Strassburger Münster in vorchristlicher Zeit

A

Amrita

Gast
In der Zeit wahrscheinlich vor der römischen Eroberung, wurde auf dem Vorplatz des Strassburger Münsters ein Reinkarnations-Rithus abgehalten, wo man die Neugeborenen hingebracht hat.
Weiss jemand genaueres darüber? Mich interessiert vor allem, bis zu welchem Alter die Babys eine Seele empfangen konnten, nach diesem alten vorchristlichen Glauben.
 
Hallo,

Also über solche Riten in Strassburg, bezüglich dem Strassburger Münster, weiss ich leider nichts.

Aber vielleicht ein interessanter Vergleich:
- in Grindelwald (Kanton Bern, Schweiz) gab es eine Kapelle, wohin die Einheimischen ihre Kinder seinerzeit zur Taufe trugen. Die Kapelle war aber abseits und nicht in der Dorfmitte. Sie stand vor einem höhlenartigen Ueberhang, der bereits in vorchristlicher Zeit ein Heiligtum (sogenanntes Balm-Heiligtum). Es wäre für die Leute viel einfacher gewesen, die eigenen Kinder in der Dorfkirche zu taufen - aber sie zogen es vor, die Kinder dort zu taufen.
In Folge der Reformation wurde dann diese Kapelle Nellenbalm zerstört, weil man darin eine Fortsetzung des heidnischen Glaubentums sah. Es gibt allerdings eine (wenig glaubhafte) Variante, dass die Kapelle aufgrund des damals vorrückenden Gletschers zerstört wurde. Vor Ort ist aber nichts mehr sichtbar (keine Fundamente), so dass dies eher nach einer Legende aussieht, die die Schande vergessen machen soll.

Aus der Archäologie wissen wir, dass bei den Kelten Kleinkinder häufig ausserhalb des "normalen" Gräberbezirk bestattet wurden - dies könnte ein Hinweis sein, dass sie irgendwie noch nicht als vollwertig betrachtet wurden - sei es im religiösen oder im gesellschaftlichen Sinne (oder natürlich beides). (Bemerkung: Es könnte gewesen sein, dass ein Kind erst dann integriert wurde, als es sprechen konnte).
Dieser Umstand erinnert daran, dass im Christentum ungetaufte Kinder nicht auf dem normalen Friedhof begraben werden durfte (deshalb auch so Sachen wie die Nottaufe). Die Taufe wird im Christentum als Eintritt in die Christliche Religionsgemenschaft verstanden.
Bei der römisch-katholischen Kirche (und anderen) gibt es noch das Ritual der Kommunion, dass als festhalten am Glauben verstanden werden kann (nachdem der oder die Gläubige in der Religion unterrichtet wurden).
Ich halte es durchaus für möglich, dass es auch in der keltischen Religion ein Initiationsritual gegeben hat (allerdings dürfte die Beweisführung schwierig sein aufgrund fehlender Dokumente). Aber ich lasse mich gerne diesbezüglich belehren.

P.S.: Du erwähnst in Deine Posting den Begriff Reinkarnation: ich vermute eher, dass Du Initiation meinst (sei es jetzt im religiösen und/oder gesellschaftlichen Sinn). Im allgemeinen lässt man Kleinkinder in Ruhe spielen (bzw. beaufsichtigt sie). Bis zur Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht (in der Neuzeit notabene) mussten Kinder ab einem gewissen Alter (sagen wir mal ab sieben Jahren) mitanpacken, d.h. arbeiten:
- Schweine hüten
- Brennmaterial holen
- Wasser holen
- essbares sammeln (Wurzeln, Kräuter, Beeren, Früchte)
etc. Man war damals fast immer in existentieller Bedrängnis und war froh um jeden, der mithalf, die Not zu lindern.
Riten bezüglich Reinkarnation würde ich eher im hohen Alter / bei schwerer Krankheit oder Verletzung oder sogar nach dem Ableben ansetzen.

P.S.2: natürlich gibt es noch die Rituale, die einen Segen / Schutzzauber herbeirufen sollen
 
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Vielen Dank für Deine prompten Erklärungen. Ich habe in der Zwischenzeit die Stelle in einem Buch der Reihe mythologisch Reisen wieder gefunden, und es heisst da:
"...zum heiligen Hain von Strassburg (Argentoratum), wo heute die Kathedrale steht, sprudelte dort eine Quelle oder ein Brunnen, von dem die Strassburger ihre Kinder bzw. die Seelen der Ahnen zur Wiedergeburt empfingen. Des weiteren wird von einem Loch, dem Eingang zur Unterwelt, und einem schiffbaren See berichtet, in dem Schlangen und Kröten hausen."
Hab gedacht, um die Seelen der Ahnen zur Wiedergeburt zu empfangen, brauchts die neugeborenen Kinder. Wenn oben das "bzw." 2 Wörter weiter vorne stehen würde...
Leider gibts zu diesen Angaben kein Literaturhinweis und eben haben die Kelten nichts aufgeschrieben.
Herzlich grüsst, Amrita
 
Hoi zämä
Hoi Megatrend

Interessant was du schreibst...

Einige Anmerkungen meinerseits: Ein „Balm“ bezeichnet üblicherweise eine Halbhöhle, einen überhängenden Felsen, ein Felsdach; auch „Abri“ genannt.

Im Alpenraum gibt es zahlreiche Legenden im Zusammenhang mit Neugeborenen und Felsen/Höhlen. So gesehen steht deine Tauf-Legende in einer ganzen Reihe ähnlicher Erzählungen. Schau mal nach: Kindlisteine, Chindlistein, Doggelerstein...

Viele dieser Legenden haben ganz sicher vorchristliche Wurzeln. Und die Christianisierung ist vielerorts auch gar nicht so lange her. Sie ging schleichend voran, so das sich viele Riten mischten/überlagerten. In den alpinen Regionen ist das auch heute noch gut zu beobachten.

Bezogen auf das Strassburger Münster würde ich behaupten: Ja, solche Tauf-Rituale sind durchaus möglich. Aber kaum in vorrömischer Zeit, viel eher im Hochmittelalter. Jedenfalls war das Strassburger Münster bis in 15. Jahrhundert bekannt für seine Taufrituale...

Ich kenne mich aber im Elsass nicht so aus.


Gruss Pelzer


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@ Amritar: in diesem Zusammenhang noch ein interessanter Link:

Straburg / Strasbourg

Noch ein Link: Stegen Schlangenkapelle Dreisamtal Geschichte Wittental Attental

und wieder ein Link: Der Brunnen im Straßburger Münster

=> irgendwie erinnert mich diese von Dir vorgebrachte Erzählung an ein Tor zur keltischen Anderswelt. Diese Tore konnten vielerorts sein, ja die übergänge konnten sogar fliessend sein

@ Pelzer

Kindlisteine wurden gebraucht, um Kinder zu bitten (Fruchtbarkeit), wie ja schon der Name sagt.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Pelzer

Kindlisteine wurden gebraucht, um Kinder zu bitten (Fruchtbarkeit), wie ja schon der Name sagt.
Hoi megatrend

Das ist regional unterschiedlich; mancherorts benutzen die Frauen die Kindlisteine zu Fruchtbarkeitsriten. Ich kenne sie aber auch als der Ort, wo die Neugeborenen abgeholt werden. Also das gleiche Ziel, bloss ein anderes Vorgehen... :D


Gruss Pelzer


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...war ja als Beispiel gedacht (ich meinte nicht dass Du grad den Stein meinst)

Aber ich kenne viele Dutzend andere solcher "Kultsteine" im Voralpenraum.

Siehe mal hier oder hier.

Danke für die Links. Ich glaube, ich war schon auf beiden Seiten, aber gut, dass man wieder mal daran erinnert wird...:)

(Megatrend, du bist doch Berner - ein Doggelerstein gibts zum Beispiel im Ballenberg...)
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Doggeler-, Toggeler- oder Toggelisteine haben normalerweise eine andere Bedeutung: ein Geist, der durch die Ritzen eindringt und einem auf der Brust hockt nachts, so dass man keine Luft mehr kriegt und ggf. erstickt. Siehe diesen Link hier.
 
Doggeler-, Toggeler- oder Toggelisteine haben normalerweise eine andere Bedeutung: ein Geist, der durch die Ritzen eindringt und einem auf der Brust hockt nachts, so dass man keine Luft mehr kriegt und ggf. erstickt. Siehe diesen Link hier.
Danke, den Text kenne ich - ich hab ihn ja auch für Tschumi geschrieben... :pfeif:
Aber: in einigen Gegenden sind "Toggelersteine" eben auch Kindlisteine. Die Frage über die regional unterschiedliche Bedeutung des "Doggelis" müssten mal ergründet werden...


Gruss Pelzer


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