Sollten Nazi-Verbrecher heute noch verurteilt werden??

Ich argumentiere nur, das sie gewusst haben muss woran sie da mitarbeitet und sich darum mitschuldig gemacht hat.
Sie hat Dinge verfasst und erhalten aus denen klar sein musste das sie unmittelbar zu Verbrechen führen, wenn sie es weiterreicht.
Von irgendeiner Leitung die sie selbst gehabt hätte gehe ich nicht aus.

Die Nennung der Kompetenzen und Aufgaben einer Chefsekretärin war nur gedacht um jeden Zweifel, sie hätte nicht gewusst was dort im Lager abgeht und wozu die Schritstücke führen, auszuräumen.
 
In der Diskussion hier wird zum Teil die Ansicht vertreten, sie habe informell eine weitaus stärkere Position innegehabt als es ihrer formalen Tätigkeit entsprach und das Lager administrativ quasi geleitet. Das ist es, was ich mit dem Verweis auf die „männerbündische Welt aus Gewalt und Drill“ bezweifle: Dass eine 18/19-jährige weibliche Schreibkraft in einer solchen Welt informell so viel Ansehen und Einfluss gewinnen konnte, dass sie gewissermaßen als Vorgesetzte und heimliche Lagerleiterin fungieren konnte.

Ich argumentiere nur, das sie gewusst haben muss woran sie da mitarbeitet und sich darum mitschuldig gemacht hat.
Sie hat Dinge verfasst und erhalten aus denen klar sein musste das sie unmittelbar zu Verbrechen führen, wenn sie es weiterreicht.
Von irgendeiner Leitung die sie selbst gehabt hätte gehe ich nicht aus.
Ich habe durchaus in Ansätzen eine solche Auffassung vertreten und vertrete sie auch. Also die Position, dass eine Sekretärin eines Lagerkommandanten eine stärkere Position innehatte, als es ihrer Tätigkeit entsprach. Auch in der männerbündischen Welt der SS. Ich habe davon gesprochen, dass ich es durchaus schon erlebt habe, dass Chefsekretärinnen in ihrer Rolle von einer gestanden Belegschaft als weisungskompetent empfunden wurden, dass sie quasi die heimlichen Chefs waren und sind. Das würde ich nun nicht übertragen sehen wollen, dass Irmgard F. die heimliche Lagerleiterin war. Aber das sie für das, was sie tat die Verantwortung tragen muss und eben zum Funktionieren beitrug und dafür eben zu Recht vor Gericht gestellt wurde, das sehe ich schon so, nur gehe ich eben nicht so weit, wie Dion, der gestern meinte, dass, wenn sie nicht gewesen wäre, die Abläufe weniger reibungslos vonstatten gegangen werden. Ich denke auch, dass Dion das so nicht aufrecht erhalten wird. Es steht außer Frage, dass, wenn sie es nicht getan hätte, jemand anderes getan hätte. Aber das entbindet nicht von individueller Schuld.
 
Das man ihr kein Schriftstück zweifelsfrei persönlich zuordnen kann heißt aber auch nur, das wenn sie mal krank war jemand anderes auf ihrer Schreibmaschine für sie getippt hat.

Will heißen man kann von z.b. 3000 Schriftstücken annehmen, das 99% von ihr stammen. Ob ein bestimmtes von ihr stammt - das kann man nicht zweifelsfrei sagen, es könnte ja eines von den 1% sein.
Keines der inkriminierenden Schriftstücke konnte ihr zweifelsfrei zugeordnet werden. Logischerweise handelte sich dabei um solche, die gezeigt hätten, dass F. von den Morden Kenntnis hatte und Hilfe dazu leistete. Alles, was irgendwie mit Mord und Totschlag zu tun hatte. Wenn diese Schriftstücke auch von jemand anderem als F. stammen konnten, und sonst nichts gegen sie vorlag, hätte die Kammer in dubio pro reo entscheiden müssen.

Die Anklage musste ja auch nicht mal nachweisen, dass F. die Schriftstücke ausgefertigt hatte, es hätte genügt zu zeigen, dass niemand sonst dafür in Frage kam. Ebendeswegen hat sich das Gericht auf die psychische Beihilfe zurückgezogen.

Irgendein Schrieb, in dem sie (übertrieben gesprochen) 500 Kisten Zyklon B bestellte, wäre eine physische Hilfeleistung gewesen!

Mein Verständnisproblem besteht darin, dass das LG Itzehoe (und offenbar zu Recht, ansonsten hätte der BGH das Urteil korrigiert) auf die psychische Beihilfe abstellte, weil F. eine Schlüsselposition im Lager eingenommen habe. Sie sei gewissermaßen die Sekretärin gewesen, über deren Schreibtisch alle Vorgänge wanderten, habe für reibungslose Abläufe gesorgt und damit das Morden normalisiert bzw. erleichtert. Diese Feststellung kollidiert aber mit der Beobachtung, dass ihr kein Schriftstück zweifelsfrei zugeordnet werden konnte, das (nach meinem Verständnis) ihre Schlüsselposition nachgewiesen hätte.
 
Die Antwort auf Deine Frage lautet: Weil die deutsche Justiz dazu keine Befugnis hat (§ 3 StGB). Damit stellt sich die politisch heikle Frage, ob die deutsche Justiz einen Resistance-Kämpfer wegen Mordes an Wehrmachtssoldaten belangen sollte, erst gar nicht.

Im Völkerrecht gilt der metaphorisch zu verstehende Grundsatz cuius est solum, eius est usque ad coelum et ad inferos, d.h. wem die Erde gehört, dem gehört alles vom Himmel bis zur Hölle. Besser bekannt als Territorialitätsprinzip.

Jeder Nicht-Deutsche, der in Frankreich eine Straftat begeht (ob Franzose oder Ausländer aus einem Drittstaat), unterfällt nur französischem Strafrecht. Eine etwaige deutsche Staatsangehörigkeit des Opfers ist dafür belanglos, zuständig bleiben französische Gerichte. Aus eigener Machtvollkommenheit kann die deutsche Justiz für eine in Frankreich begangene Tat jemanden nur belangen, wenn er deutscher Staatsangehöriger ist.

Durchbrochen wird das Territorialitätsprinzip nur durch das Weltrechtsprinzip (§ 6 StGB), wenn die dort abschließend genannten international anerkannten Rechtsgüter verletzt wurden (Bsp. § 6 Nr. 3 StGB, Luft- und Seepiraterie), oder den Grundsatz der stellvertretenden Rechtspflege (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB), wenn ein formal zuständiges ausländisches Gericht an der Verfolgung einer in beiden Ländern strafbaren Tat aus praktischen Gründen gehindert ist (z.B. weil sie in einem zerrütteten Bürgerkriegsland ohne funktionierende Justiz geschah).

Zwar handelt es sich bei der Tat, derer sich Edmond Réveil bezichtigt hat, um ein Kriegsverbrechen, und demnach könnte prinzipiell der Anwendungsbereich des Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB) eröffnet sein (schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit können auch durch Drittstaaten verfolgt werden, die weder Tatort noch von der Tat betroffen waren).

Aber auch hier gilt das Territorialitätsprinzip. Zuständig bleiben zunächst die nach dem Recht des Tatorts zuständigen Gerichte.

Drittstaaten können nur dann eine subsidiäre Zuständigkeit beanspruchen, wenn die Judikative des Tatorts sich entgegen ihrer völkerrechtlichen Pflichten weigert, die Tat zu verfolgen, oder aus praktischen Gründen an der Verfolgung gehindert ist. Das ist hier aber nicht der Fall. Réveils Taten sind nach französischem Recht verjährt. Prinzipiell ist eine Verjährung auch bei Mord als zulässig anzusehen (sie existiert in vielen Staaten).

Damit hat der französische Staat seine Schuldigkeit auch dann getan, wenn er Réveil nicht verfolgt.

Das ist unbefriedigend, aber rechtlich einwandfrei.
@muck.
Ich habe nochmals über Deine Argumentation nachgedacht. Dein Territorialprinzip interessiert zum Beispiel Frankreich überhaupt nicht. Nach französischen Recht kann man einen Deutschen in Deutschland entführen, nach Frankreich verschleppen und dort für ein Verbrechen in Deutschland verurteilen.,

Tötung von Kalinka Bamberski – Wikipedia

Man dächte, seit Napoleon ( (Herzog von Enghien) wären die Zeiten anders geworden. Aber Frankreich betrachtet uns wohl tief in ihrer Seele als Kolonialgebiet (man sehe mir meine Polemik nach)

Das scheint nach dänischem Recht auch nicht so weit her mit dem Territorialprinzip zu sein. Das ist wohl wieder so ein deutsches Ding, sich klein zu machen, während die Grande Nation sich nicht die Bohne für deutsches Recht interessiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
@flavius-sterius

Das hat aber nichts mit dem Territorialitätsprinzip zu tun. Du lässt es so klingen, als habe der französische Staat Krombach entführt. Bamberski beging eine Straftat, das ist richtig, und für die wurde er auffallend milde verurteilt, was kein gutes Licht auf den französischen Staat wirft.

Trotzdem ist hier strikt zwischen beiden Sachverhalten zu unterscheiden.

Denn wäre es umgekehrt gewesen – wäre Bamberski der in Deutschland gesuchte Tatverdächtige gewesen und von Krombach nach Deutschland entführt worden –, hätten deutsche Gerichte ihn genauso wenig nach Frankreich zurückgebracht, sondern in Haft genommen und verurteilt.

Es gibt kein Recht, sich dem Zugriff der Justiz zu entziehen, und es ist für die Rechtmäßigkeit einer Strafverfolgung unerheblich, ob der Zustand des Sich-Entziehens durch eine Freiheitsberaubung seitens eines Dritten endete.
 
Nur: Offenbar konnte F. keines der Dokumente, welches dieses Den-Laden-am-Laufen-Halten zeigen sollten, zweifelsfrei zugeordnet werden. Demnach hätte auch jemand anderes die Schriftstücke ausgefertigt haben können.
Das liegt schicht daran, dass F. offenbar nicht die einzige war, die solche Schriftstücke anfertigte - weder sie noch andere haben sie unterschrieben oder sonstwie als ihre gekennteichnet.
 
Ich habe durchaus in Ansätzen eine solche Auffassung vertreten und vertrete sie auch. Also die Position, dass eine Sekretärin eines Lagerkommandanten eine stärkere Position innehatte, als es ihrer Tätigkeit entsprach. Auch in der männerbündischen Welt der SS. Ich habe davon gesprochen, dass ich es durchaus schon erlebt habe, dass Chefsekretärinnen in ihrer Rolle von einer gestanden Belegschaft als weisungskompetent empfunden wurden, dass sie quasi die heimlichen Chefs waren und sind.
Dafür bietet das Urteil des LG allerdings keine Anhaltspunkte.

In den Sachverhaltsfeststellungen heißt es:
Rz 110: „Der ausgehende Schriftverkehr des Kommandanten wurde ebenfalls durch das Geschäftszimmer erledigt: Aufgabe der Angeklagten als Stenotypistin war es, Diktate des Kommandanten in Stenografie aufzunehmen, maschinengeschriebene Reinschriften anzufertigen und die Schreiben – ggf. nach Einarbeitung eventueller Korrekturen – entsprechend der Verfügungen des Kommandanten auf den dafür vorgesehenen Ausgangsweg zu bringen, sei es per Post oder zur Fernmeldestelle, wo die Fernschreiberinnen die Schreiben über die Fernschreibetechnik weitergaben.“
Rz 225: „Die Angeklagte stellte sicher, dass entsprechende Schreiben, die in der Regel H. ihr diktierte, formgerecht und sauber niedergelegt wurden und anschließend an die zuständigen Stellen weitergegeben werden konnten. Sie unterstützte ihn und auch den Adjutanten bei der Erledigung und Abfassung sämtlichen, das Lager betreffenden Schriftverkehrs, was auch die gesamte die dargestellten Haupttaten betreffende Korrespondenz umfasste.“
Rz 226: „Die Kammer geht davon aus, dass die Angeklagte jedenfalls den Großteil der dienstlichen Korrespondenz des Lagerkommandanten nach außen und auch die Kommandantur- und Einsatzbefehle in Stenografie entgegen genommen und mit der Maschine geschrieben hat.“

In der Beweiswürdigung heißt es:
Rz 344: „Auch haben seine belegten und plausiblen Darstellungen zu der zunehmenden Übernahme vormals männlich besetzter Posten, die angesichts des Kriegsverlaufs und der hohen militärischen Verluste aus Sicht des NS-Regimes eingespart werden mussten, zu der Überzeugung der Kammer beigetragen, dass die in den Konzentrationslagern tätigen Frauen zwar in untergeordneter Tätigkeit und nicht als Entscheiderinnen tätig waren, die Sichtweise auf sie und ihre objektive Bedeutung aber mitnichten die dem auch im Zusammenhang mit diesem Verfahren regelmäßig aufgebrachten Klischeebild einer „einfachen Sekretärin“ entsprach.“ (Hier wird also ausgeführt, dass sie zwar nicht bloß „einfache Sekretärin“ gewesen sei, aber eben auch keine „Entscheiderin“.)
Rz 346: „Die umfangreiche Kommunikation zwischen den Lagern untereinander und auch diejenige mit dem für die gesamte Befehlslage maßgeblichen SS-WVHA, welche für die Organisation und die Abläufe des Betriebs der Konzentrationslager einschließlich der zahlreich und stetig stattfindenden Transporte von Gefangenen erforderlich war, wurde nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen – zwar nicht inhaltlich, aber in der praktischen Umsetzung – in großem Umfang von Frauen geleistet.“ (Eine inhaltliche Verantwortung für die Kommunikation gab es also gerade nicht.)

In der rechtlichen Beurteilung heißt es:
Rz 417: „Nach diesen Maßstäben leistete die Angeklagte zu den Taten, bezüglich derer sie tatbezogenen Schriftverkehr bearbeitete – etwa durch Aufnahme von Diktaten ausgehender Nachrichten oder dem Sortieren, Abstempeln, Verteilen eingehender Meldungen – jeweils physisch Beihilfe.“

Davon, dass Frau F. irgendwelche Entscheidungen getroffen und Weisungen erteilt hätte, dass sie die von ihr abgetippten Schriftstücke inhaltlich beeinflusst hätte, ist nirgendwo die Rede.
 
Das liegt schicht daran, dass F. offenbar nicht die einzige war, die solche Schriftstücke anfertigte - weder sie noch andere haben sie unterschrieben oder sonstwie als ihre gekennteichnet.
Ja, und das ist ein Problem, wie ich weiter oben mehrfach darzulegen versucht habe. Es ist keine eindeutige Zuordnung möglich. Nur durch die Fiktion der psychischen Beihilfe konnte die Angeklagte überhaupt schuldig gesprochen werden. Ohne dieses zweite Gleis in dieselbe Fahrtrichtung wäre sie in dubio pro reo freizusprechen gewesen.
 
Die Antwort auf Deine Frage lautet: Weil die deutsche Justiz dazu keine Befugnis hat (§ 3 StGB). Damit stellt sich die politisch heikle Frage, ob die deutsche Justiz einen Resistance-Kämpfer wegen Mordes an Wehrmachtssoldaten belangen sollte, erst gar nicht.

Im Völkerrecht gilt der metaphorisch zu verstehende Grundsatz cuius est solum, eius est usque ad coelum et ad inferos, d.h. wem die Erde gehört, dem gehört alles vom Himmel bis zur Hölle. Besser bekannt als Territorialitätsprinzip.

Jeder Nicht-Deutsche, der in Frankreich eine Straftat begeht (ob Franzose oder Ausländer aus einem Drittstaat), unterfällt nur französischem Strafrecht. Eine etwaige deutsche Staatsangehörigkeit des Opfers ist dafür belanglos, zuständig bleiben französische Gerichte. Aus eigener Machtvollkommenheit kann die deutsche Justiz für eine in Frankreich begangene Tat jemanden nur belangen, wenn er deutscher Staatsangehöriger ist.

Durchbrochen wird das Territorialitätsprinzip nur durch das Weltrechtsprinzip (§ 6 StGB), wenn die dort abschließend genannten international anerkannten Rechtsgüter verletzt wurden (Bsp. § 6 Nr. 3 StGB, Luft- und Seepiraterie), oder den Grundsatz der stellvertretenden Rechtspflege (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB), wenn ein formal zuständiges ausländisches Gericht an der Verfolgung einer in beiden Ländern strafbaren Tat aus praktischen Gründen gehindert ist (z.B. weil sie in einem zerrütteten Bürgerkriegsland ohne funktionierende Justiz geschah).

Zwar handelt es sich bei der Tat, derer sich Edmond Réveil bezichtigt hat, um ein Kriegsverbrechen, und demnach könnte prinzipiell der Anwendungsbereich des Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB) eröffnet sein (schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit können auch durch Drittstaaten verfolgt werden, die weder Tatort noch von der Tat betroffen waren).

Aber auch hier gilt das Territorialitätsprinzip. Zuständig bleiben zunächst die nach dem Recht des Tatorts zuständigen Gerichte.

Drittstaaten können nur dann eine subsidiäre Zuständigkeit beanspruchen, wenn die Judikative des Tatorts sich entgegen ihrer völkerrechtlichen Pflichten weigert, die Tat zu verfolgen, oder aus praktischen Gründen an der Verfolgung gehindert ist. Das ist hier aber nicht der Fall. Réveils Taten sind nach französischem Recht verjährt. Prinzipiell ist eine Verjährung auch bei Mord als zulässig anzusehen (sie existiert in vielen Staaten).

Damit hat der französische Staat seine Schuldigkeit auch dann getan, wenn er Réveil nicht verfolgt.

Das ist unbefriedigend, aber rechtlich einwandfrei.
@ muck, aus Deinem Beitrag 591 zitiert
Das hat aber nichts mit dem Territorialitätsprinzip zu tun. Du lässt es so klingen, als habe der französische Staat Krombach entführt. Bamberski beging eine Straftat, das ist richtig, und für die wurde er auffallend milde verurteilt, was kein gutes Licht auf den französischen Staat wirft.

Trotzdem ist hier strikt zwischen beiden Sachverhalten zu unterscheiden.

Denn wäre es umgekehrt gewesen – wäre Bamberski der in Deutschland gesuchte Tatverdächtige gewesen und von Krombach nach Deutschland entführt worden –, hätten deutsche Gerichte ihn genauso wenig nach Frankreich zurückgebracht, sondern in Haft genommen und verurteilt.

Es gibt kein Recht, sich dem Zugriff der Justiz zu entziehen, und es ist für die Rechtmäßigkeit einer Strafverfolgung unerheblich, ob der Zustand des Sich-Entziehens durch eine Freiheitsberaubung seitens eines Dritten endete.
@ muck, aus Deinem Beitrag 625 zitiert.

Jetzt stehe ich vollkommen auf dem Schlauch. In 591 erkärst Du überzeugend, dass Deutschland Edmond Réveil nicht verurteilen kann, weil hier das Territorialprinzip dagegen steht.

Name des Täters:..... Nationalität Täter: ..........Nationalität Opfer:...........Tatort:

Edmond Réveil..............französisch....................................deutsch....................................Frankreich
Dieter Krombach...........deutsch........................................französisch..............................Deutschland

Bei Edmond Réveil steht das Territorialprinzip entgegen, Deutschland dürfte Edmond Réveil nicht belangen.
Bei Dieter Krombach steht es nicht entgegen, da spielt es keine Rolle.

Die Ursache für die Verurteilung von Dieter Krombach ist, dass sich die französische Justiz auch dafür zuständig fühlt, weil das Opfer französische Staatsangehörige war. Daher interessiert sich Frankreich nicht für das Territorialprinzip.
Umgekehrt kennt das deutsche Recht solch einen Rechtsanspruch nicht. Die deutsche Justiz ist nicht zuständig, wenn ein Deutscher im Ausland zum Opfer wird UND der jeweilige Territorialstaat das Verbrechen juristisch behandelt / verhandelt hat. Dagegen ist das deutsche Recht zuständig, wenn ein Deutscher im Ausland zum Täter geworden ist. Das kann zum einem sein, weil man diesen Deutschen nicht ins Ausland ausliefern will oder aber weil die Strafverfolgung dem deutschen Staat als wichtig erscheint (Sexualverbrechen durch Deutsche im Ausland).
Oder mache ich hier einen Denkfehler?
 
Die Ursache für die Verurteilung von Dieter Krombach ist, dass sich die französische Justiz auch dafür zuständig fühlt, weil das Opfer französische Staatsangehörige war.
Sie "fühlt" sich nicht nur zuständig, sondern sie ist zuständig:

La loi pénale française est applicable à tout crime, ainsi qu’à tout délit puni d’emprisonnement, commis par un Français ou par un étranger hors du territoire de la République lorsque la victime est de nationalité française au moment de l’infraction.
Das französische Strafgesetz gilt für jedes Verbrechen sowie für jedes mit Gefängnisstrafe bedrohte Vergehen, das von einem Franzosen oder einem Ausländer außerhalb des französischen Staatsgebiets begangen wird, wenn das Opfer zur Zeit der Tat die französische Staatsangehörigkeit besitzt.

Auch die deutsche Justiz ist für eine ganze Reihe von Auslandsstraftaten zuständig:
 
Zuletzt bearbeitet:
Dagegen ist das deutsche Recht zuständig, wenn ein Deutscher im Ausland zum Täter geworden ist. Das kann zum einem sein, weil man diesen Deutschen nicht ins Ausland ausliefern will oder aber weil die Strafverfolgung dem deutschen Staat als wichtig erscheint (Sexualverbrechen durch Deutsche im Ausland).
Oder mache ich hier einen Denkfehler?
wenn ein Deutscher im Ausland zum Täter geworden ist und nach der Tat nach DEU geflohen war, ist DEU nicht fuer die Strafverfolgung verantwortlich weil die Tat nicht in DEU begangen wurde. Fuer diese Zwecke gibt es gegenseitige 'Auslieferungsvertraege'.
Befindet sich der Täter nach seiner Tat noch immer im Staat seiner Tat, hat selbstverstaendlich dieser Staat vollkommene Jurisprudenz ueber den Täter.
muck schrieb:
Im Völkerrecht gilt der metaphorisch zu verstehende Grundsatz cuius est solum, eius est usque ad coelum et ad inferos, d.h. wem die Erde gehört, dem gehört alles vom Himmel bis zur Hölle. Besser bekannt als Territorialitätsprinzip.
Das deutsche 'Territorialitätsprinzip' stellt keinen Bestandteil des corpus des Voelkerrechts per se dar: 1) ein Prinzip ist kein Recht. 2) Ein Recht kann auf Prinzipien aufgebaut sein. 3) Weder das 'Rome Statute' noch das ICJ oder dessen 'Empfehlungen' stellen Voelkerrecht per se dar. 4) DEU hat das Rome Statute fuer deutsche Jurisprudenz 'verdeutscht' und stellt demzufolge kein Völkerrecht dar.
 
Das deutsche 'Territorialitätsprinzip' stellt keinen Bestandteil des corpus des Voelkerrechts per se dar: 1) ein Prinzip ist kein Recht. 2) Ein Recht kann auf Prinzipien aufgebaut sein. 3) Weder das 'Rome Statute' noch das ICJ oder dessen 'Empfehlungen' stellen Voelkerrecht per se dar. 4) DEU hat das Rome Statute fuer deutsche Jurisprudenz 'verdeutscht' und stellt demzufolge kein Völkerrecht dar.
Nein.

Der IStGH hat keine primäre Zuständigkeit für Völkerrechtsverstöße. Seine Zuständigkeit tritt nur subsidiär ein, wenn sich ein Signatarstaat weigert oder nicht in der Lage ist, seinen völkerrechtlichen Pflichten nachzukommen und Völkerrechtsverstöße selbst zu ahnden. In diesem Sinne, und das soll jetzt bitte nicht in eine politische Diskussion ausarten, ist bspw. der Haftbefehl des IStGH gegen den israelischen Regierungschef Netanjahu problematisch, weil er beantragt wurde, ohne dass der Ankläger am IStGH nachgewiesen hat, dass die Voraussetzungen von Art. 17 (1) Römer Statut gelten:
[Die] Sache [ist] nicht zulässig [,] wenn

a) in der Sache von einem Staat, der Gerichtsbarkeit darüber hat, Ermittlungen oder eine Strafverfolgung durchgeführt werden, es sei denn, der Staat ist nicht willens oder nicht in der Lage, die Ermittlungen oder die Strafverfolgung ernsthaft durchzuführen.
Das ist das Territorialitätsprinzip. Kein Staat hat über einen anderen Staat gerichtliche Gewalt, und kein Staat kann kraft eigener Machtvollkommenheit die Jurisdiktion über Straftaten beanspruchen, die auf dem Territorium eines anderen Staates begangen werden.
 
Nein.

Der IStGH hat keine primäre Zuständigkeit für Völkerrechtsverstöße.
Nein.
Der IStGH hat konditionelle, primäre Zuständigkeit für Völkerrechtsverstöße.
Diese Konditionen sind, wie Du durchaus richtig erwaehnst, im *Rome Statut ; Article 17; Issues of admissibility* stipuliert : die* inadmissibility per 1. (a); (b); (c) +(d) *.
Ich frage mich jedoch wohin Du hinaus moechtest, ein nonsequitur? Was hat Dein Beitrag mit meiner vorhergehenden Aussage zu tun?

Seine Zuständigkeit tritt nur subsidiär ein, wenn sich ein Signatarstaat weigert oder nicht in der Lage ist, seinen völkerrechtlichen Pflichten nachzukommen und Völkerrechtsverstöße selbst zu ahnden. In diesem Sinne, und das soll jetzt bitte nicht in eine politische Diskussion ausarten, ist bspw. der Haftbefehl des IStGH gegen den israelischen Regierungschef Netanjahu problematisch, weil er beantragt wurde, ohne dass der Ankläger am IStGH nachgewiesen hat, dass die Voraussetzungen von Art. 17 (1) Römer Statut gelten:

Kein Staat hat über einen anderen Staat gerichtliche Gewalt, und kein Staat kann kraft eigener Machtvollkommenheit die Jurisdiktion über Straftaten beanspruchen, die auf dem Territorium eines anderen Staates begangen werden.
Stimmt alles was Du oben beschreibst . Siehe dazu *Rome Statut ; Article 17; Issues of admissibility*

Ich beanstande lediglich dass jemand schrieb, dass das 'Territorialitätsprinzip' per se ein 'Voelkerrecht' per se - International Law - darstellt, denn das ist es ja aus verschiedenen Gruenden nun wirklich nicht.
Z.B. steht im Rome Statute, dass nur von Gesetzen, Verbrechen spricht, nix von einem 'Territorialitätsprinzip' also kann es bei Definition kein Gesetz sein, geschweige denn ein 'Voelkerrecht'.
Wenn Du hingegen schreibst ,dass das 'Rome Statut ; Article 17; a-d' ein 'Territorialitätsprinzip', eine juristische Klassifizierungsbeschreibung darstellt, ja dann liegst Du richtig. 'Jurisprudenzprinzip' wuerde ja auch passen...
 
Ich frage mich jedoch wohin Du hinaus moechtest,
Das frage ich Dich. Ein Gericht, dass nur unter bestimmten Bedingungen zuständig ist, verfügt per Definition über keine primäre Zuständigkeit, oder es wäre allzeit zuständig. Also besitzt es nur eine sekundäre Zuständigkeit, subsidiär zu der nicht ausgeübten oder nicht ausübbaren Zuständigkeit der primär zuständigen Gerichte. Du verwendest denn Begriff "konditionell", und beschreibst damit das Eintreten der Zuständigkeit.

Das ist entweder ein Missverständnis oder Wortklauberei.

Im Übrigen ist auch das Territorialprinzip keine deutsche Erfindung, wie Du nahezulegen scheinst, sondern seit Jahrhunderten Völkergewohnheitsrecht. Kein Staat hat über einen anderen Staat Gewalt, und die Justiz eines Staates kann nicht die Zuständigkeit der Justiz des Staates ignorieren, auf dessen Territorium die Straftat begangen wurde.

Worum geht es Dir?
 
Das frage ich Dich. Ein Gericht, dass nur unter bestimmten Bedingungen zuständig ist, verfügt per Definition über keine primäre Zuständigkeit, oder es wäre allzeit zuständig. Also besitzt es nur eine sekundäre Zuständigkeit, subsidiär zu der nicht ausgeübten oder nicht ausübbaren Zuständigkeit der primär zuständigen Gerichte. Du verwendest denn Begriff "konditionell", und beschreibst damit das Eintreten der Zuständigkeit.
Genau, weil das so ist
Das ist entweder ein Missverständnis oder Wortklauberei.
Nein Du bist es der ‘Gerichtszustaendigkeit’ / 'Gerichtsbarkeit mit ‘Sachzustaendigkeit’ [case inadmissability’ ] gleichsetzt/verwechselt.
(1) Im Hinblick auf Absatz 10 der Präambel und Artikel 1 entscheidet der Gerichtshof, dass eine Sache [fuer den ISGH] nicht zulässig ist, wenn​
a) in der Sache von einem Staat, der Gerichtsbarkeit darüber hat,....etc​
Im uebrigen , eine andere Angelegenheit der Sachunzulaessigkeit vor dem ISGH betrifft das ...hör!... hör! *Prinzip* of 'double jeopardy' : jemand kann nicht zweimal fuer die gleiche Sache vor ein Gericht gebracht werden.
Das ist so'ne Sache mit der 'Sache' ...

Artikel 20​
Ne bis in idem​
(1) Sofern in diesem Statut nichts anderes bestimmt ist, darf niemand wegen eines Verhaltens vor den Gerichtshof gestellt werden, das den Tatbestand der Verbrechen erfüllt, derentwegen er bereits vom Gerichtshof verurteilt oder freigesprochen wurde.​
(2) Niemand darf wegen eines in Artikel 5 bezeichneten Verbrechens, dessentwegen er vom Gerichtshof bereits verurteilt oder freigesprochen wurde, vor ein anderes Gericht gestellt werden​

muck
Im Übrigen ist auch das Territorialprinzip keine deutsche Erfindung, wie Du nahezulegen scheinst, sondern seit Jahrhunderten Völkergewohnheitsrecht. Kein Staat hat über einen anderen Staat Gewalt, und die Justiz eines Staates kann nicht die Zuständigkeit der Justiz des Staates ignorieren, auf dessen Territorium die Straftat begangen wurde.

Worum geht es Dir?

Andere Baustelle. Kommt nach Schichtwechsel ;)
 
Zuständigkeit in der Sache ist nicht dasselbe wie Zuständigkeit überhaupt, vulgo Jurisdiktion. Du wirfst hier die Begrifflichkeiten durcheinander. Die Jurisdiktion des IStGH kann eröffnet sein und dennoch keine Sachzuständigkeit bestehen. Siehe das Beispiel Nicaragua v. Germany: Hier lautete die deutsche Einrede, dass die Beschwerde bereits deshalb verworfen werden sollte, weil das Urteil des IStGH in South Africa v. Israel noch aussteht und Deutschland keine Beihilfe zum Völkermord geleistet haben kann, solange Israel keinen Völkermord in Gaza begangen hat. Damit hätte der IStGH, der zwar nach dem Römer Statut unzweifelhaft für Verstöße gegen die Völkermordkonvention zuständig ist, keine Zuständigkeit in der Sache.

Kann es sein, dass Du Google Translator oder ein ähnliches Übersetzungsprogramm verwendest, um Begriffe aus englischer Sprache ins Deutsche zu übersetzen? Hinweis: Ich verwende hier die von Satzger, Europäisches und Internationales Strafrecht für den deutschen Rechtsanwender gedachten Begriffe.

Falls Du einen Übersetzer verwendest (wovon ich ausgehe, da im Deutschen niemand "hör, hör" sagt, wahrscheinlich stand hier das Englische "hear, hear"), ist das natürlich kein Problem, aber Du solltest bedenken, dass in der Übersetzung manches verloren geht. Übrigens auch die Formatierung.
 
Zurück
Oben