir lieber du kommst besser auf den Punkt, Shinigami. Deinen Post zu entnehmen scheint mir es kommt auf den Fall an. Sklaven hatten ja oft im Gegensatz zum Leibeigenen Aufstiegsmöglichkeiten. Und zur "muslimischen" Sklaverei lässt sich noch sagen, dass viele wegen Kastration gestorben sind...und so eine Art Rassismus gab es wohl auch schon.
 
Also Bergarbeiter Sklaven hatten wirklich die schlechtesten Bedingungen, da würden die wohl lieber in die Gladiatorenschule geschickt werden

Da hatte man ebenfalls eine sehr niedrige Lebenserwartung:

Die Historiker Keith Hopkins und Mary Beard haben aus den Grabinschriften errechnet, dass die Gladiatoren durchschnittlich mit 22,5 Jahren ums Leben kamen. Doch in der Realität wird die Lebenserwartung noch kürzer gewesen sein, denn die Grabinschriften liefern keinen repräsentativen und zufälligen Querschnitt. Kenntnis haben wir vielmehr vor allem von denjenigen Gladiatoren, die zumindest einige Siege errungen und damit Mittel und Ansehen erworben hatten, so dass ihnen nach ihrem Tod ein Grabstein gesetzt wurde. Viele Gladiatoren, die bei einem ihrer ersten Kämpfe umkamen, haben hingegen keine Spuren hinterlassen. Im Regelfall endete eine Gladiatorenkarriere, davor sollte man nicht die Augen verschließen, mit einem frühen Tod in der Arena.

Christian Mann, Die Gladiatoren, München 2013, S. 50

Gerade bei den ad ludum Verurteilten würde ich nicht unbedingt damit rechnen, dass sie jahrelang für ihren Kampf trainiert wurden. Wer von Haus aus keinen athletischen Körperbau mitbrachte, wurde möglicherweise recht bald "verheizt".
 
Ist zwar schön das du versuchst zu differenzieren, anderseits wär mir lieber du kommst besser auf den Punkt, Shinigami.

Wenn du enger gefasste Antworten lesen möchtest, müsstest du die Fragen deutlicher auf den Punkt bringen.

In diesem Fall z.B. angefangen damit welche Form der Sklaverei aus welcher Weltregion und in welchem Zeitabschnitt du mit der Leibeigenschaft (idealerweise wann und wo, denn auch daas konnte verschiedene Ausprägungen annehmen), verglichen haben möchtest.

Und dann müsstest du idealer Weise auch definieren, was du unter "besseren Bedingungen" verstehst. Materielle Bedingungen? Immaterielle Bedingungen? etc.

Galeerensklaven, wie wir sie aus Spielfilmen kennen, waren eine eher seltene Erscheinung
Ist mir durchaus bekannt, aber es gab sie. Auch die Gruppe derjenigen, die das Glück hatten im Haushalt eines römischen Patriziers eine mit vergleichsweise eher angenehmen Tätigkeiten und materiellen Bedingungen verbundene Situation vorzufinden, war ja nummerisch eher klein und keinesfalls die Regel, mir ging es vor allem um die Darstellung der Spannweite.

Also Bergarbeiter Sklaven hatten wirklich die schlechtesten Bedingungen

Würde ich nicht generalisieren wollen, da würde ich dazu neigen zwischen den Arbeiten in einem Steinbruch übertage und den Arbeiten in Minen untertage unterscheiden wollen.

Die Gewinnung von Gestein übertage war zwar eine äußerst kräftezehrende Arbeit, sofern sie aber nicht unter klimatischen Extrembedingungen stattfand, wahrscheinlich durchaus mit forstwirtschftlichen Arbeiten vergleichbar, sowohl was den Grad körperlicher Anstrengung, als auch das Unfallrisiko angeht.

Der Abbau von Metallen untertage, düfte demgegenüber deutlich strapatiöser und gefährlicher gewesen sein:

- Es bestand bei nicht oder nur mit Holzkonstruktionen abgestützten Stollen und Schächten die permanente große Gefahr von Steinschlag, der die Arbeiter töten, schwer verletzen oder verschütten konnte.
- Je nachdem wie tief da geschürft wurde, und wie ausgeklügelt und leistungsfähig die Entwässerungstechnik war, konnten die Minenarbeiter ganz gewaltige Probleme mit eindringendem Wasser bekommen, wenn die Entwässerung ausfiel und es draußen stark zu regnen begann, was sie innerhalb des Bergwerks möglicherweise nicht bemerkten.
- Der Vortrieb durch wirklich festes Gestein und Vererzungen nur mit Hammer und Meißel dauert extrem lange, und bindet jede Menge von Arbeitskraft und auch wertvollen Platz, der zur Beseitigung des Abraums benötigt wurde.
D.h. dass man sich wohl seltenst die Zeit nahm innerhalb der Stollen den Boden so zu bearbeiten, dass Füße und Schuhe dort vernünftig Halt finden konnten, dafür drang allerdings pernament Wasser ein, dass dafür sorgen musste, dass der Boden ziemlich glattgeschliffen und rutschig werden musste.
- Die erhöhte Feuchtigkeit durch eindringendes Wasser und einige Meter unter der Erde auch durch die erhöhten Temperaturen musste dafür Sorgen, das Holzkonstruktionen, wie Pfoesten und Balken die Stollen stützten, aber eben auch etwa Leitern oder hölzerne Seilwinden innerhalb der Stollen und Schächte zunehmend verwitterten, was das Unfallrisiko erhöhen musste, wenn sie nicht hin und wieder ausgetauscht wurden.
- Ander als übertage kann sich auch der beim Abbau entstehende Staub weniger gut verflüchtigen, weil der Luftaustausch innerhalb eines Bergwerks eine recht komplexe Angelegenheit ist, im Besonderen ohne die Möglichkeiten moderner Bewetterung durch das gezielte Abpumpen verbrauchter und das Zuführen frischer Luft von der Oberfläche.
Das wird nicht in der Form und Häufigkeit, wie im späteren neuzeitlichen, teilmechanisierten Kohlenberbau zu Staublungen geführt haben, allein gesund war dieses permanente Einatmen von staubgemischen sicherlich nicht.
- Hinzu kommt natürlich untertage die Problematik überhaupt etwas sehen und damit vernünftig arbeiten zu können. Die tatsächliche Leistung von Öllampen und vergleichbarem wirklich für vernünftige Sicht zu sorgen, dürfte eher mangelhaft gewesen sein, davon ab, dass größere Feuer sich natürlich verboten und man auch mit relativ kleinen Lichtquellen darauf achten musste, auf keinen Fall versehentlich etwas brennbares in Brand zu setzen, weil die entsprechende Koloenmonoxidentwicklung und - Verbreitung natürlich für jeden untertage lebensgefährlich sein musste.
- Hinzu kommt, einige Gegenden in denen in der Antike untertage nach Metallen geschürft wurden, brachten den zusätzlichen Risikofaktor mit sich, dass sie in Gebieten liegen, in denen hin und wieder mal Erdbeben auftreten.

Insofern, die Arschkarte hatte, wer untertage Arbeiten musste.

Bei einem überirrdischen Steinbruch bestand natürlich auch immer die Gefahr, von Steinschlag oder irgendwo abzustürzen, aber die war im Kern nicht größer als die beim Bau von einer fehlerhaften, einstürzenden Konstruktion erschlagen zu werden, von einem Gerüst zu stürzen, oder etwa bei der Forstarbeit von einem umstürzenden Baum erschlagen zu werden.

Strapaziös war das natürlich trotzdem allemal.
 
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