Taphephobie

Insolvenzi

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In den letzten beiden Jahrhunderten soll ja die Angt, lebendig begraben zu werden, die Menschen sehr gepeinigt haben. Das Stichwort war wohl Vita reducta, also reduziertes Leben (= Scheintot). Auch Edgar Allen Poe soll diese Phobie gehabt haben. Da mich das Thema derzeit sehr interessiert, wäre ich an weiteren Informationen sehr interessiert. Hat jemand hierzu etwas gelesen?
 
Poe hatte die Tagephobie und darüber auch ein paar (nicht viele) Geschichten geschrieben.

Interessanter finde ich es noch bei Alfred Nobel (der vom Nobelpreis), der eigentlich plante, aus seinem Erbe Krematorien in allen europäischen Städten zu finanzieren, um so das Problem (?) des "lebendig begraben Seins" auszulöschen. Bemerkenswert finde ich auch, dass Poe und Nobel im 19. Jhdt. und eine der berühmtesten Szenen mit "lebendig begrabenen" (wenn auch hier als Strafe) in der Kunst, das Finale der Verdi-Oper "Aida", ebenfalls in dieser Zeit entstand.
 
Die Angst ist scheinbar recht verbreitet und wurde/wird ja auch gern kaufmännisch ausgenutzt. Wie sonst lassen sich Särge mit Gegensprecheinrichtung oder Klingeln und Hupen erklären...
 
Im 19.Jhd waren in Wien verschiedene Systeme in Leichenhallen und auch in Gräbern "verbreitet" (Wer es sich leisten konnte). Eine gute Quelle kann das Bestattungsmuseum Wien sein, da dürfte es sogar Originale geben.
 
Aus der Andst vor dem Scheintod ließ man sich früher, wenn man es sich leisten konnte, Beatmungssysteme "einbauen" und eine Glocke, deren Schnur in den Sarg führte. Sollte man also nur scheintot gewesen sein, hatte man genug Luft und konnte sich durch die Glocke bemerkbar machen.
 
Das war ja schon mal interessant, Danke für die Informationen. :) Ich selber habe auch noch zwei Links gefunden, der Erste ist vom WDR und berichtet in einem historischen Abriss, der Zweite ist wohl von einer Privatperson. Interessant fand ich vor allem die "Gesellschaft zur Verhinderung der voreiligen Begräbnisse", welche Anfang des 20.ten Jahrhunderts in London existierte und sogar eine Zeitschrift herausgebracht haben soll.


http://schaepp.de/scheintod/in.html


http://www.mystikwelten.de/gr_scheintod.html

http://schaepp.de/scheintod/in.html
 
Eine köstliche Arbeit:

Die Arbeit befaßt sich mit den Formen des nicht natürlichen Todes und weiteren rechtsmedizinischen Sachverhalten wie Leichenerscheinungen, Scheintod, Identifizierung von Personen und Leichen, Selbstverstümmelungen und Spuren von Tätern und Opfern in den deutschen Volksmärchen. Rechtsmedizinische Zusammenhänge von Ursache und Wirkung werden nach ihrer Gültigkeit im Märchen hinterfragt.

http://dochost.rz.hu-berlin.de/dissertationen/medizin/beier-barbara/HTML/beier.html
 
Das ist ja eine völlig eigenartige Doktorarbeit. Interessant sind wirklich die Grausamkeiten, die sich ja schon in Kinderreimen und Liedern wiederfinden, wie etwa schon in Hoppe Hoppe Reiter (...fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben...). Und hier wurde das mal wissenschaftlich bewertet.
 
Insolvenzi schrieb:
In den letzten beiden Jahrhunderten soll ja die Angt, lebendig begraben zu werden, die Menschen sehr gepeinigt haben. Das Stichwort war wohl Vita reducta, also reduziertes Leben (= Scheintot). Auch Edgar Allen Poe soll diese Phobie gehabt haben. Da mich das Thema derzeit sehr interessiert, wäre ich an weiteren Informationen sehr interessiert. Hat jemand hierzu etwas gelesen?

Ein netter Krimi zu dem Thema:
Peter James: Stirb ewig, Scherz Verl. 2006
(Besprechung s. http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=8920&key=standard_document_9732160 oder in Kurzform:
http://www.buch24.de/Stirb_ewig/3-803012-1.html )
 
Hier noch ein Gedicht aus der Zeit von dem Schweizer Gottfried Keller (1819 - 1890). Es heisst "Lebendig begraben".

1.

Wie poltert es! - Abscheuliches Geroll
Von Schutt und Erde, modernden Gebeinen!
Ich kann nicht lachen und kann auch nicht weinen,
Doch nimmt’s mich wunder, wie das enden soll!

Nun wird es still. - Sie trollen sich nach Haus
Und lassen mich hier sieben Fuss tief liegen:
Nun, Phantasie! lass deine Adler fliegen,
Hier schwingen sie wohl nimmer mich hinaus!

Das ist jetzt eine wunderliche Zeit!
Im dunkeln Grab kein Regen und kein Rühren,
Indes der Geist als Holzwurm mag spazieren
Im Tannenholz - ist das die Ewigkeit?

Die Menschen sind ein lügnerisch Geschlecht
Und haben in das Grab hineingelogen,
Den ernsten Moder schnöd mit mir betrogen
Weh, dass die Lüge an sich selbst sich rächt!

Die Lügner gehen von hinnen unbestraft,
Ach, aber ich, die Lüge, muss bekleiben,
Dass sich der Tod ergrimmt an mir kann reiben,
In Tropfen trinkend meines Lebens Kraft!

2.

Da lieg’ ich denn, ohnmächtiger Geselle,
Ins Loch geworfen, wie ein Strassenheld,
Ein lärmender, von der Empörung Welle;
Ein blinder Maulwurf in zerwühltem Feld!

Wohlan, ich will, was kommen soll, erwarten,
Es ist am End’ ein friedlich Wohnen hier;
Ich fühle nicht die Glieder, die erstarrten,
Doch heiter glimmt die Seele mir!

Hätt’ ich nun einen ewigen Gedanken,
An dem man endlos sich erproben mag,
So möcht’ ich liegen in den engen Schranken,
Behaglich sinnend bis zum jüngsten Tag.

Vielleicht, wer weiss, wüchs’ er zu holder Grösse,
Dass er, in Kraft sich wandelnd, ein Vulkan
Im Flammenausbruch dieses Grab erlösche,
Vorleuchtend mir auf neuer Lebensbahn!

Wie wundersam, wenn über meinem Haupte
Der Abendtau die matten Blumen kühlt,
Ob wohl luftwandelnd dann der Pfarrherr glaubte,
Dass unter ihm ein Wetterleuchten spielt?

Dass glänzend in des eigenen Lichtes Strahlen
Hier unten eine Menschenseele denkt?
Vielleicht sind dieses der Verdammung Qualen:
Geheim zu leuchten, ewiglich versenkt!

3.

Ha! Was ist das? Die Sehnen zucken wieder,
Wie Frülingsbronn quillt neu erweckt das Blut!
Es dehnen sich die aufgetauten Glieder,
Und in der Brust schwillt junger Lebensmut!

Nun ist’s geschehen, nun bricht herein der Jammer!
Die Späne knirschen unter dem Genick,
Ich messe tastend meine Totenkammer
Und messe aus mein grausiges Geschick!

Halt ein, o Wahnsinn! denn noch bin ich Meister
Und bleib es bis zum Letzten Odemzug!
So scharet euch, ihr armen Lebensgeister,
Treu um das Banner, das ich ehrlich trug!

So öffnet euch, krampfhaft geballte Fäuste,
Und faltet euch ergeben auf der Brust!
Wenn zehnfach mir die Qual das Herz umkreiste,
Fest will ich bleiben, meiner selbst bewusst!

Von Erdenduldern ein verlorener Posten,
Will ich hier streiten an der Hölle Tor;
Den herbsten Kelch des Leidens will ich kosten,
Halt mir das Glas, o Seelentrost Humor!

4.

Läg’ ich, wo es Hyänen gibt, im Sand,
Wie wollt’ ich hoffnungsvoll die Nacht erharren,
Bis hungrig eine Hyäne hergerannt,
Mich heulend aus der lockeren Gruft zu scharren!

Wie wollt ich freudig mit dem gier’gen Tier
Dann um mein Leben, unermüdlich, ringen!
Im Sande balgt’ ich mich herum mit ihr,
Und weiss gewiss, ich würde sie bezwingen.

Und auf dem Rücken schwäng’ die Bestie ich
Und spräng’ im Leichentuch, wie neugeboren,
Und singend heimwärts und schlüg’ wonniglich
Dem Arzt den Leichengräber um die Ohren!

5.

Horch! Stimmen und Geschrei, doch kaum zu hören;
Dumpf und verworren tönt es, wie von ferne,
Und ich erkenne, die allnächtlich stören
Der Toten Schlaf, den stillen Sang der Sterne:

Der trunkne Küster, aus der Schenke kommen,
Setzt sich noch in den Mondschein vor dem Hause,
Kräht einen Psalm; doch kaum hat sie’s vernommen,
So stürzt sein Weib hervor, dass sie ihn zause,

Heisst ihn hineingehen und beschilt ihn grimmig,
Hell kräht und unverdrossen der Geselle;
So mischen sich geübt und doppelstimmig
Ihr Katzmiaulen und sein Mondsgebelle.

Sie muss ganz nah sein, da ich es kann hören,
Die überkommne alte Pfründerhöhle;
Lass sehn, ob das Gesindel ist zu stören:
Schrei, was du kannst, o du vergrabne Seele!

Die Tür schlägt zu - der Lärm hat sich verloren,
Es hülfe nichts, wenn ich zutod mich riefe!
Sie stopfen furchtsam ihre breiten Ohren
Vor jedem Ruf des Lebens aus der Tiefe.

6.

Als endlich sie den Sarg hier abgesetzt,
Den Deckel hoben noch zu guter Letzt,
In jenem Augenblick hab’ ich gesehn,
Wie just die Sonne schied im Untergehn.

Beleuchtet von dem abendroten Strahl
Sah ich all die Gesichter noch einmal,
Den Turmknopf oben in der goldnen Ruh -
Es war ein Blitz, sie schlossen wieder zu.

Ich sah auch zwischen Auf- und Niederschlag,
Wie Märzenschnee rings auf den Gräbern lag;
Das Wetter muss seither gebrochen sein,
Denn feucht dringt es in diesen leichten Schrein.

Ich hör’ ein Knistern, wie wenn sacht und leis
Sich Schollen lösen von des Winters Eis;
Ich ärmster Lenzfreund bin ja auch erwacht
Und kann nicht regen mich in dunkler Nacht!

Wie jeglich Samenkorn sich mächtig dehnt,
Der junge Halm ans warme Licht sich sehnt,
So reck ich den gefangenen, meinen Leib,
Doch ist’s ein fruchtlos grimmer Zeitvertreib!

Hört man nicht klopfen laut da obenwärts
Hier mein zum Blühen so bereites Herz?
Sie wissen nicht, wie es da unten tut,
Und keine Wünschelrute zeigt dies Blut!

Käm’ ich auch geschlichen so von ungefähr
Ein alter Schatz- und Quellengräber her,
Sein Stäblein, nur auf Geld und Gut gericht’,
So spürt’ es das warme rote Brünnlein nicht.

7.

Horch - endlich zittert es durch meine Bretter!
Was für ein zauberhaft metallner Klang,
Was ist das für ein unterirdisch Wetter,
Das mir erschütternd in die Ohren drang?

Jach unterbrach es meine bangen Klagen,
Ich lauschte zählend, still, fast hoffnungsvoll:
Elf - zwölf - wahrhaftig, es hat zwölf geschlagen,
Das war die Turmuhr, die so dröhnend scholl!

Es ist die grosse Glock’, das Kind der Lüfte,
Das klingt tief ins Fundament herab,
Bahnt sich den Weg durch Mauern und durch Grüfte
Und singt sein Lied in mein verlassnes Grab.

Gewiss sind jetzt die Dächer warm beschienen
Vom sonnigen Lenz, vom lichten Ätherblau!
Nun kräuselt sich der Rauch aus den Kaminen,
Die Leute lockend von der grünen Au.

Was höhnst du mich, du Glockenlied, im Grabe,
Du Rufer in des Herrgotts Speisesaal!
Mahnst ungebeten, dass ich Hunger habe
Und nicht kann hin zum ärmlich stillen Mahl? -

8.

Da hab ich gar die Rose aufgegessen,
Die sie mir in die starre Hand gegeben!
Dass ich noch einmal würde Rosen essen,
Hätt’ nimmer ich geglaubt in meinem Leben!

Ich möcht’ nur wissen, ob es eine rote,
Ob eine weisse Rose das gewesen?
Gib täglich uns, o Herr! von deinem Brote,
Und wenn du willst, erlös’ uns von dem Bösen!

9.

Zwölf hat’s geschlagen - warum denn Mittag?
Vielleicht der Mitternacht ja galt der Schlag,
Dass oben nun des Himmels Sterne gehn,
Ich weiss es nicht und kann es ja nicht sehn!

Ha, Mitternacht! Ein heller Hoffnungsstrahl!
Der nächtlich wohl schon manches Grab bestahl,
Der Totengräber schleicht vielleicht herbei
Und macht erschrocken mich Lebend’gen frei!

Doch was für Kleinod sollt’ er suchen hier?
Er weiss zu gut, er findet nichts bei mir!
Ein golden Ringlein nun erlöste mich,
Jedoch umsonst ist nur der Tod für dich!

10.

Ja, hätt’ ich ein verlassnes Liebchen nun,
Das vor dem Morgenrot zu klagen käme,
Auf meinem frischen Pfühle auszuruhn,
Und meinen Ruf mit süssem Graun vernähme!

Warum hab’ ich der einen nicht gesagt,
Dass junge Liebe mir im Herzen sprosse?
Ich zauderte und hab’s nicht gewagt -
Die Krankheit kam und diese tolle Posse!

Wenn einsam sie vielleicht und ungeliebt,
Nachdenklich manchmal ihre Augen senkt,
O wüsste sie dann, dass ein Herz es gibt,
Das, unterm Rasen schlagend, an sie denkt!

11.

Wie herrlich wär’s, zerschnittner Tannenbaum,
Du ragtest als ein schlanker Mast empor,
Bewipfelt, in den blauen Himmelsraum,
Vor einem sonnig heitren Hafentor!

Da, müssen wir einmal beisammen sein,
Lehnt’ ich an dir im schwanken Segelhaus;
Du aus dem Schwarzwald, drüben ich vom Rhein,
Kameraden, reisten wir aufs Meer hinaus.

Und bräch das Schiff zu Splittern auseinand’,
Geborsten du und über Bord gefällt,
Umfasst’ ich dich mit eisenfester Hand,
So schwämmen wir beiden ans End’ der Welt.

Am besten wär’s, du ständest hoch und frei
Im Tannenwald, das Haupt voll Vogelsang,
Ich aber schlenderte an die vorbei,
Wohin ich wollt’, den grünen Berg entlang.

12.

Der erste Tannenbaum, den ich gesehn,
Das war ein Weihnachtsbaum im Kerzenschimmer;
Noch seh’ ich lieblich glimmend vor mir stehn
Das grüne Wunder im erhellten Zimmer.

Da war ich täglich mit dem frühsten wach,
Den Zweigen gläubig ihren Schmuck zu rauben;
Doch als die letzte süsse Frucht ich brach,
Ging es zugleich an meinen Wunderglauben.

Dann aber, als im Lenz zum erstenmal
In einen Nadelwald ich mich verirrte,
Mich durch die hohen stillen Säulen stahl,
Bis sich der Hain zu jungem Schlag entwirrte:

O Freudigkeit! wie ich da ungesehn
In einem Forst von Weihnachtsbäumchen spielte,
Dicht um mein Haar ihr zartes Wipfelwehn,
Das überragend mir den Scheitel kühlte.

Ein kleiner Riese in dem kleinen Tann,
Sah ich vergnügt, wo Weihnachtsbäume spriessen,
Ich packte keck ein winzig Tännlein an
Und bog es mächtig ringend mir zu Füssen.

Und über mir war nichts als blauer Raum;
Doch als ich mich dicht an die Erde schmiegte,
Sah unten ich durch dünner Stämmchen Saum,
Wie Land und See im Silberduft ich wiegte.

Wie ich so lag, da rauscht’ und stob’s herbei,
Dass mir der Lufthauch durch die Locken sauste,
Und aus der Höh’ schoss senkrecht her der Weih,
Dass seiner Schwingen Schlag im Ohr mir brauste.

Als schwebend er nah ob dem Haupt mir stand,
Funkelt’ sein Aug’ gleich dunklen Edelsteinen;
Zu äusserst an der Flügel dunklen Rand
Sah ich die Sonne durch die Kiele scheinen.

Auf meinem Angesicht sein Schatten ruht’
Und liess die glühen Wangen mir erkalten -
Ob welchem Inderfürst von heissem Blut
Ward solch ein Sonnenschirm emporgehalten?

Wie ich so lag, erschaut’ ich plötzlich nah,
Wie eine Eidechs mit neugier’gem Blicke
Vom nächsten Zweig mir ins Aug’ niedersah,
Wie in die Flut ein Kind auf schwanker Brücke.

Nie hab’ ich mehr solch guten Blick gesehen
Und so lebendig ruhig, fein und glühend;
Hellgrün war sie, ich sah den Odem gehn
In zarter Brust, zart wie ein Röschen blühend.

Ob sie mein blaues Auge niederzog?
Sie liess vom Zweig sich auf die Stirn mir nieder,
Schritt abwärts, bis sie um den Hals mir bog,
Ein fein Geschmeide, ruhend ihre Glieder.

Ich hielt mich reglos und mit lindem Druck
Fühlt ich den leisen Puls am Halse schlagen;
Das war der einzige und schönste Schmuck,
Den ich in meinem Leben je getragen!

Damals war ich ein kleiner Pantheist
Und ruhte selig in den jungen Bäumen;
Doch nimmer ahnte mir zu jener Frist,
Dass in dem Stämmchen solche Bretter keimen!

13.

Der schönste Tannenbaum, den ich gesehn,
Das war ein Freiheitsbaum von sechzig Ellen,
Am Schützenfest, im Wipfel Purpurwehn,
Aus feinem Stamme flossen klare Quellen.

Vier Röhren gossen den lebend’gen Quell
In die granitbehau’ne runde Schale;
Die braunen Schützen drängten sich zur Stell’
Und schwenkten ihre silbernen Pokale.

Unübersehbar schwoll die Menschenflut,
Von allen Enden schallten Männerchöre;
Vom Himmelszelt floss Junisonnenglut,
Erglühend ob meines Vaterlandes Ehre.

Dicht im Gedräng, dort an des Beckens Rand
Sang laut ich mit, ein fünfzehnjähr’ger Junge;
Mir gegenüber an dem Brunnen stand
Ein zierlich Mädchen von roman’scher Zunge.

Sie kam aus der Grisonen letztem Tal,
Trug Alpenrosen in den schwarzen Flechten
Und füllte ihres Vaters Siegpokal,
Drin schien ihr Aug’ gleich Sommersternennächten.

Sie liess in kindlich unbefangner Ruh
Vom hellen Quell den Becher überfliessen,
Sah drin dem Widerspiel der Sonne zu,
Bis ihr gefiel, den vollen auszugiessen.

Dann mich gewahrend, warf sie wohlgemut
Aus ihrem Haar ein Röslein in den Bronnen,
Erregt’ im Wasser eine Wellenflut,
Bis ich erfreut den Blumengruss gewonnen.

Ich fühlte da die junge Freiheitsluft,
Des Vaterlandes Lieb’ im Herzen keimen;
Es wogt’ und rauscht’ in meiner Knabenbrust
Wie Frühlingssturm in hohen Tannenbäumen.

14.

Und wieder schlägt’s - ein Viertel erst und zwölfe!
Ein Viertelstündchen erst, dass Gott mir helfe,
Verging, seit ich mich wieder regen kann!
Ich träumte, dass schon mancher Tag verrann!

Doch ich bin frei, das Weh hat sich gewendet,
Der seine Strahlen durch das Weltall sendet,
Er löst auch Zeit und Raum in diesem Schrein -
Ich bin allein und dennoch nicht allein!

Getrennt bin ich von meinem herben Leiden,
Und wie ein Meer, von dem ich mich will scheiden,
Lass brausen ich mein siedend heisses Blut
Und steh am Ufer als ein Mann von Mut.

So tosed nur, ihr ungeheuren Wogen,
Lange genug bin ich mit euch gezogen!
Ich übersing’ euch, wie ein Ferg’ am Strand,
Und tausch euch an ein gutes Heimatland!

Schon seh ich schimmernd fliessen Zeit in Zeiten,
Verlieren sich in unbegrenzte Weiten
Gefilde, Bergeshöhen, Wolkenflug:
Die Ewigkeit in einem Atemzug!

Der letzte Hauch ein wallend Meer von Leben,
Wo fliehend die Gedanken mir entschweben!
Fahr hin, o Selbst! vergängliches Idol,
Wer du auch bist, leb’ wohl du, fahre wohl!

Quellen:
http://www.gottfriedkeller.ch/

http://ernst.hallo-mittelland.ch/sites/dichter.html
 
Edgar Allan Poe hat noch eine zweite Geschichte zum Thema "lebendig begraben" beschrieben. Sie nennt sich "The Premature Burial", und hier gibt es mehr Informationen darüber:

http://www.online-literature.com/poe/41/

Ich sage jetzt nicht, worum es geht, denn dann wäre es ja nicht mehr spannend ... übrigens, mir fällt da noch eine dritte Geschichte ein, nämlich diese hier:

http://www.online-literature.com/poe/23/
(Die ist aber ziemlich makaber ...)

Schöne Grüße und viel Spaß beim Lesen,

Petra
 
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