Nochmal kurz von meiner Seite ein Vorschlag zur Unterscheidung.
Es gibt grob zwei Sorten von Terror, nämlich 1) Terrorherrschaft oder Staatsterror (die systematische und gewaltsame Unterdrückung der Bevölkerung von seiner Elite). Da kommt das Wort auch her, soweit ich weiß. Das Wort kam zum 1. Mal prominent bei den Jakobinern vor, die Terror als Herrschaftsstrategie geprägt haben. Das wurde hier im Thread ja schon ausreichend beleuchtet.
Dann gibt es die Sorte, die heute am bekanntesten ist, nämlich 2) Terror als Taktik. Das meint in der Regel einen Terror-Akt (eine einzelne, isolierte militärische Aktion oder eine Serie derselben). Terrorakte zielen wie oben schon beschrieben, primär auf die Verbreitung von Angst und Unsicherheit ab. Hier sind es meistens kleine Gruppen, die gegen einen übermächtigen Gegner angehen, oft die eigene Regierung oder eine hegemoniale Macht. Daher hat man hier auch oft ein Definitionsproblem, weil das Wort "Terrorismus" in sich bereits wertend ist. Terroristen selbst bezeichnen sich oft als "Freiheitskämpfer" oder ähnliches, und werden in der Regel auch von einer bestimmten "Zielgruppe" so gelesen. Terrorismus zielt in dieser Form nicht nur auf den Schaden und die Verunsicherung des Gegners ab, sondern auch darauf, eine dritte Gruppe auf die eigene Seite zu ziehen. Wegen dieser doppelseitigen Absicht werden meist symbolische Ziele angegriffen.
Was diese beiden Terrordefinitionen vereint und damit von der Revolution trennt, ist die Tatsache, dass beim Terror viele durch wenige Schaden erleiden. Revolution hingegen, im politischen Sinn jedenfalls, ist ein Aufstand der vielen gegen die wenigen, wobei "die wenigen" immer die Machthaber sind. Außerdem ist eine Revolution per Definition erfolgreich, ansonsten verwendet man eher die Worte "Aufstand", "Rebellion" oder sowas in der Art. Kurz gesagt, Revolution bezeichnet einen Wendepunkt. Eine Elite und/oder Regierungsform ersetzt binnen kürzester Zeit eine andere.
Was übrigens Irak und Somalia angeht, die beiden muss man auch nochmal unterscheiden. Im Irak haben wir eine Regierung bzw. eine Besatzungsmacht, gegen die gekämpft wird - hier dienen Anschläge also gezielt dazu, diese herrschende Macht zu schwächen. Von Seiten der USA aus z.B. kann man also durchaus von Terrorismus sprechen... wie gesagt, der Begriff ist an sich schon wertend, deswegen sollte man generell immer dazu sagen, wer ihn verwendet. Terrorismus im Sinne von Terror-Akt kann immer auch positiv als Teil eines Freiheitskampfes o.ä. gedeutet werden, das ist das Schwierige an jeder Definition des Begriffs.
Somalia hat im Gegensatz zum Irak schon seit 1991 keine funktionale Regierung mehr gehabt, zumindest keine für ganz Somalia, und schon gar keine, die ein Monopol auf Gewaltanwendung hätte. Es gibt in erster Linie Warlord-Franktionen, die ständig und erbittert miteinander um Dominanz und Überleben kämpfen. Wenn jetzt einer von denen beim anderen ein Selbstmordattentat verüben würde, würde man es wohl weniger als Terrorismus bezeichnen, sondern eher als, nun ja, Krieg. Wenn eine Fraktion von denen die Bevölkerung unterjocht und misshandelt, dann würde man es meist auch eher nicht als Terrorherrschaft bezeichnen, sondern, zum Beispiel, als Kriegstaktik (etwa Plünderungen zur besseren Versorgung der eigenen Truppen; es gibt auch viele Autoren, die darauf hinweisen, dass Massenvergewaltigungen zunehmend als Kriegstaktik betrachtet werden. Das zielt darauf ab, dass das soziale Gefüge der Gegner wegen "verschmutzter" Frauen dauerhaft geschädigt wird, was besonders in traditionellen Gesellschaften eine Rolle spielt).
Damit will ich jetzt nicht alle Regionen über einen Kamm scheren - im Somaliland und Puntland gibt es durchaus Formen von Regierungsbildung. Die haben aber auch kein Gewaltmonopol. Beispiel: die Piraten vor Somalia haben meistenteils ihre Basen in Puntland, ohne dass die Regierung etwas tun kann (sofern sie das will, manche sind auch einfach bestochen).
Um aufs Thema zurückzukommen, was ich mit Somalia sagen will ist das: Terrorismus erfordert auf die eine oder andere Weise die Existenz einer unbestrittenen Übermacht, in der Regel eine militärisch-staatliche Übermacht. In Somalia sind die Dinge zu fragmentiert, um das behaupten zu können, deswegen ist der Begriff "Terrorismus" hier einfach nutzlos. Ganz allgemein "Warlordism" klingt für meine Ohren besser.