Stämme in einem Papstbrief von 738

Ashigaru

Premiummitglied
In einem Papstbrief an Bonifatius 738 werden mehrere regionale Stämme genannt, die wohl grob in der nördlichen Hälfte Hessens angesiedelt werden: Hessi, Nistresi, Wedrecii, Lognai, Suduodi und Graffelti. Nun habe ich schon mehrere, z.T. recht unterschiedliche Ansichten in der Forschung gelesen, wo diese Gruppen genau zu lokalisieren sind. Kennt jemand vielleicht einen Autor oder Aufsatz, der sich etwas intensiver mit diesem Brief befasst hat?
 
Ashigaru schrieb:
In einem Papstbrief an Bonifatius 738 werden mehrere regionale Stämme genannt, die wohl grob in der nördlichen Hälfte Hessens angesiedelt werden: Hessi, Nistresi, Wedrecii, Lognai, Suduodi und Graffelti. Nun habe ich schon mehrere, z.T. recht unterschiedliche Ansichten in der Forschung gelesen, wo diese Gruppen genau zu lokalisieren sind. Kennt jemand vielleicht einen Autor oder Aufsatz, der sich etwas intensiver mit diesem Brief befasst hat?

Schau doch mal hier nach:
http://www.vl-ghw.uni-muenchen.de/diplomatik.html

Um Stämme handelt es sich in diesem Brief nicht, sondern um Bewohner von Siedlungskammern (Gaue). Das Gebiet gehörte 738 schon gut 200 Jahre zum Frankenreich, war also auch der intensiven Siedlungspolitik der Merowinger unterworfen.
 
Ashigaru schrieb:
In einem Papstbrief an Bonifatius 738 werden mehrere regionale Stämme genannt, die wohl grob in der nördlichen Hälfte Hessens angesiedelt werden: Hessi, Nistresi, Wedrecii, Lognai, Suduodi und Graffelti. Nun habe ich schon mehrere, z.T. recht unterschiedliche Ansichten in der Forschung gelesen, wo diese Gruppen genau zu lokalisieren sind. Kennt jemand vielleicht einen Autor oder Aufsatz, der sich etwas intensiver mit diesem Brief befasst hat?

Also, ich habe mal irgendwo gelesen, dass die Nistresi wohl an der unteren Eder und im sächsischen Hessengau gesiedelt haben, die Hessi dann im Kerngebiet des chattischen Stammesgebiet um das Kasseler Becken und im fränk. Pagus Hessi. Wedrecii und Lognai lassen sich möglicherweise etymologisch auf die Flussnamen von Lahn (Logana) und Wetschaft bei Wetter (Lkr. Marburg - Biedenkopf) zurückführen bzw. lassen sich die Siedlungskammern dieser Teilstämme an den genannten Flüssen registrieren.
Bezieht man darin ein, dass die gennaten Namen nur Gaue bzw. Verwaltungsbezirke bezeichnen könnte mit Graffelti der Grabfeld-Gau gemeint sein.

Gruß
Aragorn

Mehr zum Thema Nistresi:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?p=104997
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Aragorn: diesen Text habe ich auch, du hast ihn selbst einmal hier verlinkt, er wurde von Dahmlos verfasst. Das Problem ist, dass ich mittlerweile zwei andere Deutungen kenne, wobei vor allem die von Grahn-Hoek in dem Aufsatz über die frühen Thüringer und ihre Ethnogenese (hallo Strupanice :winke:) sich stark davon unterscheidet - ihr zufolge ist etwa mit "Wedrecii" die Wetterau gemeint. Jetzt wüßte ich gerne, ob es einen Autor gibt, der sich intensiver mit der Lokalisierung der genannten Gaue beschäftigt hat. Sicher scheint mir nur die Identifikation der "Graffelti" (Grabfeld) und "Hessi" (durch deren Nennung bei Bonifatius und Verbindung mit "Gaesmare"/Geismar).
 
Grabfeld slawischen Ursprungs?

Wenn man bei Wikipedia unter "Grabfeld" nachschaut, steht dort, dass sich der Name vom slawischen Wort "grapfelti" ableitet, was soviel wie "wasserreiches Buchenland" bedeuten soll. Meine Frage wäre nun, ob der Name Grabfeld wirklich aus dem Slawischen kommt oder ob die Fantasie mit dem Autor des Artikels durchgegangen ist? Habs in diesen Thread gestellt, weil das Grabfeld ja auch in einem Schreiben des Gregor von Tours erwähnt wird.

GRuß
Aragorn
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe mir diese Wikipedia-Seite mal angeschaut. Ist nicht besonders ergiebig. Ich hatte jetzt keine Lust im Atlas nachzuschauen. Ist denn eine slawische Besiedlung fürs Grabfeld eigentlich nachgewiesen? Die im Artikel erwähnten Ortschaften sahen mir nun nicht slawisch aus. Ich muß doch mal nachschauen.
 
Hab mal das Netz durchstöber und bin hier auf folgende Erklärung gestoßen:

http://www.waltershausen-grabfeld.de/i10chro_walters_eins.htm

1. Grabfeld = Buchenland

In alten Urkunden steht häufig „Grapfeld“, später „Graffeld“. Das slawische Wort Grap ist gleichbedeutend mit Buche, also bedeutet der Name „Grabfeld“ soviel wie Buchenland. Das Nordgrabfeld hieß auch einmal „Buchonia“.

2. Grabfeld = Grafenfeld

Karl der Große schrieb in einer Urkunde von 776 Graffeld, Ludwig der Fromme 839 Graphelt und Papst Gregor III nennt 739 die Bewohner der Gegend Graffelti. Graf ist althochdeutsch gleich gravio, grafio, graphio. Darnach scheint sicher, dass der Gau nach den die Nordgrenze von Ostfranken verwaltenden Gaugrafen benannt wurde.

3. Grabfeld = Gräberfeld

Die Herleitung des Namens von den Gräbern Gefallener (Chatten und Hermunduren), die beim Kampf um die Salzquellen der Saale ums Jahr 58 auf dem Platze geblieben sein sollen, scheint aber unwahrscheinlich.
 
Ich habe mir die slawische Besiedlung in dem Bereich noch mal angeschaut. Sollten nicht Funde fehlen, dann muß doch bisher gelten, daß die slawische Besiedlung nur bis in die Nähe des Grabfeldes ging, das Grabfeld selber von den Slawen unberührt blieb. Es stellt sich mir dann doch die Frage, warum germanische Bewohner, Siedler oder Umwohner ein altes germanisches Gebiet mit einem slawischen Namen benennen sollten. Das erscheint mir so, als würden wir die Worterklärung von Elsaß oder Weser im Slawischen suchen.
 
Ich denke mal, dass davon auszugehen ist, dass man die Wortbedeutung im Althochdeutschen suchen muss, denn warum sollten Menschen, die eine germanische Sprache sprechen ihren Siedlungsraum einen Namen slawischen Usprungs geben? Beorna hat hier ja schon die Unlogik der Sachlage bezüglich einer slawischen Namensgebung des Grabfeld erläutert. Außerdem weißt die Bezeichnung graffeldi in der von Mercy angeführten, sowieso eher auf die Bezeichnung "Grafio, Gravio" also Graf hin.
 
Ohne den kompletten Thread gelesen zu haben... Die Bezeichnung Grabfeld als fränkischer Gau ist recht alt. Die Gegend selbst wurde von den Franken vermutlich schon früh unterworfen, wenn auch nicht wirklich in Besitz genommen. Die Bezeichnung Buchonia umfasst die Gebiete nördlich der Rhön und wird mit Bonifatius greifbar. Meines Wissens erstreckte sich der Bereich in welchen slawische Siedler vordrangen nur etwa bis an den Thüringer Wald und nur in Teilen bis an die östliche Rhön heran, ohne den Raum (gar alleine) in Besitz zu nehmen.

Slawische Bezeichnungen so weit im Westen, wenn sie denn vorkommen, würde ich eher mit fränkischer Machtpolitik in Zusammenhang bringen. Die Franken haben oft unterworfene Volksgruppen in Teilen umgesiedelt und gleichzeitig zuverlässige Siedler angesiedelt. Man kann das bei den Alamannen erahnen und weis es im Zusammenhang mit den Sachsen bei Karl dem Großen. Ich vermute es ist ein durchgehendes Prinzip fränkischer Herrschaft. Bei geringem örtlichen Widerstand wurden nur ein paar Adelige mit Gefolgsleuten als Nutznießer der Eroberung zugesiedelt, bei Problemen wurden Bevölkerungsgruppen ausgetauscht. Die Sachsen wurden etwa vielfach im heutigen Frankreich angesiedelt! Um zu den Namen zurück zu kommen: Geiselwind, der Ort im fränkischen Bayern mit seinem Erlebnispark hat seinen Namen von dort zwangsangesiedelten Wenden (Slawen)...
 
@ Tejason: Zustimmung! In Hessen sind für die Zeit weder schriftlich noch archäologisch slawische Gruppen bezeugt. Nun kann man das Grabfeld als Grenzzone zwischen Hessen und Thüringen sehen. Interessant ist aber, dass der Ausdruck "Buchonia" nach und nach zugunsten des Grabfeld verschwindet. Diese beiden Gaue haben sich wohl also mehr oder weniger überschnitten.
 
Denkbar, Ashigaru. Aber das Grabfeld gilt als Fränkisch und ist Teil von Bayern, während Buchonia hessisch ist und grob gesagt die Landkreise Hersfeld und Fulda abdeckt. Beide Gaue mögen in grauer Vorzeit vielleicht einmal zusammen gehört haben, aber sie unterscheiden sich deutlich. Sogar die Dialekte sind unterschiedlich.

Was die spätere Geschichte betrifft: Die Reichsritter in der Buchonia haben später eine Weile gebraucht ehe sie sich dem fränkischen Kanton anschlossen. Dabei ist der Adel in der frühen Neuzeit durchaus in beiden Gegenden häufig begütert gewesen. Zu dieser Zeit war das Geschlecht der Henneberger eines der Mächtigsten, ansonsten dominierte der Gegensatz zwischen den geistlichen Landesherrschaften in Würzburg einerseits und Fulda andererseits. Hersfeld geriet durch den Bauernkrieg endgültig in den Besitz der Landgrafen von Hessen. In Thüringen war neben kleineren Herrschaften das ebenfalls geistliche Kurmainz stark begütert. Siedlungstechnisch wurde das Mittelgebirge im Mittelalter zwischen den beiden Gauen von beiden Seiten aus, vom Main und der Fulda her aufgesiedelt. Die Würzburger waren mit ihren fränkischen Siedlern erfolgreicher und schneller, bis in den Thüringer Raum hinein, wo es westlich des Thüringer Waldes einen Einschlag in fränkische Mundart gibt.

Archäologisch oder gar Quellentechnisch ist der Raum noch lange nicht erschlossen. Wenn ich mich recht entsinne gibt es archäologisch in der Bronzezeit eine recht eindeutige Untergruppierung nördlich der Rhön und in Thüringen, während im 'jetzigen' Landkreis Rhön-Grabfeld südlichere Einflüsse vorherrschen. Aus der Bronzezeit gibt es sehr viele "Hünengräber". Sehr viele 'Ringwälle' auf den Bergen nördlich der Rhön sind zu finden, aber nur in wenigen wurde bislang gegraben. Auf der Milseburg ist für einige Zeit ein keltisches Oppidia fassbar. In anderen Ringwällen wurden keine ständigen Siedlungsreste gefunden, sie sind also reine Fliehburgen? Bis in die römische Kaiserzeit herein lassen sich in nahe Bad Salzungen in Thüringen eindeutig keltische Elemente nachweisen und im hessischen Bereich sind die Spuren der Kelten angeblich auch noch 'erkennbar'. Im heute bayrischen Teil weisen die Elemente wieder nach Süden, vielleicht auf die Markomannen die ursprünglich am Main siedelten und schwammig formuliert Suebisch-Elbgermanische Einflüsse aufweisen. Nördlich der Rhön wird eine germanisch/germanisierte Bevölkerung in wenigen Funden fassbar, die mehr nach Norden weist. Also in Richtung auf die nordhessischen Chatten. Viele Grabungen liegen lange zurück und entsprechen nicht modernen Anforderungen. Germanische Siedlungsreste im Hessischen sind bislang nur wenige zugeordnet. Angeblich gab es nahe dem fuldaer Dom eine chattische Siedlung, die relativ kurze Zeit vor Ankunft des Bonifatius aufgegeben wurden. Das passt zur Gründungslegende der Stadt, wo die Mönche von 'bösen Leuten', die Ansprüche auf den Platz der Klostergründung geltend machen ohne dort zu leben, aber Land nutzen. Ausgrabungen weisen eine fränkische Curtis dort auf mit Steingebäuden und Kirche mit Brandresten, was eine große Ausnahme östlich des Rheines ist! Während der Römerzeit gibt es auch Hinweise auf eine germanische Fliehburg nahe Hünfeld, allerdings wenig spektakulär eine Grassodenburg. Das Fundgut ist überall spärlich, mit regionaler Note. Aus der Völkerwanderungszeit lassen sich auf hessischer Seite, vor allem entlang der Richtung Frankfurt fließenden Kinzig einige Streufunde ostgermanischer Prägung finden. Das lässt an den Vandalenzug denken und die burgundischen Niederlassungen im Rhein-Main-Gebiet und ihr legendäres 'Wormser' Reich, ehe sie nach Südwesten abwandern. Von Norden her bleibt wesergermanisches Fundgut vorherrschend. Im bayrischen Grabfeld scheint es ruhiger abgelaufen zu sein.

Alles in Allem finde ich, ohne richtige Beweise zu haben, dass die Entwicklung in der Buchonia und dem Grabfeld durch die ganze Geschichte hindurch immer wieder sehr unterschiedlich ist. Zu Unterschiedlich, um einen gemeinsamen Volksgau in frühfränkischer Reichszeit annehmen zu können.
 
Sechs chattische Stämme

Hallo,

habe ein nordhessisches Märchen gefunden, welches besagt, dass sich auf der Mader Heide bei Kassel zum erstem Landtag der Landgrafschaft Hessen die sechs chattischen Stämme versammelt hätten um dort Gericht zu halten. Die Anzahl der Stämme, deckt sich mit der Nennung der Stämme im Brief an Bonifatius, die Ashigaru am Anfang erwähnt hat.

http://gutenberg.spiegel.de/sagen/hessen/roel0510.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Mader_Heide_bei_Gudensberg.JPG

Mir stellt sich jetzt die Frage, ob die Sage auf das Schreiben an Bonifatius zurückgreift oder ob beim Landtag tatsächlich die Abgesandten jener sechs Stämme zugegen waren und wie lang man Hessen in Teilstämme unterschieden hat.

Gruß
Aragorn
 
Die Sage behauptet natürlich etwas anderes: Vor mehr als 800 Jahren bauten Mönche und fromme Männer aus den umliegenden Dörfern das Kloster Breitenau (Breite Aue). Als dies nach vielen Jahren vollbracht war, mischten sich zum Lobe Gottes die frommen Gesänge der Mönche mit dem Klang der Glocken des Klosters. Es schallte weit über das Tal hinweg. Seit langem hatte ein boshafter Riese diesem Treiben zugesehen. Er konnte seinen Zorn hierüber nicht mehr zügeln und riß einen mächtigen Felsbrocken empor und warf ihn mit starker Hand gegen das Kloster. Die Abdrücke der Hand kann man heute noch an dem Stein erkennen. Doch von unsichtbarer Hand aufgehalten sank der Felsbrock schon vor der Ellenberger Höhe am anderen Ederufer zu Boden. Hier steht er heute noch, der Riesenstein von Wolfershausen.

http://www.wolfershausen.de/history.htm
 
Mercy schrieb:
Die Sage behauptet natürlich etwas anderes: Vor mehr als 800 Jahren bauten Mönche und fromme Männer aus den umliegenden Dörfern das Kloster Breitenau (Breite Aue). Als dies nach vielen Jahren vollbracht war, mischten sich zum Lobe Gottes die frommen Gesänge der Mönche mit dem Klang der Glocken des Klosters. Es schallte weit über das Tal hinweg. Seit langem hatte ein boshafter Riese diesem Treiben zugesehen. Er konnte seinen Zorn hierüber nicht mehr zügeln und riß einen mächtigen Felsbrocken empor und warf ihn mit starker Hand gegen das Kloster. Die Abdrücke der Hand kann man heute noch an dem Stein erkennen. Doch von unsichtbarer Hand aufgehalten sank der Felsbrock schon vor der Ellenberger Höhe am anderen Ederufer zu Boden. Hier steht er heute noch, der Riesenstein von Wolfershausen.

http://www.wolfershausen.de/history.htm

Natürlich ist das von mir angeführte Märchen bzw. die Sage mit Vorsicht zu genießen. Allerdings scheint es einen wahren Kern zu besitzen, da sowohl sechs chattische Teilstämme in anderen Darstellungen erwähnt, zu dem existierte auch Heinrich I. von Hessen.
 
Aragorn schrieb:
Allerdings scheint es einen wahren Kern zu besitzen, da sowohl sechs chattische Teilstämme in anderen Darstellungen erwähnt, zu dem existierte auch Heinrich I. von Hessen.

Bei Gutenberg ist leider keine Quelle angegeben, von wann die Sage stammt.
Bei Diederichs / Hinze, Hessische Sagen, Lizenzausgabe 1998,
sehe ich als Quelle Schneider, Marburg 1905.
Von ihm stammt auch:
Deutschland in Lied Volksmund und Sage Gedichte Volkssprueche und Sagen zur Unterstuetzung und Belebung des erdkundlichen Unterrichts in niederen und hoeheren Schulen Zugleich eine Gabe fuer die deutsche Jugend und das deutsche Volk Herausgegeben von Emil Schneider Hauptlehrer an der Ketzerbachschule zu Marburg

Da suche ich nicht mehr nach einem wahren Kern.
 
Mit solchen Sagen muss man immer aufpassen, denn sie können auch in der neuzeitlichen Epoche entstanden sein, als man sich wieder für die Geschichte zu interessieren begann. Im Vogelsberg gibt es etwa zwei oder drei Plätze, wo sich Bonifatius aufgehalten haben soll, z.T. mit entsprechenden "Legenden". Diese Plätze hat man wohl aber sogar erst im 19. Jhdt. Bonifatius zugeschrieben, als der Heilige populär wurde.
 
tejason schrieb:
Denkbar, Ashigaru. Aber das Grabfeld gilt als Fränkisch und ist Teil von Bayern, während Buchonia hessisch ist und grob gesagt die Landkreise Hersfeld und Fulda abdeckt. Beide Gaue mögen in grauer Vorzeit vielleicht einmal zusammen gehört haben, aber sie unterscheiden sich deutlich. Sogar die Dialekte sind unterschiedlich.

Das gilt erst für das Spätmittelalter !!

tejason schrieb:
Was die spätere Geschichte betrifft: Die Reichsritter in der Buchonia haben später eine Weile gebraucht ehe sie sich dem fränkischen Kanton anschlossen. Dabei ist der Adel in der frühen Neuzeit durchaus in beiden Gegenden häufig begütert gewesen. Zu dieser Zeit war das Geschlecht der Henneberger eines der Mächtigsten, ansonsten dominierte der Gegensatz zwischen den geistlichen Landesherrschaften in Würzburg einerseits und Fulda andererseits. Hersfeld geriet durch den Bauernkrieg endgültig in den Besitz der Landgrafen von Hessen. In Thüringen war neben kleineren Herrschaften das ebenfalls geistliche Kurmainz stark begütert. Siedlungstechnisch wurde das Mittelgebirge im Mittelalter zwischen den beiden Gauen von beiden Seiten aus, vom Main und der Fulda her aufgesiedelt. Die Würzburger waren mit ihren fränkischen Siedlern erfolgreicher und schneller, bis in den Thüringer Raum hinein, wo es westlich des Thüringer Waldes einen Einschlag in fränkische Mundart gibt.

Archäologisch oder gar Quellentechnisch ist der Raum noch lange nicht erschlossen. Wenn ich mich recht entsinne gibt es archäologisch in der Bronzezeit eine recht eindeutige Untergruppierung nördlich der Rhön und in Thüringen, während im 'jetzigen' Landkreis Rhön-Grabfeld südlichere Einflüsse vorherrschen. Aus der Bronzezeit gibt es sehr viele "Hünengräber". Sehr viele 'Ringwälle' auf den Bergen nördlich der Rhön sind zu finden, aber nur in wenigen wurde bislang gegraben. Auf der Milseburg ist für einige Zeit ein keltisches Oppidia fassbar. In anderen Ringwällen wurden keine ständigen Siedlungsreste gefunden, sie sind also reine Fliehburgen? Bis in die römische Kaiserzeit herein lassen sich in nahe Bad Salzungen in Thüringen eindeutig keltische Elemente nachweisen und im hessischen Bereich sind die Spuren der Kelten angeblich auch noch 'erkennbar'. Im heute bayrischen Teil weisen die Elemente wieder nach Süden, vielleicht auf die Markomannen die ursprünglich am Main siedelten und schwammig formuliert Suebisch-Elbgermanische Einflüsse aufweisen. Nördlich der Rhön wird eine germanisch/germanisierte Bevölkerung in wenigen Funden fassbar, die mehr nach Norden weist. Also in Richtung auf die nordhessischen Chatten. Viele Grabungen liegen lange zurück und entsprechen nicht modernen Anforderungen. Germanische Siedlungsreste im Hessischen sind bislang nur wenige zugeordnet. Angeblich gab es nahe dem fuldaer Dom eine chattische Siedlung, die relativ kurze Zeit vor Ankunft des Bonifatius aufgegeben wurden.

Davon abgesehen, daß man im 3. Jh. das letzte mal etwas von den Chatten hört, ist es schon sehr gewagt, zu behaupten, daß es im 8. Jh. noch Chattische Siedlungen in der Fuldaer Gegend gab. Das ist so etwa wie, als ob es im 8. Jh. noch kimbrische und teutonische Siedlungen in Norddeutschland und hermundurische Siedlungen an der Donau geben würde.

tejason schrieb:
Das passt zur Gründungslegende der Stadt, wo die Mönche von 'bösen Leuten', die Ansprüche auf den Platz der Klostergründung geltend machen ohne dort zu leben, aber Land nutzen. Ausgrabungen weisen eine fränkische Curtis dort auf mit Steingebäuden und Kirche mit Brandresten, was eine große Ausnahme östlich des Rheines ist! Während der Römerzeit gibt es auch Hinweise auf eine germanische Fliehburg nahe Hünfeld, allerdings wenig spektakulär eine Grassodenburg. Das Fundgut ist überall spärlich, mit regionaler Note. Aus der Völkerwanderungszeit lassen sich auf hessischer Seite, vor allem entlang der Richtung Frankfurt fließenden Kinzig einige Streufunde ostgermanischer Prägung finden. Das lässt an den Vandalenzug denken und die burgundischen Niederlassungen im Rhein-Main-Gebiet und ihr legendäres 'Wormser' Reich, ehe sie nach Südwesten abwandern. Von Norden her bleibt wesergermanisches Fundgut vorherrschend. Im bayrischen Grabfeld scheint es ruhiger abgelaufen zu sein.

Alles in Allem finde ich, ohne richtige Beweise zu haben, dass die Entwicklung in der Buchonia und dem Grabfeld durch die ganze Geschichte hindurch immer wieder sehr unterschiedlich ist. Zu Unterschiedlich, um einen gemeinsamen Volksgau in frühfränkischer Reichszeit annehmen zu können.

Was ist denn ein Volksgau ?
 
Buchonia/Grabfeld:
Strupanice schrieb:
Das gilt erst für das Spätmittelalter !!
Ja, irgendwo habe ich das auch schon korrigiert. Es ist so das Buchonia und Tullifeld.. einst vereint unter dem Grafen des Grabfeldes... Aber diese Definition von Buchonia gilt mindestens ab dem Hochmittelalter!

Strupanice schrieb:
Davon abgesehen, daß man im 3. Jh. das letzte mal etwas von den Chatten hört, ist es schon sehr gewagt, zu behaupten, daß es im 8. Jh. noch Chattische Siedlungen in der Fuldaer Gegend gab.

Wie gesagt ist die Quellenlage schlecht. Die Ausgrabung im Bereich Hinterburg/Lange Brücke wurde vor ziemlich genau 100 Jahren gemacht von einem Professor Vonderau. Leider kann ich gerade nicht nachsehen... Durch meine Formulierungen in diesem Post sollte klar sein das ich mich dem Thema indirekt annähere. Die zeitliche Schiene relativiert sich schon, wenn man über Bronzezeit, Kelten und Chatten schreibt um klar zu machen, das die Gebiete nördlich der Rhön traditionell nicht nach Süden blicken, sondern nach dem Fuldatal, Thüringen und eventuell nach dem Kinzigtal - weil das spätere, heutige Grabfeld südlich dieses Mittelgebirges liegt. Die Besiedlung im betreffenden Raum in römischer Zeit weist ebenfalls nach Norden, wo schriftlich die Chatten lokalisert werden. In diesem Sinne kann man meinen Versuch einer Erklärung meiner Gedanken wohl stehen lassen. Mehr war mein Post ja nicht!

Leider habe ich keine ausreichende Literatur zur Hand. Ob die Kurzchronik aus einem Reiseführer als ausreichender Hinweis genügt?

=Schneiders (Rhönführer S 212:)
scheint die Terasse nördlich des Waidesbaches, kurz vor der Mündung in die Fulda , eine Siedlung germanisierter Kelten.. jetzt Chatten, getragen zu haben. Eine hölzerne Brücke führte einen Wegzug über die Fulda (um 300 n.Chr.
Um 500: ...Im Bereich der alten Siedlung entsteht eine fränkische Curtis.... weitere Steinbauten, auch Fußbodenheizung nachgewiesen. Die einzigen merowingischen Steinbauten dieser Zeit östlich des Rheins (heute Domplatz, Dom...) Zur Curtis gehört fränkische Saalkirche, deren Mittelachse richtungweisend wird für die nachfolgenden, hier gebauten Klosterkirchen.
um 700 Die Curtis wird zerstört. Brandschicht.
743 ....(Karlmann Schenkung)

Die Gründungslegende hast du ja selbst vom mir gequotet, was an diesen Teil direkt anschliest.

Strupanice schrieb:
Das ist so etwa wie, als ob es im 8. Jh. noch kimbrische und teutonische Siedlungen in Norddeutschland und hermundurische Siedlungen an der Donau geben würde.
Der einzige archäologisch fassbare Hinweis auf die Teutonen der mir bekannt ist, ist ein römischer Grenzpfahl im Süddeutschen...

Strupanice schrieb:
Was ist denn ein Volksgau ?
Das Wort wurde von mir verwendet um den Unterschied zur weiter oben zu findenden Einteilung durch die Reichsritterschaft klar zu machen. Ich habe mich wohl geirrt als ich glaubte damit besser sagen zu können:
hie = fränkische Gaueinteilung
da = spätmittelalterliche Einteilung in den Kantonen der Reichsritterschaft.

Die Eingangsfrage bezog sich übrigens auf hessische Stämme, besser Gaue. Kannst du die Gaue des Briefes genauer zuordnen? Es wäre weiter schön die Bereiche kennen zu lernen, in der im nördlichen Hessen damals Spuren der von dir erwähnten intensiven merowingischen Siedlungspolitik zu finden sind (Post vom 4.05.06).
 
Zurück
Oben